Versteckte Siegpunktleiste

  • Bei vielen Spielen mit hoher Interaktion entsteht schnell eine "Bash the leader" Dynamik, die oftmals den kompletten Spielverlauf dominiert.


    Mein Vorschlag:

    Jeder Spieler erhält Siegpunkte in Form von Pokerchips, die nur beim erstmaligen Punkten kommuniziert werden. Die Übersicht über die Siegpunktstände bleibt jedem selbst überlassen und die obige Eigendynamik wird etwas entschärft.


    Was haltet ihr von dem Punktesystem gerade für Spiele wie El Grande?

    "If liberty means anything at all, it means the right to tell people what they do not want to hear." - George Orwell

  • Ich denke auch, dass es Spieler gibt die mitzählen oder zumindest abwägen können wer in Führung liegt. Wenn dann müsste man ein komplett geheimes System entwickeln oder alternative Mechanismen integrieren z.B. Startspieler ist immer der hinten liegende Spieler. Insgesamt kenne ich aber wenig Spiele die das in nervigem Maße zulassen. Andererseits ist es gerade in hoch interaktiven Spielen ein durchaus gewünschtes Element.

  • Verdeckt gehaltene Siegpunktchips mit gleicher Rückseite sind doch nichts neues. Dass das bei vielen Spielern nicht sonderlich beliebt ist, weil es im Vergleich zur Kramer-Leiste zusätzliche Fummeligkeit reinbringt, kannst du in Diskussionen zu La Granja, Santa Maria oder anderen Spielen nachlesen, die solche Siegpunktchips nutzen.


    Ich persönlich sehe es auch so: es gibt keinen entsprechenden Gegenwert für die zusätzliche Fummeligkeit. Wenn "hidden information", dann wirklich "hidden information". Die vermeintliche Alternative "trackable information" ist nur etwas für Memory-Freunde.

  • Ein Klassiker mit verdeckten Siegpunkten ist #Smallworld.

    Führt dazu, dass es ein kleines bisschen schwerer wird, den Führenden einzuschätzen, aber eigentlich wissen es immer alle, denn der Moment der Abrechnung ist offen.


    Was MetalPirate eher negativ mit "Fummligkeit" beschreibt, ist für mich aber auch eine schöne haptische Komponente, ob verdeckt oder nicht. Ich mag es, Dinge vor mir zu stapeln, Dinge, die ich erreicht habe. Wenn die Siegpunktechips ein Mindestmaß an Wertigkeit haben (müssen nicht gleich Pokerchips wie in #Majesty sein), dann sehe ich darin durchaus einen Zugewinn im Vergleich zu einer Kramerleiste.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Ich gebe da immer gerne mein persönliches Negativ-Trauma zum Besten:


    Partie Small world (5 Spieler): Bei mir lief es nicht so gut. Ich habe in jeder Runde die wenigsten Punkte bekommen. Irgendwann hatte ich endlich mal einen einzigen guten Zug, wo ich mal vernünftig Punkte bekommen habe. Ich bin ziemlich sicher, dass ich zu dem Zeitpunkt trotzdem noch einer der zwei Schlechtesten war. Ein Mitspieler schaffte es, alle anderen davon zu überzeugen, dass ich total gut darstehe und führend bin. Prompt habe ich in der nächsten beiden Runden nur Haue bekommen - ich wurde mit Abstand letzter in der Partie.

    Ich habe wenig Probleme damit, wenn ich zum Ziel werde, weil ich der Führende bin*. Aber wenn ich zum Ziel werde, weil jemand meint ich sei führend, obwohl das nicht stimmt, dann finde ich das ziemlich zum kotzen. Und wenn durch solche Mechanismen plötzlich jedes Euro-Spiel zum Verhandlungsspiel wird, bei dem es nur darauf ankommt, den Mitspielern glaubhaft zu verklickern, dass man selber schlecht darsteht und jemand anderes viel besser, dann bin ich raus.


    Ich kannte auch mal eine Gruppe, bei der solche Spiele ewig gedauert haben, da bei jeder Punktevergabe alle Mitspieler im Kopf den aktuellen Punktestand aktualisiert haben, was dann schon mal ein paar Sekündchen dauert, da man bei der Gelegenheit direkt die Punktestände der anderen Mitspieler rekapituliert und sich etwas Zeit nimmt, damit der Wert auch hängen bleibt. (Das einzige Spiel, wo das gut ging war Euphrat und Tigris, da man da bei jedem Spieler 4 Werte nachhalten muss und das dann doch die meisten überfordert hat.)



    *) Das hängt natürlich etwas von dem Grad ab, wie stark Mitspieler dich ausbremsen können ohne selber darunter zu leiden. Extrem ist natürlich so etwas wie Munchkin, wo der erste Spieler, der kurz vor dem Sieg steht fast nie gewinnt, da alle anderen Spieler alle Karten raushauen um ihn zu bremsen und dann der Zweite oder Dritte gewinnt, weil die Mitspeieler dann kaum noch Ärgerarten haben.

  • Fluxx das kann aber auch mit einer Kramerleiste passieren. Bei Spielen die unterschiedlich Punkte ausschütten und/oder es ermöglichen den Erhalt der Punkte zu verzögern. Wer offentsichtlich spielt und auf einer Kramerleiste führt, mag dann angegangen werden, vielleicht durch Silber-Zungen-Spieler angestachelt und am Ende ist derjenige Letzter, weil der geschickte Spieler dann später Punktekombos raushaut. Aus dem Bauch heraus, eigentlich schon oft erlebt. Gerade bei Spielern die ein Spiel noch nicht richtig kennen oder dazu neigen den Spielverlauf richtig nicht einschätzen zu können.

  • brettundpad : Da hast du natürlich recht. Deswegen mag ich es auch nicht, wenn bei der Verwendung von Kramerleisten manche Siegpunkte ofort abgetragen werden und andere erst später (inbesondere wenn diese von verschiedenen Strategien her rühren, so dass oft manche Spieler fast alle Siegpunkte sofort abtragen, während andere Spieler den Großteil erst am Schluss werten.)

  • Ich persönlich finde das sehr gut und sehe es genauso wie PeterRustemeyer . Gerade seine Nennung Small World ist das Paradebeispiel dafür und hätte ich ebenfalls genannt. Hier funktioniert es prima und auch in anderen Spielen, wo es so ist, habe ich es bisher nur positiv erlebt (Santa Maria, Aufträge bei Railroad Revolution etc.). Ich mag diese nicht-öffentliche Komponente, die es immer noch etwas spannender macht.


    So ein Beispiel wie bei Fluxx darf unter vernünftigen und fairen Spielern eigentlich auch gat nicht erst passieren. Da hätte man sofort verbal gegensteuern müssen á la "treibst du Scherze? Das war mein erster starker Zug dieses Spiel. Schau' dir lieber mal Spieler XYZ an", und sofort müsste die Diskussion gerettet sein und die Situation umschwenken. Sollte der "Anstifter" danach trotzdem noch weiter gegen einen stänkern/hetzen, na dann spricht man nach der Partie mal ein ernstes Wörtchen mit ihm. Kann ja nicht sein, dass so komplette Spiele für dich ruiniert werden Fluxx. Mega unfair und traurig.

    Lg

  • Den versuch gegenzusteuern habe ich durchaus gestartet, hat aber nichts gewirkt. (Was daran liegen könnte, dass ich in der Runde durchaus als starker Spieler bekannt war und die anderen es gerne glauben wollten.) Ich weiß auch bis heute nicht, ob er wirklich dachte ich sei eine Gefahr oder er wusste, dass er da Blödsinn erzählt.

    Das ganze war auf einem öffentlichen Spieletreff und er war der Freund einer Mitspielerin, mit der ich normalerweise gerne gespielt habe und die auch mit Freunden von mir befreundet war. Ihren Freund fand ich schon von Anfang an recht unsympathisch und habe versucht an anderen Tischen zu sitzen, wenn er dabei war. Das ist aber leider 1-2 mal im Jahr nicht möglich gewesen.

  • Fluxx: Hättest du nicht einfach alle deine Punkte offenlegen können, als die Diskussion lief? Mit den Worten "Hier seht ihr alles, was ich habe, und wenn ihr das jetzt mit euren eigenen Punkten vergleicht, könnt ihr selbst entscheiden, ob ihr mich für den Führenden haltet." oder so ähnlich. Oder ist das ein No-Go, in einem Spiel mit verdeckten Siegpunkten seine Punkte offenzulegen?

  • Gerade bei Small World ist das Offenlegen kein Problem. Hätte ich wahrscheinlich auch gemacht. Von einem der hinteren Plätze kommst Du im Fünfer sowieso nur sehr selten wieder runter.

  • Ich finde Spiele großartig, wenn man auf den Führenden geht, vor allem auch die Diskussionen, wer denn der Führende ist. Das Jammern ob der eigenen Leistung (auch wenn sie gut ist) gehört dann auch dazu. Viele Spiele leben davon, damit der Gegner kein Snowball wird. Spiele wie Runewars, Scythe oder auch La Cosa Nostra leben davon, die "Diplomatie" gehört eben dazu. :)

    Einmal editiert, zuletzt von Spike ()

  • Ich finde Spiele großartig, wenn man auf den Führenden geht, vor allem auch die Diskussionen, wer denn der Führende ist. Das Jammern ob der eigenen Leistung (auch wenn sie gut ist) gehört dann auch dazu. Viele Spiele leben davon, damit der Gegner kein Snowball wird. Spiele wie Runewars, Scythe oder auch La Cosa Nostra leben davon, die "Diplomatie" gehört eben dazu. :)

    oder #TwilightImperium... ohne geschickte Diplomatie schafft man es nicht, zu gewinnen. Bzw. am besten läuft es eigentlich, die meiste Zeit den Anschein zu erwecken, nicht vorne zu liegen.

    Ich sehe das aber nicht als Makel und freue mich über Spiele, die einem die Möglichkeit geben, den führenden auszubremsen. Das muss man halt in die eigenen Strategie einplanen.


    Bei #Scythe hat Jamey Stegmaier auch gesagt, dass im Spiel die genaue Anzahl der Münzen der Spieler geheim ist, damit das Spiel dadurch nicht ausgebremst wird oder so ähnlich.

  • Bei #Scythe hat Jamey Stegmaier auch gesagt, dass im Spiel die genaue Anzahl der Münzen der Spieler geheim ist, damit das Spiel dadurch nicht ausgebremst wird oder so ähnlich.

    Weil du es anspricht ...

    Zitat von Scythe Regeln Seite 7

    Du musst zwar sagen, wie viele Münzen du besitzt, aber nicht ihren Gesamtwert.

    Mich irritiert das.

    1) Die Münzen sehen doch alle anders aus. Wenn ich sie sehe, habe ich den Gesamtwert.

    2) Wenn sie so geheim gehalten werden, dass man sie nicht sieht, ist die Information über die Anzahl irgendwie sinnlos, da man die Münzen ja beliebig tauschen könnte. Allein ein Min und Max könnte man berechnen, aber da steht der Aufwand in keiner Relation zum Nutzen.


    Ich habe das bisher immer mit offenen Münzen gespielt und groß geguckt hat da auch noch keiner.

    Zitat von Scythe Regeln Seite 7

    Die Entscheidungen, die du in Scythe triffst, werden nicht durch das Vermögen deiner Gegner beeinflusst.

    Ich bezweifle ob das immer stimmt. Es kann durchaus meine Entscheidung beeinflussen, wen ich in der letzten Runde noch eine Region wegnehme.



    Generell mag ich das Geheime nicht besonders, da Memory-Experten in einem Nicht-Memory-Spiel (zumindest in meinem Verständnis) bevorteilt werden. Ich erinnere mich an eine Party Funkenschlag zu sechst, bei der zwei Spieler die ganze Zeit das Geld von allen im Kopf mitgerechnet haben. Natürlich hilft das, aber bei Funkenschlag muss auch so schon genug rechnen. Mit so etwas fange ich da sicher nicht noch an.

  • Bei #Scythe hat Jamey Stegmaier auch gesagt, dass im Spiel die genaue Anzahl der Münzen der Spieler geheim ist, damit das Spiel dadurch nicht ausgebremst wird oder so ähnlich.

    Weil man dann nur noch am zählen ist, weil ich als Spieler ja theoretisch vor jedem meiner Züge abfragen könnte, wer grad wieviel Siegpunkte hat. Aber auch so ist es viel spannender, weil ich mir eben nicht ganz sicher sein kann vorne zu liegen, wenn ich den letzten Stern erreiche. Meist hat man aber ein Gespür dafür, wer viel gesammelt hat, dann kann man in den letzten zwei Runden nochmal gezielter sabotieren.

  • Thygra : Ja, hätte ich wahsrcheinlich machen können und sollen, bin ich damals wohl irgendwie nicht darauf gekommen.


    Aber wenn man jetzt daraus mal provokant ableitet "Verdeckte Siegpunkte sind kein Problem, da man Siegpunkte ja offen legen kann." (Ja, ja - wurde so direkt von niemandem behauptet...) , dann frage ich mich, warum ich überhaupt mit verdeckten Siegpunkten spiele.