Nach ein paar Partien Metropolys (bis jetzt leider nur online, aber Christian Hildenbrand hat ja bestätigt, dass es in diesen Tagen ausgeliefert werden soll) habe ich mal meine ersten Eindrücke zusammengefasst.
Bin auf eure Eindrücke gespannt, liebe Grüße
Klaus
Metropolys ist das siebte Spiel der französischen Edelschmiede Ystari, es ist das fünfte Spiel in der großen Schachtel und das zweite von Sebastien Pauchon. Und vor allem ist es ein herausragendes Spiel für ein breites Spielerspektrum.
Die Regeln für Metropolys sind denkbar einfach. Jeder Spieler besitzt 13 Gebäude mit den Ziffern von 1 bis 13 in unterschiedlicher Höhe. Die Gebäude 1 bis 5 sind die niedrigsten, die mit der Ziffer 6 bis 9 von mittlerer Höhe und die restlichen vier überragen alle anderen.
Wenn ein Spieler an der Reihe ist, hat er zwei Aktionsmöglichkeiten:
a) Er platziert ein Gebäude, d.h.: Er setzt ein Gebäude auf ein Stadtviertel der auf dem Spielplan abgebildeten Stadt bzw. setzt ein Gebäude mit einer beliebig höheren Ziffer angrenzend zu einem Gebäude, dass sein Mitspieler soeben auf dem Spielplan platziert hat. Ein Gebäude muss immer an das zuletzt positionierte anschließen, sodass eine Kette von Gebäuden entsteht.
b) Der Spieler passt und darf keine weiteren Gebäude in der gerade wachsenden Häuserkette mehr einsetzen.
Sobald alle Spieler gepasst haben oder niemand ein Gebäude mit höherer Ziffer platzieren kann, endet eine Runde. Es werden sämtliche Gebäude der aktuellen Häuserkette vom Spielplan entfernt, bis auf das höchste und somit zuletzt platzierte Gebäude. Dieses bleibt bis zum Spielende in dem Viertel stehen. Der Besitzer dieses Gebäude setzt nun ein neues Gebäude beliebiger Höhe auf dem Spielplan ein und eröffnet dadurch eine neue Häuserkette.
So weit so einfach. Den Kick bekommt dieses Spiel durch seine schlichte, aber fordernde Siegpunktvergabe. Einerseits werden zu Spielbeginn beliebig in manche Viertel runde Plättchen verteilt, die am Spielende Punkte bringen. Ein Plättchen „schickes Stadtviertel“ bringt 3, eine U-Bahn Plättchen 1 Siegpunkt ein, jedes Plättchen „archäologische Stätte“ bringt 1 Minuspunkt ein. Ein Plättchen nimmt ein Spieler immer dann auf, wenn er eines seiner Gebäude endgültig auf dem Spielplan platziert hat und in diesem Viertel ein Plättchen liegt.
Des Weiteren gibt es zwei Sonderkarten: a) Die Karte U-Bahn erhält jeweils der Spieler, der die meisten U-Bahn Plättchen vor sich liegen hat. Ihr Besitz bringt am Spielende 3 Siegpunkte ein. b) Die Karte archäologische Stätte bekommt immer der Spieler, der zuletzt ein Plättchen archäologische Stätte nehmen musste; sie bringt dem Besitzer bei Spielende 2 Minuspunkte ein. Darüber hinaus erhält jeder Spieler bei Spielbeginn eine so genannte Umgebungszielkarte, die er bis Spielende vor seinen Mitspielern geheim hält. Es gibt in der Familienversion 4 Umgebungszielkarten, die sich auf Objekte auf dem Spielplan beziehen. Auf diesem gibt es neben den Vierteln noch Brücken (Die Viertel sind in 5 Stadtteilen zusammengefasst, die durch Kanäle voneinander getrennt und durch Brücken wiederum miteinander verbunden sind.) Statuen, Seen und den Spielfeldrand. Bei Spielende bekommen die Spieler ihrer Zielumgebungskarte entsprechend für jedes Gebäude neben einem der Objekte 3 Siegpunkte. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.
Und wie das obige Wort Familienspielversion wahrscheinlich den ein oder anderen schon hoffen lässt, gibt es auch eine Expertenversion. Zum einen gibt es andere, schwieriger zu erfüllende Umgebungszielkarten (erst durch Gebäudekombinationen an einem Objekt erhält man Siegpunkte), zum anderen gibt es zwei weitere Möglichkeiten Siegpunkte zu erlangen:
• Jeder Spieler bekommt bei Spielbeginn neben einer Umgebungszielkarte zusätzlich eine Stadtviertelkarte, die auch bis zum Spielende geheim gehalten wird. Die Stadtviertel auf dem Spielplan sind in 5 unterschiedliche Gruppen (Einkaufszentrum, Park, Wohnhäuser, Verwaltungsgebäude und Gewerbegebiet, die durch Farbgebung und graphische Gestaltung leicht unterscheidbar sind) aufgeteilt und bunt gemischt über die ganze Stadt verteilt. Bei Spielende bekommt der Spieler jeweils 2 Siegpunkte für jedes eigene Gebäude, dass er in dem ihm durch die Karte zugeteilten Stadtviertel platziert hat.
• Jeweils der Spieler mit dem höchsten Gebäude in einem Stadtteil bekommt 5 Extrasiegpunkte.
Das ist schon alles, was zur Spielmechanik erzählt werden muss. Und das reicht vollkommen aus, um ein sehr reizvolles, spannendes, herausforderndes Spiel in Händen zu halten (bzw. wie ich bis jetzt online zu spielen unter http://www.jsp-mag.com/index.php). Was dieses Spiel so außerordentlich reizvoll macht, ist die sehr geringe Einstieghürde bei gleichzeitig wahrlich nicht anspruchslosen Anforderungen an die Spieler. Es gibt sehr viele Einflussmöglichkeiten, um erfolgreich zu spielen. Interaktion zwischen den Spielern ist ständig vorhanden, aber zugleich ist durch das geheim halten der Zielkarten auch immer eine Spannung aufbauende Unsicherheit vorhanden, wer das Spiel gewinnen wird. Dadurch, dass die bei Spielende Siegpunkte bringenden oder reduzierenden Plättchen jedes Mal anders verteilt werden, gibt es auch keine besonders starken Viertel, die Sieg entscheidend sein könnten. Viel mehr ist es von größter Bedeutung, wann man wo seine wie hohen (Ziffer bezogen) Gebäude platziert und wann man passt. Die Topographie der Stadt tut das ihre, um diese Entscheidungen zu erschweren. Denn nur durch Brücken kann man von einem Stadtviertel, das durch einen Kanal von einem anderem getrennt ist, in das andere „wandern“. Ist keine Brücke vorhanden, ist diese Wegrichtung gesperrt.
Dadurch gibt es per se Stadtviertel auf dem Spielplan, die als Sackgasse enden. Wichtig ist aber auch, Sackgassen durch Platzieren von Gebäuden neu entstehen zu lassen. Wenn man z.B. durch Platzieren eines Gebäudes, das kein anderer Spieler mehr überbieten kann, ein einzelnes Stadtviertel abgrenzt, kann man als nächstes auch dieses sehr billig, weil mit seinem niedrigsten Gebäude, besetzen. Im günstigsten Fall liegt dort noch ein schönes Plättchen oder es passt zu den eigenen Zielkarten oder man beschleunigt zumindest das Spielende. Wer zu früh alle seine hohen Gebäude am Spielplan platziert, wird im zweiten Spielabschnitt gnadenlos vorgeführt (glaubt mir das! ) .
Man sollte unbedingt nicht nur versuchen, selbst die positiven Plättchen einzusacken und die Zielkarten zu erfüllen, sondern auch den Gegner in ungünstige Stadtviertel (Nach diesem Spiel versteht man auch, warum Archäologen von Städtebauern gehasst werden!) abzudrängen, wobei er auch noch wertvollere, da höhere Gebäude setzen muss. Zwickmühlen aufzubauen, wo der Gegner nur noch zwischen übel und noch übler wählen kann, macht großen Spaß. Die gegnerischen Zielkarten zu erahnen und die Mitspieler an deren Erfüllung dieser zu hindern, wäre natürlich auch nicht gerade ungünstig. Dabei sollte man im Eifer des Gefechts nicht auf die Option zu passen vergessen, denn ansonsten muss man selbst ein hohes Gebäude in einem Viertel platzieren, wo man gar nicht wollte.
All das zusammen fordert einiges an vorausschauendem Planen, bereits beim Setzen des ersten Gebäudes einer Häuserkette. Ob für Familien oder Freaks, alle sollten daran ihren Spaß haben können. Höchste Weihen sind definitiv nicht ausgeschlossen…
PS: Meine Erfahrungen beruhen auf 2-Personen Partien. Ich kann mir vorstellen, dass in einer 3er oder 4er Runde die Spieler ungefähr ähnliches Level haben sollten, da sonst der schwächste dem nachfolgenden Spieler Vorlagen machen kann.