Erste Proberunde - Pikmin

Das Einführungsspielregeldingens



Zwischen meinem ersten Text und diesem sind einige Wochen ins Land gegangen. Ich starte ein Experiment: Sollte es mir mit meinem rudimentären, ich würde sagen, fast nicht mehr vorhandenen, damals angelesenen Wissen um die Regeln und dem Einführungsspiel möglich sein, schon eine solide Regelfestigkeit zu erreichen?

Die Aufbauanweisungen sind sehr eindeutig und auch als ich Annas erste Schritte nachvollziehe reaktiviert sich manches an passiver Erinnerung. Viel ist es allerdings nicht.


Ich spiele ihre Züge so gut nach wie ich kann. Wenn es darum geht, zufällig etwas von einem Stapel zu ziehen suche ich aber nicht extra das raus, was im Beispiel gezogen wird. So habe ich nach kurzer Zeit doch etwas sehr anderes da liegen, als Anna (und schon gar als Bernd).


Aber: Ich liebe Beispielrunden. Das ist so eine geniale Erfindung, jede Regel sollte sowas bieten! Ich lerne viel organischer und deutlicher; wenn ich ein Gebäude ziehe, eine Aktion machen oder eine Anschaffungskarte ausspielen will, bei denen ich mir über irgendwas nicht sicher bin, blättere ich schnell durch Annas und Bernds Züge, bis ich diese oder eine ähnliche Situation finde – so konnte ich fast alle Fragen restlos klären.


Super! Nach einigen Zügen geht eigentlich alles glatt. „Dafür braucht man so viele Seiten an Regeln und drei Regelhefte?“ …

(Spoiler: Ja meine Liebe, braucht man! Denn was zu so einem „einfachen“, „flutschenden“ Spielerlebnis führt wird durch genau diese Ausführlichkeit erzeugt. Nichts, was man durch einen Blick in eines der Hefte nicht klären könnte und wenn ein Spiel mit so vielen verschiedenen Möglichkeiten, Symbolen, Zugregeln, Ressourcen, Einsetz-Pömpeln, Umwandelfähigkeiten, Verbesserungen etc etc etc nach nur wenigen „vorgespielten“ Runden alleine durchs Spielmaterial quasi selbsterklärend wird, dann wurde einfach bei der Anleitung, aber natürlich auch Symbolik und Grafik alles richtig gemacht.)


Ich spiele also in meiner Proberunde eine Mischung aus eigenen und nachgemachten Zügen. Noch kommt kein echtes Eintauchen in den Aufbau einer Kolonie AN SICH zum tragen, aber das liegt vermutlich vor allem am vielen Blättern und sich-versichern, dass alles richtig gemacht wurde.

Das Ressourcensammeln, -veredeln, -verkaufen und -produzieren macht extrem Spaß, obwohl das an sich natürlich keinen Innovationspreis verdient.

(Wobei ich es für spätere Epochen schon mal sehr süß finde, meine edleren Kolonisten bekleiden zu müssen)

Aber wie in so vielen anderen vergleichbaren Spielen ist das nunmal eine Mechanik, die einfach zieht und immer wieder zu Optimierungsgedanken anregt. Jetzt jedoch noch nicht! Ich will ja erstmal eher lernen, wie es geht. Die Ertragsphase fühlt sich wie immer sehr befriedigend an und die Möglichkeiten, meine Kolonie auszubauen, scheinen so vielseitig, dass ich (noch) nicht das Gefühl habe, den einen besten Weg finden zu können, sondern eher die Wahl habe, wie ich es denn machen will, wobei alle Wege zielführend scheinen. Das widerspricht der sicherlich möglichen Optimierung, aber wenn die möglichen Wege so verästelt und voller Optionen sind, dann scheint es (mir zumindest) ein deutlich höheres Variantenreichtum zu geben, zu einem guten Ende zu kommen, als bspw. bei Agricola und Caverna. Dort habe ich oft das Gefühl, einen Fehler gemacht und nicht optimal gespielt zu haben. Das ist hier – zumindest jetzt noch, zu einer sehr frühen Phase des Ganzen – nicht so und das find ich bis jetzt richtig gut. Kann natürlich sein, dass einem in der 4. Epoche der Angstschweiß doch noch in Strömen den Rücken runterläuft, aber der modulare Spielplan, die Möglichkeit von Markt zu Markt zu hüpfen und die Masse an Optionen; da fällt es mir schwer, mir eine Situation vorstellen zu können, in der ich mich totoptimieren wollte/könnte.


