Komplex oder kompliziert? Bedeutung und Unterschiede

  • [Mod] aus Spirit Island das erste kooperative Expertenspiel? – BGG weight rating – yze


    Komplex ist für mich immer = viele Regeln und nicht unbedingt hohe Spieltiefe

    Du verwechselst "komplex" mit "kompliziert". Ein Beispiel, das es hoffentlich gut beschreibt: Schach ist nicht kompliziert, da die Regeln einfach sind, aber es ist sehr komplex.

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    2 Mal editiert, zuletzt von yzemaze ()

  • Jupp der Spielplan ist wäääh und diese komischen ... Ähm ... Pilze? Die Schachtel fliegt in die Ecke, da seh ich sie nicht. Auf den Spielplan muss ich dauernd draufgucken


    Thygra


    Ist das deine These oder ein allgemeingültiger Fakt? Meine Definition passt zu dem, was BGG damit meint.


    Komplex=schwer zu lernen (z.B. weil es viele Regeln hat), kompliziert


    Dazu jetzt aber den ganzen Beitrag von yze lesen. Da steht auch, was andere damit meinen könnten.


    Kompliziert ist ein (offizielles) Synonym für komplex bzw. umgekehrt. Hohe Spieltiefe nicht. Zumindest nicht dass ich wüsste. Haarespalten anybody?:wikinger:



    Kamisado ist übrigens Schach. Halt nur mit Türmen

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    2 Mal editiert, zuletzt von Bandida ()

  • Bandida : In deinem Wörtbuch-Screenshot ist die zweite Bedeutung "vielschichtig". Um vielschichtig zu sein, braucht ein Spiel nicht notwendigerweise viele Seiten mit komplizierten Sonderregeln. Kennst du Concordia? Das ist mein Musterbeispiel für ein beeindruckendes Verhältnis zwischen Spieltiefe und Regelmenge.

  • MetalPirate


    Mir ging es speziell um die Begriffe "komplex" und "kompliziert". Wie üblich diskutieren Thygra und ich über Begriffe und seine Meinung war, ich würde diese Begriffe vertauschen. Ich sage "ich kann sie nicht vertauschen, weil sie als Synonym verwendet werden und beide dasselbe meinen".


    Dass es grundlegend einen Unterschied zwischen "vielen Regeln" und "Spieltiefe" gibt, will ich gar nicht abstreiten. Das habe ich ja bereits weiter oben selbst schon gesagt. Speziell bei diesem Thread war aber die Ausgangsfrage: "Wie komplex ist Spirit Island?".


    Ich kann nicht mit euch darüber diskutieren, ob Spirit Island jetzt komplex ist oder nicht, wenn der eine die Spieltiefe meint und der andere die Menge der Spielregeln. Dann reden wir wieder aneinander vorbei. Wie sich mittlerweile rausgestellt hat, haben wir genau das auch schon getan. Während ich nämlich die ganze Zeit über von der Menge der Spielregeln gesprochen habe, meine beispielsweise Weltherrscher die Spieltiefe. Jetzt noch "vielschichtig" ins Rennen zu werfen, macht keinen Sinn. Wir kommen ja schon mit 2 Begriffen nicht klar.

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  • Ich sage "ich kann sie nicht vertauschen, weil sie als Synonym verwendet werden und beide dasselbe meinen".

    … und liegst damit falsch. Es gibt zwar Leute, die komplex und kompliziert synonym verwenden, das macht es aber nicht richtiger. Da hilft auch ein Wörterbuchscreenshot ohne Quellenangabe nicht weiter. [War’s die?] Sowohl Herkunft als auch Wortbedeutung sind unterschiedlich, wenn auch in Teilen ähnlich. Vgl. Wiktionary kompliziert vs. komplex oder Duden kom­pli­ziert vs. kom­plex.

    => Es hilft sehr, in solchen Diskussionen exakt darauf zu achten, was genau man ausdrücken mag, und dementsprechend die passende Vokabel, andere Synonyme oder ausführlichere Erläuterungen zu nutzen. Sonst läuft’s wie hier oder dort.


