SpieleWahnsinn 2018 in Bildern

  • Vom 25. bis 27. Mai rief das Team des Spielezentrums in Herne zum alljährlichen SpieleWahnsinn. Ich selbst war am Samstag und Sonntag vor Ort und konnte etliche Neuheiten erstspielen und ein paar Prototypen und Handmuster testen. Trotz Pfingstferien und tropischem Wetter war die Veranstaltung bestens besucht. Organisator Thomas Moder war zufrieden, wie er sagte. Einzig am Sonntagvormittag war es gewohnt leerer, das kennt er aber schon. Die Familien kommen eben erst nach dem Mittagsessen. Nur der Freitag als ehemaliger Geheimtipp-Tag hat wohl endgültig ausgedient. Da soll es mindest so voll wie am Samstag gewesen sein. Das war früher noch anders. Da musste man eher schon Mitspieler suchen.


    So oder so ist Herne weiterhin für mich Spiele-Entspannung pur. Nicht so überlaufen und laut wie Essen, sondern eher familiär und irgendwie kennt man sich und jeden vor Ort. Mit ein wenig Geduld und Ausweichbereitschaft konnte ich auch all die Spiele ausprobieren, die ich auf meiner nicht vorhandenen Liste hatte. Ein einziger Tag wäre dafür viel zu wenig gewesen. So habe ich dann auch das Klask-Turnier samt unknowns-Treffen verpennt, weil ich da mitten in einer Spielpartie steckte und die Zeit nicht im Blick hatte. Von dem Unwetter am Sonntag habe ich auch nichts mitbekommen. Beim SpieleWahnsinn kann man herrlich abtauchen und den Weltenlauf vergessen. Eben beste Unterhaltung auch dank engagierte Erklärer und Verlagsvertreter - danke für Eure Geduld bei Nachfragen und Eure Begleitung der Spielrunden.


    Da es hier keine Bildergalerien mehr gibt und auch nur 25 Bilder pro Artikel erlaubt sind, anbei eine kleine Auswahl. Mehr findet Ihr "in Kürze" ( -sic- ) auf meiner eigenen Webseite, sofern ich die endlich mal fertig bekomme. Für einen kleinen persönlichen Rückblick auf den SpieleWahnsinn 2018 sollten die aber reichen. Mehr Bilder werden auch vom Hippodice Spieleclub e.V. veröffentlicht, für die ich im Co-Auftrag unterwegs war. Bin zudem gespannt, was Ihr erlebt und zu berichten habt. Persönlich möchte ich einige Spiele besonders hervorheben:


    Concordia Venus : Fast hatte ich die Chance abgelehnt, diesen Prototyp zu spielen. Denn das Grundspiel finde ich nur so ok. Eben weil es in meinen Spielrunden am zielführendsten war, so viel Karten wie eben möglich zu kaufen, eben immer, wenn sich die Gelegenheit bietet. Der ganze Rest ergibt sich dann schon. Concordia Venus ist anders. Wir spielen in Teams. Jeweils zwei Spieler zusammen. Ideal zu viert. Wer das Spiel kennt oder keine Probleme mit überlangen Partien hat, kann auch zu sechst spielen. Die Siegpunkte eines Teams werden addiert, so dass wir eben nicht für uns alleine spielen, sondern immer in erster Linie das Optimum fürs Team herausholen wollen.


    Der Spielablauf ist wie gewohnt. Nur führt der Teampartner die selbe Aktion direkt im Anschluss ebenfalls durch. Zudem gibt es eine Handkarte, bei der man den Teampartner ausspielen lassen kann und man selbst folgt mit dieser Aktion. Ein neuer Spielplan mit einer zentralen Seerregion und einer grossen Landmasse rund um den persischen Golf oder so. Schaut Euch besser die Bilder an und ordnet es geographisch selbst zu. Wer mich kennt, weiss warum. Geld kann man vom Teampartner nutzen, sofern man selbst keines mehr hat. Die Warenlager sind hingegen getrennt. Etliche Karten der Auslage sind zudem neu und aufs Teamspiel abgestimmt. So kann ein Spieler bauen und der andere handeln. Beim Kartenkauf darf hingegen nur jeder Teampartner eine Karte kaufen und dieser Kniff macht das Spiel besser, weil man kaum mehr Karten raffen kann, sondern sehr gezielt kaufen muss. Am Ende werden zudem noch Regionen per Venuskarten belohnt, in denen man ebenso wie der Teampartner gebaut hat.