Was mir als Solistin jetzt schon auffällt; einige Anschaffungen bringen nur was fürs Mehrpersonenspiel (da frage ich mich, ob ich sie aussortieren oder sie als Störfaktor, der mir die Kartenhand verstopft, behalten sollte) und die Abgabe und alles damit verbundene fällt total weg. Niemand wird mir je ein Plättchen blockieren können, niemals werde ich, weil ich DRINGEND auf genau diesen Ort ziehen MUSS überlegen müssen, welche Ressource ich als Abgabe zahle...das Spielgefühl wird also schon etwas anders sein. Entspannter, nehme ich an. Vielleicht einfacher. Das heißt in meiner Welt: besser. :D So sehr ich Agricola und Caverna liebe, wenn die mich etwas mehr chillen lassen könnten wäre ich echt happy. ;-D


Nun die erste Epoche! Ach ja, bei meiner Partie von gestern kamen spektakuläre 49 Punkte heraus. Weder zu viel noch zu wenig, als dass ich mir wegen gravierender Regelfehler Gedanken machen würde. Heute habe ich noch einmal die komplette Regel im Sturmschritt erobert und wirklich alles kapiert (glaube ich). Das ist bei mir so selten, dass mir das Spiel automatisch noch etwas mehr ans Herz wächst.


(Übrigens: Beim Lesen des Abschnittes, bei dem es ums "Veredeln" von Waren geht, habe ich dieses Symbol




(eindeutig ein Joint...nein, Moment, das kann nicht sein, vermutlich eher eine Zigarre, etwas selbstgedrehtes tabakhaltiges, also, irgendein schmauchender Luxusartikel) erstmal ohne zu Stutzen so zur Kenntnis genommen. "Veredeln", Luxusgut, Tabakkram, passt. Nicht meine Meinung, aber zur Spiellogik passt es. ... später hab ich dann so richtig realisiert und mir vergegenwärtigt, dass das "Veredeln" so etwas harmloses, wie Ziegel aus Lehm zu brennen und Bretter aus Holz zu SÄGEN bedeutet. Nochmal auf das Symbölchen geschaut...mhm, ja, Joint... Das kommt davon, wenn man am Vorabend stundenlang Drogengeschichten mit gewissen anderen, am Projekt beteiligten Forumsteilnehmerinnen austauscht.


Ähämm, zurück zu Lück, die Regel wurde nochmal durchgelesen, das Probespiel absolviert, dann kann ja nix schiefgehen, let's go!


Ich befolge die Aufbauanleitungen, ziehe die Startplättchen um die Märkte aber zufällig und nicht nach dem Einstiegsvorschlag. Da ich nur Epoche 1 spiele kommt der etwas kleiner Hofplan zum Tragen.






Zwei Bauern, Horatio und Melchior, wollen sich gegen Logis (Kost besorgen sie sich selbst, die fleißigen Kerle) gleich in meiner Kolonie verdingen und ein gelernter Verwalter namens Johann Kleinwurst bittet mich, seinem kaufmännischen Geschick zu vertrauen und ihm alle Marktgänge zu überlassen. Der erste Sommer beginnt.


… Johann ist zu Beginn scheinbar so kopflos, wie ich nervös. Er wirbt eifrig neue Kolonistenbauern an, wo es noch gar keine Arbeit gibt und holt dafür Waren, ohne dass wir sie lagern könnten. Hüstel. Man denkt, es wäre so leicht – da hin, das holen, dann da hin, das bauen, dann zurück auf den Markt, Bauern kauf...äh, einen Baumeister bezahlen, damit der eine weitere Bauernunterkunft errichtet, in die so gleich ein Freiwilliger einzieht, usw. Aber in der ersten Partie ist man – bzw. Johann – doch nicht ganz so schlau und organisiert wie gedacht. Diese Lagerungsregeln! *faustschüttel*


Auch doof, wenn die erste Marktkarte unten gleich eine reine Mehrspieler-Aktion bringt (Startspieler werden), danke Merkel!





