Schere Stein Papier, Mindgames, Glück

  • Ausgehend vom Street Fighter Thread und um zu verhindern, dass der ins OT abgleitet würde ich hier mal meine SIchtweise zu RPS (rock paper scissors bzw. Schere Stein Papier) und Mindgame Mechanismen in Brettspielen darlegen. Da ich selber an einem Spiel arbeite, das einen solchen Mechanismus sehr zentral nutzt würde mich da auch eure Einschätzung interessieren, bzw. auch ob ihr der Meinung seid dass ich da irgendetwas grundlegend missverstehe.


    Für mich gibt es diese Art von Mechanismen in 3 Stufen:


    1. RPS: ist für mich erstmal pures Glück. Dass da jemand einen langfristigen Vorteil über eine statistisch relevant Anzahl von Spielen haben kann (es gibt ja anscheinend auch Meisterschaften etc.) kann ich mir nur wie folgt erklären: 1. er "betrügt" (z.B. indem er anhand der Anfangsbewegung des Gegenübers ableitet, welches Sysmbol dieser zeigt und seines dann schnell anpasst) 2. er nutzt irgendwelche psychologisch-statistischen Informationen (z.B. dass ein Schneider zu 50% immer mit Schere anfängt...) 3. evtl. Menschenkenntnis (hier bin ich mir nicht sicher)? - kann er seinen Gegenüber so einschätzen wie er. z.B. auf eine Niedelage mit einem bestimmten Symbol mit welcher Wahrscheinlichkeit reagiert (z.B. dass bestimmte Menschen, nachdem sie 2 mal mit dem gleichen Symbol verloren haben dieses unterbewusst wahrscheinlich eher nicht mehr wählen...).


    Ich bin aber der Meinung, dass RPS als Zufallselement (genauso wie Würfel) in Spielen verwendet werden kann/könnte, im Gegensatz zu Würfeln erhöht es nämlich die emotionale Beteiligung, weil der Eindruck eher entsteht, selbst für Sieg/Niederlage verantwortlich zu sein (als z.B. bei einem Münzwurf). Problematisch kann hier halt sein, dass die Spieler diese emotionale betieligung nicht möchten, aber in dem Fall können sie "auswürfeln" was sie nehmen und dann ist es gleichwertig mit Würfeln.


    2. Mindgames:

    Das ist jetzt eine eher persönliche Defintion, aber für mich entstehen die zum Beispiel, wenn man RPS spielt aber die Ergebnisse ungleich gewichtet. Wenn ich also für einen Sieg mit Schere mehr Punkte bekomme, als für einen Sieg mit Stein, dann entsteht eine "ich denke, dass du denkst dass ich denke"... Kette da bestimmte Ergebnisse attraktiver/weniger attraktiv werden. Dafür kommt man auch mit schwächer gewichteten Ergebnissen eher durch, kann also slebst auch ein bisschen das Risiko kontrollieren. Kann man bestimmt ebenfalls in Spielen nutzen (in Netrunner beispielsweise gibt es solche Mindgames). Auch hier könnte man das System durch einen Würfel ersetzen, man müsste halt nur die Verteilung entsprechend anpassen (so dass man z.B. bei Schere, die wenn man mit ihr gewinnt mehr Punkte gibt , öfter würfelt bzw. mit höhere Wahrscheinlichkeit.)


    3. Für die dritte Stufe habe ich keinen Namen:

    Diese Stufe entsteht, wenn das Mindgame System nun so erweitert wird, dass die Spieler aufgrund teilweise verdeckter Informationen selbst entscheiden müssen, welchen Wert die unterschiedlichen Symbole für die haben (z.B. durch einfache verdeckte Faktoren/Modifikatoren auf der hand, die beide Spieler haben). Im Idealfall müssen die Spieler diese ausgehend vom übrigen Boardstate erst evaluieren. Konkret würde dies bedeuten, dass z.B. ein Sieg durch Stein mir in der aktuellen Situation und ausgehend von den verdeckten informationen die ich habe mehr nützt als einn SIeg druch Schere, mein Gegner dies aber nicht (sicher) weiß; zumindest wenn ich das Spiel gut genug kenne um korrekt evaluiert zu haben. Dies führt meiner Meinung nach dazu, dass man das Mindgame zwar immer noch hat, aber eben ein bestimmter deduktiver Aspekt hinzukommt, der den oberen Systemen fehlt und der dann auch nicht mehr einfach durch einen Zufallsgenerator ersetzt werden kann, und wie ich hoffe etwas die Beliebigkeit aus dem Ganzen nimmt, die diesen Systemen immer vorgeworfen wird.


