Der Wert von Musik (Streamingdienste, Ticketpreise, etc.)

  • Ich habe mich lange Zeit gegen Streamingdienste gewehrt, nicht aber gegen digitale Käufe von Musik. Ich habe seit dem Beginn von iTunes relativ schnell auf physische Käufe verzichtet und bin auf digitale Käufe umgestiegen. Und damit fuhr ich auch seither gut. Abgesehen davon, dass man keine CD mehr in den Händen hielt, war das Vertriebsmodell mit dem klassischen recht vergleichbar. Nur dass eben Apple als Plattformanbieter einen Teil des Kuchens abbekam statt die Fabrik, die die CD herstellte. Dann kamen Spotify und Co auf den Markt und mir war das eine lange Zeit lang recht suspekt. Damals war es so einfach: Geld bezahlen, Files herunterladen, Daten sichern, fertig. Mit Streaming war man gefühlt abhängig von der Willkür der Bereitstellung der Anbieter und meine gut gepflegte Musiksammlung war eigentlich auch ein Gegenargument.


    Seit Apple Music sieht das aber tatsächlich anders aus und auch ich höre viel über diesen Streamingdienst. Nicht nur, weil die Netzfunkanbieter endlich angemessene Produkte anbieten (Apple Music verbraucht kein Datenvolumen). Auch Hörspiele sind hier wieder im Kommen. So aber kam ich zu dem Gedanken, was wohl die Macher daran verdienen. Ich höre z.B. sehr gern die Hörspielserie "Dorian Hunter". Damals kaufte ich die in iTunes, was zumindest insofern nervig war, als dass ich die einzelnen Stücke später in meiner Musiksammlung hatte (iTunes machte seit iTunes Match-Zeiten keine so saubere Trennung mehr zu Hörspielen).


    Später bin ich dann auf Audible umgestiegen, die die Hörspiele auch im Programm haben - ein recht klassischer Dienst bei dem man die Produkte (bzw. Zugriffe) noch klassisch digital kauft. Mittlerweile gibt es sie auch bei Apple Music - also im Streaming-Dienst. Demnach hat man sie immer dabei und kann kostenlos darauf zugreifen.


    Mal ganz davon ab, dass die Audible-App dafür die wesentlich bessere Plattform ist, die sich Stoppmarken, Kapitel- und Lesezeichen merken kann und sich so im Gegensatz zu Apple Music merkt, an welcher Stelle man pausiert hat, stellte sich mir die Frage nach dem Verdienst der Ersteller. Denn ich möchte ja, dass die Hörspielserie auch weiter produziert wird. Darum bin ich auf die Produzenten mal zugegangen.


    Wie man sich denken kann, verdienen sie am meisten, wenn man direkt bei ihnen kauft. Relativ logisch. Der Umweg über Audible und die Abfuhr eines Anteils an Amazon lasse ich mir dann aber gefallen, weil deren technische Plattform es mir so schön einfach macht die Hörspiele zu hören. Audible ist aber nun auch kein "All you can hear"-Streamingdienst sondern ein recht klassisches Modell, wie oben bereits erwähnt.


    Daher habe ich mal aus Interesse geschaut, wie denn Streamingdienste überhaupt abrechnen. Spotify ist mittlerweile an der Börse und 32 Milliarden Dollar wert. Hat aber nach eigenen Aussagen seit 2006 ca. 8 Milliarden Dollar an Künstler ausgezahlt. Dienste wie Spotify versuchen, Musiker für die Plattform zu begeistern. Sie versprechen Reichweite und bessere Auffindbarkeit. Je nach Vertrag landet aber nur ein Bruchteil der Abogebühren, die die Nutzer zahlen, am Ende wirklich bei den Musikern und Komponisten. Denn das Geld, das Spotify (hier exemplarisch für alle Streamingdienste) zahlt, geht erstmal an die Labels.


    Klar ist natürlich, dass ohne Marketing auch auf Seiten der Musiker nichts geht. Wer nicht bekannt ist, wird nicht gespielt. Und da sind Streamingplattformen in der Tat eine gute Möglichkeit. Denn diese sind für den Künstler erst einmal kostenlos. Anders als ein Label im klassischen Musikgeschäft geht hier niemand in Vorleistung und erstellt eine teure Marketingkampagne, die durch Verkäufe wieder eingefahren werden muss. Dennoch zahlt Spotify den Rechteinhabern am Ende nur 0,0038 $ pro gespieltem Song (Stand 08/18).


    Die Cellistin Zoë Keating hat ihre Einnahmen von Streamingdiensten aus dem Jahre 2017 veröffentlicht. Unterm Strich wurden ihre Songs ca. 3,5 Millionen Mal gestreamt. Über ihre verschiedenen Labels bekam sie dadurch 19.629 $ ausgezahlt. Macht 0,0056 $ pro Stream im Durchschnitt. Da mag man sich nun mal denken: "Wow, das ist ja wenig! 3,5 Millionen mal gestreamt und dadurch nur ein unterdurchschnittliches Jahreseinkommen? Damit wäre man damals reich geworden!"


    Kann vielleicht stimmen und demnach ist das Geschreih der Künstler und der Industrie auch groß. Aber ist das gerechtfertigt? Natürlich tut es immer weh, wenn jemandem etwas weggenommen wird. Aber ich möchte einmal eine andere Sichtweise diskutieren. Denn man stelle sich mal vor: Diese knapp 20.000 $ hat sie durch einmalige Arbeit (Aufnahmen) erhalten. Und die werden mit dem richtigen Marketing auch 2019 nicht ausfallen. Dass natürlich etliche Jahre Ausbildung dahinter stehen, ist auch nicht wegzudenken. Aber andererseits: Wer unter euch hat nicht Jahre in seine Ausbildung investiert, 5-10 Stunden am Tag, über Jahre, um den Job auszuüben, der heute die Brötchen bezahlt?


