Mindesthaltbarkeit von hybriden Brettspielen

  • Angeregt durch die Diskussion, ob Spielregeln dem Spiel beiliegen sollten oder eine Download-Möglichkeit ausreicht, ist mir aufgefallen, dass es inzwischen Spiele gibt, deren Haltbarkeit (im Sinne von Spielbarkeit) nicht nur durch den natürlichen Verfall der Spielmaterialen (wie z.B.: Holzspielsteine schimmeln, Papp-Counter werden nass, Karten werden abgegriffen, Spielbrett wird vom Hund zerbissen, etc.) beschränkt sind.


    Zum Beispiel bei Brettpielen mit App: Kaufe ich das Spiel zeitnah nach Erscheinen, kann ich mir einfach die App runterladen. Doch wie lange wird die App verfügbar sein? Kaufe ich das Spiel Jahre später auf dem Flohmarkt oder als Restposten vom freundlichen Spielehändler um die Ecke, ist die App dann noch für mein aktuelles Smartdevice verfügbar? Wenn die App zwingend erforderlich ist, kann ich das Spiel dann irgendwann nicht mehr spielen?


    Dann gibt es Brettspiele mit Internetzugang. Da brauche ich während des Spiels einen Zugang zum Internet, um auf einer Webseite spielrelevante Informationen abzurufen. Wenn der Verlag seine Auflage komplett verkauft hat, wie lange wird er die Webseite noch betreiben? (Analoges gilt für Spiele, bei denen statt einer Webseite andere Dienste zum Spiel erforderlich sind, z.B. via Telefon, Google Assistant, etc.)


    Und dann gibt es sogar schon Brettspiele mit In-App-Käufen, also mit einer App, bei der ich Erweiterungen (z.B. neue Rätsel/Fälle o.ä.) nachträglich in der App als Download nachkaufen kann. Der Kauf der digitalen Erweiterungen wird mit meinem Benutzerkonto beim App-Shop-Betreiber (Play-Store, App-Store, o.ö.) verknüpft. Ich kann zwar das Spielmaterial verleihen, auf Spieletreffs anderen zur Verfügung stellen oder verkaufen. Ich kann die gekauften digitalen Erweiterungen aber nicht auf andere Konten übertragen. Wenn ich das Spiel zu einem Spieletreff mitnehme, müsste ich entweder das Smartphone meiner Frau mitnehmen oder die digitale Erweiterung ein zweites Mal kaufen.


    In diesen Fällen wird mir die Möglichkeit, das gekaufte Brettspiel so lange zu nutzen, wie das physikalische Spielmaterial es mitmacht, durch eine zeitlich nicht vorhersehbare, willkürliche Entscheidung des Herstellers, den Vertrieb oder die Wartung der App oder die Bereitstellung der Webseite einzustellen, genommen oder zumindest beschnitten.


    Seht ihr in der zeitlich begrenzten Verfügbarkeit digitaler Inhalte, die für ein Brettspiel notwendig sind, ein Problem oder haltet ihr das für vorhersehbar und akzeptabel? Sollte auf der Spieleschachtel neben dem Hinweis "nur spielbar mit App" oder "während des Spiels wird ein Internetzugang benötigt" auch ein Mindestdatum vermerkt sein, bis zu dem der Verlag die App oder Webseite garantiert verfügbar hält, verzeichnet sein? Oder ist das egal, da selbst die rein analogen Brettspielneuheiten 2018 durch die anstehenden Herbstneuheiten 2019 eh schon bald nicht mehr gespielt werden?

  • Diese "Mindesthaltbarkeit" trifft ja auch auf Apps zu, die Du Dir - unabhängig von einem Brettspiel - kaufst. Wann immer das System massiv umgestellt wird - zum Beispiel auf 64 bit oder bei Android die Ablösung der dalvik - gehen dabei alte Apps, die nicht mehr gepflegt werden, über den Jordan.

    Ein MHD auf eine Spielepackung zu drucken halte ich für nett, aber ohne Aussagekraft. Willst Du dann tatsächlich den Verlag verklagen, wenn das Spiel nach 5 Jahren schon nicht mehr unterstützt wird? Oder noch besser - Du ein 10 Jahre altes Smartphone benötigst?


    Eben dieses Problem mit dem "Verfall" lässt mich Zweifeln, dass hybride Brettspiele von Dauer sein werden... dazu kommt, dass man Spielfehler auf dem Brett mit Einverständnis der Mitspieler zurück nehmen kann - in der App oftmals nicht...

  • Ich bin da sehr konservativ. Wenn ich ein Brettspiel will, dann bitte auch komplett analog. Ist wie beim Lego-Bauen. Was soll da der ganze Programmier und App-Schmarrn?


    Ich habe keine Brettspiele, die eine App haben oder einen Internetzugang erfordern und ich denke auch nicht, dass sie den Weg in meine Sammlung finden. Auch aus den genannten Punkten.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Nachtrag, zu dem, was Sepiroth geschrieben hat - Deine Haltung kann ich da gut verstehen.

    Ich würde Apps und App-Unterstützung nicht als "Schmarrn" bezeichnen - ich finde es aber schön, wenn sie optional ist. Wie zum Beispiel bei Zombicide Black Plague das Zombiedeck, welches sonst gigantische Ausmaße annehmen kann...

    Bei der Neuauflage von Xwing stehen aber zum Beispiel Punktekosten und andere Restriktionen (soweit ich weiß) nur noch in der App. Gibt es die eines Tages nicht mehr, kann man Xwing auch nicht mehr spielen... Sozusagen...

  • Nachtrag, zu dem, was Sepiroth geschrieben hat - Deine Haltung kann ich da gut verstehen.

    Ich nicht. Ist mir zu sehr schwarz/weiß.

    Ich würde Apps und App-Unterstützung nicht als "Schmarrn" bezeichnen - ich finde es aber schön, wenn sie optional ist.

    Ich finde, das muss man einfach von Spiel zu Spiel entscheiden. Ein X-Com ist mit der App eine Granate und ohne nicht möglich - da wäre ein "optional" auch nicht hilfreich. Es braucht dahinter eben die Infrastruktur. Und ehrlich gesagt fühlt sich ein gut gemachtes Spiel mit App-Unterstützung auch an wie ein 100%iges Brettspiel. Denn auch bei X-Com läuft alles auf dem Board und anstatt eine AI-Karte zu ziehen, drückt man eben die Taste in einer App. Das, was die App dann über die Karten hinaus ermöglicht, passiert im Hintergrund und ist gerade deshalb gut.


    Um es kurz zu fassen: Ich schließe es nicht kategorisch aus, aber es muss gut gemacht sein. Eine App um des App-Willens ist nicht zielführend, es muss einen Mehrwert bieten. Ich muss nicht unbedingt eine App haben und schlimm fände ich es, wenn jeder eine App haben muss (wie z.B. bei diesem Risiko-Verschnitt). Aber wenn sie wie bei X-Com sinnvoll implementiert ist und quasi Anleitungen gibt, wie die Elemente der AI auf dem Board zu setzen sind, dann ist das ein Gewinn auf ganzer Linie, weil die App - im Gegensatz zu einem Kartendeck - "mitdenkt".

  • Ich nicht. Ist mir zu sehr schwarz/weiß.

    Das ist sicher sehr absolut, aber nunmal meine Haltung dem gegenüber. Wobei ich das aufs Kaufen/Besitzen beziehe. Mitspielen würde ich es schon.


    Zitat von [Tom]

    Ich würde Apps und App-Unterstützung nicht als "Schmarrn" bezeichnen - ich finde es aber schön, wenn sie optional ist.

    Das war eher auf Lego bezogen, da ist es tatsächlich "Schmarrn". Da will ich noch nichtmal damit bauen. Für Brettspiele ist es für mich halt ein Ausschlussgrund für einen Kauf, aber Mitspielen würde ich eben schon.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Ein Mindeshaltbarkeitsdatum, oder ein Archiv für solche Apps wäre wünschenswert. Da Videospiele ja Kulturgut sind, wäre das auch eine Aufgabe für die Deutsche Nationalbibliothek. In den USA gibt's das auf jeden Fall für digitale Bücher, ob schon für Videospiele keine Ahnung.

  • Ein Mindeshaltbarkeitsdatum, oder ein Archiv für solche Apps wäre wünschenswert. Da Videospiele ja Kulturgut sind, wäre das auch eine Aufgabe für die Deutsche Nationalbibliothek. In den USA gibt's das auf jeden Fall für digitale Bücher, ob schon für Videospiele keine Ahnung.

    Negativbeispiel: Golem Arkana, das man meines Wissens nach heute nicht mehr spielen kann, da die App nicht mehr aktualisiert wird.


    Positivbeispiel: FFG, denn da gibt es die Apps auch als PC/Mac-Versionen zum Download.


    Die Datenbank ist BGG. Eine Gefahr sehe ich tatsächlich in der Halbwertszeit von mobilen Betriebssystemen. Aber wenn man als Entwickler weiter denkt als iOS und Android, sehe ich da keine Probleme.


    Ich spiele auch heute noch - ohne aniquierte Hardware - Ufo - Enemy Unknown (das Ur-X-Com) von 1994 auf dem PC.

  • Danke Euch für Eure Sichtweise.


    Klar, bei reinen Apps gibt es das Problem auch. Aber wenn ich im Laden eine Spieleschachtel kaufe, dann ist das Problem für mich weniger greifbar, als wenn ich direkt einen Software-Download bezahle. (Und dennoch war es für mich überraschend, als ich feststellen musste, wie viele Apps unter iOS 11 nicht mehr funktionieren würden.)