Wer sein Geld in Crowdfunding Projekte steckt, der geht immer in Vorleistung und bringt dem Projekteigner Vertrauen entgegen, dass er das finale Produkt im versprochenen Zustand und zum ungefähren Liefertermin in den Händen halten kann und wird. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass dieses Vertrauen auch nicht enttäuscht wird und man das versprochene Produkt auch erhält. Ob es dann den eigenen Geschmack trifft oder sich der Blindkauf als Fehlinvestition entpuppt, das stellt sich dann erst beim Praxistest heraus.
Nicht jeder erhält aber das, was ihm im Laufe der Kampagne versprochen wurde. Im deutschen Raum habe ich es zuletzt bei Thrashing Dice mitbekommen. Bei dieser Kampagne hat sich nicht nur die Auslieferung massiv verzögert, nein, auch die Qualität des unterstützten Produkts war final nicht die versprochene. In diesem Fall waren die Unterstützer in der Spiele-Schmiede aber zumindest durch diese abgesichert und konnten sich den Unterstützungsbetrag erstatten lassen oder bekamen als Kompensation zwei andere Spiele mitgeliefert. Den Unterstützern ist somit finanziell zwar kein Schaden entstanden, es geht aber Vertrauen verloren und eine solche Kampagne kostet Nerven und kann die Lust an zukünftigen Projekten teilzunehmen mindern.
Ein anders gelagerter Fall ist gerade im asiatischen Raum aufgetreten und betrifft das Logistikunternehmen "Boarders Tabletop Games Cafe". Im Bericht von Calvin Wong ist nachzulesen, wie das Unternehmen seine Kunden getäuscht und betrogen hat. Diese Kunden wurden für Sammelbestellungen gewonnen, bei denen sie in Vorleistunge getreten sind, bei der aber keine Bestellung beim eigentlichen Projekt eingegangen ist. Durch gefälschte Updates und eine nach Außen gute und freundliche Kommunikation mit den Kunden, suggerierte das Unternehmen, dass die Bestellungen aufgegeben worden seien und man aktuell auf die Auslieferung warte oder damit beschäftigt sei.
An incomplete list of publishers who have confirmed they did not receive payment from Boarders include:
- -Thunderworks Games (Roll Player)
- -Roxley Games (Brass)
- -Ape Games (Moa)
- -Splotter Games (Food Chain Magnate)
- -Awaken Realms (Lords of Hellas)
- -Mindclash Games (Cerebria)
- -Victory Point Games (Darkest Night)
- -Petersen Games (Cthulhu Wars)
In several cases, these publishers noted that Boarders was not their Asian Kickstarter distributor and thus had no right to charge customers for pledges.
Einige Kunden erhielten tatsächlich Spiele, mussten dafür aber selbst aktiv werden und das Unternehmen täglich "bedrängen". Die Spiele wurden aber selbst dann erst mit monatelanger Verspätung ausgeliefert. Dass das Unternehmen zu Anfang noch Spiele versendete, trug dazu bei, dass der Schein eines guten und vertrauenswürdigen Distributors aufkam. Die im Spoiler aufgeführetn Projekte sind zum Großteil relativ kostenintensiv, woran man erkennen kann, dass das "Unternehmen" den Betrug von längerer Hand geplant und strukturiert aufgezogen haben muss.
Geschädigt sind aber nicht nur Einzelpersonen. So fiel auch der Publisher Mighty Boards beim Projekt "Petrichor" auf Boarders herein. Als Logistikzentrum für den asiatischen Raum sollte Boarders die Spiele weiterverteilen, dazu kam es aber nie. Die Spiele kamen zwar bei Boarders an, diese brachen danach aber den Kontakt zu Mighty Boards an und waren nicht mehr zu erreichen. Mighty Boards spricht von Diebstahl und einem Verlust von knapp 20.000$. Betroffen sind in diesem Fall sowohl Kunden als auch das Unternehmen.
“We have some unfortunate news to share on this matter. Boarders Tabletop Cafe received the packages with the games, however they have stopped contact with us immediately after picking up the package. We have been trying to reach them through various means, however it seems that it is unlikely that we will get to them, and we are considering this cargo (along with our downpayment for fulfillment) as stolen by Boarders Tabletop Cafe. […] This is quite a tough nut for us, we have lost almost 20,000 USD in market value to this event.”
Aufgekommen ist der Verdacht vor einigen Monaten, als Kickstarterkampagnen ausgeliefert wurden, aber die an einer Boarders Sammelbestellung beteiligten Kunden ihre Brettspiele nicht erhielten. Auch danach wurde von Boarders noch vertröstet und die Kunden beschwichtigt. Als aber immer mehr Stimmen laut wurden, konnte man die Ausmaße erahnen. In Facebookgruppen tauschten sich die Geschädigten aus und ermittelten durch ein Spreadsheet den ungefähren Schaden von 35.000$. Der Schaden kann noch deutlich höher liegen, da bestimmt noch nicht jeder von dieser Liste weiß oder sich daran beteiligt hat.
Aktuell wird versucht juristisch gegen das Unternehmen vorzugehen und auch die Presse hat den Vorgang aufgegriffen. Wenn man sich die Ausmaße des Betrugs anschaut, dann wird man aber erahnen können, dass die Täter mit dem Geld verschwunden sind und die Geschädigten die Spieler und Publisher sind.
Eigentlich sollte ein Thread ja mit einer Frage schließen oder eine These zur Diskussion in den Raum werfen. In diesem Fall finde ich es aber schwierig eine solche zu formulieren, da es sich eben um einen Sonderfall handelt. Ich finde es nicht nur schade, dass Personen ihr Geld verloren haben, sondern auch, dass Vertrauen in die Methode Crowdfunding verloren geht. Crowdfunding sollte gerade kleinen und neuen Unternehmen helfen, ihre Ideen und Träume zu verwirklichen. Schlechte Erfahrungen führen aber eher dazu, dass man vorsichtiger investiert und das Geld am Ende bei den Personen landet, die schon viele Projekte erfolgreich durchgezogen haben. Das verfehlt aber die Grundidee. Ein CMON bräuchte kein Kickstarter um ein neues Zombicide zu finanzieren. Das ist ein Selbstläufer und würde man die Stretchgoals einfach in eine limitierte Auflage packen, die wirtschaftlich erträglich für CMON wäre, dann könnte man auch ganz ohne Kickstarterkampagne das Geld abschöpfen.