Variante für Roll Player (Keith Matejka, Thunderworks Games 2016) mit weniger Spielern

  • Ursprünglich hatte ich das Folgende als Antwort im Wochenthread geschrieben, aber dafür war es irgendwann nicht mehr passend. Deshalb als Einleitung dieses: In den letzten Wochenthreads wurde ein paar Mal über #RollPlayer geredet und dann auch über die auf BGG zu findende Variante, im 2er je zwei Würfel pro Farbe zu entfernen. Ich gehe mal davon aus, dass jeder, der diesen Thread aufgemacht hat, Roll Player zumindest grob kennt. Regeln werde ich nicht komplett nacherzählen.


    Wer schon ein paar Mal Roll Player als 2er gespielt hat, hat ziemlich sicher schon mal Erfahrungen gemacht wie diese hier (Zitat aus Wochenthread):

    Nun kamen aber im ganzen Spiel nur 2 grüne Würfel, von denen ich einen nicht nehmen konnte wegen der Spielerreihenfolge. War dann nur 1 Punkt am Ende, während meine Frau 6 Würfel ihrer Klassenfarbe hatte.


    Das ist etwas, was man vom Spielen in Vollbesetzung (4er) überhaupt nicht kennt. Im 4er braucht man immer alle mitgelieferten Würfel; einige werden sogar mehrfach gezogen, weil in jeder Runde immer Spielerzahl plus 1 Würfel gezogen werden und der Würfel, der nicht gewählt wurde, nach jeder Runde ins Säckchen zurückgeworfen wird. 4 Spieler * 18 Würfelplätze/Spieler + 1 Würfel mehr zur Auswahl beim letzten Ziehen = 73 Würfel. Exakt soviele Würfel sind in Roll Player enthalten, weil es genau so viele Würfel im 4er braucht. Insgesamt werden im 4er 82 Würfel gezogen, davon 9 nach den ersten neun von zehn Runden zurückgeworfen, also müssen 73 Würfel enthalten sein. Soviele sind es, aufgeteilt in je 10 in den sechs Klassenfarben plus 13 gelbe, die beim Draften Gold geben. Im 4er werden alle 10 roten, grünen, weißen, usw. Würfel sowie alle 13 gelben früher oder später aus dem Säckchen gezogen. Das "meine Farbe wird nie gezogen!"-Problem gibt es da nicht.


    Im 2er zieht man dagegen 48 mal Würfel, von denen 2*18=36 am Ende verpuzzelt sind, 11 nach den ersten 11 Runden zurückgeworfen wurden und einer nach der 12. und letzten Runde noch liegenbleibt. Mindestens 37 und maximal 48 unterschiedliche Würfel werden gezogen (zurückwerfen beachten!). Pi-mal-Daumen braucht man -- wenig überraschend -- im 2er Spiel nur rund die Hälfte der Würfel im Vergleich zum 4er. Wenn man im 2er keine Würfel rausnimmt, sind damit asymmetrische Verteilungen der Würfelfarben zu erwarten. Im Extremfall zieht man alle 10 Würfel einer Farbe und 0 einer anderen.


    Dieser Extremfall ist natürlich sehr unwahrscheinlich, aber ziemlich ungleiche Verteilungen sind schon relativ normal. Bei nur 48 Ziehvorgängen für 7 Würfelfarben gleicht sich da noch nicht viel aus (-> Gesetz großer Zahlen), zumal das Zurückwerfen ungewünschter Farben das Gefühl des "ich kriege einfach keine Würfel meiner Farbe!" auch noch verstärkt. Deren Anteil im Säckchen sinkt nicht beim Zurückwerfen, während besonders gewünschte Farben nach dem Ziehen weggedraftet werden (ggf. auch durch "hate drafting"). Weil man die Würfel der eigenen Klassenfarbe sammeln soll (je 1 Punkt am Ende), würde ich deshalb auf jeden Fall im 2er-Spiel einige Würfel rausnehmen. Sonst sind solche Erfahrung wie die von Marcel P. nicht ungewöhnliches.


    Das ist schlecht, wenn am Ende jeder Punkt zählt. Roll Player Spiele gehen oft eng aus. Außerdem finde ich es störend, dass das 2er-Spiel hier ein Problem erhält, das im 4er nicht existiert. Ich verwende Hausregeln normalerweise sehr sparsam, meist haben sich ein Autor und Verlag bei Regeln etwas gedacht und es auch gründlich getestet, aber hier halte es für richtig, diesen 2er-Sondereffekt per Hausregel wieder rauszuwerfen.


    Also: Wieviele Würfel soll man jetzt im 2er bzw. 3er rausnehmen, oder andersrum gefragt: Mit wievielen Würfeln soll man spielen? Ganz allgemein formulierte Antwort: Mit je X Würfeln in den sechs Klassenfarben und dazu Y gelben Würfeln. Aber wie sind die beiden Zahlen X und Y passend zu wählen?


