Ameritrashed Puerto Rico im All?
Ich habe mich nun durch die Regeln von Galactic Emperor geschlagen und werde trotz einer entsprechenden Kolumne bei BGG den Eindruck nicht los, ein abgewandeltes Puerto Rico vor mir zu haben.
Wobei das ja auch nicht unbedingt etwas schlechtes ist, Puerto Rico ist ja nicht umsonst bei BGG seit langem auf Platz 1 der Spielecharts.
Also, warum erinnert mich Galactic Emperor so sehr an Puerto Rico?
Da wäre zum einen der Rollenauswahl-Mechanismus, der gerade in Verbindung mit Space-Thematik in Mode gekommen scheint (Race for the Galaxy war allerdings einen Tick schneller).
Also, mal ein Blick unter die Haube von Galactic Emperor - die Rollen:
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Explorer: Galactic Emperor möchte ein 4X Spiel sein, also muss man irgendwie auch den Weltraum erkunden. Die Explorer Rolle ist hier mittel der Wahl: Es werden Spieleranzahl+1 Plättchen des Weltraums offen ausgelegt (plus weitere, die als Obolus dazu kommen können) und dann platziert. Gute Plättchen werden wohl eher in eigener Nähe - fernab der Konkurrenz gelegt, während schlechte Plättchen das gegenteilige Schicksal erwartet.
Erinnert mich ein wenig an den Siedler in Puerto Rico, okay, hier werden die Plättchen erstmal nur hingelegt und müssen noch erobert werden, aber was sollte in der Nähe meiner Flotte davon hindern?
Interessant finde ich, dass die Rolle später aus dem Spiel kommt, wenn der Spielplan komplett erkundet wurde. Dann kommt ein Warlord (dazu gleich mehr) mehr ins Spiel - ein Zugeständnis an den Konfliktfaktor? -
Merchant: Der Händler handelt und produziert zugleich die Nahrung, die man für kostbarere Ressourcen benötigt.
Ausserdem kann man hier Geld machen, wichtig für die Flotte und als Mittel um die anderen Ressourcen direkt zu erwerben.
Was wieviel wert ist, wird durch Würfelwurf und den Händler bestimmt. Dieser würfelt und kann die verschiedenen Würfel zuordnen.
Erinnert mich ein wenig an die flexiblen Preise in San Juan, obwohl diese hier wesentlich breiter schwanken dürften. -
Steward: Der Steward bringt den Warenkreislauf eine Stufe weiter, indem hier Nahrung in wertvollere Ressourcen gewandelt wird.
Als Privileg bekommt er hier ein paar Gratis dazu, erinnert ein wenig an den Aufseher. -
Engineer: Nun kommen wir zum Konfliktteil des Spiel. Ab nun ziehen wir in den Krieg und dafür braucht man Spielzeug. Dieses zu beschaffen ist die Aufgabe des Engineers und damit die letzte Stufe der Ressourcen.
3 Schiffstypen stehen zur Verfügung: Fighter, Cruiser und Dreadnoughts mit steigender Kampfkraft. Fighter kann man als Prämie für die Wahl der Rolle kostenlos einstreichen.
Bewegt werden sie hingegen in der Rolle des... -
Warlords: Dieser bewegt die Flotte und initiert Kämpfe. Kämpfe werden wie in Axis&Allies ausgetragen, nur andersrum. In A&A ist die 1 dein Freund, hier wird mehr der D&D Ansatz geflegt (kritischer Fehlschlag - Einsen sind böse!). Man würfelt mit verschieden vielen Würfeln, abhängig vom Schiffstyp und natürlich der Größe der Flotte. Verluste werden parallel entfernt, für A&A Spieler nichts neues.
Verschiedene Schiffe würfeln mit verschieden vielen Würfeln, die Dreadnaughts halten sogar 2 Treffer aus und heilen bei nur einem nach dem Kampf gratis (Schlachtschiffe in A&A).
Das Privileg ist ein extra Würfel für ein Schiff für jeden Kampf, also quasi fast einen Fighter gratis. Hier kann man jetzt also gegnerischen Flotten eindampfen und Planeten erobern (militärisch). -
Regent: Der Regent hingegen verteilt politische Macht und ausserdem den Startspieler für die nächste Runde. Ausserdem kann man hier stationäre Stationen aufrüsten (Empire -> Starbase) sowie Planeten diplomatisch in das eigene Reich eingliedern. Am Ende gibt's dann Punkte für die kontrollierten Planeten. Also holt man sich hier seine Siegpunkte.
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Scientist: Wie bei allen Spielen mit Rollenauswahlmechanismus scheint es immer einen Mechanismus zu geben, der einen Vorteil bei der ein oder anderen Aktion zu geben scheint. Hier übernimmt dies der Scientist, der spezielle Vorteile erforscht (Privileg: Forschung 1 preiswerter).
Auch der Scientist verlässt das Spiel später - abermals hat dies etwas mit der erforschung des Spielplans zu tun.
Was also ist mein erster Eindruck nach der Lektüre der Regeln?
Positiv finde ich den Innovatismus, dass sie die Rollen nach einer Weile wandeln. Erst baut sich das Spiel auf, später wenn der Plan erkundet wurde wird das Spiel dann wahrscheinlich kriegerischer, durch mehr Warlord-Rollen im Spiel. Dies und die Einbettung in die Story (z.B. auch warum die Scientist-Rolle wegfällt empfinde ich als sehr gelungen).
Die Rollen suggerieren mir eine Spiel in der Gangart von Puerto Rico, Planeten besiedeln, Güter produzieren und Siegpunkte scheffeln. Doch dann kommt da noch die Flotte, die im Verlauf des Spiels immer wichtiger zu werden scheint.
Hier kommt es dann an den Punkt, der mir weniger gefällt. Der Mechanismus zum ausfechten der Kämpfe ist angenehm einfach. Aber schon bei Axis&Allies sind die Kämpfe extrem zufallsbedingt und ich habe es schon mehrfach erlebt, dass ein Spiel am Würfeltisch komplett kippt.
Das gehört bei A&A einfach dazu - aber kombiniert mit dem Rollenwahl/Wirtschaftssystem von Puerto Rico? Ich weiß ja nicht... ich bin skeptisch.
Alles in allem denke ich, dass Galactic Emperor ein gutes Spiel wird, welches das Zeug hat richtig gut zu werden. Die Frage die ich mir stelle ist: Wird es genug "eigenes Spiel" bringen, so dass ich es Puerto Rico oder Axis&Allies vorziehen werde?
Daran zweifel ich noch... die Zeit wird es zeigen. Für mich ist diese Kombination etwas, was mich nicht besonders reizt. Ich mag Wirtschaftsspiele, ich mag Puerto Rico und ich mag auch Spiele in denen man sein Imperium aufbaut.
So wie sie hier allerdings kombiniert werden zweifel ich daran, dass mich das Ergebniss genug reizen wird um es mir anzuschaffen.
Auf jedenfall sehe ich von einem Blindkauf ab und warte darauf, es vielleicht irgendwann, irgendwo mal zu spielen - dann werden wir ja sehen, ob es mich faszinieren kann.
Solange bleibe ich bei RftG, Puerto Rico und den anderen Schätzen die ich schon habe oder die noch kommen werden...