  • Da lobe ich mir doch die deutlich simpleren Regeln vieler moderner abstrakter Spiele

    Beispiel: Go


    Das genialste Spiel aller Zeiten. Sehr, sehr einfache Regeln und gleichzeitig hoch komplex. Und wird niemals unmodern.


    Der erste Schachweltmeister Emanuel Lasker soll über Go gesagt haben, dass er nie Schachweltmeister geworden wäre, wenn er Go früher kennen gerlernt hätte.


    Und von jemand anderem ist folgendes Zitat bekannt (sinngemäß, ich weiß jetzt nicht von wem):

    "Wenn es irdendwo im Universum kleine grüne Männchen gibt, dann werden die mit Sicherheit nicht Schach kennen. Aber möglicherweise Go."

  • Capote

    Das wird ebenfalls Lasker zugeschrieben:

    „While the Baroque rules of chess could only have been created by humans, the rules of go are so elegant, organic, and rigorously logical that if intelligent life forms exist elsewhere in the universe, they almost certainly play go.“


    Dabei wurde doch Schach von Aliens erfunden – jedenfalls wenn man dem FIDE-Präsidenten Kirsan Ilyumzhinov Glauben schenkt …

  • Thygra


    Ist das deine These oder ein allgemeingültiger Fakt?

    Bisher war ich fest davon überzeugt, dass dies ein Fakt ist. Durch diese Diskussion hier ist meine Überzeugung aber etwas ins Wanken geraten ...


    Ich weiß zumindest aus vielen Erlebnissen mit anderen Spieleredakteuren von vielen Verlagen, dass dort dieselbe Unterscheidung zwischen komplex und kompliziert vorgenommen wird. Bei der Bewertung von Spieleprototypen ist eines von vielen Bewertungskriterien, dass ein Spiel zwar komplex (= vielschichtig) sein darf (oder sogar sein soll, je nach Zielgruppe), wogegen kompliziert (schwierig zu verstehen) eigentlich immer negativ ist.

  • Ich weiß zumindest aus vielen Erlebnissen mit anderen Spieleredakteuren von vielen Verlagen, dass dort dieselbe Unterscheidung zwischen komplex und kompliziert vorgenommen wird.

    Ich habe die Begriffe bisher im Zusammenhang mit Brettspielen auch immer so verstanden. :)

    Die Wunschkombination (für mich) ist ja eigentlich immer: möglichst wenig kompliziert und dabei möglichst komplex...

  • Bisher war ich fest davon überzeugt, dass dies ein Fakt ist. Durch diese Diskussion hier ist meine Überzeugung aber etwas ins Wanken geraten ...

    Ich hatte extra nochmal bei Google Wörterbuch geschaut (daher mein Screenshot, keine Ahnung, woher Google das zieht) und dort wurde es als Synonym verwendet. Der Beitrag hier mit den Verlinkungen von yzemaze erklärt aber, dass dem nicht so ist. Komplex und kompliziert ist also tatsächlich was anderes und ich lag falsch. Wieder was gelernt. Danke


    Kompliziert: Nicht zu verwechseln mit komplex, obwohl es in nahem Zusammenhang mit der Komplexität steht. Es ist ein impliziter Komparativ zwischen dem, was man gerne hätte und dem, was man hat. Objektiv ist etwas kompliziert, wenn es eine unnötig hohe Komplexität bzw. Vielschichtigkeit aufweist. Subjektiv erscheint etwas als kompliziert, wenn man nicht über das Wissen, das Können, die Intelligenz oder die Bereitschaft verfügt, es zu verstehen oder zu beherrschen. Daher ist Kompliziertheit immer negativ konnotiert.

    Also:


    komplex = vielschichtig = hohe Spieltiefe


    kompliziert = unnötig komplex


    Was wäre denn jetzt "viele Regeln? Im Prinzip doch auch komplex (genauso wie mit weniger Regeln)? Die Menge an Regeln hat also mit Komplexität gar nicht zwingenderweise was zu tun?

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  • yzemaze

    Hat das Label ausgelagert hinzugefügt.
  • Was wäre denn jetzt "viele Regeln? Im Prinzip doch auch komplex (genauso wie mit weniger Regeln)? Die Menge an Regeln hat also mit Komplexität gar nicht zwingenderweise was zu tun?

