Kann sich der Vielspieler auch noch am Spiel erfreuen...

  • ...oder analysiert er sich die Freude am Spiel weg?


    Oder anders gefragt: geht der Vielspieler eventuell zu kritisch und „elitär“ an die Sache?


    Oder braucht es einfach „mehr“, um den Vielspieler zu begeistern?


    Was meint ihr?


    Diese Fragen wurden durch den Flügelschlag-Thread inspiriert.

    "We are the unknowns. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile."


    Meine Spiele: Klick mich

  • Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass wir inzwischen "zu verwöhnt" sind und alles schon gesehen haben. Es gibt seeeeehr selten Spiele mit neuen Mechanismen, die Themen sind ausgelutscht und aufgesetzt. Einzig das Material und die Gestaltung wird immer aufwendiger, denn damit bekommt man uns noch... und dennoch im Unterton: dagewesen...


    ICH freue mich über Spiele, die sich gut spielen, angenehm gestaltet sind, opulentes Material haben, eingängige und nachvollziehbare Regeln haben. Auch wenn alles schon da war. Aber kaum ein Spiel spiele ich am Ende tatsächlich mehr als 5 x. Die meisten sogar nur 1-2 x.


    Meines Erachtens können es die Verlage gar nicht anders machen... Woher soll denn Jetzt noch DER neue Mechanismus kommen? Das komplett neue Spielgefühl? Denn das ist es ja, was ich aus den ewigen Nörgeleien herauslese. Und wenn dann mal einer etwas wirklich Neues auf den Markt wirft, wird dieses System gleich in gefühlt jedem 5. nachfolgenden Spiel aller Verlage kopiert und wieder stehen alle da: Ist schon so dagewesen...

    Was man ernst meint, sagt man am Besten im Spaß (Wilhelm Busch)

  • Wer sich Vielspieler nennt leidet ja bereits an einer sprachlichen Verkümmerung. Wenn er dazu noch ständig gezwungen wird irgendwelchen Neukram zu spielen und gleichzeitig nicht mehr dazu kommt die Spiele die er als gut in Erinnerung hat zu spielen muss er den ganzen Frust ja an irgendetwas oder irgendjemandem auslassen.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

  • Ich denke, es gibt nicht den Vielspieler.

    Sicherlich ist es unter Vielspielern verbreiteter, überkritisch an ein neues Spiel heranzugehen (vielleicht ja nur als Selbstschutz, um es nicht auch noch haben zu wollen/müssen), aber ich kenne genug Leute dieser Kategorie, die sich weiterhin voller Freude und vorurteilsfrei auf neue Spiele einlassen können.

    Meine Top 10:

    1. Through the Ages: EnGdZ 2. Terraforming Mars 3. Brass: Birmingham 4. Arche Nova 5. Revive 6.Newton

    7. Great Western Trail 8. Paladins of the West Kingdom 9. Lancaster 10. Tzolk'In

  • Oder anders gefragt: geht der Vielspieler eventuell zu kritisch und „elitär“ an die Sache?


    Oder braucht es einfach „mehr“, um den Vielspieler zu begeistern?

    Erste Frage: nein. Zweite Frage: ja.

    Der Vielspieler hat einfach schon mehr gesehen und kann Sachen besser einordnen. Nicht mehr als das, aber auch nicht weniger.



    Woher soll denn Jetzt noch DER neue Mechanismus kommen? Das komplett neue Spielgefühl? Denn das ist es ja, was ich aus den ewigen Nörgeleien herauslese.

    Ist es wirklich so, dass alle Welt Wunderdinge an Innovation erwarten würde? Diese Unterstellung liest man oft, aber ich glaube das einfach nicht. So läuft's nicht.


    Sowohl im real life wie auch online begegnet man gelegentlich Leuten, die normalerweise nicht dafür bekannt sind, alles hochzujubeln. Wenn diese Leute dann bei EINEM SPEZIELLEN SPIEL voller Begeisterung von ihren Spielerfahrungen berichten, und zwar nicht bloß ein: "Jo, war wirklich gut, hat allen Spaß gemacht, sieht toll aus, meine Erwartungen wurden erfüllt, möchte ich wieder spielen". Wenn diese Leute stattdessen mit wirklicher, richtiger, ehrlicher Begeisterung berichten, vielleicht sogar von ihrer zehnten Partie im letzten Monat, dann weiß ich: Ja, dieses Spiel sollte ich mir mal näher anschauen.