Dafür sind die fürs nächste Jahr anzulegenden Ortserweiterungen sehr schön stimmig – Lehm holen oder produzieren, Lehm brennen. Hier also mein erster selbstdesignter Markt plus Aussicht aufs nächste Jahr:




Da hab ich bestimmt nicht optimal angelegt. Irgendwie dachte ich, diese gedrübbelte Bauecke links wäre sinnvoll. Dass sich Johann die Ressourcen eher rechts/mittig holt und dann mit dem passenden Vorrat auf den linken Markt springt und zu jedem neuen Gebäudebau Zugang hat. Das Handwerkerviertel sozusagen. Ich kann noch nicht wirklich den Finger darauf legen, warum, aber im Nachhinein schien es mir doch nicht so optimal.


Ganz ganz wichtig sind erstmal die Förstereien – danke, Tipps-und-Tricks-Ecke in der Anleitung, das habe ich sogar selbst bemerkt! Und dann das Lager, das natürlich, ebenso wie die Försterei, besetzt sein will. Total thematisch sortieren sich die Waren ja weder selbst ein, noch würde ich als Kolonialherrin da einen Finger für krumm machen (ich bezahl ja schon alles teuer mit...weiß ich nicht) noch kann ich Johann auch das noch aufbürden. Er ist ja auch nur ein Mensch. Schon stehen Horatio und Melchior nicht nur in Brot sondern auch in Lohn und es wird Zeit für neue Höfe und neue Arbeiter. Allerdings will ich so langsam auch an etwas bessere, wertigere Gebäude denken. Meine Kolonie soll ja was hermachen. Wenn ich einen reinen Försterbetrieb bestaunen wollte hätte ich auch in den Schwarzwald ziehen können, aber mir geht es um Prunk, Kultur und Macht! Also reichen scheppe Holzbauten nicht, Lehm und Bretter sollten es schon sein. Dafür hätte ich gerne eine Mulde, die sich nächstes Jahr ja anbietet. Dafür muss mir Johann satte 3 Lehm organisieren. Wie kommt er da nur ran...auf Anschaffungskarten hoffen? Oder auf eine passende Marktkarte? Na das soll meine Sorge nicht sein, wofür hab ich ihn denn! Soll er mal zusehen!


Was mir schon bei der Testrunde aufgefallen ist und jetzt immer noch nervt – lieber Leser, lass mich vorgreifen. Ich bin bei vielen Designfehlern und unguten Mechaniken und wasweißich definitiv anspruchslos. Lowbrow, wenn man so will. Viele Spiele haben Fehler/flaws, die ich vermutlich niemals merken würde, wenn mich nicht jemand mit der Nase drauf stößt. Ich komme mit ungelenken Abwicklungen meistens ebenso klar, wie mit uneleganten Lösungen, die GANZ EINFACH auch anders und besser hätten funktionieren können.

WENN mir dann mal jemand sagt „Es ist doch voll blöd, dass sie das soundso gemacht hätte, soundso wäre viel besser gewesen“, ja, dann kann auch mir mal die Freude verdorben werden, weil ich es dann SEHE. Oft genug bin ich aber auch in solchen Situationen anspruchslos genug, es weiterhin zu ignorieren.

Aber - das Spielmaterial ist wirklich klein.

Und die Ablage für Werkzeuge und Taler... srsly?? Einerseits rührt es mein Herz, dass sogar diese krude Mischung aus Portemonnaie und Handwerkerkiste auf dem Plan optisch dargestellt wurde. Eigentlich mag ich sowas.


In diesem Fall wäre es aber vielleicht besser gewesen, den persönlichen Vorrat einfach auf dem Tisch neben dem Spielplan zu verorten. Zumindest an die Werkzeuge geht man ständig und daher ist es auch ständig unaufgeräumt in der Gegend. Verbunden mit dem Gebäudeteil des Plans, wo ebenfalls ständig alles rumrutscht, der Kleinteiligkeit allen Spielmaterials und der entsprechenden kleinen Druckart der Symbole und Texte habe ich die Eindringtiefe meiner Krähenfüße in den letzten 24 Stunden bestimmt um einige Millimeter erhöht. Bei wenigen Spielen musste ich so systematisch die Augen zusammenkneifen, um etwas zu erkennen. Gestern Abend, bei elektrischem Licht, deutlich schlimmer, als heute morgen. Und dabei ist das so ein schönes Spiel für die Abendstunden.