    Mir hat der Prototyp gefallen. Besser als das Grundspiel. Man sollte das Grundspiel aber schon kennen oder lernbereit sein und Ausdauer für die ersten Züge mitbringen, denn durch das Teamspiel sinkt die Spielgeschwindigkeit enorm. Auch weil man meinen könnte, alles fürs gesamte Team optimieren zu wollen, was aber kaum in Perfektion zu optimieren ist. So muss man sich mit den bestmöglichen Zügen in der aktuellen Gesamtsituation zufrieden geben. Das kann zu Grübelorgien führen. Die haben sich in unserer Partie nach anfänglicher Ratlosigkeit aber gelegt und dann liegf die Partie ausreichend zügig. Wer also bisher einen Bogen um Concordia gemacht hat, sollte mit Concordia Venus (als neues Grundspiel und auch als Erweiterung fürs vorhandene Grundspiel) dem Spiel eine zweite Chance geben. Es lohnt sich.


    Luxor : Spielt sich ein wenig die Verflixxt von Ravensburger. Wir ziehen - über Karten gesteuert - ins Zentrum einer Pyramide und schalten dabei weitere Pöppel frei und wollen Schatzplättchen heben. Das klappt allerdings nur, wenn sich dort zwei-drei-vier eigene Figuren versammeln. Hebt man einen Schatz, wird das Plättchen je nach Lage ersetzt oder ganz entfernt und so wird der Weg zum Grab des Pharao für die nachfolgenden Pöppel immer kürzer. Allerdings kommt der Mechansimenkniff dazu, dass man aus seiner Kartenhand immer nur die zwei äußerdn seiner fünf Karten spielen darf. Die neu nachgezogene Karte kommt hingegen in die Handkartenmitte. So entsteht eine Mischung aus Vorplanung und ein Gegrummel, wenn die Mitspieler einem Schatzplättchen weggeschnappt haben oder den Weg verkürzen und die vorgeplante Zugweite einen übers angepeilte Zielplättchen hinauslaufen lässt.


    Ein gutes Familienspiel oder auch einfaches Vielspielerspiel. Eine Mischung aus Kartenglück und taktischer Planung. Ein Wettrennen, um die besten Plättchen und dem Zieleinlauf zum zentralen Grab. Denn wenn zwei Pöppel dort ankommen, dann wird noch eben die Runde zu Ende gespielt und dann ist Schluss. Man kann zwar bessere Karten mit Spezialaktionen kaufen, die nach dem Ausspielen dann auf den zentralen Ablagestapel wandern, aber der Nachziehstapel ist anfänglich arg klein, so dass wir den allzu oft neu mischen mussten und das bremste den Spielfluss etwas aus. Das ist meine einzige Kritik


    Spiele ich gerne wieder mit. Ich kann für mich persönlich aber noch nicht wirklich abschätzen, wie lange der Wiederspielreiz anhält, wenn man alle Grundtaktiken mal ausprobiert hat und ob man in Folgepartien dann auch mehr Einfluss nehmen kann. Das Nachziehglück sowie das Chaos durch Mitspieleraktionen muss man sowieso akzeptieren und mögen. Ansonsten eben Queen Games typisch solide produzierte Kost. Rüdiger Dorn hat hier ebenso gewohnt gute Autorenarbeit abgeliefert. Wer ein Spiel dieser Gewichtsklasse sucht, macht absolut nichts verkehrt mit dem Spiel. Empfehlung.


