SPIEL'17 Gemeinsam gegen den Hausmeister: Professor Evil and The Citadel of Time

  • Wer sich selbst Professor Evil nennt, der muss einfach böse sein oder ist doch nur mehr Schein als Sein. Im gleichnamigen Spiel treten wie in kooperativer Aufstellung mit maximal vier Spielern gegen den Professor an. Der wird nicht nur per Würfel vom Spiel selbst gesteuert, sondern hat vorab diverse historische Gegenstände geklaut. War ganz einfach, da er doch im Besitz einer Zeitmaschine ist. Wir wollen diese Gegenstände wieder zurückbringen, bevor der Professor diese in seinem Tresor unwiederbringlich wegsperren kann. Dazu haben wir ein wenig Zeit, denn zwar lebt der Professor ganz alleine in seinem riesigen Haus, mag es aber, seine Klauereien dort auszustellen. Zur Absicherung gibt es diverse Fallen. Sollte ja reichen.




    Soweit die skurrile Vorgeschichte, die so in der Form auch einer franzöischen Grafic Novel entsprungen sein könnte und sich optisch mal wieder eindrucksvoll präsentiert. Christophe "Biboun" Fossard versteht einfach sein Handwerk, wie schon als Grafiker bei Dice Forge und Chrono Conquest unter Beweis gestellt. Spielerisch kann Professor Evil and The Citadel of Time leider nicht ganz mithalten im Direktvergleich anderer kooperativer Spiele, aber dazu später mehr.


    Wir steigen also des Nachts durch eines der offen stehenden Fenster ein, ziehen mit unseren drei Aktionspunkten auf dem Spielplan umher, öffnen Türen und entschärfen Fallen. Umherziehen geht von Raum zu Raum, Türen öffnen wir mit Dreh des dort liegenden Holzstäbchens, Fallen entschäften wir mit dem Umdrehen des Plättchens dort. Alles ganz einfach vom Ablauf, nur sind diese drei Aktionspunkte immer viel zu wenig, so dass wir schon im Team zusammenarbeiten sollten. Der eine öffnet die Türen, der andere schlüpft hindurch und hat Aktionspunkte eingespart. Nur gemeinsam können wir eines der drei ausliegenden Gegenstände zurück in unseren Besitz nehmen und vorab die dazu notwendigen Fallen entschärfen und das rechtzeitig, bevor der Professor den Gegenstand wegsperrt. Doch nicht mehr so einfach wie zunächst gedacht. Wir lagen anfangs drei Gegenstände zurück, bevor wir aufholen und gleichziehen konnten.


    Damit es abwechslungsreicher wird, hat jeder von uns einen Charakter mit Sondereigenschaften. Die werden aber erst später im Spielverlauf aktiviert und will man dann seine Supersondereigenschaft einmalig nutzen, ist auch die dauerhafte Sondereigenschaft verbraucht. Zudem dreht man zu Zugbeginn zufällig zwei seiner Charakterkarten um, die Fähigkeiten zeigen. Eine davon dürfen wir ausführen, beide Karten werden abgelegt. Auf diese Art nutzen wir Sondereigenschaften und Fähigkeiten und zählen durch, wie wir den optimalen Weg durch das Haus finden, um Fallen zu entschärfen, Türen zu öffnen und dann die ausliegenden Gegenstände einzusammeln.




    Allerdings gibt es ja noch den Professor. Der nennt sich zwar Evil, kommt aber eher als arg vergesslicher Hausmeister daher. Per Würfel gesteuert wandert der auf vorgegebene Routen durchs Haus, macht auf seinem Weg brav alle Türen wieder zu, schaltet seine Fallen wieder an und wirft uns aus seinem Haus, wenn er uns antreffen sollte. So böse scheint der gar nicht zu sein. Wie würdet Ihr reagieren, wenn Ihr des Nachts plötzlich Leute in Eurem Haus vorfinden würdet? Wir starten stattdessen einfach zu Beginn unseres nächsten Zuges neu und steigen erneut an beliebiger Fensterstelle ins Haus ein. Vorsetzlich erwischen darf man sich zwar nicht, der Raum des Professors ist tabu, aber manchesmal konnten wir durch den Rauswurf einige Wege und Aktionspunkte sparen. Sonstige Mali, Bestrafungen oder gar ein vorzeitiges Ableben gibt es nicht. Wir werden nur freundlich des Hauses verwiesen.


    Die Partie im Messetrubel war zeitweise durchaus spannend. Im allerletzten Zug hatten wir das Spiel verloren. Allerdings ist der Spielablauf auch sehr glückslastig. Denn wir ziehen zufällig zwei unserer Fähigkeitskarten und ob die jetzt bestens passen oder auch nicht, haben wir nicht in der Hand. Dann würfeln wir und wie viel Zeit vergeht und wohin der Professor zieht, ist erneut zufällig. Dazu sind alle Informationen offen und da wir keinen echten Zeitdruck haben, können wir uns als Einzelspieler bequem zurücklehnen und dem Alphaspieler die komplette Planung überlassen. Der nächste Würfelwurf kann sowieso wieder alles umschmeissen. Deshalb versucht der Alphaspieler alle potentiellen Möglichkeiten einzubeziehen in seine Überlegungen und braucht die Mitspieler überhaupt nicht. Wir können also gemeinsam spielen, ebenso können wir das Spiel dem Alphaspieler überlassen, der sowieso besser spielt, wenn er alleine denken darf. Ein kooperatives Spieldesign, das heutzutage schlicht veraltet wirkt, aber wenigstens hübsch verpackt ist und ein eingängiges und recht einfaches Regelwerk hat.


    Kann ich Professor Evil and The Citadel of Time auf dieser Grundlage empfehlen? Klares Jein! Wenn Ihr ein eher gradliniges kooperatives Spiel in sehenswerter Optik sucht und keine Probleme mit Zufallselementen und alles dominieren wollenden Alphaspielern habt, dann greift zu. Wenn Ihr nach mehr Tiefgang verlangt, dann wäre Spirit Island die bessere Alternative. Allerdings wäre das ein Vergleich zwischen Planschbecken und dem Marianengraben in Sachen Spieltiefe. Das Planschbecken ziehe ich in machen Spielrunden und zu manch eigenen Spielstimmungen aber ebenso vor, denn immer nur in die Spieltiefe eines Spirit Island abzutauchen, ist mir auf Dauer zu anstrengend. Somit wird Professor Evil and The Citadel of Time sicher seine Fans finden.


    Cu / Ralf

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