Also, wenn mich etwas so nebensächliches so stört, dann ist es, erfahrungsgemäß, wirklich nervig. Denke ich mal. Nichts, weswegen ich das Spiel nicht kaufen würde, aber etwas, das ich bei der Bitte um meine ehrliche Meinung definitiv erwähnen würde. Mit der dringenden Bitte um Korrektur. Es ist alles zu klein, zu rutschig und zu fitzelig.

Außer dem Geld, das Geld ist cool, und die Karten natürlich. Aber Gebäude, Orte, Pläne... :( Die Markthexagone gehen GERADE noch.


Schneller, als ich es vermutet hätte, ist die erste Epoche vorbei. Ja, es ist bombastisch und episch und man kann viel und lange nachdenken – aber 3 Züge pro Halbjahr sind nunmal nur 3 Züge pro Halbjahr. Vor allem, wenn man einen nicht-upgegradeten Verwalter hat, der etwas lahm zu Fuß ist, und eh nur auf angrenzende Felder ziehen oder auf einen der Märkte springen kann. Alleine das beschränkt die Auswahl und verkürzt daher das Grübeln. Und viiiiiel zu oft hat es mir Pläne zerstört, weil ich aus Versehen 4 Aktionen geplant hatte und dann beim Ausführen feststellen musste, dass VIER ja gar nicht DREI sind. Ich meine natürlich: Johann hat sich morgens mit vielen Versprechungen, was er alles erledigen will, in Gang gesetzt und kam abends etwas bedröppselt wieder nach Hause. Verständnisvolle Gutsherrin die ich bin habe ich es ihm verziehen, die Aktionen wurden dann halt später erledigt.


Am Ende hatte ich tatsächlich den ganzen Block vollgebaut (nicht das Lager, da fehlte ein Schuppen) und sogar aus einem Hof eine Wohnung gemacht. Die eine Nahrung, die man zu Beginn bekommt, hatte ich noch übrig, für das eine Mal, an dem ich meinen nichtsnutzigen Bürger, der nur fraß, aber nix produzierte, versorgen musste. Im Gegensatz zur Proberunde hatte ich aber viel weniger Bargeld – habe den Bibliothekar deutlich seltener genutzt, dafür gegen Ende umso effektiver, dank der Bibliothek – und auch insgesamt weniger Punkte, 41 statt 49, aber das ist immer noch ganz ok. Der Herr Kleinwurst hat seinen Job von Anfangsschwierigkeiten abgesehen also ganz gut gemacht und darf bleiben.







Zur Planung meiner nächsten Kolonie werde ich aber glaube ich wieder nur eine Epoche durchspielen, bis es so richtig sitzt. Auch hat Johann den Diplomaten total ignoriert und den Bau einer Botschaft nie in Auftrag gegeben, also gibt es noch viel zu entdecken...

Kommentare 5

  • Zitat

    Das kommt davon, wenn man am Vorabend stundenlang Drogengeschichten mit gewissen anderen, am Projekt beteiligten Forumsteilnehmerinnen austauscht.

    Erzähl... Das Auditorium schaut interessiert...

    • Nix verfängliches, ging nur um eventuelle oder auch nicht kiffende und eventuelle oder auch nicht dealende Nachbarn und unsere, zugegebenermaßen ziemlich unvergleichbaren, Drogenszenen (Frankfurt gegen Dorf).

      Aber kein Wunder, dass da aus Sägen Joints werden, oder?!

    • keinen Schwank aus der Jugend? Wie schade ;)


      Aber nein unter diesen Umständen können aus den Sägen Joints werden oder die Dosis LSD war zu hoch :p

    • Also, ich kann nicht für die gnädige Initiatorin dieses Blogs sprechen, aber für meine Wenigkeit kann als das wildeste, das ich an Suchtmitteln je "konsumiert" habe, mit 15/16 scherzeshalber mal an zwei Zigaretten vorsichtigst gezogen zu haben gelten... Ansonsten bedienen mein Suchtzentrum im Hirn nur Zucker, Koffein und Spiele. #sorrynotsorry xD

  • Göttlich Muahahaha Johann Kleinwurst Muahahaha