    Menara : Es sieht aus wie Villa Paletti von Zoch, obwohl es keinerlei Material damit teilt. Stattdessen wollen wir einen versunkenen Tempel nach gefundenen Konstruktionsplänen wieder aufbauen und das gemeinsam. Es geht also kooperativ zur Sache. Aufgabenstapel liegen verdeckt aus in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, wir haben ein paar Säulen im eigenen Bauvorrat und es gibt einen allgemeinen Tauschvorrat an Säulen. Die Aufgabenkarten geben uns vor, welche Säulenfarben und wie wir verbauen sollen. Erst wenn ein Ebenenplättchen komplett bebaut ist, erhalten wir eine neue Ebene und damit mehr Möglichkeiten, die Herausforderungen zu erfüllen. Scheitern wir, müssen wir zum gemeinsamen Sieg die geforderte Mindestbauhöhe um eins erhöhen. Einfacher wird es damit also nicht.


    Das Spiel hat noch ein mehr Detailregeln, uns wurde das Spiel aber eher von der thematischen Seite vorgestellt, was auch völlig ok und der Zielgruppe angemessen war. Auf Nachfrage wurde uns allerdings alles erklärt, was wir wisen wollten. Für einen Gesamteindruck schaut Euch deshalb lieber eine der Videorezensionen an - Zee Garcia von The Dice Tower meint "this is a great game" und ich schließe mich da an.


    Mir hat es gefallen. Ich mag Bauspiele sowieso. Haptisch schönes Material ebenfalls. Spiele, die mit schlanken Regelwerken auskommen, ohne banal zu sein, stehen ebenso hoch in meiner Gunst. Für 24 bis 29 Euro im Handel bekommt Ihr ein gut ausgestattetes Spiel. Einzig der Nachziehsack der Säulen ist etwas klein geraten, weil arg voll. Mir gefällt die gemeinsame Herausforderung und das Palaver über mögliche Züge, sofern der aktive Spieler es nicht zu sehr ausufern lässt. Wird spontan gekauft. Punkt.


    Nusfjord : Der neue und inzwischen fast schon wieder alte Rosenberg. In Herne wurde mit einem neuem Kartenpack gespielt. Da ich das alte Kartenpack nicht kannte, kann ich da leider keine Vergleiche ziehen. Spielerisch für mich irgendwo zwischen Arler Erde und Caverna eingeordnet - nur anders. Wieder müssen wir für Nahrung sorgen und wieder bauen wir einmalig ausliegende Gebäude, die uns Sonderfunktionen bietet. Unsere sieben Spielrunden lassen uns dazu nur 21 Aktionen Zeit.


    Gefühlt ein eher kurzer Rosenberg, weil man muss schon etliches optimieren, damit das Spiel leicht episch wirken kann. Ich hatte in den ersten Runden kaum was geschaffen, dann ein wenig mehr und am Ende dann doch irgendwie meinen Plan voll und gewonnen. Wer gut spielen will, muss sich alle Gebäudetexte in ihren Kosten und Auswirkungen anschauen. Dazu kommen noch die Personenkarten, ebenfalls mit Text. Also viel zu überblicken, was je nach Sitzposition nicht einfach ist, sofern man nicht auf dem Kopf oder quer lesen kann.


    Aber was erzähle ich. Rosenberg-Fans haben das Spiel eh schon längst. Alle anderen sollten es lieber mal anspielen und selbst einschätzen, ob es ausreichend anders als die anderen Spiele des Genres ist. Und die Fans wissen spätestens jetzt, dass es Nachschub in Form eines neuen Kartendecks gibt. Wer das Grundprinzip mag, bekommt so neue Herausforderungen zur Optimierarbeit.


    Ich fand es gut, aber ebenso könnte ich auch Arler Erde oder Caverna oder diverse andere Ertrag-Ernährung-Arbeiter-Aufbauspiele aufm Tisch bringen. An dem Genre hab ich mich persönlich ein wenig übersatt gespielt. Ändert aber nichts an der redaktionellen und autorischen Qualität, die hier erneut und routiniert abgeliefert wurde. Was anderes hätte ich vom Autor auch nicht erwartet. Wird seine Fans finden und längst gefunden haben.


    Trick'n'Trouble : Ein Stichkartenspiel in kooperativer Dreierrunde, bei der wir Farbaufträge erfüllen. Aktuell als Handmuster bei Frosted Games gespielt, soll aber schon auf der Berlin Brettspiel Con erscheinen. Also Ende Juli 2018 und damit terminlich entzerrt vor Essen. Eigentlich mag ich nur wenige Stichspiele, auch weil ich keine Karten zählen und mir Farben merken mag. Wizard & Co finde ich gut, aber mit Tichu & Co konnte ich wenig anfangen, auch weil mir dabei der Graben zwischen Gelegenheitsspielern und Kennern viel zu gross und fordernd ist. Trick'n'Trouble ist einfach vom Regelwerk, aber schwierig zu meistern.