  • Stein, Schere, Papier kann kein reines Glück sein, weil es einem Menschen nicht möglich ist eine wirklich zufällige Auswahl zu treffen. Man bildet (unterbewusst) immer Muster, gelingt es dem Gegner diese Muster zu erkennen hat er einen Vorteil. Für die Nutzung als Glückskomponente in einem Spiel eignet es sich wahrscheinlich trotzdem analog zum Würfelwurf da es nicht zu einer ausreichenden Anzahl von "Würfen" kommt. Finde die Idee auch charmant, da man irgendwie dann doch ein wenig das Gefühl hat etwas beeinflussen zu können.

  • Reines RPS ist erstmal einfach Glück (wenn man es nicht oft genug macht, dass man die Muster lesen kann).

    Daher ist es auch ein beliebter Würfelwurfersatz.


    Mindgames à la "Ich denke du denkst ich denke" sind für mich auch reines Glück, weil man letztendlich eine Entscheidung treffen muss und keine Ahnung hat, wann die Kette abbricht.

    Vielleicht gelingt es da manchen Menschen, ihr gegenüber besser zu lesen als ich das kann. Aber ich persönlich treffe dann einfach eine "Zufallsentscheidung" und fühle mich ausgesprochen genervt. Ich mag sowas nicht, es stülpt Komplexität auf etwas, das nicht komplex sein müsste, und dauert einfach nur länger.


    Das dritte, was du da umreißt... ich durchdringe es nicht vollständig.

    Es liest sich für mich aber ungefähr so:

    Wenn beide Seiten es "korrekt evaluieren" können, ist es kein RPS mehr. Und führt gezwungenermaßen zum Patt, wenn das beide tun.

    Wenn es immer noch verborgene Information gibt, dann hört es sich für mich an wie "Ich habe dreimal Stein auf der Hand, muss also Stein spielen, aber mein Gegenüber weiß das nicht." Und das ist dann auch wieder nur Glück. ;)

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Wenn beide Seiten es "korrekt evaluieren" können, ist es kein RPS mehr. Und führt gezwungenermaßen zum Patt, wenn das beide tun.


    Wenn es immer noch verborgene Information gibt, dann hört es sich für mich an wie "Ich habe dreimal Stein auf der Hand, muss also Stein spielen, aber mein Gegenüber weiß das nicht." Und das ist dann auch wieder nur Glück.

    Ich meinte, dass sowohl offene als auch für die beiden Spieler jeweils verborgene Informationen (z.B. in Form von Karten, die sie selbst gewählt haben) bestimmen, wie wertvoll ein Sieg mit Schere,Stein bzw. Papier in der aktuellen Situation ist.


    Was meinst du mit Patt?


    Ein interessanter Gedanke ist evtl. noch der Vergleich mit verdeckten Auktionen. Ist es Glück ob ich eine solche Auktion gewinne? Eigentlich sollte der Skill hier ja in der korrekten Evaluation des Werts der Auktionssache bestehen. Aber dann ist auch der Unterschied zum oben beschriebenen Mechanismus nicht mehr allzugroß .

  • Der große Unterschied bei (verdeckten) Auktionen ist, dass der Gewinner nicht zwingend der Sieger ist.


    Patt = unentschieden. Stein vs Stein. Wenn beide korrekt evaluiert haben.


    Zu deinem ersten Absatz: ich sehe keinen wesentlichen Unterschied zu "mindgames". Dass ich hier nicht weiß, was du auf der Hand hast, ist gefühlt ähnlich wie dass ich nicht weiß, ob du bluffst oder doppelbluffst.

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  • Eine Art "3a" finden wir im Kampfsystem von Bushido - Der Weg des Kriegers (gameheads). Dort ist die Auswahl (R, P, S) durch die verfügbaren Taktikscheiben eingeschränkt (eine geheime Information, für die sich im Spielverlauf gewisse Wahrscheinlichkeiten entwickeln). Außerdem muss die Entscheidung durch eine zweite Art von Ressourcen unterfüttert werden (Katana-Plättchen), die auch geheim sind, aber ebenfalls bestimmten Wahrscheinlichkeiten unterliegen.

  • Wobei ich hier anmerken möchte, dass auch das Würfeln eines Würfels als emotional und beeinflussbar betrachtet wird. ?

    Zum einen sagt man ja: ICH muss eine 6 Würfeln.

