[2018] Forum Trajanum

  • Huch! Ja, so heißt der Verlag. Ist aber auch Ausdruck meiner Verwunderung, warum Forum Trajanum (im folgenden: FT) hier vier Monate nach Erscheinen keinen eigenen Thread hat. Hab jedenfalls keinen gefunden, also wird es Zeit, einen aufzumachen.


    Diese Woche war bei mir also FT angesagt. Am vergangenen Wochenende endlich auf den Tisch gebracht, hab ich es zunächst mit meiner Frau zu zweit gespielt und danach noch zweimal zu viert, jeweils mit wechselnden Erstspielern.


    Stefan Feld hat zur SPIEL '18 zwei große Spiele vorgestellt. Carpe Diem (CD) genießt hier große Aufmerksamkeit mit hunderten von Beiträgen - nicht zuletzt dank eifrigen Werbens eines "Fanboys" - sorry, Nils ;) Aber was soll ich sagen, er hat ja recht, Carpe Diem ist ein sehr gutes Spiel. Aber Forum Trajanum ist es auch! Wer Carpe Diem mag, sollte an Forum Trajanum nicht vorbeigehen. Lasst mich mit der Lobeshymne beginnen - auch mit ein paar Kritteleien, aber auf sehr niedrigem Niveau. Regeldetails könnt Ihr bitte in einschlägigen Rezensionen nachlesen, dazu kommt hier wenig. Mehr zum Spielgefühl und ein paar Empfindungen zur Strategie.


    Anders als Alea bei CD (Grafik-Probleme, teils Fizzel-Material - CD ist aber auch preiswerter als FT) hat Huch! bei FT vieles richtig gemacht. Das fängt beim strahlenden Menzel-Cover an und hört beim üppigen Holzmaterial auf. Von "Ulm" über "Rajas of the Ganges" nach "Forum Trajanum" ist bei Huch! eine für meinen Geschmack positive Tendenz zu tollen Spielen mit überaus guter Ausstattung ohne preislichen Deluxe-Aufschlag zu erkennen. Dass Spieler- und Bauwerkfarben in FT zwar die gleichen beliebten Primärfarben sind, im Spiel aber völlig voneinander losgelöst betrachtet werden dürfen, erwähne ich bei der Erklärung, hat aber auch noch keinen meiner Mitspieler in Verwirrung gestürzt. Das allerdings hätte man leicht entschärfen können.


    Ja, FT ist Feld'scher Punktesalat - und das will ich auch! Verzahnte Mechanismen mit alternativen Wertungsebenen finde ich toll. Und den Aber-wo-ist-denn-da-das-Thema-Nörglern halte ich entgegen: Ihr baut an einer eigenen Colonia und entsendet Leute in die Metropole, die sich dort zu mehr oder weniger schlagkräftigen Grüppchen zusammenrotten. Einflussreiche Bürger gewähren Euch Sonderrechte. Mehr Thema brauche ich nicht, um Spaß an dem geschliffenen Konstrukt zu haben. Es steht Stefan Feld drauf - es ist Stefan Feld drin - ein großartiges Spiel, wo ich 100% bekomme, was ich mir erhofft habe - genau mein Ding!


    Gestern abend läuft mir der zu FT verabredete Vielspieler-Tross zur Tür rein. Einer der Freunde - ebenfalls fleißiger Mitleser auf unknowns.de - bringt kurz nach Begrüßung den Satz "wir können aber auch gerne was anderes spielen" heraus. Meine Nachfrage bestätigt den Verdacht: er hat den Beitrag von nora vom Tage gelesen, wo das Spiel verrissen wird, den Begriff darf man hier ruhig anwenden. Siehe Wochenthreaad: 04.02.-10.02.2019


    Was steht da nicht alles, ein paar Zitate: "Das ist ein Spiel, das wirklich den ganzen Abend braucht. Zunächst gibt es eine Erklärung, die gefühlt Stunden dauert (ca. 45 Minuten) und dann..." - "Man sieht der Zufall ist ein ständiger Begleiter ... wenn man ... Pech gehabt" - "Spätestens nach der ersten Wertung wußten wir dann ... Ab da wurde ..." - "Wir hatten eigentlich nie das Gefühl, das machen zu können, was wir wollen oder als sinnvoll angesehen haben -- und das ca. 150 Minuten lang. Es wurde lange nachgedacht -- genutzt hat es nur begrenzt. Lange Erklärung, fizzelig und ziemlich viel Zufall, der nur unter Mühen etwas eingedämmt wird, sind für uns keine Markenzeichen eines Spiels, das Spaß macht. Es ist der übliche Feldsche Punktesalat und dass jeder auf zwei Spielplänen agiert (eigenes Tableau und gemeinsamer Spielplan), fühlte sich irgenwie zusammengestoppelt an."


    Ok, lassen wir das mal sacken. Da klingt schon durch, dass hier eine Runde Erstspieler mit schlecht erklärtem Spiel auf das Werk losgelassen wurde und ruft mich heute auf den Plan zu diesem Beitrag. Wenn der eine oder andere dieses Meinungsbild im Kopf hat, das mein Freund gestern mitbrachte, muss ich hier ja schon fast Ehrenrettung betreiben. Wir haben gestern wie geplant FT gespielt und es gefiel ihm und allen anderen nachher genau wie mir ausgesprochen gut!


    150 Spielminuten zu viert - ja, kommt im ersten Spiel wohl hin. Angegeben sind 30 Minuten pro Spieler, da ist ein vertretbarer Aufschlag in der Erstpartie hinzunehmen. Da hab ich schon unrealistischere Angaben auf anderen Schachteln gesehen. Wo ist das Problem? Das jedenfalls ist kein Bewertungskriterium, man bekommt, was auf dem Karton gedruckt steht und es ist zu keiner Zeit langweilig. Auch meine zwei Spiele zu viert jeweils mit Erstspielern haben genauso lange gedauert.


    45 Minuten Erklärung - nein, wirklich nicht. Das hier ist kein zweites "Robin Hood and the Merry Men", da bringe ich die Erklärung vielleicht in 45 Minuten heraus, aber nur, wenn ich gerade eine Sternstunde habe :lachwein: FT ist in einer guten Viertelstunde erklärt, und da habe ich schon die wesentlichen Strategiehinweise für ein gutes erstes Spiel mit untergebracht - also so, dass jeder nicht nur die Regeln beherrscht, sondern die Grundlagen kennt, um den Sieg mitspielen zu können. Echte Erfahrung schadet natürlich auch hier nicht ;)


    Die dem Spiel beiliegende gedruckte Regel erklärt... die Spielregeln! Sie erklärt nicht, worauf man achten sollte, wie Dinge zueinander und im zeitlichen Ablauf des Spiels gewichtet sind und sie beschreibt die einzelnen Elemente samt Nebenbedingungen vollständig, obwohl das Verständnis für manche Dinge beim ersten Lesen von vorne nach hinten noch nicht gegeben ist. Diese Regel lässt also jeden didaktischen Aufbau zur Vermittlung des Spiels vermissen, eignet sich dafür umso besser zum Nachschlagen. Wer diese Regeln zwecks Erklärung in Kurzform so der Reihe nach wiedergibt, tut sich und seiner Spielerrunde keinen Gefallen. Das ist aber kein FT-typischer Effekt, da könnte ich zig andere Spiele und deren Regeln als Beispiel bemühen.


    Als Erklärbär habe ich das natürlich spätestens nach gründlichem Lesen der Regeln und vieles von der innewohnenden Strategie auch vor dem ersten Spiel verstanden. Zum Erklären referenzier ich lediglich die vorbildlichen Spielerhilfen. Als erstes kurz das Spielziel erwähnen (die meisten SP, was sonst), dann den großen Spielablauf (dreimal vier Spielrunden, dann jeweils Wertung), dann den Ablauf einer Runde / eines Zuges (Plättchen wählen, shiften, reihum eines verwerten, ein Bauwerk mit gleichfarbigen Figuren bauen, Tauschregeln und Bedeutung der weißen Tribune auf Spielerhilfe aufzeigen), dann die fünf Teilwertungen im Detail vorstellen (und deren Wertigkeit über die drei Runden aufzeigen, Fokus auf Flächen-/Trajan-Wertungen bei Spielende mit Lage des Schiebers, gewählte Trajankarten detailliert klarmachen und betonen, diese ab Spielbeginn zu verfolgen). Erst ganz zum Schluss werden die Einzelboni der grauen Gebäude und die Bürger-Funktionen im Kontext der nun bekannten Grundregeln vorgestellt. Danach wählt jeder die Position für sein aufgedecktes Bürgerplättchen und es kann losgehen. Wie gesagt, ca. 15-20 Minuten.