    Wir sollen 50 Punkte an Auftragskarten erreichen, bevor die allerletzte Karte abgespielt ist. Dabei spielt jeder von uns reihum nur eine einzige Karte in den Stich. Damit sollen dann möglichst viele Aufträge erfüllt werden. Da werden Kartensummen in teils mehreren Farben gefordert - 8 in Gelb und 3 in Blau zum Beispiel. Blöd nur, dass es einen Bedienzwang in der angespielten Farbe gibt und wenn jeder Gelb auf der Hand hat und Gelb gespielt wird, kann man diesen Auftrag ohne Sonderkarten (Doppelfarben oder Joker) nicht erreichen. Vorab einer Runde wird zudem noch je eine Karte nach links weitergegeben. Stichprofis lesen damit das Spiel. Ich bin kein Stichprofi und fühlte mich ein wenig hilflos, auch weil ich die nicht gegenüber meinen Mitspielern ausdrücken durfte, denn jegliche Kommunikation über das Spiel ist untersagt. "The Mind"-Profis erleben hier ungeahnte Vorteile.


    Durch die Komponente der Aufträge und der Kooperation spielt sich das eher reduzierte Stichspiel erstaunlich frisch und neu. Irgenwie hat das mich fasziniert, obwohl ich unser Team gnadenlos in den Punkteabgrund von nur 25 Punkten gerissen habe. Aber irgendwo hat es Klick gemacht und der Ehrgeiz, es besser zu machen, der ist geweckt. Würde es gerne nochmals spielen und das ist ein gutes Vorzeichen. Den Erscheinungstermin Ende Juli merke ich mir deshalb mal vor. Zumal es eines der wenigen Spiele ist, die nur zu dritt funktionieren und das wirklich hervorragend.


    Black Hat : Noch ein Stichkartenspiel, aber diesmal gegeneinander. Wir sind Hacker und flüchten vor der Polizei dem Spielplanende entgegen. Wer die Polizei spielt und die Mitspieler verfolgt und auf einen Minuspunktefeld wegsperren will, das wird durch Erreichen eines speziellen Spielplanfeldes ausgelöst. Wer das erreicht, der spielt ab sofort die Polizei. Wobei ich hier hoffe, dass ich das Spiel überhaupt korrekt wiedergebe, weil die Spielerklärung war sicher vollständig, nur als nicht Englisch-Muttersprachler hatte ich anfangs so meine Verständnisprobleme mit dem doch heftigen Akzent der Verleger-Autoren-Familie.


    Im Spiel laufenden wurde dann aber doch einiges mehr klar. Aber kennt Ihr die Situation, wenn Ihr losspielen sollt und so wirklich gar keinen Plan von nichts habt? Da hilft dann Spielerfahrung ungemein, weil schnell wurde klar, dass es ein Stichspiel mit Kartenanzahl und Kartenwerten ist. Wer zuerst alle Karten losgeworden war, der durfte auf dem Spielplan vorrücken, während die Mitspieler für Handkarten Punkte kassierten, die man als Hacker natürlich vermeiden wollte. Dazu gibt es noch die Black Hat Karte, mit dem Sohn des Verlegers-Autoren verewigt, der uns auch das Spiel erklärt hatte. Wer die ausspielt, lässt stattdessen den niedrigsten Kartenwert den Stich gewinnen und man kann so die punkteträchtige Black Hat Karte loswerden.


    Stichspiele mit einer Extrakomponente finde ich gut. Hat man allerdings keine gute Kartenhand, kann man auch nicht gut ausspielen und kann keine Runde gewinnen. Ebenso gewinnt man nicht, wenn man ein eigentlich gutes Blatt hat, aber nicht gut Stichspiele spielen kann. Also so wie ich. Die Flucht- und Jagd-Komponente hat mich angesprochen und half so, das Spiel für mich in den Bereich "gut" zu heben. Kurz hatte ich sogar überlegt, ob ich es nicht doch kaufen sollte. Eventuell wegen des Computer-Themas mit den ganzen Fachbegriffen auf den Karten. Hab ich dann aber doch nicht. Eh vorsorglich als typischer Spontankäufer zu wenig Bargeld eingesteckt. Kommt auf meine "mal sehen"-Liste.


    Hexenhaus : Ein Prototyp von Lookout Games, der in Essen dann veröffentlicht werden soll. Wir sind Hexen, die Märchenwesen anlocken und einfangen wollen und das mit der passenden Keksmischung unserer essbaren Behausung. Dazu legen wir dicke Doppelplättchen auf unserer Spielablage ab und erhalten die abgedeckten Symbole als Keksplättchen, mit denen wir ausliegende Kreaturen einsammeln können, wenn wir deren bevorzugte Keksmischung abgeben. Das gibt Punkte. Wer zudem eine volle Ebene baut, bekommt eine Sonderpunktekarte, die bestimmte Spielweisen belohnt und darf einen Jokerstein legen. Über Lochtreppen schliessen wir Lücken und wenn wir zwei gleiche Symbole abdecken, bekommen wir sogar dreimal statt zweimal die Belohnung. So geht es dann reihum weiter.


    Spielerisch leider ein sehr solitäres Puzzle-Sammel-Aufträge-Optimierungsvergnügen. Das Thema ist schräg und deshalb fand ich es interessant. Die Umsetzung hingegen ist eher mau, da man komplett seinen Spielzug durchführt und während der Mitspieleraktionen entweder wartet, selbst ein wenig vorplant oder hofft, dass sich die Auslage ändert oder doch erhalten bleibt. Schnell gespielt eventuell ok, aber mit Grüblern oder gelangweilt-überforderten Zufallsmitspielern wurde es mir eher zur Geduldsprobe.


    Was mir fehlte, dass war die direkte Interaktion zwischen den Spielern oder die Möglichkeit, an Zügen der Mitspieler irgendwie beteiligt zu sein. Die meiste Zeit spielt jeder aber für sich selbst und einzig interessant ist der Blick zu deren Keksvorrat und welche Wesen damit in Zukunft eingefangen werden könnten, um da eventuell schneller zu sein. Wer soloartige Puzzlespiele mag, der sollte mal selbst probespielen. Für grundlegende redaktionelle Änderungen ist es hingegen zu spät, wie man mir sagte. Schade, denn das Spiel hätte durchaus Potential, neigt aber zur Downtime. Wenn Ihr damit ein Problem habt und dazu nur Dauerdenker in Eurer Runde, dann könnte das in Wartefrust enden. Da hilft nur ausprobieren und selbst entscheiden, ob Ihr das Spiel trotzdem gut finden könnt.


    Coimbra : Ein weiterer Prototyp, der im Herbst zur Messezeit veröffentlicht werden soll. Sozusagen die kommende Vielspielerneuheit von Plan B aus der Eggert-Redaktion. Thematisch in Portugal angesiedelt, sind wir das Familienoberhaupt und dem Reichtum, Wohlstand und Ansehen verpflichtet. In der laufenden Partie haben ich allerdings mehr mit Farben und Würfelwerten und Skalen hantiert und das war eher Optimierarbeit als thematisches Spiel. Dabei sind die Mechanismen durchaus interessant, mir aber ein paar Stufen zu sehr miteinander verzahnt. Besonders weil wir in den vier Runden nur jeweils drei Hauptentscheidungen haben, die aber weitere Folgeentscheidungen für die Runde und das restliche Spiel nach sich ziehen. Wer da nicht zwölf Mal das Optimum spielt, der lässt Siegpunkte liegen. Ein Denkfest, bei dem mir erst im Laufe der Erstpartie klar wurde, wie das alles zusammenhängt und dieser Zusammenhang ist enorm.