    Und nicht: Der sechsseitige Zufallsgenerator muss eine 6 zeigen. (zugegeben, sehr überspitzt formuliert - dennoch ist das personengebundene Würfeln oft sehr wichtig - siehe nächster Punkt)


    Zum Anderen ist es vielen Spielern wichtig, selbst zu Würfeln - auch wenn das objektiv keinen Unterschied macht. Zum Beispiel könnte man bei Imperial Assault immer die Verteidigung zusammen mit dem Angriff Würfeln. Aber (fast) alle Spieler, die ich kenne, wollen die Verteidigung selbst Würfeln...


    Und dann gibt es da noch die fanatischen Rollenspieler, deren Würfel nicht berührt werden dürfen... ?

  • Der große Unterschied bei (verdeckten) Auktionen ist, dass der Gewinner nicht zwingend der Sieger ist.

    Wenn du jetzt bei Mechanismus 3 davon ausgehst, dass es z.B. ein Ergebnis bei Schere gewinnt so oder so ähnlich lautet: "dein Gegner verliert x Ressourcen aber erhält dafür Gegenstand Z (der für das weitere Spiel einen bestimmten Vorteil bringt)" dann seh ich da keinen großen Unterschied.

    Das von mir beschriebene System muss ja ebenfalls nicht zwangsläufig in einem klaren Sieger resultieren, sondern man erspielt sich halt bestimmte Vorteile, die aber auch abhängig vom restlichen Boardstate sind (und die vom Gegenüber evtl auch anders bewertet werden).


    Eine Art "3a" finden wir im Kampfsystem von Bushido - Der Weg des Kriegers (gameheads).

    Ok danke, das schau ich mir mal an! Wie gefällt dir persönlich dieses System bei Bushido? Kommt man in Versuchung, die Entscheidung doch zu randomisieren? Ich konnte schon teilweise den Effekt beobachten, dass sich Spieler versuchen "aus der Verantwortung zu stehlen" indem sie die Symbole (SSP) einfach zufällig auswählen. Alerdings denke ich, dass man bei Mechanismus 3 dadurch einen Nachteil hat, da man die unterschiedliche Gewichtung der Symbole nicht mehr berücksichtigt, d.h. wenn man optimal spielen möchte ist man mehr oder weniger gezwungen, die Symbole zu wählen..

  • Wobei ich hier anmerken möchte, dass auch das Würfeln eines Würfels als emotional und beeinflussbar betrachtet wird. ?

    Ja, definitiv. Bei mir persönlich ist es aber so, dass ich mich mehr freue, wenn ich bei SSP gewinne als bei einem Münzwurf, auch wenn ich die Münze selber geworfen habe (weil irgendwie ja doch meine eigene Entscheidung den Sieg gebracht hat).


    Allerdings fühlt man sich bei SSP auch für eine Niederlage in größerem Maße verantwortlich und ich denke, dass hier der Grund für den hohen Beliebtheitsgrad von spielerunabhängigen Randomizern liegt: Im Falle einer Niederlage kann man diese auf z.B. schlechtes Würfeln schieben und ärgert sich weniger. Psychologisch optimal ist es wohl, wenn man Erfolge auf das eigene Handeln zurückführt und Misserfolge auf mangelndes (Würfel)glück.

  • Meine Meinung dazu kennst du ja. Bei unseren Runde ist es genau andersrum: bei Würfeln fiebern wir mit, SSP finden wir öde und fiebern überhaupt nicht mit. Genau wie bei „aus dem Beutel ziehen“


    Geschmackssache eben

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • Und dann gibt es da noch die fanatischen Rollenspieler, deren Würfel nicht berührt werden dürfen...

    Tabletopper sind oft noch schlimmer.

    Ich habe mal in einem Warhammer-Turnier das letzte Spiel (ging um den Gesamtsieg) gegen einen Zwerg gespielt. Der hat darauf bestanden, dass seine Würfel besser würfeln, wenn sie warm sind, und sie immer in der Hosentasche behalten. Und dann einzeln herausgeholt, um zu würfeln. :D


    Unnötig zu sagen, dass er meine Khorne-Armee tatsächlich komplett zerwürfelt hat (Beschuss-Zwerge, die Chaoskrieger sogar im Nahkampf verkloppen) und ich das Spiel verloren habe ... :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Mutter ()

  • Gegen die These "Mindgames sind Glück" sträubt sich bei mir so einiges. Schlechte Mindgames sind vielleicht zu einem nennenswerten Anteil pures Glück, das mag sein, aber ansonsten haben Mindgames oft "nur" das Problem, dass sie ein hohes Maß an Spielkenntnis verlangen. Beim ersten Spielen fühlt sich sowas dann auch mal als Glück an, obwohl es das definitiv nicht ist. Schönes Beispiel sind doch die ganzen Spiele mit Rollenwahl und Rollenfolgen-Mechanismus. Die verlangen von mir, passend abzuschätzen, was die Mitspieler vermutlich wählen werden, damit ich in deren Fahrwasser mitschwimmen kann.


    Bei den ganzen Spielen von #PuertoRico bis #RollForTheGalaxy wird doch wohl kein vernünftiger Mensch sagen, dass das alles nur Glück wäre. Vielmehr ist das eine sehr interessante Form der Spieleraktion, die im Gegensatz zu normal-üblichen Interaktionsformen aus (Euro-)Brettspielen auch eine psychologische Komponente enthält. Denn nicht immer ist klar, was die optimale Wahl für jeden Spieler ist. Manchmal muss ich auch abschätzen, ob Spieler X eher auf kurzfristige Ziele aus ist oder eher auf die Verbesserung seiner Endwertungsboni, und dementsprechend dann reagieren.



    EDIT: Ein sehr schönes Beispiel für Mindgames mit hohem Anteil von Informationen, die nur manchen Spielern bekannt sind und wo das Wählen, welche Informationen man erlangen will, ein wesentlichen Teil guten Spielens ausmacht, ist #StadtDerSpione . Außerdem wunderbar thematisch. Aber eben auch nichts, was man nur einmal spielen sollte; da erschließt sich das einem nicht.

  • ich muss da an Yomi denken

    1. Kampf funktioniert nach RPS Prinzip

    2. Unterschiedliche Gewichtung der Moves je nach Deck

    3. Unsicherheit was der Gegenspieler auf der Hand hat


    Edition: JanW war schneller :ninjad:

    2 Mal editiert, zuletzt von JimFox ()

  • MetalPirate


    Mindgames wie Puerto Rico? Nur weil ich irgendwie einschätzen kann, was der Gegner wohl für eine Rolle wählen könnte, ist es doch noch kein Mindgame? Das trifft sonst auf fast jedes Spiel zu?


    Hier ging es um SSP und das IST Glück in meinen Augen, wenn die Gegner nicht völlige Anfänger sind und immer das Offensichtliche wählen

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • SSP ist Glück (und/oder Schummelei und/oder besonders schnelle Reaktion). Aber weiter oben wurde von manchen Diskutanten auch Mindgames der Sorte "ich denke, dass du denkst, dass ich denke..." in die gleiche Schublade gesteckt, und das finde ich nicht mehr richtig. Einschätzen, was andere wohl tun werden bzw. könnten auf von Basis deren Spieloptionen (ggf. bei teils nicht jedem bekannten Informationsstand), das ist etwas völlig anderes als wenn jeder zufällig eine von drei Möglichkeiten wählen kann.

  • Reines Glück würde bedeuten, dass ein Zufallsgenerator das Spiel genauso gut spielt wie jeder Spieler. Durch die verdeckten Infos und die komplexere Evaluation der ergebnisse ist das aber in den modifizierten SSP Versionen nicht mehr so, da die Ergebnisse nicht mehr gleich stark sind.

  • Als Beispiel für "ich denke du denkst" möchte ich noch #notalone anführen. Hier sind die zugoptionen klar evaluierbar, es gibt eindeutig bessere Felder.


    Ich habe dennoch irgendwann angefangen, meine ortskarten zufällig zu ziehen, weil ich keinen Sinn in diesem Doppelbluff sehen konnte.


    #RaceForTheGalaxy oder #PuertoRico fallen für mich nicht unter sowas, vor allem letzteres nicht.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Aber optimal spielen tust du so ja nicht, v.a. sobald dein Gegner mitbekommt, dass du zufällig wählst. In dem Fall kann der ja immer seine stärkste Option spielen und wird dann statistisch irgendwann gewinnen.


    Ich hab Not Alone erst zweimal gespielt und erinnere mich nciht mehr so gut, aber gibt‘s da nicht auch verdeckte Handkarten, die eine bestimmte Auswahl besser machen? Wenn du zufällig wählst nutzt du deren Vorteil ja auch in keinster Weise, sprich du hast zwar einen Informationsvorteil, aber der hilft dir aufgrund der zufälligen Auswahl nicht weiter...

  • Wobei man ja auch nicht vergessen darf, dass bei RftG oder PR die Wahl einer Rolle auch einen direkten Vorteil bringt.

    Oftmals möchte ich den Nutzen, weshalb ich eben eine bestimmte Rolle wähle - und nicht, um einen anderen Spieler "auszustechen".

    (Oftmals - nicht immer, wohlgemerkt... ^^)

  • Not alone skaliert aber mit der Spielerzahl. Es ist was völlig anderes, ob 2 oder 6 spielen. Deswegen würde ich Not alone hier nur bedingt als Beispiel anführen. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle auf dieselbe Karte pokern ist ja eher gering. Mit steigender Spielerzahl hat der Alienspieler eh ne weitaus höhere Chance jemanden zu erwischen

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • Wie gefällt dir persönlich dieses System bei Bushido? Kommt man in Versuchung, die Entscheidung doch zu randomisieren?

    Mir gefällt es sehr gut, diskussionswürdig ist evtl. der Verräter: Es ist sehr zufällig, wer ihn bekommt (es sind 2 im Spiel), und er schlägt alles. Das kann vor allem angesichts der geringen Rundenzahl ziemlich hart sein.

    Nein, die Gefahr von Zufallsentscheidungen sehe ich nicht. Es sind so viele Faktoren im Spiel, da lässt sich eigentlich immer was entscheiden – es sei denn, man braucht nicht, weil man nur eine Sorte Taktikscheiben hat. Dann kann man aber immer noch den Einatz an Katanas an die Gegebenheiten anpassen. Es ist empfehlenswert, vorher das "great stone face" zu üben, rumjammern ist völlig unjapanisch :).

  • Chordcommander

    Das, was du als "erweitertes Mindgame" beschreibst, erinnert mich - wenn ich es richtig verstanden habe - sehr an War for Edadh.

    Es ist schon eine ganze Weile her dass ich das Spiel gespielt habe, aber das Kampfsystem fühlte sich extrem nach RPS an, modifiziert mit einigen offenen Informationen, die den Wert der verschiedenen Karten beeinflusst haben (Kreatur, Gelände), aber auch mit einigen verdeckten Informationen, die dazu führen konnten, dass eine auf den ersten Blick "schlechte" Wahl tatsächlich zu einer sehr guten Wahl werden konnte. Vorausgesetzt, man hatte den Gegner richtig eingeschätzt.


    Ich persönlich bin nie damit warm geworden, obwohl ich das Spiel wirklich mögen wollte. Es versprach hohen Wiederspielwert und enorme Vielfalt in einem interessanten Setting und mit sehr eigenständiger grafischer Gestaltung. Aber: die Spielmechanik - das "erweiterte Mindgame" - hat es für mich gekillt, eben weil es nicht nur Glück ist, sondern das "Lesen" und "Einschätzen" des Gegners eine grosse Rolle spielt. Wir haben das Spiel damals geschätzt etwa 15-20 mal gespielt (wie gesagt, ich wollte es wirklich mögen), immer in gleicher Besetzung (meine Frau und ich). Mit einer Rate von 100% Niederlagen bei mir. Seitdem liegt es ungespielt in irgendeinem Schrank.


    Ich verstehe zwar durchaus den Reiz solcher Mechaniken gegenüber Würfeln, würde mir aber unter keinen Umständen mehr ein entsprechendes Spiel kaufen. Wenn hier zwei Menschen aufeinandertreffen, die sehr unterschiedlich gut im Einschätzen des Gegenüber sind, kann das für durchaus hohes Frustpotential sorgen.

    Wenn dir egal ist, wo du bist, kannst du dich auch nicht verlaufen.

  • Es gibt zwei Wege zu gewinnen. Aktiv entkommen oder "aussitzen", also schlicht nicht erwischt werden.

    Das eine ist gefühlt nicht stärker als das andere und das alien muss beide verhindern.

    Wenn das Spiel erlaubt, durch passives Aussitzen (soweit ich mich erinnere, muss man an irgendeinen Ort gehen?) mit einer nennenswerten Chance zu gewinnen ist das aber eher ein Designfehler, als eine Schwäche des Mechanismus.


    Nein, die Gefahr von Zufallsentscheidungen sehe ich nicht. Es sind so viele Faktoren im Spiel, da lässt sich eigentlich immer was entscheiden – es sei denn, man braucht nicht, weil man nur eine Sorte Taktikscheiben hat. Dann kann man aber immer noch den Einatz an Katanas an die Gegebenheiten anpassen. Es ist empfehlenswert, vorher das "great stone face" zu üben, rumjammern ist völlig unjapanisch .

    Klingt interessant, schau ich mir in jedem Fall an!


    Das, was du als "erweitertes Mindgame" beschreibst, erinnert mich - wenn ich es richtig verstanden habe - sehr an War for Edadh.

    Das sieht ja abgefahren aus! Muss ich mir mal näher anschauen... Mir ist als weiteres Spiel mit einem Mindgame als Core-Mechanismus noch Dungeon Twister eingefallen.

    Aber: die Spielmechanik - das "erweiterte Mindgame" - hat es für mich gekillt, eben weil es nicht nur Glück ist, sondern das "Lesen" und "Einschätzen" des Gegners eine grosse Rolle spielt.

    Das ist sehr interessant. Irgendwie dachte ich immer, das es genau das ist, was vor allem Freunde von kompetitiven, eher konfliktorientierten Spielen primär wollen: den Gegenüber und seine Aktionen antizipieren und entsprechend darauf reagieren bzw. ihm sogar zuvorkommen, und sich dann im Erfolgsfall freuen, dass nicht nur irgendein Würfelwurf, sondern zu einem bestimmten Anteil auch die eigene Entscheidung diesen Erfolg gebracht hat.


    Als ich den Kampf-Mechanismus (hier im Link aus dem entsprechnden Unknowns Thread erklärt) für mein Spiel entwickelt habe dachte ich, dass ich damit eine Lösung für das Problem habe, was viele Spieler mit dem oftmals exzessiven Würfeln in Konfliktspielen haben: es ist sehr thematisch, hat auf jeden Fall auch eine Glückskomponente, die Ergebnisse sind nicht völlig vorhersehbar (das würde zu AP führen) und es erlaubt ein höheres Maß an Kontrolle. Da mein Spiel zusätzlich eine PC-Spiel Umsetzung ist, brauchte ich auch ein Element, welches die "Reaktions-Skills" die im PC-Spiel eine wichtige Rolle spielen zu repräsentieren - das gleiche gilt wohl so ähnlich auch für das kommende Street Fighter Spiel, für das es schon einen Thread gibt: Street Fighter Thread. Allerdings muss ich feststellen, dass das System in hohem Maße polarisiert (ich hab mir mal ein paar Meinungen zu Yomi angesehen, da ist es ähnlich) und dass es Spieler gibt, die dem extrem viel abgewinnen können und andere die ein solches Mindgame-basiertes System grundlegend ablehnen. Interessanterweise gibt es da gar nicht unbedingt einen Zusammenhang zum Spielertyp (also ob es sich um einen Kenner oder Casual-Spieler handelt bzw. auch welche Art von Spielen bevorzugt werden).

  • Zitat

    Wenn hier zwei Menschen aufeinandertreffen, die sehr unterschiedlich gut (...) sind

    So formuliert gilt das für alle Spiele... Ich habe aber eine Menge Spiele bei denen nicht immer der beste Spieler gewinnt. :sonne:

    UpLive [bgg for trade] - einfach anschreiben, wenn Dich davon was interessiert!

  • Aber: die Spielmechanik - das "erweiterte Mindgame" - hat es für mich gekillt, eben weil es nicht nur Glück ist, sondern das "Lesen" und "Einschätzen" des Gegners eine grosse Rolle spielt.

    Das ist sehr interessant. Irgendwie dachte ich immer, das es genau das ist, was vor allem Freunde von kompetitiven, eher konfliktorientierten Spielen primär wollen: den Gegenüber und seine Aktionen antizipieren und entsprechend darauf reagieren bzw. ihm sogar zuvorkommen, und sich dann im Erfolgsfall freuen, dass nicht nur irgendein Würfelwurf, sondern zu einem bestimmten Anteil auch die eigene Entscheidung diesen Erfolg gebracht hat.


    Als ich den Kampf-Mechanismus (hier im Link aus dem entsprechnden Unknowns Thread erklärt) für mein Spiel entwickelt habe dachte ich, dass ich damit eine Lösung für das Problem habe, was viele Spieler mit dem oftmals exzessiven Würfeln in Konfliktspielen haben: es ist sehr thematisch, hat auf jeden Fall auch eine Glückskomponente, die Ergebnisse sind nicht völlig vorhersehbar (das würde zu AP führen) und es erlaubt ein höheres Maß an Kontrolle. Da mein Spiel zusätzlich eine PC-Spiel Umsetzung ist, brauchte ich auch ein Element, welches die "Reaktions-Skills" die im PC-Spiel eine wichtige Rolle spielen zu repräsentieren - das gleiche gilt wohl so ähnlich auch für das kommende Street Fighter Spiel, für das es schon einen Thread gibt: Street Fighter Thread. Allerdings muss ich feststellen, dass das System in hohem Maße polarisiert (ich hab mir mal ein paar Meinungen zu Yomi angesehen, da ist es ähnlich) und dass es Spieler gibt, die dem extrem viel abgewinnen können und andere die ein solches Mindgame-basiertes System grundlegend ablehnen. Interessanterweise gibt es da gar nicht unbedingt einen Zusammenhang zum Spielertyp (also ob es sich um einen Kenner oder Casual-Spieler handelt bzw. auch welche Art von Spielen bevorzugt werden).