    Warum diese wenigen "Überspiele" (für mich hieße das: 9/10 und höher) dann so gelobt werden, ob wegen des Themas oder für den Mechanismus oder für ihre Innovationen... hmm. Kann man das überhaupt immer so genau festlegen? Und spielt das überhaupt eine Rolle?! Ich denke nicht. Die Spiele des besseren Durchschnitts kann man vielleicht für einzelne Schwachpunkte kritisieren, aber man kann die Überspiele nicht für einzelne Kriterien loben oder kritisieren. Da stimmt dann einfach das Gesamtpaket. Siehe TFM. Grafisch teilweise amateurhaft schlecht, aber schadet das dem Spielerlebnis? Nö. Nicht im geringsten.


    Bei 1000+ Neuveröffentlichungen im Jahr ist es nur natürlich, dass nicht alles Gold ist, was da glänzt. Ganz im Gegenteil. Die wenigen Spiele, die sich wirklich von der Masse absetzen können, muss man nun mal suchen. Wer eine zweistellige Anzahl von Ausnahmespielen im Regal hat, hat logischerweise gewisse Ansprüche.


    Für meinen Geschmack gibt's in manchem Jahrgang auch gar kein Spiel, das ich mit 9/10 oder höher bewerten würde. Aber das hat nichts mit "elitär" zu tun. Ein "Spiel X ist guter Durchschnitt (aber nicht mehr als das)" sollte man auch nicht als Nörgelei diffamieren, schon gar nicht als "ewige Nörgelei", sondern als das verstehen, was es ist: ein schwaches Lob (entstanden in dem Bewusstsein, dass es auch Besseres gibt). Es kann nicht alles nur toll sein. Die meisten Spiele sind "nur" solide bis gut, und das zu sagen ist auch nicht negativ gemeint. Das ist einfach die gelebte Vielspieler-Realität, wenn man viele Spiele kennt.

  • Ich gehe relativ sorgsam mit Käufen um, Kickstarter interessiert mich fast gar nicht. Die einzigen kürzlich zum Release erworbenen Spiele waren #SpiritIsland und #Flügelschlag. Natürlich ist mal eine Lusche dabei, aber das stellt dann mein Bauch oder meine Mitspieler fest.

    Schon mal dagewesen ist für mich kein Argument, sofern ich halbwegs den Plagiatsverdacht ausräumen kann. Wenn es sich nach Spaß anfühlt, suche ich weder die Macken, noch gehe ich in die Tiefenanalyse mit Bewertungsziel.

    Die Escapespiele sind das beste Beispiel. Ich kenne #Unlock #Exit und #Deckscape. Die haben alle Stärken und Schwächen, haben aber einfach Spaß gemacht.


    Natürlich ist es aber schon der Burner, wenn es mal so richtig frische Sachen gibt, wie #SpiritIsland :sonne:

  • Ich kann mich gut begeistern, wenn ich auch nicht mehr alles spielen muss. Spaß ist erstmal das wichtigste und der entsteht aus ganz unterschiedlichen Dingen. Das kann ich jetzt gar nicht so genau beziffern. Grundsätzlich halte ich es aber so, egal ob Vielspieler, Experte oder Einsteiger, erstmal sacken lassen. Es mag in der Essenz eines Vielspielers stecken, das man sich sofort austauschen möchte und Vergleichen anstellt. Ja, man hat seine Meinung. Aber eben nur aus einem Spiel! Mit einer Gruppe! Klar kann man gewisse Spielmechaniken beurteilen, aber dieses fast relexhafte durchanalysieren nach einem Spiel, das ist nicht so meins. Ganz schlimm finde ich das be Tabletops, wo ja auch von bestimmten Spielertypen – nicht gerade die Anfänger – gleich von Imba, übermächtig & Co gesprochen wird. Ähnliches gibt es auch bei Brettspielern. Nicht alles sieht man, trotz Erfahrung, beim ersten Spiel. Je nach Spielgruppe spielt sich etwas auch mal ziemlich anders. War das jetzt eine ANtwort auf die Thread-Frage? Bin mir gerade unsicher :D

  • Analysiert er sich die Freude weg?


