Skat - Diskussion über die Punktwertung

  • Um den Thread "Bestes" Stichspiel nicht unnötig zu belasten, lagere ich die Diskussion über die Punktwertung beim Skat mal aus:


    Thygra : Das interessiert mich jetzt genauer. Nehmen wir an, du solltest als Redakteur Skat für den heutigen Markt "aufbereiten". Was würde dich an den alten Regeln am meisten stören und wie würdest du es ändern? (Das ist keine Fangfrage, sondern ehrliches Interesse.)

    Das kann ich dir so schnell nicht beantworten, denn das wäre aus meiner Sicht keine kleine, sondern eine sehr große Aufgabe.


    Hier mal ein paar Punkte auf die Schnelle:


    - Ein Oma-Blatt wie Grand mit 4 Buben und ein paar Assen bringt 120 oder mit Schneider 144 Punkte ein, ist aber total simpel zu gewinnen. Dagegen erhalte ich für einen Karo mit nur einem (Pik-)Buben und insgesamt 5 Trumpf ganze 18 Punkte, obwohl dies deutlich schwieriger zu gewinnen und ein Sieg hier eine größere Leistung ist.


    (Das Seeger-System steuert hier schon etwas entgegen, indem man für einen Sieg pauschal 50 Bonuspunkte bekommt. Statt 144:18, also die achtfache Punktzahl, bekommt man dort 194:68, also nur noch die knapp dreifache Punktzahl für das Oma-Blatt. Das ändert aber nichts daran, dass es generell ungerecht verteilt ist.


    - Für einen "Kreuz mit 3" erhalte ich dieselbe Punktzahl wie für einen "Kreuz ohne 3", obwohl man mit den 3 höchsten Buben im Schnitt sicher einfacher gewinnen kann.


    - Eine Ansage von "Schneider" ist punktemäßig total unattraktiv. Man kann nur wenig gewinnen, aber sehr viel verlieren. Betrachten wir noch mal den Grand mit 4: Sage ich Schneider an, erhalte ich bei Erfolg 168 statt 144 Punkte. Verliere ich dagegen, weil der Gegner auf 31 Augen kommt, dann erhalte ich 336 Minuspunkte. Ich kann also durch die Ansage entweder 24 Punkte gewinnen oder 480 Punkte verlieren. Somit ist eine Schneider-Ansage nur dann sinnvoll, wenn ich sie mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 95,23 % (in mindestens 20 von 21 Spielen) gewinnen würde. Dann aber wären wir schon wieder bei einem Oma-Blatt, das man unnnötigerweise mit noch mehr Punkten beschenkt ...


    Ich habe auf die Schnelle keinen Ansatz parat, wie man das gerechter gestalten könnte, ohne die Wertung deutlich komplizierter zu machen. Aber ich werde auch keine Zeit diesbezüglich investieren, solange mich niemand für diese Arbeit bezahlt. ;)

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Ja, das Punkte-System belohnt unverhältnismäßig.

    Aber: Die Art, wie man die Punktzahl zum Reizen und der Abrechnung berechnet ist eingängig.

    Mit einfachen Sätzen (mit drei Spiel vier mal Karo (9)) kommt an flux ans Ziel.

    Mit ausgewogenen Faktoren wird man vor viele Jahrzehnten wohl nicht das gemeine Volk an den Spieltisch bekommen haben.

    Vielleicht würde heutzutage eine Tabelle helfen, bei der man ablesen könnte, was verschiedene Ausgänge fairerweise Wert wären.

    Vielspieler im Körper eines Gelegenheitsspielers

  • - Eine Ansage von "Schneider" ist punktemäßig total unattraktiv. Man kann nur wenig gewinnen, aber sehr viel verlieren. Betrachten wir noch mal den Grand mit 4: Sage ich Schneider an, erhalte ich bei Erfolg 168 statt 144 Punkte. Verliere ich dagegen, weil der Gegner auf 31 Augen kommt, dann erhalte ich 336 Minuspunkte. Ich kann also durch die Ansage entweder 24 Punkte gewinnen oder 480 Punkte verlieren.