    Zufall: klar ist der da. Man hat nicht immer seine Wunschteile zur Hand und muss Kompromisse machen. Aus den Gegebenheiten das Beste herauszuholen ist eben die verführerische Herausforderung auch dieses Spiels. Gezielte Einflussmöglichkeiten zur rechten Zeit bemühen (Tribune, Tauschregeln) nehmen dem Zufall die Schärfe und lassen den planvoll agierenden Spieler die nötigen Freiheiten. Das ergibt ein 1A-Spielgefühl, das auch andere Klassespiele in ähnlicher Weise gelöst haben (z.B. Terraforming Mars).


    Kommen wir noch zu ein paar Eindrücken und Strategiebetrachtungen aus meinen Spielen.


    Im ersten Spiel zu zweit fühlte sich meine Frau ein wenig "abgezogen", da ich eine üppige Wertung meiner vielen grauen Gebäude einfuhr (zuletzt 18 SP), dem sie in diesem Bereich nicht viel entgegen zu setzen hatte. Sie dagegen hatte 15 SP bei der dritten Trajanwertung, bei der mir nichts gelingen wollte. So war das Spiel mit 96 zu 90 SP doch garnicht so klar entschieden worden.


    Die beiden folgenden Spiele zu viert beendete ich jeweils mit über 120 SP. Mein Fokus lag nun klar auf den Trajan-Wertungen. Auch wenn nicht jeder Plan aufging, kamen da zum Schluss die großen Punkte rein. Ja, Schieber rasch nach rechts und die Trajan-Wertung fest im Blick - möglichst noch ein Grüppchen mit wenigstens sechs Gesandten im Forum unterbringen, das läppert sich. Ob eine Strategie mit Schwerpunkt graue Gebäude trotz all der damit verbundenen Boni gegenhalten kann, möchte ich momentan bezweifeln.


    Überhaupt erscheinen die Rechte der Bürger "Händler I" und vielleicht noch "Patrizier I" dank ihrer direkten Einflussnahme auf die SP stärker wie die anderen vier. Wer da das Pech hatte, zu Spielbeginn "nur" einen Handwerker aufzudecken, tut gut daran, schnell die beiden Frauen auf den Baukränen zu erlangen und so der anderen Bürger gezielt habhaft zu werden. Dafür darf man zur Not auch einen weißen Tribun opfern, sollte das Kartenglück nicht mitspielen. Dann sollte man natürlich auch farbige Gebäude der so freigelegten Baukräne errichten, bringt allein ein farbiges Doppelbauwerk doch gleich satte 6 SP in der ersten Wertung. Und immer schön die langfristigen Bauziele der späteren Trajankarten im Blick haben, nichts leichtfertig verbauen.


    Soweit die ersten Eindrücke, die in weiteren Spielen erprobt - und vielleicht auch widerlegt? - sein wollen. Die Strategiediskussion ist hiermit eröffnet...

  • Smuntz Danke, auch das ist ein interessanter Bericht.


    Aber dennoch. Du sagst selbst: "Feldscher Punktesalat". Mit einem solchen kann man mich mittlerweile jagen. Es ist schon etwas länger her, dass ich Feld-Spiele mal sehr gemocht habe. Geschmack, auch beim Spielen, ändert sich halt.

    Ich schrieb es jüngst hier im Forum an anderer Stelle: "Was sind schon Punkte? Punkte sind Schall und Rauch." Das Erlebnis, das das Spiel vermittelt, ist es, was mich interessiert. Nach dem, was ich aus Deinem sehr informativen Bericht herauslese, finde ich bei Forum Trajanum in dieser Richtung ja wohl eher nichts.

    Forum Trajanum sieht durchaus gut aus, vor allem aber sieht es "mechanistisch" aus, so dass mich auch in dieser Beziehung nichts lockt.


    Ich verstehe durchaus, dass man in Bezug auf Feld-Spiele "Fanboy" sein kann, war ich ja auch mal, das ist aber vorbei.


