Kickstarter Skepticism

  • (Hinweis. Wer bei der dargestellten Statistik misstrauisch wird und nach Signifikanztests o.ä. sucht -- spart Euch die Mühe, das gibt's alles nicht. Steht unten in den Kommentaren.)

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

  • Ohne den ganzen Artikel bisher gelesen zu haben muss ich dem bisherigen irgendwie zustimmen. Ich würde nicht prinzipiell die Arbeit eines Verlages bei der Qualitätssicherung schlecht reden. Auch wenn sich ein "Autor" über Monate und Jahre mit seiner Idee beschäftigt, gibt es in Verlagen "Profis", die schon viele Ideen kommen und gehen gesehen haben, die Hintergrundwissen über Verkaufszahlen und Feedback haben, die einfach besser wissen könnten, was in welcher Menge wie gut ankommt.


    Ich habe z.B. auch Gloomhaven nicht gespielt, aber es wirkt auf mich total überladen und "clunky", dass ich mich frage, ob es so bei einem Verlag wirklich mal herausgekommen wäre. Und Gloomhaven ist noch ein sehr gutes Beispiel, es gibt sicherlich sehr sehr viele Titel, die auf den ersten Blick zwar ganz schick wirken (=Kickstarter-Optimiert?), im Endeffekt dann aber unrund und flach sind.


    Was einfach viel zu gut zieht, ist die Plattform an sich! Videos, Tests, die vorgeheuchelte Möglichkeit an der Entwicklung beteiligt zu sein, Strechtgoals und nicht zuletzt diese (verdammten) Geldmagneten namens "KS-Exclusives". Die funktionieren teilweise richtig gut. So gut, dass auch ich nur wegen einer bestimmten Miniatur fast bei Rising Sun eingestiegen wäre, obwohl mich das Spiel bis dahin total kalt gelassen hat. Aber es könnte ja doch der nächste große Wurf sein und dann hätte man schon... man kennt den Rest ;) Dagegen wirkt eine Pressemeldung eines Verlags, endend mit "Erscheint in Q3/17" so interessant wie eine händische Abschrift der Bibel...


    Auf der anderen Seite kann dabei natürlich auch etwas Gutes entstehen, sei es weil die Autoren mehr Kohle für ihre Arbeit bekommen oder auch mal Ideen realisiert werden, an die sich vom Thema oder Umfang her vielleicht kein Verlag herangetraut hätte. Letztendlich Funktionieren die ja auch nur nach Schema F - gerade wegen ihrer Erfahrung. Kingdom Death Monster und Gloomhaven sind ja gute Beispiele dafür. Ob sie nun gut sind oder nicht - zumindest sind sie mal neu und zumindest für den Autoren hat es sich sicherlich gelohnt. Die eine oder andere Million wird bei KDM schon abgefallen sein, schätze ich ;)

  • Interessanter Artikel und Bestätigung für vieles, was man "gefühlt" eh schon wusste, z.B. dass toll aussehende Miniaturen zu spontaner, aber nicht dauerhaft anhaltender Überbewertung führen. Aber grundsätzlich finde ich die Entscheidung zwischen Kickstarter und Nicht-Kickstarter nur begrenzt sinnvoll, da sich mittlerweile, wo Kickstarter nicht mehr ganz so neu ist, viele etablierte Kickstarter-Macher stark den Arbeitsweisen traditioneller Verlage annähern. Bei Firmen wie CMON, Red Raven, Roxley, Eagle Games, Stonemaier und vielen anderen ist Kickstarter-Crowdfunding von einer normal-üblichen Vorbestellung bei einem traditionellen Verlag doch kaum mehr zu unterscheiden.