    Das passt so nicht. Schneider ansagen kann ich nur im Handspiel. Handspiel zählt verloren einfach und nicht doppelt. :)

    Also entweder mit 4 Spiel 5 Hand 6 Schneider 7 Angesagt 8 = 192 P (ohne Ansagen 168, ohne Hand 144)

    Verliere ich das Teil sind wir bei mit 4 Spiel 5 Hand 6 Schneider angesagt 7 = -168 P


    Edit: Die Kernaussage von dir bleibt natürlich bestehen. Man riskiert eine Menge Minuspunkte für potentielle 24 P. Aus der Erfahrung heraus mit einer fünfstelligen Anzahl an Partien kann ich aber auch sagen, dass man das konstruierte Beispiel in der Praxis selten sieht. Den Grund hast du ja dargelegt.

  • Immer ausgehend von einer 36/48 Runde:


    - jeder hat mal ein Omablatt (aber die sind langweilig)


    - Für einen "Kreuz mit 3" erhalte ich dieselbe Punktzahl wie für einen "Kreuz ohne 3", obwohl man mit den 3 höchsten Buben im Schnitt sicher einfacher gewinnen kann.

    Punktemäßig ist das richt, aber meine Gegenüber, haben sich ja mit ihren Buben auch ein schönes Spiel angedacht und mit meinem Spiel verhindere ich eben, dass einer meiner Gegner punktet.

  • Ich finde, (ein wenig) Glück schadet ja nun nicht. Das Seeger-Wettkampfsystem passt das Ganze etwas an, das ist in meinen Augen ausreichend. Skat ist auch immer ein Glücksspiel und das macht ja gerade einen Teil seines Reizes aus. Dass "mit 3" genau so gewertet wird wie "ohne 3" ist sicherlich nicht ausgewogen, aber was soll's. Einen Grand mit 4 nimmt man gerne mit, wenn ein Gegenspieler die in rauen Mengen in einer Liste bekommt, dann hat er halt das Glück und wird diese wohl gewinnen. Bei einem Turnier wird das auch - nach mehreren Listen - zwischen den GUTEN Spielern dann die Entscheidung bringen. Ohne Glück geht es halt nicht. Wem das zu viel Zufall ist, dem wird Skat nie gefallen. Und da die Geschmäcker bekanntlich verschieden sind, ist das auch gut so :)

  • Erstmal danke für die Threaderöffnung und erste Antwort. So ähnlich hatte ich das erwartet.


    Ja, das Punkte-System belohnt unverhältnismäßig.

    Aber: Die Art, wie man die Punktzahl zum Reizen und der Abrechnung berechnet ist eingängig.

    Sehe ich auch so. Thygra sieht's vermutlich auch ähnlich, denn er sagte selbst schon in seinem Startbeitrag: "Ich habe auf die Schnelle keinen Ansatz parat, wie man das gerechter gestalten könnte, ohne die Wertung deutlich komplizierter zu machen." Gerechter hieße fast zwangsweise komplizierter. Oder es würde nur eine geringe Verbesserung bringen, etwa wenn man den Grand nicht gleich doppelt so viel wie ein Kreuzspiel zählen lassen würde, sondern irgendwas näher dran an den Farbenspielen. Diesen krassen Sprung von 9, 10, 11, 12 auf 24 habe ich noch nie verstanden.


    Im Übrigen finde ich die unbestritten fehlende Balance zwischen "Schwierigkeit des Gewinnens" und "mögliche Punkte dafür" gar nicht so dramatisch, und zwar aus drei Gründen:

    • Über eine genügend höhe Anzahl von Spielen mittelt sich das raus. Skat ist kein 2+ Stunden Spiel, im Gegensatz zu vielem anderen, was unter unknowns-Lesern beliebt ist.
    • Auch mit potentiell leicht zu gewinnendem Blatt darf man nicht automatisch spielen, denn es gibt schließlich mit dem Reizen eine vorgeschaltete Bietrunde. Da kommt Risiko-Abwägung dazu. Der gute Spieler spielt vielleicht auch mal ein schwieriges Handspiel und punktet damit selbst, anstatt den Anfänger sein Oma-Blatt risikofrei runterspielen zu lassen.
    • Für Einsteiger und auch für die allgemeine Verbreitung eines Spiels ist es gar nicht so verkehrt, wenn auch der blutige Anfänger unter glücklichen Umständen mal relativ locker 120 Punkte in einem Spiel machen kann (Musterbeispiel: der kaum zu verlierende Grand mit 4). Mit mehr Spielerfahrung lernt man dann, auch mit weniger Glück auszukommen und dabei trotzdem zu punkten.
  • Man kann das grundsätzlich über eine Funktion mit x Parametern lösen. Die Gewichtung der Parameter ließe sich brachial,über eine Monte Carlo Simulation ermitteln. Geht sicher auch eleganter, aber dauert dann vermutlich länger.


    Ob dabei dann was eingängiges herauskäme ist schwer zu sagen.


    Eine Annäherung ohne großen Aufwand,wäre über eine Gewichtung der Karten in der Hand möglich. Je wahrscheinlicher der Stich mit einer Karte,desto niedriger der Reizwert.

  • Noch mal zur Klarstellung: Ich habe kein Problem damit, dass die Punktwertung bei Skat unausgewogen und glückslastig ist. Das gehört zum Spiel dazu und es hat auch seinen Reiz, damit umzugehen.


    Ich hatte lediglich im Thread zum besten Stichspiel geschrieben, dass ich Skat aufgrund der Punktwertung nicht als bestes Stichspiel empfehlen würde. Weil eben andere Spiele besser sind aus meiner Sicht.

    Vielleicht würde heutzutage eine Tabelle helfen, bei der man ablesen könnte, was verschiedene Ausgänge fairerweise Wert wären.

    Solche Ansätze gibt es wohl, siehe hier, aber wirklich einfacher macht es das aus meiner Sicht noch nicht.

    Das passt so nicht. Schneider ansagen kann ich nur im Handspiel. Handspiel zählt verloren einfach und nicht doppelt.

    Das habe ich anders gelernt, vermutlich eine regionale Besonderheit. Und da Wikipedia es ebenso listete, dachte ich, es wäre korrekt. Aber nach einem schnellen Blick in die Skatordnung lag ich da wohl falsch, sorry. Das ändert aber nichts am eigentlichen Argument, dass eine Ansage von Schneider selten lohnt.

    Punktemäßig ist das richt, aber meine Gegenüber, haben sich ja mit ihren Buben auch ein schönes Spiel angedacht und mit meinem Spiel verhindere ich eben, dass einer meiner Gegner punktet.

    Daran ist doch aber nichts falsch!? Einem Gegner das Spiel wegzunehmen, damit er nicht punktet, ist ja durch die Verdoppelung der Punkte bei einer Niederlage eigentlich schon hinreichend unattraktiv. Ich muss schon eine realistische Gewinnchance sehen, um das Spiel an mich zu reißen. Deshalb sollte man "ohne 3" höher bewerten als "mit 3".)

    Oder es würde nur eine geringe Verbesserung bringen, etwa wenn man den Grand nicht gleich doppelt so viel wie ein Kreuzspiel zählen lassen würde, sondern irgendwas näher dran an den Farbenspielen. Diesen krassen Sprung von 9, 10, 11, 12 auf 24 habe ich noch nie verstanden.

    Den Grand habe ich früher mit 20 Punkten kennengelernt. Vermutlich eine regionale Besonderheit. Der Grand hat sich ja auch in der Geschichte allgemein verändert.


    Die Skatwertung macht auch durchaus schon etwas richtig. Man stelle sich vor, die 4 Farbspiele wären ganz einfach 1, 2, 3 und 4 Punkte wert. Dann würde ein Kreuz viermal so viele Punkte wie ein Karo einbringen. Das wäre richtig schlecht! Mit den Werten 9, 10, 11 und 12 liegt man da schon viel besser.


    Aber den Grand würde ich als Redakteur nicht bei 24 ansiedeln, sondern eher bei 15-17. Denn ein Grand mit 1 sollte aus meiner Sicht weniger hoch bewertet sein als ein Farbspiel mit oder ohne 3. Und dazu dürfte der Grand-Wert die 17 nicht übersteigen (oder evtl. noch 18 betragen, damit das Reizen nicht zu kompliziert wird).