    Vieles ist möglich: Entweder komplex oder kompliziert – aber eben auch komplex und kompliziert und evtl. sogar keines von beiden ;) [Es soll Laber-Anleitungen geben…] Es kommt neben dem Umfang auch auf den Inhalt des Regelwerks an.

    Außerdem sollte man Regelwerk und Spiel nicht nur als Einheit, sondern auch separat betrachten. Ein komplexes Spiel braucht nicht notwendigerweise ein komplexes oder gar kompliziertes Regelwerk. Das Paradebeispiel Go hatte Capote oben ja schon erwähnt.

  • Das "unnötig" bei Kompliziertheit ist natürlich immer Definitionssache. Was für den einen eine unnötige Sonderregel ist, weil sie abstrakt betrachtet das Spiel mechanisch nicht besser macht, ist für den anderen eine wichtige Regel, um das Thema besser abzubilden. So ein bisschen definitiert genau das auch die Trennlinie zwischen Euro- und AT-Fraktion. (Aber nicht nur: Bei #Brass/Kohle gibt's doch so eine komische Stadt mit ganz eigenen Anbindungsregeln ans Verkehrsnetz. Alleinige Begründung dafür: weil's historisch so war...)



    Die Wunschkombination (für mich) ist ja eigentlich immer: möglichst wenig kompliziert und dabei möglichst komplex...

    Das unterschreibe ich voll und ganz. Jede Regel ist für mich erstmal ein "Kostenfaktor" (weil sie erlernt / gemerkt / erklärt werden muss), und das muss durch einen spielerischen Mehrwert aufgewogen werden.


    Als Freund auch sehr anspruchsvoller Spiele möchte ich noch ergänzen: Gerade bei den "heavy euro"-Dingern mit 16+ Seiten Regeln sehe ich es mittlerweile fast als Notwendigkeit an, diese "Regelkosten" durch leicht zu merkende Regeln soweit wie möglich abzumildern, sei es durch eine sehr gut geschriebene Spielregel, durch Ableitbarkeit aus eher wenigen Grundprinzipien, durch eine starke thematische Begründung oder was auch immer. Sonst geht ein regellastiges Spiel unter gegenüber gleichartigen Spielen, die solche Erleichterungen bieten. Deshalb hat es ein Spiel wie #Agra trotz aller seiner Reize bei mir schwer: ein ganz ähnliches Spielerlebnis kriege ich auch mit Spielen, die sich in weniger als einer Stunde erklären lassen (und das auch nur, wenn ich mich einen Abend lang gezielt auf die Regelerklärung vorbereite).

  • Und ich dachte, das als Synonym zu verwenden, wäre normal.


    Und wenn es selbst in Wörterbüchern so verwendet wird ... ich habe diese Sprache immer noch nicht erfunden ;)


    Deswegen ist es doch manchmal gut, wenn wir Haarespalten. Man lernt nie aus

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  • Als Freund auch sehr anspruchsvoller Spiele möchte ich noch ergänzen: Gerade bei den "heavy euro"-Dingern mit 16+ Seiten Regeln

    Gelten 16+ Seiten schon als heavy? Wie viele Seiten Regeln im Schnitt haben denn so die Euros, die ihr als heavy bezeichnet? Kann leider grad keine Beispiele nennen, bin zu wenig drin. Rein interessehalber jetze.


    Über "nur" 16 Seiten bin ich ja immer dankbar, deswegen hätte ich jetzt ne höhere Zahl vermutet. So 25 rum ... muss nochmal gucken, wie viele Seiten Le Havre hat.

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • #racefortherhine ist da mein paradebeispiel: das ist eigentlich ein Euro, aber mit cosim-anleihen.


    Da gibt es auch eine einzelne Stadt, die man nur einmal nutzen darf, auch nur wegen des Themas, was dann regeltechnisch völlig verschwurbelt erklärt wird (die Anleitung ist eh ein Alptraum).


