Yokohama

YOKOHAMA FLÜGELS


Die Anreise:
Japon Brand war mal der sichere Geheimtipp-Wallfahrts-Trudelort in Essen für alle, die ohne größeres Risiko ein brauchbares Indie-Spiel wollten. Die Vorbestellungen im Vorfeld der Reise nach Asia-Mekka führen bis heute grundsätzlich zu Sold Out-Etiketten im jeweils aktuellen Messe-Portfolio der Sushis. Die Anziehungskraft des raren Exportschlagers entfaltet hier noch seine ganze atavistische Wirkung selbst im Zeitalter der Allesverfügbarkeit. Hisashi Hayashi gehört dabei inzwischen dank des Dominion-Epigon Trains zu den bekannteren Zungenbrechernamen hierzulande.


Das Stadion:
Die östliche Art Direction ist oft voller Gepflegtheit und feinblumigen Zauber und entzückt die westliche Kartoffelnase. Das Beispiel Hanamikoji zeigt, was Anmut und ein feiner Pinselstrich ausmachen können. Da wird beim Besuch einer Geisha hinter dem Paravent sogar das niedere Motiv noch schön. Historisches asiatisches Design und Kaligraphien erheben Alltagskultur zum Stil. Das dünne Wellenpapier im superschönen Spiel Kaigan ist fragile Schönheit.


Die Heimfans:
Wir Japan-Fans blättern im verstaubten Spiele-Almanach und suchen nach den ersten Japan-Themen. Wir finden Samurai von Reiner Knizia als dieser noch eine überschaubare Brettspielwelt dominierte. Das muss zur Kaiserzeit von Nippon gewesen sein.

Der Gästeblock:
JASE.

Die Startaufstellung:
Eine Art Istanbul auf Japanisch als ägyptische Pyramide des Ostens: Der Aufbau der Stadt Yokohama vor dem eigentlichen Spiel ist an sich schon eine kleine Zen-Meditation in einem unzugänglichen Kloster auf einem Felsen in abgelegen Bergen. Die ungelenke Treppenstufe aus großen Plättchen füllt einen großen Teil des Spieltischs wie ein seitlich verrutschter türkischer Bazar. Und so schwippschwagerverwandt spielt es sich auch.

Die erste Hälfte:
Man hüpft mit Ressourcenwürfel-Workern (Arbeiter) und einem Halma-Pöppel-Hauptworker (Präsident in der Original Okazu Version) über Produktions-Felder, baut sie auf, aktiviert sie und sahnt ab, hüpft weiter, blecht Yen an Mitspieler, kommt ihnen zuvor, steht ihnen im Wege, baut Warenhäuser, baut Geschäftshäuser, erledigt Warenaufträge, belegt Siegpunktfelder, kümmert sich um diverse Abschlussmehrheiten und tut, was man schon 1000x zuvor bei anderen Genrebrüdern in gleicher Weise getan.

Die zweite Hälfte:
Wie Hälfte eins. In östlichen Religionen begreift man das Leben noch als sich wiederholenden Kreislauf im Wechsel der Jahreszeiten.

Torschütze des Spiels:
Yasuhiko Okudera, Kazuo Ozaki, Naohiro Takahara, Junichi Inamoto, Shinji Ono, Makoto Hasebe, Shinji Okazaki, Gotoku Sakai, Hiroki Sakai, Atsuto Uchida, Hiroshi Kiyotake, Hajime Hosogai, Shinji Kagawa, Yuya Osako. Ja, alles Fans von Japon Brand.

Déjà-Vu des Spiels:
Laotse sagt: „Ich habe vier Schätze, die ich hüte und hege. Der eine ist Tee, der zweite Kupfer, der dritte ist Seide und der vierte ist Fisch. Aber nur der Siegpunkt führt zum Ziel.“

Drama des Abends:
Stadionverbot für Yoko Ono.

Haken des Spiels:
Symbolüberfrachtung. Überall Icons, japanische Schriftzeichen und Warensorten in Mehrfachdarstellung. Einerseits macht das eben auch den visuellen Charme des Spiels aus, andererseits muss man zuweilen schon den Optiker seines Vertrauens bemühen, um alles zu erkennen. Hier hat der Staubsauger von dlp für die weltberühmte strukturelle Deutsche Ordnung gesorgt.

Erkenntnis des Spiels:
Im Osten nichts Neues. Aber das nicht Neue spielt sich schön.


Teller Sushi in Algen: