SPIEL'17 Kolumne: Gute Spielkonzepte überstehen Generationen

  • Seit über drei Jahrzehnten gibt es nun schon die Spieltage in Essen. Im Jahr 1983 wurde der Grundstein zur inzwischen weltweit größten Publikumsmesse für Gesellschaftsspiele in der Volkshochschule Essen gelegt. Was danach kam ist Geschichte und weitaus mehr als nur eine flüchtige Erinnerung wert.


    So wurde im Jahr 1983 das Detektivspiel Scotland Yard aus dem Ravensburger Verlag mit dem Kritikerpreis "Spiel des Jahres" ausgezeichnet. Mehr als zwei soziologische Generationen später, ist die Suche nach Mister X immer noch aktuell. Der Whitehall-Mord ist eine von vielen SPIEL'17-Neuheiten der Asmodee GmbH. Zwar wird derzeit kein anonymer Gauner, sondern lieber Jack the Ripper gejagt, was dem bekannte Katz-und-Maus-Spiel einen atmosphärischen Rahmen gibt. Aber das grundlegende Spielprinzip ist gleich geblieben. Es geht weiterhin um Deduktion und Bluff. Eine asymmetrisch formulierte Aufgabenstellung. Viele kooperativ gegen einen Einzigen - Sichtschirm und Geheimniskrämerei inklusive.


    Zu meiner Kindheit, die inzwischen auch mehr als zwei soziologische Generationen her ist, haben wir noch Räuber und Gendarm gespielt. Draußen in der Natur, als man sich noch so richtig dreckig machen durfte und man den Begriff Keime nicht direkt mit multiresitent in Verbindung brachte, stattdessen Dreck den Magen reinigte und so. Das waren die Grundlagen von Scotland Yard.


    Heutzutage wird lieber drinnen gespielt, am Spieltisch und auch über die Kindheit hinaus. Das alte Räuber und Gendarm begeistert mich immer noch. Nur jetzt heißt es längst nicht mehr Scotland Yard, weil das ist so 1983. Stattdessen war Die Akte Whitechapel vor sechs Jahren und Last Friday im letzten Jahr in meinen Spielrunden angesagt. Aber auch die sind fast schon wieder vergessen.


    Zur SPIEL'17 betritt dann Der Whitehall-Mord die Bühne und verspricht, uns wieder ebenso zu begeistern. Gute Spielideen wie Scotland Yard können eben auch über drei Jahrzehnte lang tragen und immer wieder neu variiert werden - mal mehr oder weniger gut. Das Ende des Räuber und Gendarm Spielprinzips ist sicherlich noch längst nicht erreicht. Da zähle ich auf den unerschöpflich scheinenden Einfallsreichtum der Autoren.


    In diesem Sinne, auf weitere drei Jahrzehnte ungebremsten Spielspaß - ob mit Der Whitehall-Mord oder den anderen 1.199 angekündigten Neuheiten der kommenden SPIEL'17 verbracht. Ich bin gespannt und lasse mich gerne immer wieder neu begeistern, auch von eigentlich altbekannten Spielkonzepten in neuen Variationen.


    Euer Ralf "ravn" Rechmann


    Quellen:


    Heidelberger Spieleverlag / Asmodee GmbH, Der Whitehall-Mord

    https://www.heidelberger-spiel…oducts/detail?ArtNr=HE881


    Spiel des Jahres e.V., Rückblick auf 25 Jahre Scotland Yard

    http://www.spieldesjahres.de/vor-25-jahren-scotland-yard


    Wikipedia, Räuber und Gendarm / Versteckfangen

    https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%A4uber_und_Gendarm


    Friedhelm Merz Verlag, Internationale Spieltage SPIEL'17

    http://www.spiel-essen.com

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    Einmal editiert, zuletzt von ravn ()

  • Eine meiner Lieblings-Gattungen. Akte Whitechapel wurde (mit kleinen Anpassungen zum recht unintuitiven Spielaufbau) letztens noch gespielt und kommt wohl nun öfter mal auf den Tisch - Es haben schon einige Polizisten am Ende mit den Wunsch geäußert demnächst Mr. X bzw der Ripper zu sein.


    Whitehallmorde ist für mich zuweit runtergebrochen und einfach nur Die Akte Whitechapel in klein - Eine Coexistenz von beiden kann ich mir nach der FFG-Beschreibung für mein Spieleregal nicht vorstellen...dafür warten noch Last Friday und Fury of Dracula ungespielt im Regal..

    Top 10 (jeweils ohne Reihenfolge)

  • Eine wunderschöne Kolumne, die mich tatsächlich einen Moment in meine Kindheit zurückversetzt hat. Vielen Dank! ?


    Nicht zu vergessen wäre auf der kommenden Messe in diesem Zusammenhang auch "Hunt for the Ring".

  • Wenn ich mich richtig erinnere, zeichnet für Scotland Yard nicht ein einzelner Autor, sondern 'Designteam xy' von Ravensburger verantwortlich. Als ich das irgendwann mal bemerkt hatte, ist mir klar geworden, wie sehr sich alles in Zirkeln bewegt.

    Früher haben Teams 'unten im Keller' zukünftige Spiele des Jahres bei Ravensburger ausgeknobelt, in einem 9-5-Job (und immer mit genügend willigen Testern - was für ein Traum), dann kamen die Jahrzehnte der unabhängigen Spieleautoren, und schließlich sind wir wieder da, dass ein Eric Lang in Festanstellung für CMON entwickelt.

  • Scotland Yard spiele ich immer noch gerne. Da ich leider nicht so oft spiele, sprechen gerade die einfachen Regeln dafür. Die anderen Spiele sind da leider zu komplex für die meisten hier und ich weiß auch nicht, ob ich hier wirklich mehr Spielspaß erhalte bei mehr Regeln.

  • Da zähle ich auf den unerschöpflich scheinenden Einfaltsreichtum der Autoren.

    Welch vergiftetes Kompliment ;)