Terraforming Mars

TERRAFORMING MAINZ 05


Die Anreise:
Das beste SF-Buch der Welt: „Die Mars-Chroniken“ von Ray Bradbury. Die Mars-Chroniken schildern die Kolonisierung des Mars analog zur Eroberung Amerikas durch den weißen Mann in poetischen Kurzgeschichten von ersten Erkundungsmissionen über die Ankunft von Pionieren bis zur Besiedelung des Mars und Vertreibung der Ureinwohner bis später die letzten Überlebenden eines Atomkriegs auf dem Mars Zuflucht suchen. Hinzu kommt der Mars als allgemeines Trend-Thema: First Martians von Robinson Trzewiczek, Martians A Story of Civilization und das Remake von Aufbruch zum Roten Planeten komplettieren den Nachbarplaneten. Auch Vital Lacerda soll an einem Mars-Spiel basteln. Den Blockbuster zu den Mars-Kreationen steuerte Ridley Scott bei.

Das Stadion:
Stadion Rote Erde.

Die Heimfans:
Gold, Silber, Bronze – metallic glänzend verbreiten die Cubes die Aura von Retro Science Fiction. Die transparenten Spielerfarben fluoreszieren faszinierend unter dem dunklen Marshimmel. Cooler Scheiß aus billig produziertem China lacht uns an.

Der Gästeblock:
Der Mars war schon immer Projektionsfläche feindlicher Übernahme. Allerdings mehr aus Angst vor dem Unbekannten in uns, dargestellt als Invasion vom Mars mit grünen Männchen aus der dunklen Außenwelt des Alls. Wir warten auf Roswell als Deduktionsspiel. Orson Welles hat sich mit der Bedienung der unendlichen Urangst mit der Invasion vom Mars ein Denkmal gesetzt.

Die Startaufstellung:
Die Kartengestaltung ist Berichterstattung RTL2: der Mix aus Perry Rhodan in Aldi und billiger Foto-Auffassung aus der preisgünstigen Schublade von Bildarchiven Marke Corbis oder Getty verleiht Terraforming Mars den unfreiwilligen Charme von Hobbykeller. Dafür nimmt man Terraforming Mars die wissenschaftliche Grundlage des Chemikers Fryxelius als globale Parameter ab. Der Trash des DIY-Artworks hat die wunderbar eigenständige, charakteristische Note von Kleinverlag, aber auch dessen Amateurligahaftigkeit.

Das Spielfeld:
Auf den Spielertableaus verrutschen die Würfelanzeiger wie nach einem Platzgewitter. Das Tableau ist Hartplatz-Fußball. Oder Asche. Der Fachjargon nennt es „seifiger Boden“. Der Rasen ist unbespielbar.

Die erste Hälfte:
Vorsichtiges Abtasten. Je nachdem, welche Karten man in der Anfangsphase auf die Hand kriegt, läuft die Maschine. Es kann aber auch ziemlich schiefgehen. Dann stottert der Motor des Raumschiffs. Das Beste aus den Karten zu machen entspricht der unwirtlichen Umgebung auf dem Mars. Draften ist Frauenfußball. Der Mars sucht Abenteurer, keine Optimierer.

Die zweite Hälfte:
Der Mars nimmt irdische Gestalt an: Blaue Ozeane, grüne Gärten, faszinierend fluoreszierende Würfel. Auf dem seifigen Boden sammeln sich mehr und mehr Retro-SF-Metallic-Cubes. Ein unachtsamer Ellbogen genügt: ein falscher Griff über das Tableau und das Spiel ist aus! Ein Spielabbruch hängt ständig in der Luft. Auch hier: Upgrade ist Frauenfußball. Der kalte Wind und das unwirtliche Wetter gehören zum abweisenden Mars.

Torschütze des Spiels:
Mark Watney.

Déjà-Vu des Spiels:
Die Pop-Geschichte des Musikers Jim Sullivan, der sogar einen kleinen Auftritt in Easy Rider hatte, gehört zu den obskursten der Fachabteilung Mystery. Auf seinem gänzlich unbeachteten 1969er Debutalbum UFO vertextete Jim Sullivan seinen Hang zu den Sternen inklusive einer intergalaktischen Verschwörungstheorie samt Entführungen durch Aliens, dem 1972 eine zweite, ebenso ignorierte Platte folgte. Drei Jahre später verschwindet Jim Sullivan auf einer Autofahrt nach Tennessee mitten in der Wüste plötzlich spurlos vom Erdboden. Man findet seinen Wagen abgeschlossen in der Einöde und seine Gitarre in einem Motelzimmer. In einem letzten Telefonat mit seiner Frau soll er zu ihr gesagt haben: "Du würdest mir nicht glauben, wenn ich es dir erzählen würde." Das letzte Lebenszeichen von Jim blieb ein Mysterium. Zurück blieb sein kleines Vermächtnis, das von Light in the Attic Records in einer liebevollen CD mit dickem Booklet neu aufgelegt wurde. Leichter, nachdenklicher Country-Pop mit unterproduzierten Orchesterarrangements trägt den Geist von Folk in unserem Raum, der seine mysteriöse Erfüllung womöglich im Weltall gefunden hat. So muss Pop. Saturn.

Drama des Abends:
Auf der Spiel 16 stehen die Leute Schlange um einen Platz in der Rakete Hype zu ergattern. Während die Rakete zündet, erhitzen die Gemüter. Es kommt zu Rudelbildung in den Foren.

Haken des Spiels:
Die Spielertableaus erhalten keine Drittligalizenz.


Erkenntnis des Spiels:
Flug zum Mars mit Hype-Antrieb. Terraforming Mars ist neben Scythe eines der beiden Kreisch-Spiele des Jahrgangs 16/17. Die Mädchen umringen den Marsianer Christiano Ronaldo.


Torwart mit Kuipergürtelrose: