Hinten liegend ohne Chance = schlechtes Spieldesign oder schlecht gespielt?

  • Aus Kramer-Leiste vs. Punkte-Blatt

    Das ist schlechtes Spieldesign

    Oder einfach schlecht gespielt.

    Letzteres – und zwar ganz oft – und eher selten wirklich schlechtes Spieldesign. Wenn die anfänglichen Entscheidungen keine oder nur äußerst geringe Relevanz haben und man sich damit nicht ins Knie schießen kann, ist’s halt kein Splotter ;)


    #planBetter #playBetter



  • Ich finde es zunächst nicht schlimm hinten zu liegen.


    Im Gegenteil, Spiele, bei denen man von vornherein "dranbleiben" muss, wenn man eine Chance aufs Treppchen haben will, mag ich nicht sonderlich.


    Lieber spiele ich so, dass alle glauben, ich kann's nicht und bin keine Gefahr, und komme dann plötzlich von hinten.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Nochmal: es kommt drauf an


    -Chancenlos weil die richtigen Karten,Würfel etc nicht kommen


    -Chancenlos, weil einfach schlecht gespielt (Schach etc.)


    Und dann ist eben die Frage, wie lange geht der Bumms. Wenn ich 2h chancenlos bin und nur noch zugucken kann, weil das System trotz gutem Spiel keinen Ausgleich mehr zulässt, ist das für mich schlechtes Spieldesign.

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • Wenn ich 2h chancenlos bin und nur noch zugucken kann, weil das System trotz gutem Spiel keinen Ausgleich mehr zulässt, ist das für mich schlechtes Spieldesign.

    … und für mich Anreiz, den oder die Fehler des Anfangs zu suchen und zu analysieren und es beim nächsten Mal besser zu machen. Falls es keine gab und es tatsächlich am Zufall lag, kann das schlechtes Spieldesign sein, aber auch unzureichende Tests kämen als Erklärung in Frage. Das würde ich mir dann jedenfalls genauer angucken, bevor ich von „schlechtem Spieldesign“ spräche.

  • Wenn ich 2h chancenlos bin und nur noch zugucken kann, weil das System trotz gutem Spiel keinen Ausgleich mehr zulässt, ist das für mich schlechtes Spieldesign.

    .... oder Du spielst gut und bist trotzdem chancenlos, weil deine Mitspieler schon mehr Erfahrung haben mit dem Spiel oder bessere analytische Fähigkeiten. Bei so Spielen wie "Food Chain Magnate", "Brass" oder "Antiquity" passiert es halt, dass 1 Fehler zu Beginn ausreicht, um chancenlos 2 Stunden als Teilnehmer ohne Siegchancen dabei zu sein.

    Wenn 1 Fehler schon als schlechtes Spielen angesehen wird, brauche ich nicht weiter zu schreiben. ... Aber manchmal kommt es darauf an, in welcher Runde man ein Spiel spielt - Chancenlosigkeit über mehrere Stunden kann auch an der Qualität der Mitspieler liegen und nicht am schlechten Spieldesign.

  • Wenn ich 2h chancenlos bin und nur noch zugucken kann, weil das System trotz gutem Spiel keinen Ausgleich mehr zulässt, ist das für mich schlechtes Spieldesign.

    .... oder Du spielst gut und bist trotzdem chancenlos, weil deine Mitspieler schon mehr Erfahrung haben mit dem Spiel oder bessere analytische Fähigkeiten. Bei so Spielen wie "Food Chain Magnate", "Brass" oder "Antiquity" passiert es halt, dass 1 Fehler zu Beginn ausreicht, um chancenlos 2 Stunden als Teilnehmer ohne Siegchancen dabei zu sein.

    Wenn 1 Fehler schon als schlechtes Spielen angesehen wird, brauche ich nicht weiter zu schreiben. ... Aber manchmal kommt es darauf an, in welcher Runde man ein Spiel spielt - Chancenlosigkeit über mehrere Stunden kann auch an der Qualität der Mitspieler liegen und nicht am schlechten Spieldesign.

    Das mag so sein, aber:


    Ich habe keine Mitspieler, die niemals nie einen Fehler machen, mache selber welche.


    Wenn ein Spiel so eng gestrickt ist, dass man nicht einen einzigen Fehler machen darf, wenn man nicht chancenlos bleiben will, hört es für mich auf, ein Spiel zu sein. Dann ist es Arbeit, Mathematik, Hirnverzwirbler oder was auch immer, es fehlt ihm aber das für mich Wichtigste: Mir bereitet es keine Spielfreude, um nicht den oft deplatzierten Ausdruck "Spaß" zu verwenden.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


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  • Ernst Juergen Ridder : die Frage ist nur, ob ich dem Spiel dann ein schlechtes Design vorwerfen kann oder ich eher sagen sollte : " das ist einfach nichts für mich".

    Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, denke ich.


    Wirklich objektive Kriterien für "gutes/schlechtes Design", die also immer, überall und für jedermann gelten, egal, ob einzelne sie akzeptieren, oder nicht, gibt es aus meiner Sicht eher nicht.


    Ist ein Spiel aus meiner Sicht schlecht designt, ist es "nichts für mich". "Nichts für mich" sind aber auch Spiele, die viele andere gut finden und aus deren Sicht gut designt sind.


    Um Deine Frage für mich persönlich, ganz subjektiv, zu beantworten:


    Ein Spiel, das nicht einen einzigen Fehler verzeiht, ist schlecht designt.


    Wobei sich die weitere Frage stellt: Was ist eigentlich ein (Spiel-)Fehler? Woran misst man das?

    Wenn ich einen bestimmten Zug machen muss, nichts Anderes mich vor unaufholbarem Rückstand bewahrt, habe ich dann überhaupt noch ein Spiel vor mir?

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


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  • Wenn ich einen bestimmten Zug machen muss, nichts Anderes mich vor unaufholbarem Rückstand bewahrt, habe ich dann überhaupt noch ein Spiel vor mir?

    Bei einer 18xx-Partie einen Bahnhofs-Pöppel legen oder nicht legen, das könnte so ein "Spielzug" sein.

    Daraus herzuleiten, daß 18xx-Spiele deshalb überhaupt gar keine Spiele sein können, käme mir aber nicht in den Sinn ...


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Wenn ich einen bestimmten Zug machen muss, nichts Anderes mich vor unaufholbarem Rückstand bewahrt, habe ich dann überhaupt noch ein Spiel vor mir?

    Bei einer 18xx-Partie einen Bahnhofs-Pöppel legen oder nicht legen, das könnte so ein "Spielzug" sein.

    Daraus herzuleiten, daß 18xx-Spiele deshalb überhaupt gar keine Spiele sein können, käme mir aber nicht in den Sinn ...

    Mir auch nicht, allerdings:


    Zum einen ist das Spiel auf dem Plan ja nicht das ganze Spiel. Sehr wichtig ist doch auch das richtige Handling der Aktien. Vermasselt ein Direktor etwas beim Streckenbau, heißt das ja nicht, dass er dann auch nicht mehr gewinnen kann. Das richtige Fingerspitzengefühl, wann, wo rechtzeitig ein-und aussteigen halte ich für wichtiger als den Streckenbau selbst. Bloßes Aktienspiel kann zum Spielgewinn führen, ist nur irgendwie langweilig, wenn man nicht wenigstens in einer Gesellschaft Direktor ist und selbst auch auf dem Plan handeln kann.


    Zum anderen war 1829 mal mein Lieblingsspiel über lange Zeit. Seit Jahren spiele ich 18xx nicht mehr, weil mir der Teil "Spiel auf dem Spielplan" nicht mehr gefällt. Viel zu trocken, viel zu sehr darauf eingeengt, "optimale" Strecken zu bauen, die dann völlig steril "Einkommen" liefern.


    Eisenbahnspiele mag ich trotzdem noch, wenn sie nicht gerade so "themenfern" sind wie Russian Railroads. Ich möchte Strecken bauen, die dann zu etwas nütze sind, vor allem zum "realen" Befahren und Transportieren, z.B. Railways of the World-Reihe oder aktuell Whistle Stop. Da tut sich doch was und mir ist noch nicht begegnet, dass man bei diesen Spielen nicht auch mal einen Fehler machen dürfte, ohne gleich chancenlos zu sein.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst Juergen Ridder () aus folgendem Grund: Fehlerkorrektur

  • Wenn ein Spiel so eng gestrickt ist, dass man nicht einen einzigen Fehler machen darf, wenn man nicht chancenlos bleiben will, hört es für mich auf, ein Spiel zu sein. Dann ist es Arbeit, Mathematik, Hirnverzwirbler oder was auch immer, es fehlt ihm aber das für mich Wichtigste: Mir bereitet es keine Spielfreude, um nicht den oft deplatzierten Ausdruck "Spaß" zu verwenden.

    Spiele leben auch von den Fehlern der Mitspieler. Wenn diese keine Fehler machen, du aber einen, dann kann das je nach Spiel schon reichen, um keine Chance zu haben. Je niedriger der Zufallsanteil/-einfluss ist, desto wahrscheinlicher dürfte es sein. Wögen alle Fehler gleich schwer, wäre es i. ü. auch egal, auf welchem Niveau sich das abspielt. Wer einen Fehler mehr macht, verliert halt. In den meisten Runden läuft’s doch oft genug darauf hinaus. Wer den oder die entscheidenden Fehler (mehr) macht – oder besser: mehr oder gravierendere Fehlentscheidungen trifft, verliert halt. Das ist Spiel: Möglichst gute Entscheidungen in überschaubarer Zeit treffen, die im Idealfall zu besseren Ergebnissen führen als die Entscheidungen der Mitspieler.


    Aber glücklicherweise gibt’s ja für jede Gruppe und Konstellation das passende Spiel. Man muss es „nur“ finden :)

  • Ich finde ja ehrlich gesagt Spiele schlimmer, bei denen ich selbst bei fehlerfreiem Spiel keine Chance auf den Sieg haben kann. Zu viel Zufall ist halt auch nix ;)

  • Mir fällt dazu nur ein, dass die beiden in meiner regelmäßigen Runde, die am meisten nörgeln, sie seien chancenlos, meistens gewinnen.

    War das nicht schon damals in der Schule so?

    "Ich hatte überhaupt keine Zeit zum Lernen... Hoffentlich fragt er nicht nach xyz... mimimi."


    ---


    Ich mag Spiele mit einem gesunden Mix aus Zufall und Strategie.

    Der bessere Planer darf schon gewinnen, sollte es auch im Regelfall, aber es soll wenigstens die Möglichkeit geben, dass Kartenglück o.ä. seine Planung verhagelt.


    Völlig glücksbefreite Optimierorgien sind mir meist zu anstrengend.

    Und reine Glücksspiele sind natürlich auch irgendwie nix, außer sie sind wirklich kurz.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Aber stellen wir die Frage doch mal anders herum:

    Wenn ich auch bei vollkommener Fehlplanung zu Beginn eines Spiels immer noch gewinnen kann - ist es dann nicht belanglos, was ich mache?

    Möchte ich so ein Spiel überhaupt spielen?

    Wie Yze schon geschrieben hat - ich kann dann immer noch schauen, was ich falsch gemacht habe, am Ende.

    Oder noch weiter gedacht - ich lege eine perfekte Partie hin - und verliere dennoch gegen einen Spieler, der zu Beginn chaotisch vor sich hin gewurschtelt hat... Ist das nicht frustrierend?


    Und final der Gedanke - ehe ich ins Bett gehe - ist die Frage nicht von Grund auf falsch gestellt? Wenn ich einen "Fehler" zu Beginn einer Partie mache, aber am Ende gewinne - wie kann ich denn die Aktion zu Beginn als Fehler bezeichnen, wo ich doch gewonnen habe?? ?

  • Natürlich, hat ja niemand bestritten.


    Chancenlos (weil schlechtes Balancing) und chancenlos (weil schlecht gespielt) sind aber immer noch 2 verschiedene Paar Schuhe


    Wenn ich gegen den Schachweltmeister antrete und gnadenlos verliere, ist deswegen nicht Schach schuld.


    Wenn ich gegen dich ein Kartenspiel spiele und Skaven grundsätzlich gegen Orks keine Chance haben (lassen wir Würfel oder andere Zufallsfaktoren mal außen vor), obwohl ich alles spielerisch richtig mache, ist das Spiel schlecht designt weil falsch gebalanct.

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  • Wenn ich auch bei vollkommener Fehlplanung zu Beginn eines Spiels immer noch gewinnen kann - ist es dann nicht belanglos, was ich mache?

    Möchte ich so ein Spiel überhaupt spielen?


    Wie würdest du denn eine "Schlag den Raab" Wertung mit steigender Punkteausschüttung einordnen?

    Also: In Runde 1 gibt es 1 Siegpunkt, in Runde 2 gibt es 2 Siegpunkte, ... , in Runde 15 gibt es 15 Punkte.


    Es ist dann nicht völlig belanglos, was ich am Anfang mache, aber ich bin auch erstmal nicht "raus", wenn es zu Beginn nicht so recht klappen will.

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  • Wenn ich gegen dich ein Kartenspiel spiele und Skaven grundsätzlich gegen Orks keine Chance haben (lassen wir Würfel oder andere Zufallsfaktoren mal außen vor), obwohl ich alles spielerisch richtig mache, ist das Spiel schlecht designt weil falsch gebalanct.

    Wieviele solcher Spiele kennst Du denn?


    Wie würdest du denn eine "Schlag den Raab" Wertung mit steigender Punkteausschüttung einordnen?

    Also: In Runde 1 gibt es 1 Siegpunkt, in Runde 2 gibt es 2 Siegpunkte, ... , in Runde 15 gibt es 15 Punkte.


    Es ist dann nicht völlig belanglos, was ich am Anfang mache, aber ich bin auch erstmal nicht "raus", wenn es zu Beginn nicht so recht klappen will.

    Da lässt man am besten die ersten 14 Runden weg! Zieht das Ding ja nur unnötig in die Länge und die Spannung bis zum Schluss ist auch mit 1 Runde gegeben.



    Ich glaube was hier prinzipiell hereinspielt ist die grundsätzliche Ausrichtung eines Spielers. Ich für mich tue gerne etwas sinnvolles über die gesamte Zeitspanne des Spieles. Das heißt ich treffe früh im Spiel Entscheidungen und später im Spiel stellt sich heraus ob das sinnvoll war oder nicht. Wetten auf die Zukunft also und das Spannende ist ob die Wette dann am Ende aufgeht. Man könnte es auch Matchplan nennen oder strategische Herangehensweise. Wie spannend so etwas sein kann konnte die kleine Minderheit unter den Spielern die sich auch für Fussball interessiert gestern abend erleben. Chancengleichheit gab es da nicht. In der einen Mannschaft stehen Weltstars ohne Ende und der Gegner besitzt eine Handvoll Spieler internationaler Klasse. Trotz allem fasziniert das Spiel. Und das ohne dass die Tore in der zweiten Halbzeit doppelt zählen. Mir fällt kein Spiel ein, bei dem die Chancen so schlecht verteilt sind wie bei den Spielen der Fussball-WM.


    In meiner Sturm und Drang-Zeit habe ich in Spielen vor allem den Wettbewerb ums Gewinnen gesehen. Und dabei musste natürlich Chancengleichheit herrschen, sonst macht das doch keinen Spaß. Cosmic Encounter (CE) fand ich ein mieserables Spiel, nachdem ich meine erste Partie klar gewonnen hatte und weder ich noch die Gegenspieler wussten warum. Heute weiss ich, dass erfahrende Mitspieler von Anfang an gewusst hätten dass meine Rasse in der Konstellation Vorteile hat, wenn man sie diese entsprechend ausspielen lässt. So etwas wie z.B. eine Manndeckung gegen Toni Kroos kam keinem in den Sinn. Der erfahrene CE-Spieler wird hier immer einen entsprechenden Matchplan erstellen, der an die Eigenschaften der eigenen und der gegnerischen Rasse angepasst ist. Und dann hat er eine spannende Spielzeit vor sich in der er erfährt wie sein Plan aufgeht. Nach dem Spiel hat er viel über die Stärken und Schwächen seines Planes gelernt und egal wie es ausgegangen ist: beim nächsten mal kann er es besser machen.


    Cosmic Encounter wäre so ein Spiel gewesen dass ich zu der Zeit verkauft hätte (ich besaß es aber nicht). Heute besitze ich mehrere Ausgaben.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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    Einmal editiert, zuletzt von Herbert ()

  • Tolle Diskussion. :) Hier noch ein paar ähnlich steile Thesen:

    • Königsmacherei und Alle-auf-den-Führenden = "schlechtes Spieldesign"
    • Keine Interaktionsmechanismen, die es den anderen Spielern ermöglichen, den Führenden zu stoppen = "schlechtes Spieldesign"
    • Zufallselemente = "schlechtes Spieldesign"
    • keine Zufallselemente = "schlechtes Spieldesign"
    • Der beste Planer gewinnt immer = "schlechtes Spieldesign"
    • Der beste Planer gewinnt nicht immer = "schlechtes Spieldesign"
    • ...

    Manche der Anwesenden lehnen ja mit einer erstaunlichen Vehemenz die Existenz von Brettspiel-Genres ab (im Sinne von "Mir doch egal, wie ihr das nennt. Hauptsache, es macht Spaß!"). Dabei sehen wir genau hier ein Beispiel für eine Diskussion, die sich praktisch sofort erledigt hat, wenn man akzeptiert, dass Spielen unterschiedliche Spielreize zugrunde liegen. Konkret: Es gibt Spiele, deren Reiz primär

    • in der Herausforderung als Denksportaufgabe besteht -- in denen es also wünschenswert und konsequent ist, dass der Hintenliegende immer selbstverschuldet hinten liegt und auch dort bleiben soll, fehlerfreies Spiel der Mitspieler vorausgesetzt.
    • im Drama und der Spannung besteht -- in denen es also wünschenswert und konsequent ist, dass der Hintenliegende unter Umständen auch unverschuldet hinten liegt, sei es durch Pech, oder vor allem auch durch Versagen auf der Meta-Ebene.

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

  • Wieviele solcher Spiele kennst Du denn?

    Kenn ich eher als Problem aus dem TT-Bereich gegen Ende einer Edition, aber darum ging es ja nicht. Ich wollte es nur verdeutlichen.


    im Drama und der Spannung besteht -- in denen es also wünschenswert und konsequent ist, dass der Hintenliegende unter Umständen auch unverschuldet hinten liegt, sei es durch Pech, oder vor allem auch durch Versagen auf der Meta-Ebene.

    Unverschuldet hinten liegen ist auch kein Problem. Unverschuldet und CHANCENLOS FÜR DEN REST DES SPIELS HINTEN LIEGEN schon

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    Einmal editiert, zuletzt von Bandida ()

  • Da lässt man am besten die ersten 14 Runden weg! Zieht das Ding ja nur unnötig in die Länge und die Spannung bis zum Schluss ist auch mit 1 Runde gegeben.

    Ich bin mir gerade nicht sicher, ob das lustig oder ignorant sein soll.


    Es gibt zig Spiele, in denen es anfangs weniger Punkte gibt als gegen Ende.

    Manchmal schlicht wegen des engine buildings (zB #Funkenschlag).

    Manchmal, weil man gegen Ende einfach mehr Zeug hat (zB #IsleofSkye).

    Manchmal sind die Aufträge vorsortiert, und auf den hinteren stehen mehr Punkte.


    Und ich glaube, dass sowas der Spannungskurve durchaus zuträglich ist.

    Ich glaube sogar, dass es besser ist als eine gleichmäßige Verteilung.

  • Ich bin mir gerade nicht sicher, ob das lustig oder ignorant sein soll.

    Weder noch. Eine ehrliche Antwort auf das Schlag-den-Raab Beispiel. Wobei das Prinzip ja eher einen Campagnen-Modus für verschiedene Einzelspiele darstellt.


    Manchmal schlicht wegen des engine buildings (zB #Funkenschlag).

    Da bekommst Du aber nicht nur für den letzten Zug die vielen Punkte sondern für die Summe aus allen bisherigen Zügen. Engine-Building halt. Wenn Du also in den ersten Runden schlecht gespielt hast gibt es da auch hintenraus nicht mehr viel zu holen. Damit fällt Funkenschlag trotz der vielen Punkte gegen Ende trotzdem in die Kategorie "verzeit keine frühen Fehler", wäre also gemäß dem Thread-Thema "schlechtes Spieldesign". Und bezogen auf Funkenschlag wäre das

    :humbug:. Aber zum Glück behauptet das ja niemand.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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    2 Mal editiert, zuletzt von Herbert ()

  • Spannender schon. Fühlt sich nur unfair an

    Was will man eigentlich erreichen, wenn man sich gemeinsam an den Spieltisch setzt?

    Wie wichtig ist das Gewinnen gegenüber dem gemeinsamen Erlebnis?

    Ist die gemeinsame Zeit trotz oder wegen des Wettstreits schön?

    Wo kommt Spannung her? Was macht Spannung kaputt?

    Wie gehen wir damit um, dass manche Menschen einfach besser spielen?

    Was fühlt sich "fair" an?


    Es gibt durchaus Antworten auf diese Fragen, aber das sind halt nicht für jeden dieselben.

    Vermutlich hängt das bei Einzelnen gar von der Tagesform oder Zusammensetzung der Gruppe ab.


    So gut wie jede "Aufholmechanik" ist - rein mathematisch betrachtet - unfair. Sie verkürzt den Vorsprung, den sich der bessere Spieler "verdient" hat.

    Dafür wirken Spiele ohne so etwas - emotional betrachtet - unfair. Wie kann ich von einem Mitspieler erwarten, dass er brav auf seinem Stuhl hocken bleibt und mir über eine für ihn endlose Zeit dabei zusieht, wie ich ihn immer weiter abhänge, abledere, zusammenstauche, vernichte? Ist das nicht völlig rücksichtslos?

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  • So gut wie jede "Aufholmechanik" ist - rein mathematisch betrachtet - unfair. Sie verkürzt den Vorsprung, den sich der bessere Spieler "verdient" hat.

    Und genau deshalb mag ich persönlich diese Aufholmechaniken (bzw. diese Art von Spiel) auch nicht, auch wenn ich weiß, dass sie für diese Art von Spielen aus dem folgenden Grund wahrscheinlich sinnvoll sind:


    Wie kann ich von einem Mitspieler erwarten, dass er brav auf seinem Stuhl hocken bleibt und mir über eine für ihn endlose Zeit dabei zusieht, wie ich ihn immer weiter abhänge, abledere, zusammenstauche, vernichte?


    Geschmacksfrage, über die man streiten kann (aber nicht muss). Ich bin eher der Typ "Gegnervernichtung in angemessenem Spielzeitraum" wo man sich notfalls auf einen Spielabbruch einigen kann, wenn man merkt, dass es einen Sinn mehr macht (Schach etc.) und wo es dann halt sein kann, dass der eine besser ist als der andere. Ich mag dagegen keine Spiele, wo man Punkte für alles kriegt (Spieler A macht einen super schlauen Zug und kriegt 5 Punkte, der Gegner kriegt 3 Punkte als Trostpflaster für lau). Boni halt nur für Leistung.


    Ich bin aber auch Solospieler oder allenfalls 2er Spieler und Kartenspieler. Sprich Ich spiele gegen mich selbst/das System und kann jederzeit abbrechen, brauch nur einen! Gegner besiegen oder spiele schnelle Kartenspiele, wo ich nicht ewig rumsitzen muss, wenn ich keine Chance mehr habe.


    Ich sehe ja durchaus ein, dass solche Aufholmechaniken bei 4-Personen-Spielen Sinn machen.

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  • Wie würdest du denn eine "Schlag den Raab" Wertung mit steigender Punkteausschüttung einordnen?

    Also: In Runde 1 gibt es 1 Siegpunkt, in Runde 2 gibt es 2 Siegpunkte, ... , in Runde 15 gibt es 15 Punkte.

    Wie immer: Ein Spiel muss zu den Spielern und sonstigen Randbedingungen (hier: Ansprüche des Fernsehens) passen.


    Wenn es am Ende mehr Siegpunkte zu holen gibt, ist das im Grunde schon sinnvoll, um die Spannung hoch zu halten, aber eine Wertigkeit der Runden nach dem Raab-System priorisiert natürlich schon sehr extrem das Ende, wenn alle Runden unabhängig voneinander sind.1 Dann sind die ersten 5 Runden/Spiele zusammen so viel wert wie die letzte. Für Brettspiele undenkbar, das würden die Spieler zurecht als Zeitverschwendung verstehen. Fernsehspiele priorisieren anders als Brettspiele. Da geht das Hochhalten der Spannung über alles. Ein Runaway Leader Problem (um mal in der Brettspielsprache zu bleiben) hieße da nämlich, dass die Zuschauer ausschalten und sich keine Werbung mehr verkaufen lässt. :)


    (Persönliche Spielerfahrung zum Thema "Anfang war irrelevant". Habe ich beim NASCAR-Rennspiel #ThunderAlley (GMT) erlebt. Das war ein denkwürdiger Spieleabend, an den ich mich immer erinnern werde. Nach 2 von 3,5 Stunden Spielzeit war meine Führung weg, Motorschaden durch dummen Zufall, blaue Flagge, alles Startaufstellung und wieder von vorne, zwei Stunden Spielzeit komplett für'n Ar***. Ja, sehr realistisch, toll, thematisch super umgesetzt, blabla, aber sowas brauche ich nicht nochmal!) :mad:


    1: Mit Abhängigkeit zwischen den Runden, Stichwort Engine Building, wären noch viel krassere Unterschiede bei Punkte pro Runde für Brettspiele völlig okay. Siehe z.B. Russian Railroads. Da sind 10 Punkte in Runde 1 und 200 Punkte in Runde 4 nicht ungewöhnlich.

  • Wenn es am Ende mehr Siegpunkte zu holen gibt, ist das im Grunde schon sinnvoll, um die Spannung hoch zu halten, aber eine Wertigkeit der Runden nach dem Raab-System priorisiert natürlich schon sehr extrem das Ende, wenn alle Runden unabhängig voneinander sind. Dann sind die ersten 5 Runden/Spiele zusammen so viel wert wie die letzte.

    Ich meinte nicht zu 100% und ausschließlich die Wertung dieser Fernsehshow, das war eher als Beispiel gemeint für "es gibt in den ersten Runden deutlich weniger Punkte als am Ende". Dass man das nicht 1:1 auf ein Brettspiel draufpacken kann, ist mir auch klar.

    Hätte ich vielleicht deutlicher dazuschreiben sollen.


    Ein Beispiel für sowas, das ich halbwegs gelungen finde, ist #AlteDunkleDinge:

    Die ersten "Minusplättchen", wenn man einen Zug völlig verkackt hat, bringen überhaupt keine Minuspunkte, am Ende bringen sie 3, iirc.

    Auch die Aufgaben sind vorsortiert, sie werden gegen Ende hin punkteträchtiger.


    Dadurch sind die ersten paar Züge deutlich weniger wert als die letzten, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass das ein Problem ist, im Gegenteil.

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  • Wie würdest du denn eine "Schlag den Raab" Wertung mit steigender Punkteausschüttung einordnen?

    Ähnliche Wertungssysteme gibt es ja auch in Spielen. Paradebeispiel Russian RailRoads. Da sind nur die Faktoren teilweise noch größer. Nicht umsonst hat sich daran so manche Kritik entzündet. Für’s TV war das +1-Wertungssystem aber scheinbar genau richtig. Es war sicherlich ein nicht zu vernachlässigender Faktor für die jahrelang guten Quoten der Sendung.

    Für ein Brettspiel: Steigung reduzieren oder Plateaus einbauen, dann passt das schon. Zufälligerweise finden sich in vielen Spielen solche Wertungssysteme.

  • #ThunderAlley

    Zitat von @MetalPirate

    Nach 2 von 3,5 Stunden Spielzeit war meine Führung weg, Motorschaden durch dummen Zufall, blaue Flagge, alles Startaufstellung und wieder von vorne, zwei Stunden Spielzeit komplett für'n Ar***.Nach 2 von 3,5 Stunden Spielzeit war meine Führung weg, Motorschaden durch dummen Zufall, blaue Flagge, alles Startaufstellung und wieder von vorne, zwei Stunden Spielzeit komplett für'n Ar***.

    Mal davon abgesehen, dass es doch m.W. gar keine blaue Karte gibt - der Restart ist doch immer in momentaner Reihenfolge, nur ohne Abstand? "Startaufstellung" suggeriert hier, das die Fahrzeuge wieder wie beim Start sortiert werden, das ist natürlich nicht so.

    UpLive [bgg for trade] - einfach anschreiben, wenn Dich davon was interessiert!

  • Paradebeispiel Russian RailRoads.

    Hatte ich zwei Beiträge über deinem auch schon genannt. :)


    Der wesentliche Unterschied ist halt das Engine Building Element. In Brettspielen ist es oft richtig, am Anfang die Siegpunkte nicht zu nehmen, obwohl man es theoretisch könnte. Stattdessen soll man Engine Building betreiben, damit man am Ende umso mehr punkten kann. Dieses Element kennen Fernsehshows so meines Wissens überhaupt nicht.


    Zufälligerweise finden sich in vielen Spielen solche Wertungssysteme.

    Bei dem Anspruch, gute Unterhaltung zu bieten und spannende Geschichten zu erzählen, sind Fernsehen und Spiele gar nicht so komplett verschieden, wie man auf den ersten Blick denken könnte. (Je nach Spielgenre natürlich in unterschiedlichem Maße, schon klar.)

  • Ich finde, bei diesem Thema muss man unterscheiden zwischen Duellen (1vs1) und Mehrspielerpartien.

    Bei 1vs1 ist ein Abbruch, also eine Aufgabe, unproblematisch. Bei Spielen mit mehreren Spielern mag der abgeschlagene Letzte gerne aufgeben wollen, jedoch tragen die vorderen drei Spieler immer noch ein spannendes und knappes Match aus. Zudem blockieren oder hindern die Entscheidungen und Aktionen des Letzten ja auch das Vorankommen der ersten Spieler... Klassisches Dilemma.

    Ich hatte solche Partien auch schon - und zwar bei Yedo zum Beispiel. Wenn da nix mehr geht, dann ist das sehr frustrierend. Aber die anderen Spieler spielen eben dennoch ein spannendes Match...

    Da heißt es: Zähne zusammen beissen und das Beste draus machen...