    Wenn dieser sehr befähigte Autor mal die Güte hätte, seine Energie darauf zu richten, ein interessantes Thema in wirklich daraus fließende Spielmechaniken umzusetzen, werde ich wieder hinschauen. Bis dahin: Vale!

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Hallo Hartmut,


    ich kann so vieles nacvollziehen, die Kritik von nora, die Begeisterung von dir. Ich habe beides oft genug gehört. Noras Kritik kommt sehr häufig nach der erstne Spiel. Es bedarf einer langen Erklärung. Ich weiß nicht wie lange sie bei mir war, aber gefühlt lange, und mein Erklärbar war Stefan Feld. DAnn benötigt es 3 . 12 der 12 Züge um zu verstehen, was man treibt. EIne meiner schwersten Aufgaben für die Rezension war es, Spieler für ein zweites Mal zu gewinnen.


    Ansonsten ist es Geschmackssache. Es ist durch und durch Feldscher Puntesalat. Wer es mag, ist mit dem Spiel sehr gut bedient, wer nicht, lässt die Finger am besten auf vom ersten Mal


    Einzig deinen Schlusssatz unterschreibe ich nicht, im Gegenteil: Wenn du das Glück hast, einen Handwerker zu bekommen, bemitleide deine Mitspieler, die diesen erst noch freischalten müssen. Warum Handwerker so stark sind, merkt man auch erst nach mehreren Partien.


    viele Grüße

    Wolfgang

  • M

    Smuntz "Was sind schon Punkte? Punkte sind Schall und Rauch." Das Erlebnis, das das Spiel vermittelt, ist es, was mich interessiert.

    das Erlebnis ist bei Forum Trajanum aus den immer wieder neuen Vorgaben (Ziele etc. ) das Beste rauszuholen. Das kann sehr viel Spaß machen. Besonders wenn die Pläne aufgehen. Die genaue Punktezahl ist da (für mich) nicht ausschlaggebend.


    Wo siehst du denn bei Rise to Nobility (welches dir ja ganz gut gefällt) "das Erlebnis"? Außer ein paar schönen Zeichnungen sehe ich dort persönlich keinen großen Unterschied. Anders gesagt: wenn bei Forum Trajanum anstatt der Bürger Elfen und Feen wären und du die Vorgaben (Ziele) des Königs erfüllen müsstest, wäre da dann mehr Erlebnis für dich? Anders gesagt: Ist RisetoNobility kein "Punktesalat"? Meiner Meinung nach irgendwie schon? ;)



    Für mich ist Forum Trajanum definitiv einer der stärkeren Felds. Und ja man muss ihn einmal gespielt haben um ihn "richtig" zu verstehen. Kann da Smuntz bzgl. der Regel nur zustimmen. Die Spielzeitangabe passt bei uns auch, wir brauchen zu Zweit ca. 1 Stunde.

  • Wer Feld magt, bekommt mit Forum Trajanum genau das, was man von einem per Mechanismen in sich verschränktem Optimierungsspiel erwarten wird. Gut finde ich, dass wir nicht mehrere kleinere Spielwiesen nebeneinander beackern, wie noch bei Trajan, sondern fast jedes Element auch Nebenwirkungen auf andere Elemente hat und sich auf die eigene sowie gemeinsame Auslage konzentriert.


    Wer dabei alles ein wenig bedienen will, wird wohl scheitern. In meiner Erstpartie habe ich meine Punkte über ein grosses zusammenhängendes Gebiet gemacht und einem zügig weitergeschobenen Punktestreifen. Auf Baukran-Punkte für gleichfarbige Gebäude oder Vorteile per Fortschrittsleisten habe ich eher nicht geachtet. Dabei hat mich mein Startbonus, dass ich doppelte Auswahl bei Boni für von mir abgeschlossene Gebiete erhalte, ein wenig in die Richtung geführt, eben schnell viele Gebiete zu besetzen. Der Rest ergab sich dann selbst.

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  • Wo siehst du denn bei Rise to Nobility (welches dir ja ganz gut gefällt) "das Erlebnis"? Außer ein paar schönen Zeichnungen sehe ich dort persönlich keinen großen Unterschied. Anders gesagt: wenn bei Forum Trajanum anstatt der Bürger Elfen und Feen wären und du die Vorgaben (Ziele) des Königs erfüllen müsstest, wäre da dann mehr Erlebnis für dich? Anders gesagt: Ist RisetoNobility kein "Punktesalat"? Meiner Meinung nach irgendwie schon? ;)

    Ich versuche mal, darauf zu antworten, wohl wissend, dass ich Forum Trajanum nicht habe und auch noch nie gespielt habe. Um aber wenigstens ein wenig Substanz für die Antwort zu haben, habe ich auf Grund Deines Postings die Regel von FT zu einem Teil gelesen.


    Was mir sofort auffällt:

    In Forum Trajanum sind Baumeister, Handwerker, Assistenten, Tribune laut Regeltext Ressourcen, was sich dann auch daran zeigt, dass man sie abgeben muss, um irgendetwas zu dürfen, sei es Bauen, Straßenkarte ignorieren, zweites Coloniaplättchen nutzen. Wenn ich mir vorstelle, welche Bedeutung in Rom ein Tribun hatte, und dass ich zwei davon abgeben muss, um statt einem zwei Plättchen nutzen zu dürfen, rollen sich mir die Fußnägel hoch.

    Schlimmer aber noch: 3x im Spiel findet eine Wertung statt. Um zu beschreiben, wie das geht, braucht die 16-seitige Spielregel 4 Seiten einschließlich des Beispiels. Ich kann mir für mich nicht vorstellen, dass ich Lust hätte, eine derart lange Wertungsbeschreibung mit ihren vielen, vielen Einzelheiten zu erlernen, um dann das Spiel sinnvoll auf die so wichtigen Punkte hin spielen zu können.

    Allen Respekt für Smuntz , wenn es ihm tatsächlich gelingt, das ganze Spiel einschließlich der Wertung in 15-20 Minuten zu erklären. Respekt aber auch seinen Mitspielern, wenn sie das so schnell aufnehmen und dann auch noch sinnvoll spielen können.


    In Rise to Nobility sind die Figuren Gehilfen und Meister, die auf dem Spielplan eine Funktion haben. Man kann einen Gehilfen zum Meister befördern, wodurch sich seine Funktion ändert. Ich bekomme sie nicht als Bonus für irgend etwas, sondern ich muss sie anwerben, damit sie für mich tätig werden. Dazu muss ich ihnen die Lebensgrundlage einschließlich Unterkunft schaffen, sonst kommen sie nicht. Was dazu nötig ist, muss ich mir erst einmal beschaffen, um es zur Verfügung stellen zu können.

    Eine Wertung, schon erst recht drei, gibt es bei Rise to Nobility so nicht. Ja, es geht durchaus auch um Punkte, wie praktisch in jedem Spiel, das kein konkretes Spielziel hat (wie es z.B. Spiele wie Lewis&Clark ja haben). Siegpunkte bekommt man laufend während des Spiels; wofür man sie bekommt, kann man auf dem Spielplan sehen, das muss man sich nicht merken. Am Spielende sind nur zwei Dinge noch hinzuzuzählen, nämlich Waren im Verhältnis 2:1 und der Punktwert der erreichten Stufe auf der Adelsleiste, den man auch auf dem Spielplan sehen kann.


    Es gibt auch sonst noch Unterschiede, die ich wichtig finde. In Forum Trajanum etwa liegen die Colonia-Plättchen verdeckt, was sie wirklich bedeuten, sieht man wohl erst, wenn man sie aufnimmt. So etwas gibt es in Rise to Nobility nicht; was ich bekommen kann, sehe ich, was ich dafür aufwenden muss, sehe ich auch. Das gilt auch dort, wo es Karten oder Plättchen zu erwerben gibt; man sieht, was man bekommen kann und was es kostet.


    Auch in Rise to Nobility hängen Dinge zusammen. Will ich etwa mit einem Ratsmitglied im Steinkonzil (besteht aus je einem Mitglied der im Spiel vertretenen Rassen) ins Geschäft kommen, sagen wir, das sei ein Elf, muss ich erst einmal eine Elfenfamilie angesiedelt haben, muss also bei der Höhlenschänke einen Elf angeworben und dann dessen Anforderungen erfüllt haben, damit er sich bei mir niederlässt. Für mich fühlt sich das sehr viel thematischer an, als z.B. 2 Tribune "abzugeben", um nicht nur 1 sondern 2 Colonia-Plättchen nutzen zu dürfen.


    Story kann man bei Rise to Nobility reichlich haben, wenn man will. Ich habe Cavern Tavern und Rise to Nobility zusammen bekommen, begleitet von zwei Büchern, in denen zu jedem der Spiele deren thematischer Hintergrund erzählt wird in einer Art romanhafter Handlung. Überhaupt spielt sich für mich Rise to Nobility schon deshalb ganz anders als ein "isoliertes" Spiel, weil es thematisch an Tavern Cavern anknüpft.


    Meine Quintessenz dabei ist, dass ich bei Forum Trajanum etwas mache, weil ich dafür Punkte bekomme. In Rise to Nobility mache ich etwas, um etwas zu erreichen, ich erwerbe also etwa Waren, um sie einem angeworbenen Siedler zur Verfügung stellen zu können, damit er, sobald ich auch eine Unterkunft für ihn habe, bei mir siedelt und dann gerne auch arbeitet. Ja, auch in Rise to Nobility bekomme ich Punkte, das ist für mich aber Nebensache. Ich freue mich nicht an den Punkten, sondern daran, dass ich es geschafft habe, z.B. einen Elfen anzusiedeln, der bei mir dann erst Gehilfe in einer Gilde und schließlich, sobald ich auch eine Werkstatt dort habe, dort Meister geworden ist. Das macht Spaß; Punkte sind, ich sagte es schon, "Schall und Rauch"; mein Elf ist gekommen und ist Meister geworden, das zählt für mich.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Ernst Juergen Ridder

    Nun versteh ich zumindest deine Gedankengänge wie das Erlebnis bei dir zustande kommt. Ist bei mir ganz anders, das was du bei Rise to Nobility beschreibst kam bei mir gar nicht durch - ist vom "Erlebnisfaktor" meiner Meinung nach auf einer Stunde mit Forum Trajanum.


    Euros mit "Erlebnis" für mich wären Dungeon Lords, Dinogenics oder Oben und unten, da hab ich am ehesten das was du beschreibst.

  • was ich nicht ganz verstehe ist , warum leute die keine eurogamer sind, sondern lieber amitrash mögen oder "extrem thematische euros" stefan feld spiele spielen und sich hinterher über wenig Thema und punktesalat ärgern....

    Ich spiele ausschließlich Euro und wirschaftspiele und habe kürzlich mein erstes Spiel von Stefan Feld gespielt(bora bora für mich mit das beste was ich gespielt habe) und ich war begeistert über die extrem starken Mechaniken und den punktesalat....

    mich interessiert daher die Meinung bzgl. Forum trajanum von Leuten die eurogamer sind und nicht zuviel über Themen reden, sondern eher die Mechanik bewerten und mit anderen ähnlichen spielen in Vergleich setzen.

    Ich spiele ja auch kein amitrash(Spiele ich gar nicht macht mir keinen Spaß) und beschwere mich das es keinen punktesalat und keinen strategischen Anspruch hat...

    Ich mag auch wenn es wie z.b. bei agricola oder Brass ein schönes Thema gibt, aber es ist ein schönes plus...

    Meine Top 15:

    1: Great Western Trail - 2: Food Chain Magnate - 3: Age of Steam - 4: Brass Birmingham - 5: Bora Bora - 6: Agricola -

    7: Wasserkraft - 8: Mombasa - 9: Crystal Palace - 10: Lorenzo - 11: Watergate - 12: Gleichgewicht des Schreckens - 13: Trickerion -

    14: Underwater Cities - 15: Burgen von Burgund

  • Eigentlich ein eigenes Thema wert - ich ergänze meine Zeilen oben und möchte noch was zum Begriff "Punktesalat" sagen. Das ist für mich nämlich ganz und garnicht negativ behaftet, im Gegenteil!


    So hat Wolfgang Kramer z.B. Verdienste um die nicht wegzudenkende "Kramerleiste". Versucht ein entsprechend angelegtes Spiel ohnedem auszukommen, empfindet der geneigte Spieler Verlustschmerzen und baut sich eine - konnte man so zuletzt bei "Santa Maria" und "Carpe Diem" beobachten.


    Den "Punktesalat" wird man sicher nicht so leicht ersetzen können, der ist wie ein Pilzmycel im Waldboden im Spiel verwoben. Er ist ein Instrument des Spieleautors, den Gesamtsieg nicht einfach an eine simple Bedingung zu knüpfen, also wer Erster im Ziel ist oder so. Er verleiht einer Vielzahl von Spielparametern die geeignete Gewichtung, damit ein spannendes Spielerlebnis entsteht. Ein guter Punktesalat ist somit Werkzeug, seine konkreten Zahlenwerte das Ergebnis des Feintunings im Entwicklungsprozess eines Spiels.


    Dass hierfür "nur" Zahlenwerk bemüht wird, anstatt einen - wie auch immer gearteten - anderen (auch noch thematisch begründeten) Rahmen zu schaffen, kann ich erst einmal verknusen. So wie sich Spiele in den letzten Jahren entwickelt haben, wird begnadeten Autoren auch in Zukunft noch die eine oder andere tolle Idee kommen. Bis dahin ein Dreifach-Hoch auf Kramerleiste und Feld'schen Punktesalat!

  • ... Es bedarf einer langen Erklärung. Ich weiß nicht wie lange sie bei mir war, aber gefühlt lange, und mein Erklärbar war Stefan Feld. ...

    Man muss nicht in allem ein Meister sein und auch die Tagesform ist entscheidend.


    In meinem großen spielerischen Umfeld fallen mir spontan vielleicht zwei drei Personen ein, die Regeln samt Strategieempfehlungen stets gut strukturiert, verständlich und somit effizient vermitteln können. Und ich kenne einige mehr, die sehr gerne erklären mögen, dabei aber diese Form nicht annähernd erreichen. Jeder Spieler hier wird das aus eigener Erfahrung nachvollziehen können. Ich bemühe mich, den Ersteren nachzueifern, damit auch für mich in den oft wechselnden Spielerrunden ein spannendes Spielerlebnis entsteht - werde ich dann von einem Erstspieler geschlagen (was ich doch hoffe, wo ist sonst die Herausforderung?), muss ich wohl gut erklärt haben ;)


    Das erwähnte Robin Hood habe ich in den letzten Wochen acht Mal gespielt und vorher acht Mal erklärt. Und das dauert. Ja, wir haben zur Uhr geschaut. 45 Minuten habe ich zuletzt knapp erreicht, nicht unterboten, und ich hatte Übung! FT ist da vom Umfang her leichte Kost - die meiste Zeit braucht man am Ende für die Boni von Leisten am Forum und Bürgern. Ich schau nächstes Mal wieder genauer auf die Uhr, aber 20 Minuten (ohne Aufbau - das braucht ja auch Zeit) zur Regelerklärung ist realistisch, wenn man das Spiel kennt.

  • Eigentlich ist Forum Trajanum recht einfach, von den Mechaniken und Abläufen, wenn man das Spiel erst einmal verstanden hat. Ich hatte das Spiel in einer Runde von Erstspielern kennengelernt, in der bis aufs Regellesen des Erklärers noch niemand das Spiel kannte. Deshalb hatte ich da den Eindruck, dass das Spiel kompliziert wäre. Auch weil die Regel viel erzählt, aber irgendwie nicht auf den Punkt kommt, weil mir der grobe Überblick fehlte wie:


    Zwei Plättchen aufdecken nach Spalte-Zeile-Vorgabe für alle, Plättchen weiterreichen, Plättchen aussuchen. Das Plättchen zeigt Zeugs, was ich bekomme und damit baue ich aus meinem Vorrat durch Kombination entsprechende Bauwerke auf dem durch die aufgedeckten Plättchen-Plätze freigewordenen Plätzen meiner Spielablage. Zusätzlich kann ich noch optional auf dem gemeinsamen Stadtplan bauen. Für alles bekomme ich Siegpunkte.


    Das weiß man aber wohl erst, wenn man das Spiel einmal gespielt hat und es "klick" gemacht macht. Dann kann man das ganze Regelwerk mit eigenen Worten und in eigener Erklärstruktur wesentlich kompakter vermitteln. Gibt dazu aber viel Klein-Klein-Verknüpfungen der einzelnen Mechanismen, die man zumindest erwähnen sollte und die eben Erklärzeit fressen.

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