    So wählen wir reihum einen Würfel. Dabei ist die Augenzahl und die Würfelfarbe wichtig. Beides also. Die Augenzahl bestimmt die Kosten. Ob in Geld oder Wachleute bezahlt, das bestimmt allerdings die eine Karte, die wir später aus der Auslage kaufen wollen. Die Würfelfarbe ist wichtig, weil damit führen wir ganz viel später in der Runde eine der Aktionen aus, die uns Siegpunkte, neues Geld und Wachleute oder Schritte auf unserer Städtereise durch Portugal einbringen. Wie mächtig diese Aktionen sind, das bestimmen die jeweiligen Skalen. Die treiben wir wiederum mit den gekauften Karten nach oben. Zusätzlich haben die Karten noch Sondereigenschaften, einmalig sofort oder dauerhaft oder nur fürs Spielende wichtig und eventuell noch Siegel für Bonuspunkte am Spielende aufgedruckt im Symbolform. Das Spiel selbst ist komplett sprachneutral und bedient sich stattdessen einer Farbkodierung und Symbolsprache. Dadurch wirkt das Spiel recht bunt bis erschlagend überladen im Erstkontakt. Wurde im Laufe der Partie aber besser, weil verständlicher.


    Haben wir einen Würfel gewählt, ordnen wir diesen einer Karten- bzw. Aktionsplättchen-Reihe zu. Höhere Augenzahlen haben bei der späteren Kartenauswahl den Vorrang, wollen aber eben auch teurer bezahlt werden. So kommen in Epochen vorsortiert Runde für Runde neue Karten ins Spiel. Blöd kann es dabei laufen, wenn man zu spät eine Karte wählen und nicht mehr in Geld oder Wachleute zahlen kann, wie angedacht, sondern stattdessen mit einer Notaktion auskommen muss. Bei nur zwölf Aktionen sollte man also für Geld oder Wachleute sorgen, aber so ein Ansammeln kostet wieder Aktionen, die man eigentlich für Aufbau-Siegpunkte-Ertrags-Aktionen bräuchte.


    Danach ändert sich die Spielreihenfolge neu und zwar je nach Kronensammlung, in der Summe der gewählten Aktionsplättchen und vorab nach Schema verteilten Kronenplättchen auf den Karten sowie der aktuellen Platzierung in der Reihenfolge. Wer hier vorne sein will, sollte also gezielt Kronenkarten ansteuern. Dauerhafte Einkommenskarten erbringen anschließend ihre Effekte und dann werten wir unsere Würfelfarben aus. Klar, dass die Städtereise noch diverse Bonusaktionen bringt, ebenso wie die einmaligen Karteneffekte. Daneben gibt es noch Karten, die nur bei Spielende wirken. Und ob das nicht genug wäre, können wir uns mit Geld oder Wachen auf besondere Endbedingungskarten einkaufen.


    Ganz klar ein Vielspielerspiel. Für mich eine Stufe höher als Mombasa oder Great Western Trail. Auch weil ich es mir nicht über das Thema erarbeiten konnte. Eggert Spiele stuft es allerdings niedriger ein, wie ich auf BGG gelesen habe. Eventuell vom Regelwerk einfacher, aber durch die Verzahnung verzeiht es kaum Spielfehler.


    Für mich blieb Coimbra bis zum Spielende eher eine abstrakte Aktionsoptimierung. Es fühlte sich ein wenig so an wie die Bücherleiste bei Mombasa, bei der man ebenso weit vorausplanen muss, um erfolgreich zu sein. Das hier ist sozusagen Bücherleiste pur. Eine ganze Partie lang. Aus dem Bauch kann man zwar spielen, aber das bringt rein gar nichts. Entweder macht als Bauchspieler die Würfelwahl keinen tieferen Sinn, oder die Kartenauswahl oder man kann sowieso die Karten nicht bezahlen. Alles muss vorausgeplant, durchdacht und in seinen Folgen durchdrungen werden, um als Strategie irgendeinen Sinn und am Ende Siegpunkte zu ergeben oder vorbereitend für noch mehr Siegpunkte zu sein.