    /edit: Mein Beitragszähler ist gerade auf 3.000 gesprungen. Das ist also hier mein Jubiläumsbeitrag! :)

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

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  • Ich denke eine elegante Methode, die das Spielgefühl nicht zu stark ändert, ist schwer möglich.


    Ganz spontan würde ich auch so etwas sagen, jede Partie gibt 30 Punkt, davon zieht man 3Pkt pro schwarzem Buben, 2 pro rotem Buben oder ASS und 1Pkt pro weiterem Trumpf. Wenn man Hand bzw. Hand Schneider ansagt, verdoppelt/verdreifacht sich der Wert.


    Aber diese Methode:

    - ist nicht besonders elegant

    - eignet sich schlecht zum reizen, da man dann noch öfter als beim normalen Skat Probleme bekommt, wenn man einen Buben im Skat findet

    - Beinhaltet noch keine Regel für Nullspiele

    - braucht es sicher keine 10 Minuten, bis jemand von euch da einen Fall findet, in dem das immer noch total unausgegoren ist. (Ist halt nur das Ergebnis von 2-3 Minuten Nachdenken, während ich andere Beiträge gelesen habe.)

  • So, dann gebe ich auch mal meinen Skatsenf dazu. Als kleiner Background, inzwischen spiele ich rund 30 Jahre im Verein; ich war vor 30 Jahren der Junior und der bin ich jetzt immer noch ;)


    Ja den Grand kann man in der Tat als überbewertet ansehen (zumindest der Grand Ouvert hat ja inzwischen auch schon Ewigkeiten nicht mehr den Reizwert 36). Wie schon einige erwähnt haben nivelliert sich die Häufigkeit der "höherwertigen" Spiele zumindest über einen langen Zeitraum. Deswegen besteht bei den meisten Vereinen die Meisterschaft ja auch aus einer entsprecheden Anzahl von Spielabenden in Wertung. Bei uns zum Beispiel finden im Jahr 52 Spielabende statt, von welchen die 35 besten in die Wertung eingehen. Ein Spielabend besteht hierbei aus 36 Spielen an denen man beteiligt ist. Verwendet wird das Seegersystem, wobei anzumerken ist, dass man hierbei auch noch für verlorene Gegnerspiele eine Prämie erhält (40 Punkte am 3er Tisch, 30 am 4er).


    Über diese Anzahl von einzelnen Spielen bekommt "jeder" seinen Anteil an Omas (im großen und ganzen zumindest) und auf lange Sicht setzen sich immer die besseren Spieler durch.


    Interesannt hier finde ich übrigens die Varianz wie viele Spiele die einzelnen Spieler pro Liste spielen. Das Maximum lag 2017 bei 16,67 (yours truly), das Minimum bei 8,29. Diese Werte finden sich in ähnlicher Form auch in den Vorjahren und geben einen guten Indikator über den Spielstil.



    Das passt so nicht. Schneider ansagen kann ich nur im Handspiel. Handspiel zählt verloren einfach und nicht doppelt.


    kommt immer darauf an wie man spielt. Spielt man gemäß der "normalen" Turnierordnung zählt auch ein verlorenes Handspiel doppelt; alles andere wäre eh ziemlich doof. Spielt man um Geld, dann zahlt auch nochmal den gleichen Betrag in die Pinke/den Stpck; das kann je nach Tarif auch ins Geld gehen

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • kommt immer darauf an wie man spielt. Spielt man gemäß der "normalen" Turnierordnung zählt auch ein verlorenes Handspiel doppelt; alles andere wäre eh ziemlich doof.

    Ich bin entsetzt. ;) Mein letztes offizielles Turnier in einem Verein war 2006, da wurde das noch so gespielt, wie ich es seit meiner Kindheit kannte (obwohl es laut DSKV ja breits seit 1999 offiziell nicht mehr so gehandhabt wurde). Insofern mea culpa an Thygra. :)