    Die Unterscheidung ist für mich deshalb zunehmend weniger zwischen Crowdfunding und traditionellem Verlag, sondern zwischen etablierten Verlag/Autor, die bereits x-mal bewiesen haben, dass sie's können, und Neuling auf dem Markt. Es ist grundsätzlich gut, dass auch letztere mit Crowdfunding einen neuen Weg haben, um ihre Ideen zu den interessierten Spielern zu bringen, aber man muss ganz klar sagen, dass solche Neulinge es ungeheuer schwer haben, weil sie es schaffen müssen, in einem großen Haufen mittelmäßiger Spiele anderer Neulinge überhaupt erstmal zur Kenntnis genommen zu werden. Zumal sie sich auf einem Gebiet bewegen müssen, wo die etablierten, großen Kickstarter-Firmen bei den Kunden eine Erwartungshaltung aufgebaut haben, wo man mit Grafik in Prototyp-Qualität bereits beim Start der Kampagne schon chancenlos ist. Ich schätze, dass eine Kickstarter-Spiel-Kampagne mit realistischen Erfolgsaussichten heute bereits eine fünfstellige Summe an initialen Investitionen erfordert. :/

  • Insofern aber ist die Entwicklung bei KS doch auch wieder gut, da auch dort eine "natürliche Selektion" stattfindet.


    Ich habe das mal so ähnlich bei Envato erfahren - einem Onlineshop für digitale Waren wie Grafiken, Aktionen, Filmmusik, Sounds, Frameworks, etc. Zu Anfang war es das gelobte Land, jeder konnte auf einmal ohne Vertriebsprozess mit seinen eigenen Sachen Geld machen. Teilweise mit entsprechender Qualität. Mittlerweile sind die Ansprüche so hoch und die Qualität so stark gestiegen, dass man gerade im Framework-Bereich ein ganzes Team von Entwicklern haben muss, um ein Produkt in ausreichender Qualität zu etablieren und am Leben zu halten.


    Und auch bei Kickstarter sieht man immer weniger "ich hatte da Nachmittags eine Idee und brauche jetzt euer Geld"-Videos sondern schon voll durchgeplante Marketingaktionen von nahezu fertigen Spielen. Entsprechend viele Stunden sind in die Vorarbeit geflossen, man stelle sich allein mal die Grafik vor: Wie lang braucht man für ein einzelnes Motiv einer Karte? Ein Profi-Illustrator doch bestimmt immer noch einige/wenige/mehrere Stunden. Bei einem Spiel mit 250 Karten ist das schon mal ein Batzen Vorleistung, der auch belohnt werden möchte.

  • Insofern aber ist die Entwicklung bei KS doch auch wieder gut, da auch dort eine "natürliche Selektion" stattfindet.

    Ja und nein. Ja, weil die Qualität insgesamt natürlich tendenziell hoch geht. Nein, weil "Nebensächlichkeiten" wie Aufmachung der Kickstarter-Kampagne, Hochglanz-Poliertheit der Grafik oder Kontakte zu (bezahlten) Videoreviewern wichtiger werden als die Spielidee.


    (Nebensächlichkeiten in Anführungszeichen, weil das alles natürlich schon wichtig ist. Aber eben nicht so wichtig, dass es eine mittelmäßige Spielidee und/oder eine unzureichende Entwicklung derselben überstrahlen sollte -- so wie das bei Kickstarterspiele, insbesondere solchen mit Miniaturen, leider oft der Fall ist.)

  • Hi,


    Ich sehe nichts was da KS Speziell wäre. All das trifft auf schon immer zu. Auch schon vor Kickstarter gab es die "super-duper-Meterial"-Spiele, hinter denen nix steckt. Es gibt sogar welche die tragen den roten SdJ Pöppel. Auch schon vor KS versuchen die Verlage viele Leute zu begeistern, so das die als Multiplikator fungieren und zu einem mittelmässig bis schlechten Spiel ein mörder-Bohai zu generieren. Manchmal klappt es meistens wird der Hype dann aber recht schnell im Keim erstickt (wie hiess das Queen-Spiel der letzten Messe was so gigantisch beworben wurde noch?).