    Dazu zunächst mal eine Minimum-Abschätzung. (Wie oben gezeigt, funktioniert die 4er-Version exakt am Minimum, incl. erzwungenem wiederholtem Ziehen der gleichen Würfel!) Minimum ist, wie oben schon hergeleitet, 37 Würfel im 2er. 48 Ziehvorgänge minus 11 mal zurückwerfen. Erlaubte Werte von X und Y müssen die Gleichung 6X+Y >= 37 erfüllen. Je näher an den 37, umso berechenbar, und je weiter weg, umso extremere Ausschläge werden möglich. X=10 und Y=13 komplett unabhängig von der Spielerzahl ist die Originalregel. Wobei komplette Berechenbarkeit auch nicht unbedingt erstrebenswert ist, d.h. ein bisschen Zufall darf ruhig drin bleiben. Mögliche Varianten im 2er sind deshalb: X=5 mit Y>=7 (5 Würfel jeder Klassenfarbe raus), X=6 mit Y>=1 (4 Würfel jeder Klassenfarbe raus), und dazu natürlich alles mit Entfernung von 1-3 Würfeln jeder Klassenfarbe und passend gewähltem Y; dann ist die Gesamtzahl 6X+Y auf jeden Fall hoch genug für das 2er-Spiel.


    Wie ist nun Y bei gegebenem X zu wählen? Antwort: so, dass sich der Anteil gelber Würfel im Säckchen möglich wenig ändert, sonst wäre die Balance des Spiels gestört. Karten, die das Sammeln gelber Würfel belohnen, sollen im 2er schließlich genauso funktionieren wie in 4er-Vollbesetzung. Dieser Anteil ist im Original 13/73 = 17.8%. Damit erkennt man, dass die absolute Minimumvariante (X=5, Y=7) auch ohne das "es muss nicht alles abzählbar sein" nicht ganz so optimal ist. Die erhöht nämlich den Anteil gelber Würfel auf 7/37 = 18.9%. Unter den Varianten, bei denen man 6 bis 9 der enthaltenen 10 Farbwürfel nutzt, kann man dann jeweils das Y suchen, das den Anteil gelber Würfel für gegebenes X am besten konstant hält. Damit ergibt sich


    X (Klassenwürfel) Anteil gelber Würfel Ys mit Anteilen nahe 13/73 = 17.8%
    5 Y / (30+Y)
    7 (18.9%) -- bei Y=6 unter 37-Würfel-Minimum!
    6 Y / (36+Y) 7 (16.3%), 8 (18.2%)
    7 Y / (42+Y) 8 (16.0%), 9 (17.6%), 10 (19.2%)
    8 Y / (48+Y)
    10 (17.2%), 11 (18.6%)
    9 Y / (54+Y)
    11 (16.9%), 12 (18.2%)


    => Am konstantesten bleibt der Anteil gelber Würfel mit je X=7 Würfeln in Klassenfarben und dazu Y=9 gelben Würfel. Also 4 gelbe Würfel rausnehmen und 3 jeder anderen Farbe. Das ist MetalPirates Roll Player Variante für 2 Spieler.


    In dieser Variante nutzt man insgesamt 6*7+9 = 51 Würfel. Für das 3er-Spiel reicht das jedoch nicht. Dort braucht man mindestens 55 Würfel (3*18+1). Deshalb ist in der Tabelle noch die beste spätere Zahl gefettet. Dies ist MetalPirates Roll Player Variante für 3 Spieler: 12 gelbe Würfel, 9 jeder anderen Farbe, also jeweils einen pro Farbe rausnehmen.


    Die BGG-Variante, zwei Würfel pro Farbe raus zu nehmen (bzw. X=8 und Y=11 in meiner Notation), erhöht den Anteil gelber Würfel im Säckchen um fast 1%. Es ist sicher nicht grob verkehrt, so zu spielen, und außerdem ist "zwei raus pro Farbe" auch schön leicht zu merken, aber ich denke schon, dass es für meine 2er-Variante des "vier gelbe raus, drei von den anderen Farben" eine bessere mathematische Begründung gibt, und das Ziel der etwas ausgeglicheren Farbverteilung wird durch die Entfernung von mehr Würfeln auch besser erreicht.

  • Spiel ist heute bei mir eingetrudelt - daher vielen Dank für diese überragende und transparente Lösung! :) Hast dir echt viel Mühe gemacht, ich danke dir.

    Ich hoffe, du kannst das irgendwie auch noch auf BGG kundtun und dir dort ein paar Daumen abholen. Ist nur verdient.

    Lg

  • Erstmal Hut ab für diese wissenschaftliche Studie über die Wahrscheinlichkeiten der Würfelhäufigkeiten.

    Nach vier Spielen zu zweit, vier Spielen solo, einem zu Dritt und einer Partie zu viert ( Kermeur) will ich mal versuchen, meine Eindrücke zu schildern. Da wir bereits einen Thread zum Thema bzw. zur Kampagne haben, will ich trotzdem hier rein schreiben, aus einem einfachen Grund: diese verfluchten Würfel.