    Grundsätzlich stimmt das schon.

    Aber die Antizipation liegt ja auch bei würfelbasierten Kampfsystemen vor: wie positioniere ich meine Einheiten, wann und wen greife ich an, wo ziehe ich mich zurück, etc. Bei würfelbasierten Kampfsystemen kann durch Antizipation der Einfluss des Würfelglücks auf den Ausgang des Kampfes gesenkt werden. Das Einschliessen des Würfelglücks ist halt einfach nur eine weitere Komponente der Planung. Natürlich kann es vorkommen, dass die Würfel so gar nicht wollen, aber unterm Strich ist Würfelglück allein selten der ausschlaggebende Faktor (ausreichend viele Würfelwürfe vorausgesetzt).


    Der grosse Unterschied von Würfeln zu einem RPS-basierten System (oder allem, was in massgeblicher Form das Einschätzen und Lesen des Gegners beinhaltet) ist halt, dass die Würfel für alle gleich sind. Es macht keinen Unterschied, wer sie würfelt. Im anderen Fall (bei RPS-Systemen) macht es aber einen enormen Unterschied, wie gut jemand im Einschätzen von Menschen ist. Das Kampfsystem ist dann "biased".



    Zitat

    Wenn hier zwei Menschen aufeinandertreffen, die sehr unterschiedlich gut (...) sind

    So formuliert gilt das für alle Spiele... Ich habe aber eine Menge Spiele bei denen nicht immer der beste Spieler gewinnt. :sonne:

    So habe ich es aber nicht formuliert. ;)

    "Unterschiedlich gut" hat per se nichts zu sagen. Vieles ist einfach Erfahrung. Aber es gibt eben Bereiche, die sehr stark von den jeweiligen Talenten abhängen. IMHO ist das Einschätzen von Personen ein solcher Bereich. Ebenso wie beispielsweise Bewegungsintelligenz. Es käme wohl niemand auf die Idee, eine Abfolge von Tanzschritten zur Konfliktresolution heranzuziehen: wer weniger Fehler macht und sie schöner ausführt, gewinnt. Wenn ich mich da an meinen letzten Tanzkurs zurück erinnere (der schon lange her ist...), gibt es eben Leute, die auch nach einer Stunde Üben noch über die eigenen Füsse stolpern, während sich andere schon nach 5 Minuten langweilen, weil die Schrittfolge bereits sitzt.


    Nichts anderes ist für mich ein solches "Mindgame": dem Einen fällt es leicht, sein Gegenüber einzuschätzen und entsprechend zu kontern. Dem Anderen dagegen sehr schwer, und er/sie hat auch nach dem x-ten Spiel noch keinen blassen Schimmer, was das Gegenüber denn nun vermutlich spielen wird. Ich weiss nicht, wo du dich hier einordnest, aber ich bin definitiv auf Seiten "mangelnde emotionale Intelligenz" (auf das läuft es vermutlich raus...). Eine Weile kann man das durchaus als "Challenge" sehen, aber irgendwann fühlt es sich einfach nur noch nach "gespielt werden" und nervt. Was dann zumindest bei mir der Tod des Spiels ist.

    Wenn dir egal ist, wo du bist, kannst du dich auch nicht verlaufen.

  • Worauf ich hinaus wollte - andere Spiele belohnen andere Talente. Zum Bewegungstalent fällt mir #Twister ein.

    Als Designer kann man aus der Tatsache noch nicht viel ableiten?


    Was meine emotionale Intelligenz betrifft, da verorte ich mich in den Top 5%. :sonne:

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  • , Zahl der Facebook-Bekanntschaften natürlich. Und Tindermatches. Und wie oft meine Farm von anderen besucht wird! :)

    :D


    Das ist die Idee: Combat Resolution direkt auf Grund von Tinder Matches - die Gameplay Revolution! Dann gewinnen bei den Turnieren auch nicht immer nur die ungepflegten schwarzgekleideten Nerds :)

  • Das ist sehr interessant. Irgendwie dachte ich immer, das es genau das ist, was vor allem Freunde von kompetitiven, eher konfliktorientierten Spielen primär wollen: den Gegenüber und seine Aktionen antizipieren und entsprechend darauf reagieren bzw. ihm sogar zuvorkommen, und sich dann im Erfolgsfall freuen, dass nicht nur irgendein Würfelwurf, sondern zu einem bestimmten Anteil auch die eigene Entscheidung diesen Erfolg gebracht hat.