    Das "Problem" (was es auch schon länger gibt als KS), ist doch das die "etablierten" Verlage, Autoren und Redaktionen kaum Innovationskraft haben, sie beschränken sich darauf die bewähren Konzepte wieder und wieder und wieder umzusetzen. Daran ist überhaupt nichts verwerfliches, so hält man einen Verlag mit all seinen Mitarbeitern nunmal am Leben. Es ist nichts schlimmes daran am Ende des Tages was zu essen auf dem Tisch zu haben.


    Der Spieler bekommt im nächsten Jahr genau das vorgesetzt was er im letzten Jahr konsumiert hat. Das sieht man wunderbar an Alea oder noch besser, da aktueller an HiG. Beide haben eine Reihen von Spielen (die wirklich gelungen sind) die Jahr um Jahr von den Spielern abgefeiert wurden, schau man sich die "Reihen" aber mal komplett an, bemerkt man das hier nur eine minimale Entwicklung stattgefunden hat. Es ist immer eine Sammlung aus bewährten Mechanismen. Auch Pegasus/Eggert ist in diese "Falle" getappt (oder auch WYG). Teilweise forcieren die Verlage das dann auch noch durch das extreme ausreizen von "und noch ner Erweiterung/Variante" eines Erfolgsspieles. Das kann man nicht verurteilen - der Rubel muss schliesslich rollen, aber immerhin kritisieren.
    Für mich lebt unser Hobby (btw, übrigens das beste aller möglichen Hobbies in allen möglichen Welten) von der Vielfalt und nicht von der ständigen Wiederholung. Letzteres benötigen die Verlage um die Grundlage für mehr Vielfalt zu schaffen - und hier versagen die "Etablierten" z.Zt. völlig.


    Natürlich muss man bei KS Spielen skeptisch sein - wie bei jedem anderen neuen Spiel auch. Das ist doch nix anderes als eine Binsenweisheit. Eine gesunde Grundskepsis gehört dazu. Aber was überhaupt nicht in dem Artikel richtig ausgearbeitet ist, das die Spieler sich haben einlullen lassen und KS oder Crowdfounding im allgemeinen hier ganz klar eine "ausgleichende Kraft" sind. Es gibt Leute, die sind nicht mit dem zufrieden was uns als Standardkost aufgetischt wird. Die geben sich nicht mit der nächsten durchgesylten Mechanik zufrieden, sondern die haben andere Erwartungen und Hoffnungen an ein Spiel. Die möchten von einem Thema, vom Material oder auch von völlig neuen Ideen überrascht und gepackt werden. Die fühlen sich von den Matheaufgaben die hinter viel EuroGames stecken schlichweg gelangweilt. Das als "überbewertet" und "Hype" abzutun (und dann gleich auf alle KS Spiele auszuweiten) ist schnell gemacht. Und das kann man dann auch gleich abfällig formulieren. Ist ja auch lustig. Ist es wohl auch auf dem hohen Ross eines "CasualGamers". Es ist für mich allerdings ein wenig arrogant und ein Zeugnis für Unverständnis.


    Atti

    Einmal editiert, zuletzt von Attila ()

  • Witzig - als er eingangs die Problematik beschreibt - ein Spieler in der Runde hat das Super-Duper-Special-Stretch-Goal-Kickstarter-Spiel dabei und möchte es spielen - habe ich in eine ganz andere Richtung gedacht:


    Wieso ist der Rest der Runde nicht scharf drauf, es zu spielen? Nun, ich für meinen Teil, würde dann feststellen (möglicherweise), dass ich das Spiel total genial finde!
    Nur: Woher noch bekommen? In den Handel kommen die Spiele selten, und erst recht nicht mit Stretch Goals und Scheiß und Klump!
    Das ist das, was mich an diesen Spielen am Meisten stört.
    Am Ende läuft es auf ein: "Schaut mal, was ich habe, und ihr nicht haben könnt!" hinaus.