    Wer diese Eurogame-Komplexität der Mechanismenverzahnung mag, bei der jede Entscheidung sitzen muss, eben weil die Auswirkungen einer Fehlentscheidung etliche ebenso unoptimierte Folgeaktionen verursachen, der findet hier ein wirklich gelungenes Spiel. Wenn nicht sogar ein herausragendes Highlight des aktuellen Spielejahrgangs. Mechanisch ausgereift, für mich blieb es allerdings (wie auch Santa Maria, nur um ein Beispiel zu nennen) auf der Mechanismenebene stecken und Spiele, bei denen ich nur Mechanismen optimiere, die sprechen mich aktuell in meinem übersättigten Spielegeschmack ("warum nur gute Spiele spielen, wenn es ausreichend herausragende Spiele gibt?") nicht mehr wirklich an.


    Eventuell werde ich es mehr mögen, wenn sich das alles thematisch für mich erschliesst. So aber hätte es thematisch gut und gerne auch aufm Mond spielen können und wir sammeln Mondstaub und Mondkälber und wandeln die in Siegpunkte um - oder was auch immer. Wird ganz klar seine Fans finden, weil die Nachfrage nach mechanisch verzahnten optimierlastigen Eurogames mit austauschbarem Thema scheint gefühlt riesig zu sein.

  • Ein neuer Spielplan mit einer zentralen Seerregion und einer grossen Landmasse rund um den persischen Golf oder so.

    Es war der östliche Mittelmeerraum mit Zypern. :teach:

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

  • Coimbra ist mindestens eine Stufe simpler als Mombasa oder Great Western Trail. Mir hat es nicht gefallen, obwohl ich solche Spiele sehr mag.

    Schöner Bericht.

  • Coimbra kombiniert Minimalismus bei den Ressourcen (eigentlich nur zwei: Geld und Truppen) mit extremer Verschachtelung und Bedeutungsschwere jeder einzelnen Entscheidung. Das kann man meiner Meinung nach wahlweise für komplexer oder weniger komplex als Mombasa bzw. GWT halten. Beides ist richtig, je nachdem, welche Schwerpunkt man bei der Beurteilung von "komplex" setzt. Wenn man da irgendwo ein "pro Materialumfang" oder "pro Spielzeit" oder "pro Seite Regel" drin hat, ist Coimbra schlagartig sehr weit oben. Lässt man diese relativen Elemente weg, ist die Komplexität nur noch durchschnittlich innerhalb der Gruppe der Optimier-Euros.


    (Disclaimer: Ich habe das Spiel noch nicht selbst gespielt. Das ist meine Einschätzung nach dem Zusammentragen diverser Informationsquellen.)

  • MetalPirate Ich habe den Prototypen gespielt und ich finde Deine Einschätzung sehr treffend. Mir hat es auch nicht so gefallen, für mich hängt von dem nehmen eines Würfels zu viel ab. Mir Grüblern eine Katastrophe...8|

    :jester:


    Mein Verhalten ist vielleicht manchmal taktisch unklug, dafür aber emotional notwendig

  • Coimbra : Ein weiterer Prototyp, der im Herbst zur Messezeit veröffentlicht werden soll.

    Wurde vor Ort gesagt, dass Coimbra erst im Herbst erscheint? Es war ursprünglich für Juni angekündigt.

    Der Eggert-Spieleerklärer meinte, dass es sicher in Essen 2018 zu kaufen sein wird. An "erscheint in Juni" kann ich mich persönlich nicht erinnern. Im Zweifel direkt nachfragen. Eine Spieleschachtel gab es noch nicht (zumindest habe ich keine gesehen) und das Regelwerk war als A4-Zettel ausgedruckt in einem Heftordner. Das Spiel selbst sah hingegen sehr final aus - von Material und Grafik.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Wurde vor Ort gesagt, dass Coimbra erst im Herbst erscheint? Es war ursprünglich für Juni angekündigt.

    Der Eggert-Spieleerklärer meinte, dass es sicher in Essen 2018 zu kaufen sein wird. An "erscheint in Juni" kann ich mich persönlich nicht erinnern. Im Zweifel direkt nachfragen. Eine Spieleschachtel gab es noch nicht (zumindest habe ich keine gesehen) und das Regelwerk war als A4-Zettel ausgedruckt in einem Heftordner. Das Spiel selbst sah hingegen sehr final aus - von Material und Grafik.

    Okay, Juni 2018 hatte ich aus dem Pegasus-Shop. Dort wird jetzt 08/2018 als Erscheinungstermin genannt.