    Es ist selten der Würfelwurf alleine, der den Kampf entscheidet.

    In einem vernünftigen Konfliktspiel kann der Würfel mehr oder weniger zeigen, was er will, die Entscheidung ist vorher gefallen (die Frage ist dann nur noch, wie teuer sich der Unterlegene verkaufen kann, oder es kommt halt ganz selten mal eine bombastische Heldentat, die dann jahrelang im Gedächtnis bleibt).


    Aber der wichtigste Grund, warum ich jederzeit ein Würfelsystem (oder sonst irgendein Zufallsspiel) gegenüber einem RPS-System vorziehen würde:

    Der Zufall ist ein "unbeteiligter Dritter".

    Wenn es schlecht läuft, kann ich einen Teil der Verantwortung auf die Würfel abschieben.

    Wenn es gut läuft, wahre ich meine Bescheidenheit und gestatte dir eine ehrenvollere Niederlage.


    Bei RPS gibt es nur dich und mich.

    Einer wird verlieren, und er muss mit dieser Schmach leben.

    Hier wird nichts "abgefedert", auch wenn man RPS als Zufall bezeichnen kann, ich habe "Stein" gewählt und du "Papier", ich habe eine falsche Entscheidung getroffen.

    ...und ich mag dabei weder die Sieger noch die Verliererseite.

  • Sehr guter Punkt!

    Ich persönlich führe z.B. den großen Erfolg von #SvC ja deswegen auch auf die Würfel zurück, die jede schmachvolle Niederlage durch das "die 8 kam viel zu selten"-Argument erträglich machen.

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  • Ja, ich geb dir da recht - genau diesen Effekt der hohen emotionalen Beteiligung konnte ich schon mehrfach beobachten und ich kann mir gut vorstellen, dass das auf Yomi und einige der weiteren genannten Spiele genauso oder so ähnlich zutrifft (bzw. auch Ablehnung bei einigen Spielertypen generiert). Man sollte aber dazu sagen, dass es auch einige Spielertypen gibt, die diese psychologisch stressigeren/anspruchsvolleren Situationen mögen oder sogar genau deswegen spielen (siehe z.B. Poker etc), zudem ist es bei einigen Spielen auch thematisch sehr passend. Du schreibst, bei RPS gibt es „nur dich und mich“ - viel thematischer kann man eine Konfliktsituation auf Leben und Tod doch gar nicht beschreiben ;).


    Ich sehe es irgendwie als Autor schon auch als Aufgabe, in meinen Spielen hochemotionale Situationen zu schaffen und mir ist bewusst, dass man damt auch riskiert bestimmte Spieler zu frustrieren. Allerdings habe ich auch Momente hochemotionaler Freude über Erfolge erlebt, die man so bei würfelbasierten Systemen seltener findet. Die Frage ist, wie emotional ein Spiel sein darf um dabei noch gut zu sein. Ich hab diese Frage für mich mit „so emotional wie möglich“ beantwortet, aber ich bin mir nicht sicher ob das tatsächlich ein Qualitätskriterium von Spielen generell ist, v.a. wenn sie verkaufsfähig sein sollen.


    Sternenfahrer SvC konnt ich trotz Tag nicht entschlüsseln, was bedeuted das denn?

  • SvC konnt ich trotz Tag nicht entschlüsseln, was bedeuted das denn?

    Siedler von Catan.


    ---


    Du schreibst, bei RPS gibt es „nur dich und mich“ - viel thematischer kann man eine Konfliktsituation auf Leben und Tod doch gar nicht beschreiben ;).

    Jo, aber das brauch ich nicht am Spieltisch.

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  • Und dann gibt es da noch die fanatischen Rollenspieler, deren Würfel nicht berührt werden dürfen... ?

    Äh, Hallo! Das hat nichts mit Fanatismus zu tun. Niemand fasst meine Würfel an!!!1111 Zumindest meine Pen & Paper Eisblau-Glitzer Würfel und ganz sicher nicht meine rosa-lila-gold Power Tabletop Würfel. Und ein schlechter Würfel wird aussortiert. Ich fahre damit sehr sehr gut.