    Das ist meiner Meinung nach auch die Hauptantriebsfeder vieler Unterstützer: Wenn ich es jetzt nicht unterstütze, dann a) verpasse ich was, das ich b) so später nur für sehr viel Geld kaufen kann, wenn überhaupt!
    Davon lebt das gesamte Modell, würde ich sagen...


    Wenn dann später enttäuschte KS-Unterstützer ihr Spiel weiter verkaufen oder vertauschen, dann ändern sie vielleicht die Note bei BGG nicht - aber der Empfänger/Käufer ist emotional nicht so sehr an das Spiel gebunden und bewertet es deutlich nüchterner...


  • Das ist meiner Meinung nach auch die Hauptantriebsfeder vieler Unterstützer: Wenn ich es jetzt nicht unterstütze, dann a) verpasse ich was, das ich b) so später nur für sehr viel Geld kaufen kann, wenn überhaupt!
    Davon lebt das gesamte Modell, würde ich sagen...

    HI,


    Das halte ich für eine eher gewagte Theorie. Sicher wird auch so eine Motivation bei manchen eine Rolle spielen, aber welches Spiel hat man denn nicht mehr bekommen? Sythe? Blood Rage? Viticulture? SoB? - Es gibt fast alle Spiele auf dem Primär und sowieso auf dem Sekundärmarkt. Das man mal auf einen Reprint wartet (GH) ist jetzt auch nichts was KS Exkusive ist es gibt immer mal wieder Spiele, die "aus" sind, wenn der Verlag vom Erfolg überrascht wird.


    Atti

  • Ich sehe das aber auch ähnlich! Siehe mein Beispiel mit der Kaiju-Miniatur von Rising Sun :)


    Ich gehe aber eher so vor, dass ich mir anschaue was dieser KS-Account schon so hervorgebracht hat. Der Autor von Scythe ist kein unbekannter und CMON kennt man sowieso - die Spiele gibt es lokalisiert im Handel. Daher warte ich lieber. Kaiju hin oder her ;)


    Aber bei Titeln, die es evtl. nicht in den Handel schaffen kann ich seine Theorie durchaus nachvollziehen :) CMON hat wohl auch daraus gelernt, denn beim Bloodrage-KS war gefühlt viel weniger KS-Exclusive dabei. Wenn ich mir Rising Sun so ansehe, dann ist da mehr exklusives drin als es als Grundspiel gibt.


  • Aber bei Titeln, die es evtl. nicht in den Handel schaffen kann ich seine Theorie durchaus nachvollziehen :) CMON hat wohl auch daraus gelernt, denn beim Bloodrage-KS war gefühlt viel weniger KS-Exclusive dabei. Wenn ich mir Rising Sun so ansehe, dann ist da mehr exklusives drin als es als Grundspiel gibt.

    CMON hat einen Weg eingeschlagen, wie Crowdfunding weiterhin sinnvoll bleibt: verkaufe die Spiele direkt an den Endkunden und gib einen Teil des Gewinns als "KS-exclusives" an eben diesen Endkunden weiter. Damit erweitern sie ihre Kundenbasis und die Brand-Awarness, mit dem Ziel organisch zu wachsen. Zusätzlich werden auch die üblichen Distributionskanäle mit einer Retail-Version versorgt, so dass (fast) alle Parteien zufrieden sind.


    Crowdfunding als reine Preorderplattform kann auch funktionieren (z.B. Roxley Games, EGG, Queen Games), allerdings merken die Kunden meist relativ bald, dass sie "nur" als Vorfinanzierer herhalten sollen. Wenn dann auch noch ein paar Projekte schlecht laufen, hat man Kunden verloren und seine Marke geschwächt (Queen Games als schönes Beispiel dafür).