    Oder diverse mechanisch völlig überflüssige Elemente, aber... war halt so.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • muss nochmal gucken, wie viele Seiten Le Havre hat.

    Ich finde ja (hat hier aber auch schon Diskussionen wegen gegenteiliger Meinung ausgelöst), dass die Le Havre Regeln einfach und wenig kompliziert sind, während das Spiel dann durchaus komplex ist. Le Havre ist eigentlich mein Paradebeispiel für "nicht kompliziert, aber komplex". Aber wie gesagt, die Aussage stieß hier schon mehrfach auf Gegenwand. :D

    Ansonsten ist es schwierig, das allein an der Seitenzahl festzumachen, oder? WYG z.B. hat meiner Meinung nach immer sehr viel Informationen auf jeder Seite (da zählt quasi jeder Satz, z.B. bei Madeira). Massive Darkness z.B. hat über 50 Seiten, wenn ich mich recht entsinne und enthält sehr, sehr wenig Informationen am Ende. ^^

  • Das hat jetzt auch nichts mit dem Thema an sich zu tun. Passte nur gerade und interessiert mich. Ich finde lange Regeln immer eher demotivierend (bin aber trotzdem kein Fan von 2 Regelheften).


    Hab mich halt gefragt, mit wie vielen Seiten so ein durchschnittliches Heavy Euro auskommt. Oder ob die komplex aber nicht kompliziert sind 8o


    Klaus_Knechtskern


    Das ist gut, die Neuauflage steht als nächstes an und ich hab grad keine Lust auf 30 Seiten.

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • Letzteres hätte ich angenommen, deswegen hat mich die Aussage vom Piraten gewundert.


    Arkwright kenn ich nicht, muss ich mal googlen

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  • Hmm schockt mich jetzt irgendwie nicht so wenn ich ehrlich bin. Hatte ein ASL mit drölfzigtausend Seiten erwartet. Klein geschireben ohne Bilder und Grafiken ...


    Ich hab 12 TT-Systeme im Schrank stehen und bis auf 2 alle gelesen :lachwein:

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

    Einmal editiert, zuletzt von Bandida ()

  • Gelten 16+ Seiten schon als heavy?

    Normale Medium/Heavy-Euros, allesamt vom Niveau her schon deutlich über KSdJ-Preiswürdigkeit, liegen so um die 16 Seiten:


    #Madeira hat 16 Seiten + 2 Seiten Beiblatt (beides Quadratschachtel-Format).

    #Nippon hat 12 Seiten + 2 Seiten Beiblatt (beides Rechteckschachtel-Format).

    #GreatWesternTrail hat 16 Seiten (Quadratschachtel-Format, kleine Schrift).

    #Mombasa hat 12 Seiten (Quadratschachtel-Format, kleine Schrift).

    #DungeonPetz hat 20 Seiten (Höhe vom Quadratschachtel-Format, aber schmäler, dazu bewusst locker-flockig geschrieben).

    #TwilightStruggle hat sogar nur 9 "richtige" Seiten (mit Inhaltsverzeichnis, aber ohne "extended example of play" und historische Infos).

    #FoodChainMagnate hat 14 Seiten.

    #Tzolkin (Tzolk'in) hat 16 Seiten im Quadratschachtel-Format.

    #TerraMystica hat 20 Seiten im Rechteckschachtel-Format.

    #BoraBora hat sogar nur 12 Seiten (inclusive Alea-typischer Zusammenfassungsspalte) im Rechteckformat.


    Die Regelmonster-Euro-Spiele mit 24-30 (oder noch mehr) Seiten sind eigentlich eher eine jüngere Entwicklung, oft auch in Zusammenhang mit Kickstarter -- da hängt der Regelumfang dann auch oft daran, dass die Autoren nicht wissen, wie man richtig Regeln schreibt; nicht immer, aber doch recht oft ginge es meiner Meinung nach auch kürzer und besser. Einige Beispiele für solche jüngeren Regelmonster: #Lisboa, #Agra, #Feudum, #Trickerion.

    4 Mal editiert, zuletzt von MetalPirate () aus folgendem Grund: Hashtags repariert (im dritten Versuch jetzt auch endlich alle)