Notre Dame

FC PARIS NOTRE DAME


Die Anreise:
Wir fahren mit dem Fanbus zu einem Frühwerk von Stefan Feld: Notre Dame war sein zweiter Treffer 2007 zusammen mit dem Bestrafungsspiel Im Jahr des Drachen und beinhaltete schon so ziemlich alles, was Spiele von Stefan Feld ausmachen: mathematische Kurvenberechnungen und eine schmerzhafte Klemmigkeit. Wir hätten uns schon seinerzeit daran gewöhnen können, dass im Leben immer etwas fehlt: Geld, Ressourcen, Auswege aus der Misere. Haben wir aber nicht. Das Leben bleibt hart.

Das Stadion:
Die gute alte alea-Schachtel war so etwas wie die dreieckige Kabine von Ravensburger für Spieler mit „strategischem Anspruch“ und einem Bedürfnis nach „Wiederspielreiz“. alea mit Stefan Brück war das verlässliche Vereinswappen für Qualität. Heute hat das Wappen ein wenig Patina angesetzt, was weniger an alea liegt, sondern an der überall gewachsenen Konkurrenz, die alea eingeholt und überholt hat. alea ist so etwas wie das Borussia Mönchengladbach der 70er Jahre – der ewig wertgeschätzte Gegenentwurf zum Mainstream, aber in der absoluten uneingeschränkten Fanzuneigung längst gesunken.

Die Heimfans:
Ein Notre Dame geht immer. Vor allem als zweites Spiel am Abend erfüllt es immer noch ein gehobenes Niveau und spielt sich dennoch zügig. Man entscheidet sich für Notre Dame als zweites Spiel am Abend.

Der Gästeblock:
„Hier ist noch gar nichts entschieden. Was als zweites Spiel gespielt wird, entscheidet einzig und allein der Gastgeber“ meldet sich der Pressesprecher der Vorschlagsgegner. Die Stimmung am Spieltisch kippt. Es kommt zu Nickligkeiten im Wohnzimmer.

Die Startaufstellung:
Jeder Spieler bekommt ein Pariser Viertel zugeteilt. Die Künstlerseele nimmt sich in Gedanken natürlich Montparnasse & Pigalle. Der themenbezogene gute Gastgeber serviert Absinth.

Das Spielfeld:
Eine Art Blume mit eckigen Blütenblättern. Nennen wir es Fleur de Paris. Patrick Süskind gefällt das.

Die erste Hälfte:
Karte spielen, Einflusssteinchen setzen. Karte spielen, Einflusssteinchen setzen. Karte spielen, Einflusssteinchen setzen. Und immer möglichst in das gleiche Viertel im Viertel, weil der Effekt sich so schön kumuliert. So will es der mathematische Kurvenberechner Stéphane Fleur de Paris.

Die zweite Hälfte:
Ich kann das Einflusssteinchen, welches ich gerne dorthin setzen will, wo schon viele Einflusssteinchen liegen, nicht mehr setzen, weil die Karte nicht mehr zu mir kommt. Schon wieder nicht. Und wieder nicht. Der Spieler rechts von mir hat’s geblickt. Merde.

Torschütze des Spiels:
Quasimodo. Der Buckel von Quasimodo ist nämlich gar kein Buckel sondern ein Spieleversteck auf dem Rücken für ein Exemplar Notre Dame aus der Erstauflage, dass der fiese Erzdiakon noch schnell für viel Euros auf ebay versteigern wollte, bevor die Neuauflage kommt.

Déjà-Vu des Spiels:
Anthony Quinn als Startspielerfigürchen. Wir Fans im Fanbus schauen während der Fahrt zum Spiel den Film zum Spiel: das ist er ja, der fiese Erzdiakon mit der unterdrückten sexuellen Begierde, der so scharf auf Esmeralda ist in ihrem roten Kleid. Und wie er den behinderten Glöckner instrumentalisiert und benutzt. Und wie später der König der Bettler erstochen und Esmeralda aufgehängt wird. Und wie die Skelette von Quasimodo und Esmeralda dann eng umschlungen im unterirdischen Gewölbe liegen. Schweigeminute zu Spielbeginn.

Drama des Abends:
Die verdammte Rattenplage. Hat Glück, dass sie nicht rot sieht.

Haken des Spiels:
Ich muss Karten weitergeben, die ich nicht weitergeben will. Und warum kommen die verdammten Rattenkarten nicht, wenn ich sie brauche? Und warum kommen sie gerade immer dann, wenn ich sie nicht brauche?

Erkenntnis des Spiels:
NOTRE DAME hat damals in den 70ern von alea-Mönchengladbach ganz normal in der UVP etwa € 25,-- gekostet. Das waren noch Zeiten für Spieletransfers über den Ladentisch, Kinder.


Glöckner sieht gelb: