Bluffen in Loveletter / Lovecraft Letter?

  • Wir haben gestern noch die erste Runde Lovecraft Letter gespielt. Niemand von uns kennt Loveletter, aber soweit ich weiß, ist es bis auf die Wahnsinns-Mechanik ja dasselbe Spiel in anderem Kleid.


    Die Frage ist nun: Kann man bei dem Spiel bluffen? Zwei Beispiele:

    1. Ich habe eine Karte mit Wert 6 auf der Hand und ziehe den Silbernen Schlüssel, der besagt: "Wenn Du eine Karte mit Wert 5 oder höher auf der Hand hast, musst du den silbernen Schlüssel spielen". Gut, dort steht "musst", also gehe ich davon aus, dass ich das auch tun muss. Kann ich den Schlüssen aber auch mit einer 3 spielen und so bluffen ich hätte eine höhere Karte?
    2. Ein Spieler versucht meinen Kartenwert zu erraten. Ich nehme an ich muss wahrheitsgemäß antworten? Sonst macht das ganze Spiel ja irgendwie keinen Sinn.

    Wie man hier sieht, kann man nicht einfach sagen bluffen sei erlaubt. Das sind schon 2 unterschiedliche Fälle.

  • Bluffen geht schon.

    Zum Beispiel spiele ich gerne eine 1 und frage nach der 8 - wenn ich selbst die 8 auf der Hand habe. Oder spiele eine 7, obwohl ich eine kleine Karte habe.
    Insgesamt ist das Spiel/eine Partie immer so kurz, dass so kleine Kniffe durchaus helfen, eine Runde länger durchzuhalten...

    Mir geht gerade etwas auf - wenn alle Spieler von einer 4 geschützt sind, dann muss man, spielt man eine 3, ja mit sich selbst vergleichen - was zwangsläufig ein Patt ist und dazu führt, das Nichts passiert. Nun gibt es die unglückliche Kombination 3-3 - man hat also 2 Dreien auf der Hand. Bislang hat einen das fast immer rausgekegelt... Darf man eigentlich auch mit sich SELBST vergleichen dann? Um eben nicht raus zu fliegen?? :/

  • D.h. man darf immer bluffen, egal um was es geht? Dann macht die 1er-Karte "Zahl erraten, dann fliegt der Spieler raus" doch gar keinen Sinn - oder dient die nur dazu die Reaktion des Mitspielers einzuschätzen?


    Irgendwie macht das für mich bei einem so kurzen Spiel keinen Sinn. Da kann man ja immer bluffen.

  • Wenn du bei einem Mitspieler eine Zahl erfragst muss er natürlich wahrheitsgemäß antworten.

    Wenn du den Mitspieler fragst ob er den König hat und er hat ihn, dann muß er abwerfen und ist raus für die Runde.

    Wenn er ihn nicht hat, dann sagt er einfach nein und das war´s....nächster Spieler.....:)

  • Ich rate manchen hier zum Blick ins Regelwerk.

    Ich habe gerade nochmal das Regelheft von Lovecraft-Letter durchgelesen (sind ja nur ein paar Seiten). Dort steht an keiner Stelle, man dürfe bluffen oder die Unwahrheit sagen, außer auf der Karte des silbernen Schlüssels. Hier steht "Natürlich darfst du auch bluffen und die Karte spielen, um nur vorzugeben du hättest eine höherwertige Karte auf der Hand."


    Das ist aber (auch mit Suchfunktion) die einzige Stelle.

  • Hier scheint mir eine Begriffsklärung notwendig zu sein. Bluffen ist nicht lügen! Bluffen heißt, dass ich komplett regelkonform versuche, den anderen einen falschen Eindruck davon zu vermitteln, welche geheimen Informationen (üblicherweise: welche Handkarten) ich besitze.


    Bluffen funktioniert normalerweise mit bewusst unlogischem und "eigentlich" suboptimalem Spiel. Das "eigentlich" deshalb, weil die Verwirrung der Mitspieler bzw. deren Verleitung zu falschen Spiel mir mehr bringt, als mein suboptimales Spiel mir schadet. Genau dafür liebe ich Spiele mit Bluff-Mechanik! Mein Verhalten vermittelt den Eindruck, dass ich Karte A habe (denn dann wäre es logisch, so zu spielen), in Wirklichkeit habe ich aber Karte B. Weil die Mitspieler denken, ich hätte A, spielen sie dann so, dass ich mit B in der Hand einen Vorteil gegen sie erreiche. Sowas bietet Love Letter in rauhen Mengen!

  • Gut sagen wir so: Ich darf nicht Regeln widersprechen. Ich muss also, wenn mich jemand "errät" auch rausfliegen und darf nicht lügen ich hätte eine andere Karte. Ich darf aber - innerhalb der Regeln - Karten irgendwie ausspielen als hätte ich eine andere 2. Karte auf der Hand.

  • Ich darf aber - innerhalb der Regeln - Karten irgendwie ausspielen als hätte ich eine andere 2. Karte auf der Hand.

    Ja. Ganz allgemein versuchst du beim Bluffen innerhalb der Spielregeln die Mitspieler zu einer falschen Einschätzung deiner "hidden information" (idR Kartenhand) zu verleiten, indem du ganz bewusst eine suboptimale Aktion spielst, die unter anderen Bedingungen optimal wäre als den tatsächlich vorhandenen. Die Mitspieler sollen denken, du würdest unter diesen anderen Bedingungen agieren. Der Gewinn durch die Täuschung kann größer sein als der Verlust durch die verschenkte eigene Aktion. Dann lohnt es sich. Klassisches Bluff-Beispiel ist doch Pokern: mit einem Schrottblatt alle hochbieten wie blöde, dabei enorm selbstsicher wirken, alles in der Hoffnung, dass die Mitspieler aussteigen und du ohne Kartenvergleich zu Runde gewinnst.


    Tom hat oben ein sehr schönes Beispiel für Bluffen in Love Letter genannt. Man hat eine 1 und eine 8 auf der Hand. Es gibt nur eine 8; wenn man die am Ende immer noch auf der Hand hat, gewinnt man die Runde. Beim Spielen der 1 darf man raten, welche Karte ein Mitspieler hat, und beim richtigen Raten schießt man den Mitspieler raus. Wenn gegen Spielende die 8 noch im Spiel ist, dann lebt man damit auch in ständiger Gefahr, selbst rausgeschossen zu werden. Dann kann man bluffen: Man spielt mit 1 und 8 auf der Hand die 1 und rät, dass der linke Mitspieler die 8 hätte, wohlwissend, dass er die 8 gar nicht haben kann.


    Das ist oberflächlich betrachtet dumm gespielt (null Trefferchance!), aber wenn die Mitspieler dadurch denken, dass man selbst keine 8 hat, weil man sonst wohl kaum danach gefragt hätte, dann kann sich das lohnen. Wenn dieser Trick dazu führt, dass ein nachfolgende Spieler beim Spielen einer 1 mit der Vermutung "du hast die 8!" lieber auf einen Dritten schießt und nicht auf einen selbst, dann war das auf einer tieferen Ebene trotzdem clever. Auf eine geringe Chance, einen Mitspieler rauszuschießen, bewusst verzichtet, um die Wahrscheinlichkeit signifikant zu erhöhen, die nächsten Angriffe zu überleben.


    Das ist Bluffen, und weil bei Love Letter erstens die "hidden information" nur aus einer einzigen Karte besteht und zweitens der theoretisch optimale Zug bei gegebenem Kartenpaar auf der Hand nur von sehr wenigen Variablen abhängt, würde ich sogar sagen, dass Love Letter das Bluff-Lern-Spiel schlechthin ist. Konzentrierter ist "bluffen" in keinem anderen mir bekannten Spiel umgesetzt. Mit "lügen" hat "bluffen" überhaupt nichts zu tun.

  • (aus dem Startbeitrag:)

    [...] Wie man hier sieht, kann man nicht einfach sagen bluffen sei erlaubt. [...]

    Nachtrag: Mir ist inzwischen auch klar geworden, woher vermutich dieses Missverständnis und die Gleichsetzung von Bluff und Lüge kommt. Bluffen kann durchaus auch bedeuten, dass man, durchaus auch mit gewisser Dreistigkeit, außerhalb des von den Spielregeln definierten Rahmens (!) etwas behauptet, was gar nicht stimmt, um damit Mitspieler zu irgendwas zu bewegen. So wie etwa beim klassischen Poker-Beispiel, wo man auch mit dem schlechtesten Blatt gewinnen kann, wenn man es nur irgendwie schafft, alle anderen zum Aufgeben zu bewegen.

    Spieltheoretisch gesprochen: Der Bluff beim Poker definiert sich nicht dadurch, dass ich eventuell zusätzlich noch behaupte, vier Asse zu haben, sondern allein durch die Spielaktion, dass ich einen Haufen Spielgeld in die Mitte zu schiebe und die Mitspieler siegessicher zu einem ebensolchen hohen Einsatz aufzufordere. Diese Bietaktion definiert den Bluff, dann sie wäre logisch unter der Maßgabe, dass ich tatsächlich vier Asse hätte -- was ich aber eventuell gar nicht habe.


    Alle Spiele mit "hidden information" ermöglichen Bluff-Elemente. Im Falle von Poker: Habe ich wirklich ein tolles Blatt -- oder will ich nur, dass die anderen denken, ich hätte eines? Im Falle von Love Letter: Spiele ich eine bestimmte Karte, weil es die andere Karte so erfordert -- oder will ich nur, dass die Mitspieler meine andere Karte falsch einschätzen?



    PS: Wer Spiele mit Bluff-Elementen mag, sollte sich mal Estoril - Stadt der Spione anschauen. Aber bitte mit etwas Ausdauer beim Kennenlernen, denn Bluff-Elemente können notwendigerweise erst dann wirklich funktionieren, wenn alle Spieler wissen, welche verdeckte Information "normalerweise" welche Spielaktionen bewirkt. Das Kennenlernspiel kann eigentlich gar nicht mehr werden als ein planloses Rumprobieren. Spaß macht's erst, wenn man nachdenkt, ob die Aktionen eines Mitspielers eine gezielte Finte sein könnte.

  • Auch Hattari scheint anfänglich nicht zu funktionieren - bis das Bluffen beginnt!

    Dann wird es genial.


    Anders The Resistance - da wird Bluffen mit Lügen bzw. Behaupten gleich gesetzt... Was aber auch reizvoll ist. Nur kennt dieses Spiel eben einen Mechanismus zum Ertappen bzw zum Bestrafen einer falschen Behauptung.

  • Aber wo ist man bei deinem Pokerspiel-Beispiel denn außerhalb der Regeln?

    Nirgends. Eventuell hast du mich falsch verstanden. Ich schrieb, dass "table talk" mit gewissen Lügen und Übertreibungen (wie etwa: "Hui, da ist ja mein viertes As!") außerhalb des von den Poker-Regeln gesetzen Rahmens stattfindet. Sprich: die Poker-Regeln sagen dazu nichts, und was nicht explizit verboten ist oder allgemeineren Grundsätzen widerspricht, muss per Definition ja erlaubt sein.


    Wie weit "allgemeinere Grundsätze" das Verhalten einschränken, definiert dann jede Spielegruppe für sich. Dass nicht alles erlaubt ist, ist klar. Sowas wie "es ist übrigens verboten, die Karten durch gezinkte Karten zu ersetzen" steht ja auch in keiner Spielregel explizit drin, und trotzdem würde ich die Einhaltung dieser ungeschriebenen Regel erwarten. :)

  • [Tom] : Interessanter Punkt. Ist sowas wie Mäxchen noch "bluffen" oder sollte man Mechanismen der Sorte "Lügen erlaubt, aber mit Überprüfungsmöglichkeit für den nachfolgenden Spieler (und Strafe dann entweder für den einen oder den anderen)" nicht lieber anders bezeichnen?

  • Beim Baron steht "vergleiche deine Handkarte mit der eines Mitspielers"


    Also kannst du nicht mit dir selbst vergleichen....

    Und man beachte dabei, dass beim Prinz (5) von "Spieler" die Rede ist. Den darf ich tatsächlich auf mich selber spielen.... oder muss, wenn alle Mitspieler durch die Zofe (4) geschützt sind und man dann noch die Prinzessin (8) auf der Hand hat:evil:

  • Beim Baron steht "vergleiche deine Handkarte mit der eines Mitspielers"


    Also kannst du nicht mit dir selbst vergleichen....

    Und man beachte dabei, dass beim Prinz (5) von "Spieler" die Rede ist. Den darf ich tatsächlich auf mich selber spielen.... oder muss, wenn alle Mitspieler durch die Zofe (4) geschützt sind und man dann noch die Prinzessin (8) auf der Hand hat:evil:

    Genau 8-))

  • Kleine Anmerkung noch - die Regeln von AEG haben da einen klaren Passus zu:


    "HONESTY

    A player could cheat when chosen with the Guard, or fail to discard the Countess when that player has the King or Prince in hand. We suggest that you don't play with knaves who cheat at fun, light games."

  • Hallo, ich mache den Thread nochmal auf wegen einer Regelfrage. Wer hat bei Lovecraft Letters gewonnen, wenn am Ende die beiden letzten Spieler jeweils die 8 auf der Hand haben? Unentschieden, die normale 8 hat gewonnen oder die wahnsinnige 8?

  • Wer hat bei Lovecraft Letters gewonnen, wenn am Ende die beiden letzten Spieler jeweils die 8 auf der Hand haben? Unentschieden, die normale 8 hat gewonnen oder die wahnsinnige 8?

    Das steht recht eindeutig in der Anleitung: Niemand hat gewonnen.

    Zitat: "Wenn der Nachziehstapel am Ende des Zuges eines Spielers aufgebraucht ist. In diesem Fall wird wie folgt ausgewertet: Die Spieler, die noch nicht ausgeschieden sind, decken die Handkarten auf. Besitzen mehrere Spieler denselben Kartenwert, scheiden sie aus der Runde aus. Der Spieler mit dem höchsten Kartenwert gewinnt die Runde. Scheiden alle Spieler aus, gewinnt ausnahmsweise niemand die Runde."

    Bitte für Regelfragen ruhig einen eigenen Thread eröffnen!

  • yzemaze

    Hat das Label erledigt hinzugefügt.