    Crowdfunding als Finanzierungsquelle für neue, unbekannte Verlage ist hingegen so gut wie tot. Für mich liegt das an der unüberschaubaren Anzahl an Projekten (es laufen jederzeit gut 150 Brettspiele parallel auf KS!) Nur wer in der Lage und bereit ist, bereits im Vorfeld viel Zeit und/oder viel Geld in die Hand zu nehmen, erreicht genug Aufmerksamkeit, um eine erfolgreiche Kampagne hinzulegen (Clans of Caledonia von Karma Games als schönes Beispiel dafür).

  • Manche normalen Verkaufsversionen von Kickstarter-Spielen fühlen sich für mich irgendwie "abgespeckt" und "weniger" an - Du bekommst weniger, bezahlst aber mehr. Hatte ich bei Underground Railroad so erlebt, bei dem ich mir dann die Kickstarterversion vom Gebrauchtmarkt gekauft habe mit Aufpreis. Das war mir das Atmosphäreplus der Sklavenjäger-Pöppel statt Pappcounter dann wert. Aktuell wieder bei "5 Minute Dungeon" erlebt. Die ehemalige Kickstarterversion, längst gelaufen und erst jetzt auf das Spiel aufmerksam geworden, hat mehr spielrelevanten Inhalt und damit mehr Variation. Die Verkaufsversion bietet das nicht. Auf dem Gebrauchtmarkt werden hingegen Mondpreise für die Kickstarterversion verlangt.


    Somit entsteht bei mir der Eindruck bei einigen Kickstarter-Spielen, dass man das Spiel nur vollständig und bezahlbar bekommt, wenn man das Risiko eingeht, die Katze im Sack zu kaufen. Zu dem Zeitpunkt der Finanzierung haben es nur ausgewählte Personen gespielt und berichten auf ihre ganz eigene Art darüber. Auf die vielfältigen und auch kontroversen Meinungen der Kritiker kann man zu dem Zeitpunkt nicht zurückgreifen, um sich ein umfassendes Bild von dem Spiel zu machen. Die Besprechungen im Rahmen der Kickstarter-Kampagne sehe ich aber als reine Werbung an oder habt Ihr da mal gehört und gelesen, dass jemand die Negativpunkte des Spiels herausgearbeitet hat?


    Somit ist Kickstarter für mich eine Vorbestellplattform, die eine bewusste Verknappung nutzt, um mehr Exemplare abzuverkaufen. Als Käufer kann ich es mir anders wünschen, aber den Komfort der durch die Kritiker selektierten Neuheitenflut bekommt man nicht zum Nulltarif. Wer später kauft, der zahlt in der Regel mehr und bekommt weniger. Oder man wartet noch länger und kauft dann ein paar Jahre später gebraucht oder verramscht, wenn sich der Hype doch nicht erfüllt hat.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • @Cyberian: Sehr schöne Zusammenfassung der verschiedenen Modelle. Sehe ich alles im Prinzip genauso. Nur zwei Ergänzungen: So ein Ansatz, wie EGG ihn fährt, kann funktionieren, wenn (a) der Premium-Preis auch durch eine Premium-Qualität gerechtfertigt wird und (b) man andere Vertriebswege kappt, um den Preis hoch zu halten, z.B. durch Exklusivverträge mit Online-Händlern, in diesem Falle CSI, die sich verpflichten müssen, ein Spiel nur minimal unter MSRP (UVP) anzubieten. Genau das ist das Problem von Queen Games: deren Sachen gab's in den USA ein halbes Jahr später bei amazon.com für die Hälfte, und da fühlen sich die Backer zurecht veräppelt. Sowas schadet der Marke immens. Man kann über Queen viel sagen, aber nicht, dass die Produktionsqualität nicht stimmen würde. Deren Problem sind weniger hohe KS-Preise oder fehlende Qualität, sondern zu viele Ramschaktionen bei Amazon und die damit verbundene gefühlte Entwertung ihrer Produkte.


