Eindruck von November 2018

In Everdell baut jeder Spieler mit Karten ein kleines Dorf im Wald auf, in der dann Fuchs, Lurch und Eule gemeinsam wohnen. Vom Prinzip her handelt es sich um ein Arbeiter-Einsetzspiel. Die Besonderheit ist, dass man sehr wenig Arbeiter hat und auch nur drei Runden spielt, wo man diese einsetzen kann. Das Mehr an Spiel erhält man dadurch, dass man Handkarten hat, welche mit Ressourcen ausgespielt werden können – auch ohne Arbeiter zu haben. Zusätzlich ergänzen sich die Handkarten, denn in einmal gebaute Häuser können bestimmte Tiere kostenlos einziehen. Ein bisschen erinnert das an „7 Wonders“, wo man bestimmte Gebäude kostenlos bauen darf, wenn man das Vorgängergebäude bereits gebaut hat. Diese Jagd nach sich ergänzenden Karten funktioniert bei „7 Wonders” und ebenso gut bei „Everdell“.


Grafisch ist „Everdell“ bombastisch. Die Illustration von Andrew Bosley ist großartig. Ich fühlte mich richtig wohl in meinem Dörfchen und es war mir wichtig, welche Tiere einziehen. Ebenso ist das Spielmaterial sehr gut. Die Beeren sind aus Gummi und hüpfen toll (sogenannte Gummibären), Stein und Harz ist auch klasse. Nur beim Holz hätte der Designer auf runde Plastikbaumstämme verzichten sollen, da diese ständig vom Brett rollten.


Hingucker ist natürlich auch der dreidimensionale Baum, auf dem neben den restlichen Arbeitern, die man in den drei von vier Jahreszeiten freischalten kann, auch bestimmte Zielkarten liegen. Unter dem Baum, im Stamm sozusagen, liegen die Karten, welche die Spieler nachziehen dürfen. Und so toll der Baum aussieht, so unnütz ist er auch. Zum einen muss der ein oder andere Spieler immer um den Baum greifen, um Karten zu ziehen. Daneben sieht man nicht alle Ziele, die ausliegen. Noch schlimmer ist, dass der Baum in unserer Runde meine Karten verdeckt und so mein Mitspieler schräg gegenüber keine Chance hatte, zu erkennen, was ich in der Auslage hatte. Wenn ich das Spiel besitzen würde, wäre der Baum wohl das, was ich lieber separat flach auf den Tisch legen würde.


Wenn man hinter die Fassade der großartigen Grafik und tollen Komponenten blickt, bleibt glücklicherweise auch noch ein gutes Spiel zurück. Die Interaktion hielt sich zwar in Grenzen, aber das habe ich auch nicht erwartet. Natürlich besetzt man mitunter ein Feld, welches ein andere Spieler gerne nutzen würde, aber meist hatten wir genügend alternative Wahlmöglichkeiten für Aktionsfelder. Die andere Interaktionsmöglichkeit ist es, bestimmte „offene“ Orte der Mitspieler zu nutzen. Aber auch hiervon gibt es nicht extrem viele. Wie gesagt, stört das aber nicht, es macht einfach auch so Spaß, sein Dorf aufzubauen. Vor allem eine gute Engine aufzubauen, sodass man mit seinen vier Arbeitern in der letzter Runde doch noch wesentlich mehr Aktionen durch das Ausspielen von Karten nutzen kann.


Einziger Kritikpunkt, den ich habe, ist die fehlende Übersicht. Vor jedem Spieler liegen am Spielende 15 Karten, die mitunter miteinander interagieren können. Hier die Übersicht nicht zu verlieren, will gelernt sein – was man aber vermutlich mit mehr Partien sicherlich irgendwann beherrscht, da es nur fünf unterschiedliche Kartentypen gibt.