    Nö. Der Vielspieler ist gar nicht aktiv an diesem Prozess beteiligt. Er kennt bloß einfach mehr. Jemand, der noch nie Steak gegessen hat, freut sich vllt. auch über ne trockene Roulade. Jemand, der aber schon 100x feinstes Rinderfilet hatte, gibt sich mit Roulade vllt. nicht mehr so zufrieden. Da braucht er nix weganalysieren. Er weiß einfach, dass es Besseres/Zarteres gibt. Deswegen ist die Roulade nicht schlecht, ein Filet aber eben zarter.


    Nur weil man mehr weiß/kennt, ist man nicht elitär. KritischER ja. ZU kritisch nein. Man hat eben mehr Vergleichswerte

    Oder braucht es einfach „mehr“, um den Vielspieler zu begeistern?

    Neues begeistert für gewöhnlich mehr oder schneller, als Altbekanntes. Das erste mal xy ist immer was Besonderes. Wenn es normal geworden ist, mit dem Hubschrauber in die Schule geflogen zu werden, ist es wahrscheinlich auch nicht mehr so besonders. Beliebig austauschbar. Ob es unbedingt "mehr" sein muss, lass ich mal dahingestellt, aber auf jeden Fall "anders".

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • Ich glaube auch, dass es immer eine Frage des Vergleichs ist. Wenn ich weiß, was mir richtig gut gefällt und dann ein neues Spiel teste, muss es sich in Sachen Spielspaß eben an der hohen Hürde messen. Wenn ich täglich nur herausragende Spiele (auf meinen Geschmack bezogen) auf dem Tisch habe, fällt ein gutes Spiel eben ab.


    Andererseits finde ich an den Beispielen Dice Tower und H&C, dass hier doch bei vielen Spielen zumindest ein gutes Resümee gezogen wird. Selbst wenn man den Sponsoring-Bonus wegrechnet, sind da doch immer noch einige gute Bewertungen dabei und das ganze ohne alles zu hypen. Ich denke, dass es bei solchen Vielspielern eben auch ganz viele Gurken gibt, von denen dann zwar keine Videos gemacht werden, die die Messlatte aber eben auch wieder absenken.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Gerade weil ich viel und ebenso vieles spiele, erfreue ich mich an Spielen, die mir gefallen. Entweder weil das Spiel gut ist oder die Spielrunde passt oder sogar beides.


    Das kann ein einfaches Kartenspiel wie LAMA sein, wenn in der Runde der Funke überspringt und die absurdesten Spielsituationen entstehen, die man selbst so völlig falsch einschätzt und vorzeitig aussteigt oder gerade diesen Moment verliert. Das kann ein komplexes Nischenspiel wie John Company sein, wenn um ausufernd Positionen und Gefälligkeiten geschachert wird, zum Wohle der gemeinsamen Firma und der eigenen Brieftasche, nur um dann durch ein W6-Wurf abgesetzt zu werden. Das kann aber auch ein Eurogame-Optimierspiel sein, wenn die Maschinerie so richtig läuft, aber man dann merkt, dass es Mitspielern noch besser hinbekommen haben.


    Was für mich zählt, ist der Moment des Spiels. Alles andere ist dann nur ein Zubrot, das eventuell als Vorfreude davor oder als Analyse danach passiert, wenn es denn passt. Allerdings bin ich wesentlich wählerischer geworden, welche Spiele ich mir selbst kaufe, um die dann in anderen Spielrunden erneut spielen zu können, wenn es da keine Überschneidungen gibt. Alles andere muss ich nicht mehr zwingend selbst besitzen - mitspielen reicht mir oft aus. Ausnahmen sind allerdings die Regel, weil sonst wäre das ein analytisches Hobby und kein Vergnügen.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Ich unterstelle dem Vielspieler an sich einfach mal, dass er Spaß am Spielen hat, und auch Spaß an Spielen.


    Das gilt für mich auch immer noch in vollem Ausmaß, und ich freue mich auf alle möglichen Spiele, die demnächst kommen oder die schon da sind, aber die ich noch nicht spielen konnte.


    Was ich aber bemerke, ist so ein wildes Querverweisgerümpel, das in meinem Kopf stattfindet, wenn ich ein neues Spiel kennen lerne.

    Ich bin einfach nicht unvoreingenommen, sondern ich vergleiche, denke nach, und bewerte viel schneller, teilweise schon während der Erklärung.


    zB hab ich vor ein paar Monaten #DiceSettlers kennen gelernt. Mein Kopfinhalt sah ungefähr so aus:


    Und das ist, bevor ich auch nur die Regeln fertig verstanden habe. Die Hälfte stimmt vermutlich nicht mal. Ich hab das Spiel schon wieder größtenteils verdrängt. ;)


    Ich kann nicht einfach so ein Spiel spielen.

    Ich kann mir die Mühe geben, die Klappe zu halten und meine Mitspieler mit sowas nicht zu nerfen, aber aus meinem Kopf krieg ich das nicht mehr weg.

  • Ich habe genau dasselbe Problem wie PeterRustemeyer , denn ich stecke Mechaniken in Schubladen.

    Und zwar gelabelt mit den Spielen, die ich kenne, die diese Mechaniken beinhalten.


    Wenn mir der Besitzer meines FLGS ein neues Spiel unter die Nase hält und mir dazu was erzählt und ich mir die Rückseite angucke, dann versuche ich zu vergleichen wie das Ganze dann mit mir bekannten Spielen zusammenhängt.


    ZB: Kartenmarkt aus Dominion + Würfelmechanik aus Machi Koro = Valeria Card Kingdoms

  • Oder braucht es einfach „mehr“, um den Vielspieler zu begeistern?

    Das ist der Punkt, der bei mir zumindest bei vielen Titeln mittlerer Komplexität zutrifft. Da bräuchte es mehr, um mich richtig zu begeistern. Das finde ich aber auch recht naheliegend.


    Häufig ist bei mir ein wesentlicher Bestandteil vom Spaß am Spiel das Entdecken des Spiels. Bei vielen eigentlich handwerklich gut gemachten Spielen mittlerer Komplexität geht es mir so, dass ich nicht viel zu entdecken habe. Dadurch dass ich bereits viele ähnliche Titel kenne, weiß ich meistens schon nach den ersten paar Zügen im ersten Spiel wie man das Spiel halbwegs gut spielen kann. Einfach durch die Erfahrung von anderen Titeln mit ähnlichen Mechaniken. Dann habe ich also zumindest auf dieser Ebene nicht viel zu entdecken. Das führt dann meist dazu, dass ich das Spiel nur solide finde. Es bräuchte dann also noch irgendwas anderes was es für mich vom Rest abhebt. Zum Beispiel ein toll umgesetztes Thema oder eine trotz des leichteren Schwierigkeitsgrads hohe Spieltiefe. Komplexere Spiele kann ich dagegen trotz Erfahrung nicht so schnell lösen. Da gibt es also für mich mehr zu entdecken, damit für mich meist auch mehr Spielspaß. Gleichzeitig würde ich aber jemanden, der noch nicht so viel kennt, immer erst das einfacherer Spiel empfehlen, selbst wenn er kognitiv dazu in der Lage wäre, auch ein komplexeres Spiel zu spielen. Einfach weil die Person auch bei dem einfacheren Titel noch ganz viel entdecken kann. Es braucht hier also nicht mehr, um den Forschungsspaß zu wecken. Das Komplexere wäre hier vermutlich nur unnötiger Ballast.


    Spiele, die mich richtig begeistern sind daher dann meist Spiele, die über Kennerspielniveau liegen oder einfacherer Spiele, die ihren Fokus auf etwas anderes als auf das Entdecken von Mechaniken setzen, zum Beispiel auf eine sich entwickelnde Gruppendynamik.