    Zweite Sache: Etablierte Kickstarter-Verlage optimieren entweder gezielt auf den Vertriebsweg Kickstarter (CMON) oder gehen von Kickstarter genauso gezielt weg. So wie Stonemaier Games oder Tasty Minstrel Games, die einen zunehmenden Anteil ihrer Neuveröffentlichungen ohne Kickstarter abwickeln. Da wird dann Kickstarter nur noch genutzt, wenn man zwingend eine ungefähre Schätzung des möglichen Absatzes braucht, etwa weil Miniaturen hohe Vorab-Investitionen erfordern. Auch diese hohen Vorab-Kosten erklären, warum ausgerechnet solche Miniaturen-Sachen so omnipräsent bei Kickstarter sind: die sind nicht nur überproportional im Trend, sondern schlichtweg auch wesentlich schwieriger ohne diese Vorab-Finanzierung zu realisieren. Für die entsprechenden Molds muss man eben erstmal ein paar tausend Dollar auf den Tisch legen. Das geht einfacher, wenn man das Endprodukt quasi schon verkauft hat.

  • Das bringt mich doch gleich wieder auf meinen alten Gedanken der "ungerechten Sprachverteilung". Mein Fazit aus diesem Gedankenspiel lautet: "Wer im englischen Sprachraum aufwächst und nicht bei YouTube oder auf Kickstarter erfolgreich ist, ist faul oder unkreativ!".


    Man muss sich mal dieses "Geschenk" vor Augen halten. Als jemand, der mit Englisch als Muttersprache aufwächst, stellst du einfach eine Kamera auf, erzählst was interessantes und hast direkt Milliarden potentielle Interessenten. Oder Du erstellst dein Spiel in Englisch für Kickstarter - ebenfalls theoretisch 2/3 der Welt als potentielle Käufer.


    Wenn wir etwas in unserer Muttersprache starten, dann erreichen wir damit nur D-A-CH, Mallorca und ein paar Exilnazi-Nachkommen in Südamerika... Natürlich kann man eine Sprache wie englisch lernen, aber ich hatte meine ganze Schullaufbahn über Englisch, auch im Abitur, und bin trotzdem meilenweit von einem Muttersprachler weg.

  • Das bringt mich doch gleich wieder auf meinen alten Gedanken der "ungerechten Sprachverteilung". Mein Fazit aus diesem Gedankenspiel lautet: "Wer im englischen Sprachraum aufwächst und nicht bei YouTube oder auf Kickstarter erfolgreich ist, ist faul oder unkreativ!".

    Dabei geht es uns in Deutschland doch noch gut!


    Wenn Du in Brasilien lebst, dann bezahlst Du auch noch horrende Preise für die Brettspiele und den Versand!

  • Dabei geht es uns in Deutschland doch noch gut!
    Wenn Du in Brasilien lebst, dann bezahlst Du auch noch horrende Preise für die Brettspiele und den Versand!

    Mir gings weniger um die Position als Kunde sondern darum, selbst Geld im Internet zu machen. Beispielsweise Baron von Grumble (Motorrad-Videos). Ein lustiger Typ aus England, fängt an Videos auf dem Weg zur Arbeit aufzunehmen. 2 Jahre später lebt der davon und reist für und mit Motorrädern um die Welt. Warum? Weil er einfach in seiner Muttersprache anfängt und eine Zielgruppe rund um den Globus hat. Würde unsereins das machen, ginge seine Reichweite nicht über Hamburg bis Wien hinaus.

  • Weil er einfach in seiner Muttersprache anfängt und eine Zielgruppe rund um den Globus hat. Würde unsereins das machen, ginge seine Reichweite nicht über Hamburg bis Wien hinaus.