    Klar ist, dass man Solo und zu zweit einerseits mehr Würfel zieht und zweitens die Wahrscheinlichkeiten größer sind, einen passablen Würfel zu verwerten, so weit so gut. Nur hätte man es sich als Designer einfacher machen können, wenn man den Start in das Spiel, das sog. Setup etwas gradliniger und problemunanfälliger gestaltet hätte. Laut Regel ziehen wir Würfel, die der Anzahl Spieler + 4 entspricht. Das kann im schlimmsten Fall zu fünft (mit Erweiterung) bedeuten, dass man die Hälfte Murks ausgleichen muss, weil "nur" noch 9 Würfel platziert werden können. Leider kann das auch die o.g. Variante des Entfernens von Farbwürfeln nicht grundsätzlich ausschließen. Es wird explizit in der Regel geschildert, dass bis auf das Goldeinkommen bei den gelben Würfeln und evtl. der vollendeten Reihen keine Aktionen beim Würfelplatzieren der ersten Setupwürfel ausgeführt werden dürfen. Wieso eigentlich? Wir haben in den letzten Partien immer den Klassenfarbenwürfel als erstes gewürfelt und platziert und bei den folgenden Würfeln trotzdem die Attributaktionen ausgeführt. Nach längerer Grübelei ist es mit unerfindlich, weshalb das so regularisch in Stein gemeiselt wurde.


    Weitaus weniger zufällig wären die Setup-Würfel, wenn man statt der Spielerzahl+4, lediglich Würfel der Spielerzahl+1 zieht, man aber die (sinnfreie) Charismareihe, die einem nur einen Rabbat auf dem Markt von einem Goldstück beschert, gleich ganz wegliesse. Die Spielzeit bliebe unverändert und man hat weniger Zufall zum Start. Bsp. beim Spiel zu viert: statt acht zufällige Würfel lediglich fünf zu Beginn bei noch 10 freien Plätzen auf dem Tablot. Statt knapp der Hälfte können jetzt nur noch zu einem Drittel die zufälligen Setupwürfel das Resultat beeinflussen. Auf solche simplen Versuche, kann man als Tester der Prototypen schon mal selbst drauf kommen. Stattdessen bläst man ein Spiel an Stellen auf, wo es kontraproduktiv ist.


    Nächster Knackpunkt ist leider auch die Tatsache, dass ein Großteil der Spielzeit als sog. Downtime flöten geht, aber eine Downtime, wo niemand am Tisch am Zug ist. Grund sind die Kartenübersetzungen und das nun folgende schildern der Effekte, zumindest bei den ersten Partien mit neuen Spielern am Tisch, was grds. kein Problem ist. Sicherlich hätten Symbole auf den Karten für Klarheit gesorgt, aber dann hätte es einer weiteren Player-Aid-Karte nur für die Symbole bedurft. Der Spielfluss ist dadurch erheblich gehemmt, wenngleich ich bzgl. Illustration nicht viel auszusetzen habe. Dass es zuhauf auch eher dürftige Angebote an Karten in der Marktphase gibt, schreibe ich auch dem Fakt zu, dass die Kickstarterkampagnen leider nur einen Teil des menschlichen Hirns ansprechen: mehr Masse in die Schachtel. Für die andeutungsweise in Aussicht gestellte Setcollection brauch man entweder Glück oder tranige Mitspieler oder beides. Zugegeben, man tüftelt ununterbrochen und lotet die Möglichkeiten aus, es fühlt sich schon gut an, seinen Charakter zu verfeinern. Die Qualität der Marker, Karten und Metallmünzen stimmt mich zufrieden. Die Erweiterung passt sich stimmig ins Thema ein. Doch mittlerweile bin ich fast geneigt zu sagen, dass ich bzgl. Roll Player gesättigt bin und überlege, es nach nem Monat wieder abzustoßen.

    habe die Ehre *hutzieh*

    Einmal editiert, zuletzt von Stilp ()

  • Für das Grund-Spiel bin ich ganz bei MetalPirate , tolle Analyse.


    Nun hat sich aber bei dem Einen oder Anderen die Erweiterung eingeschlichen.

    Was ändert sich mit der Erweiterung aus Würfel-Draft-Sicht?

    Da das Spiel jetzt auch zu fünft spielbar wird, kommen erst mal pro Farbe ein Würfel hinzu. Diese kann man ja einfach nach der Berechnung von MetalPirate zusätzlich entfernen.

    Was aber auch noch hinzukommt, dass sind die 11 fablosen Booster-Würfel (w6 mit den Werten 3-8). Die Anzahl entspricht somit der Anzahl der Klassenwürfel. Insgesamt wird also das gesamt Gefüge verwässert. Das ist aber nicht schlimm, da die Booster-Würfel einem bei den Attributen gut helfen können. Somit schlage ich vor, dass entsprechend der von MetalPirat vorgeschlagenen Anzahl zu entfernenden Klassen-Würfel, nun auch die selbe Anzahl Booster-Würfel mit entfernt wird.

    Vielspieler im Körper eines Gelegenheitsspielers