    Ja, mit Englisch erreicht man wesentlich mehr Leute. Marius Hornberger (recht junger Holzwerker) erzählte mal, dass er anfangs seine Videos zweisprachig drehte, die Reichweite mit Englisch aber mehr als das Zehnfache betragen habe und er daher seit dieser Erkenntnis schlicht auf die deutsche Version verzichtet. Er sei im Nachhinein sehr froh darüber, weil sich sein Englisch durch die regelmäßige Übung enorm verbessert habe. (Und das sogar weitestgehend ohne das Korrektiv native speakers, wie man es bei einem Auslandsaufenthalt hätte. Man merkt zwar immer noch deutlich woher er stammt, aber gut verständlich sind seine Videos allemal.)
    Die Schlussfolgerung aus dem Primat des Englischen sollte also nicht sein, erst gar nichts zu machen, sondern einfach auf Englisch umzusatteln. Schulenglisch hin oder her, wenn der Content an sich gut ist, juckt das kaum jemanden, ob Grammatik, Wortwahl und Aussprache perfekt sind. Das sind sie bei vielen, vielen natives ja auch nicht ;)

  • Jap, das stimmt. Der erfolgreichste deutsche "YouTube-Gamer" Gronkh wurde soweit ich weiß letztes Jahr von seinem Thron gestoßen, und zwar von einem Fußball-Tutorial-Kanal. Fand ich sehr positiv. Dann jedoch kam die Ernüchterung: Die sind erst so richtg abgegangen, als sie Videos auf Englisch erstellt haben.


    Aber es ist schon nicht weit hergeholt, dass die Sprache ein ziemlich großes + ist. Nahezu alle Ranglistenführer in YouTube sind englischsprachig. Abgesehen vielleicht von der Nr. 1 (jetzt widerspreche ich mir gerade selbst...) ist glaube ich Norweger - oder Schwede? Egal. Auf jeden Fall verdient der mit seinen bisher unfassbaren 15,3 Milliarden (!!!) Klicks eine ganze Menge. Selbst wenn man sich auf das gern erwähnte League of Legends beschränkt, dann verdient dort die Nr. 1 - meines Wissens ein Kanal namens "Nightblue3" pro Monat immer noch über 100.000 $ aus reinen YT-Einnahmen ohne externes Sponsoreing. Wie gesagt, das ist die Speerspitze von vielen vielen tausend Vlogern, und in dem Bereich natürlich auch ein Vollzeitjob. Dennoch beachtlich!


    Allein auf Twitch (eine Streaming Plattform) hat er mittlerweile 1,9 Mio Follower - Man muss dazu aber wissen, dass bei Twitch das Abonnieren eines Kanals Geld kostet - und zwar 5,10 oder 25$ - freie Wahl. Rechnet mal nach ;)

  • Allein auf Twitch (eine Streaming Plattform) hat er mittlerweile 1,9 Mio Follower - Man muss dazu aber wissen, dass bei Twitch das Abonnieren eines Kanals Geld kostet - und zwar 5,10 oder 25$ - freie Wahl. Rechnet mal nach ;)

    Naja. Nicht ganz. Einem Kanal zu folgen kostet nichts. Einen Kanal zu abonnieren ist was Anderes. Die 1,9 Mio Follower haben also erstmal garnichts bezahlt. Viel interessanter wären die Zahlen der Abonnenten (die aber nicht angezeigt werden)

  • Ich denke ja, dass bei diesen ganzen neuen Medien eher die Plattformbetreiber dahinter das große Geld mit Werbung und/oder Abos verdienen und weniger diese ganze Youtube-Stars, Twitch-Helden oder sonstige, die ihrer unbezahlten Freizeit den ganzen "content" erzeugen. Aber vielleicht bin ich da einfach nur nicht auf dem neuesten Stand...

  • Das bringt mich doch gleich wieder auf meinen alten Gedanken der "ungerechten Sprachverteilung". Mein Fazit aus diesem Gedankenspiel lautet: "Wer im englischen Sprachraum aufwächst und nicht bei YouTube oder auf Kickstarter erfolgreich ist, ist faul oder unkreativ!".

    Englisch ist keine richtige "Fremdsprache". Es ist heutzutage schon fast üblich/erwartet/gefordert/nötig, das ungefähr so gut wie die Muttersprache zu können.
    Und es gibt wohl zigtausend Gründe, nicht auf Youtube oder Kickstarter aktiv zu sein, die nichts mit Faulheit oder mangelnder Kreativität zu tun haben.


    Dass du mit englischem Content mehr Menschen erreichst, liegt natürlich auf der Hand.
    Völlig trivial. Aber daraus abzuleiten, dass jeder Muttersprachler auf Youtube oder Kickstarter rumschimmeln sollte... So ein Humbug.


    ---


    Zum ursprünglichen Thema:
    Es hätte dem Artikel imho gut getan, wenn nicht zwanghaft versucht worden wäre, die Zweifel mit Zahlen zu belegen.


    Mir geht es zwar eigentlich recht ähnlich, ich backe auch genau gar nichts und glaube, dass

    • alles "lohnenswerte" ohnehin bei einem regulären Verlag landet.
    • Verlage wertvolle Arbeit leisten, Spiele sinnvoller, schlanker, zugänglicher und ausgewogener zu produzieren.
    • die Hypes teilweise grueslige Züge annehmen

    ...aber die herbeigezauberten Zahlen und Grafiken wirken recht konstruiert.


    ---


    Bzgl Miniaturenspiele:
    Ich sehe da eigentlich kein Problem. Klar, die Spiele dahinter sind oft eher schwach. Und ja, es gibt genug Leute, die nur wegen der Miniaturen backen, egal, wie schwach die Regeln dahinter sind.
    Aber das ist okay. Miniaturen sind nunmal ein eigenes Hobby. Ich habe auch jahrelang Warhammer gespielt, obwohl das ein ziemlich mieses Spielsystem ist, nur weil mir die Figuren gefallen haben.
    Besser, die schicken Minis haben irgendwelche Regeln, als gar keine. ;)

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Ich denke ja, dass bei diesen ganzen neuen Medien eher die Plattformbetreiber dahinter das große Geld mit Werbung und/oder Abos verdienen und weniger diese ganze Youtube-Stars, Twitch-Helden oder sonstige, die ihrer unbezahlten Freizeit den ganzen "content" erzeugen. Aber vielleicht bin ich da einfach nur nicht auf dem neuesten Stand...

    Sicher verdienen die Plattform Betreiber ordentlich mit (und am Ende auch den Löwenanteil) aber es gibt genügend "große" Influencer (so heißen die), die das nahezu ausschließlich als Hauptgewerbe machen. Und nicht selten verdienen sie einen hohen vierstelligen Betrag pro Monat, teilweise auch sogar fünfstellig. Viele leben davon inzwischen (was ich immer noch persönlich absolut absurd finde).

    Brettspiele: Angebote & Schnäppchen schnell gefunden unter www.brettspiel-angebote.de

    Mit Merkliste, individuellen Preisbenachrichtigungen, Bestpreis-Berechnung und Gewinnspielen.

  • Kickstarter leistet mit Sicherheit einen großen Beitrag dabei, Interesse und zum Teil auch Begeisterung für Brettspiele zu entfachen. Das ist in meinen Augen positiv. Natürlich gibt es auch völlig missglückte Projekte, Graupen und eine Menge Mittelmaß, aber das gibts außerhalb von Kickstarter auch. Ich bin mir nicht mal sicher, dass die Mittelmaß-Quote und die Kracher-Quote im Vergleich zu etablierten Verlagen erheblich abweicht (was auch damit zu tun haben kann, dass etablierte Verlage mittlerweile häufiger ebenfalls Kickstarter nutzen).


    Wer daher "aus Prinzip" dort nichts unterstützt, verpasst mit Sicherheit das ein oder andere Juwel (oder bekommt es später nur abgespeckt oder teurer). Umgekehrt: wer auf jeden Hype hereinfällt, zahlt mit Sicherheit drauf.

  • yzemaze

    Hat das Label Kickstarter hinzugefügt.