    Ist es vielleicht nicht eher an der Zeit, "Musik" nicht mehr als Hitdriven Business zu bezeichnen, in dem man als "One hit wonder" zur schnellen Million kommt? Sondern eher als normalen Job, der größtenteils aus Live-Auftritten besteht? Dann sind Einkünfte über Streamingdienste ein gern gesehenes Grundrauschen. Sicherlich braucht es auch dafür wieder die kritische Masse, Aufträge, Technik, Promotion, etc. Aber auch ein Handwerker muss sich um seine Aufträge kümmern und wo keine Baustelle, da keine Arbeit.


    Kann es vielleicht sein, dass sich das Musiker-Darstein viel mehr den üblichen Berufen angleicht, mit durchschnittlicherem Gehalt und "geregelteren" Arbeitszeiten? Und weiter gesponnen: Wäre daran etwas schlechtes?

  • Puh, schwieriges Thema. Was sind denn überhaupt übliche Berufe für dich?


    Eine Annäherung an geregeltere Arbeitszeiten sehe ich nicht, da viel mehr Zeit aufgewendet werden muss und dies nicht in einem festen Zeitrahmen planbar ist. Sei es Musik zu schreiben, Konzerte zu planen, Konzerte zu spielen, Interviews zu geben, sich mit Vertrieb, Musikrecht, Gema und Abrechnungen auseinander zu setzen und was da noch alles so reinfällt.


    Auch ein durchschnittlicheres Gehalt sehe ich nicht. Die Spanne was das Gehalt oder besser die Einnahmen betrifft ist unendlich groß. Ein Freund von mir ist früher nur Musiker gewesen, mittlerweile sind er und seine Frau zu einer Künstlerfamilie geworden und machen nicht nur Musik, sondern schreiben Bücher, machen Comics, Musik, Illustrationen und Tattoos. Ein anderer Freund von mir wiederum hat eine Band und ist gefühlt ständig im Sinne der Musik unterwegs. Allerdings können sie mittlerweile von der Musik leben.


    Mir persönlich ist Musik sehr wichtig und ich gebe gerne Geld für Musik aus, allerdings fast nur für Vinyl, CDs und Konzertkarten. Ich habe zudem einen Spotify Premium Account. Songs kaufe ich seit Spotify nicht mehr digital. Allerdings waren es vorher auch nur einige wenige Songs bzw. Alben, die ich mir digital gekauft habe.


    Allgemein scheint es mir eher so zu sein, dass der Stellenwert von Musik gesunken ist, da man überall und jederzeit an Musik kommen kann und das "kostenlos". Warum also dafür bezahlen? Auch gibt es viel mehr Dinge, die ständig um die Aufmerksamkeit der Menschen "kämpfen". Man hat also weniger Zeit für Dinge und muss sich genau überlegen in was man sein Geld investiert oder womit man seine freie Zeit verbringt.

    Natürlich müsste man jetzt Zahlen raussuchen, um diese Dinge belegen zu können. Nicht nur, wie sich die Verkaufszahlen ändern, sondern auch wie die Anzahl der Künstler gestiegen ist, da es heutzutage viel einfacher ist Musik zu machen, ohne Ahnung von Instrumenten, Technik oder Gesang zu haben. Programme nehmen einem da vieles ab.

    Übersetzt & lektoriert Spiele für div. Verlage und probiert Spiele in allen möglichen Stadien aus.

  • Das ist korrekt. Was ich aber meine ist: Muss ein Musiker, nur weil ihn die halbe Welt kennt, automatisch Millionen verdienen? Oder reicht es nicht, wenn er 50k-100k im Jahr verdient?


    "Ob es reicht" ist natürlich eine schwierige Formulierung - natürlich "reicht" es. Aber im allgemeinen geht man ja doch davon aus, dass ein weltbekannter Musiker steinreich sein muss.

  • Irgendwie eine überflüssige "Diskussion", muss z.B. Neymar 36,8 Millionen im Jahr verdienen?`Nö... macht er aber.

    Eigentlich gibt es keine Tätigkeit, die solche Verdienste wirklich rechtfertigt, weder bei Fußballern, Musikern oder Top-Managern

  • PowerPlant Ich finde jetzt auf die schnelle keinen Beleg, aber ich kann mich schon früher an die Aussage erinnern, dass nicht die CD-Verkäufe, sondern die Gigs und das Merchandising dazu führte, dass die Bands Geld verdienten. Kann ich mir auch gut vorstellen, das bereits früher viele verschiedene Instanzen ihre Hand ausstreckten, um zu kassieren. Label (hier mal alles zusammengefasst, was dahinter steckt wie Marketing, Tontechniker, etc.) -> Produktion -> Großhändler -> Händler (und was auch immer noch dazwischen liegt.


    Zu Spotify & Co. fällt mir noch das ein:



    Ich gebe aktuell mehr im Monat für Musik aus, als viele, viele Jahre zuvor. Da hatten mir meine bereits gekauften CDs und das Radio gereicht. Mehr brauchte ich nicht. Dafür kann ich jetzt auch mal damit experimentieren, und wild reinhören was so angeboten wird.

  • Die Cellistin Zoë Keating hat ihre Einnahmen von Streamingdiensten aus dem Jahre 2017 veröffentlicht. Unterm Strich wurden ihre Songs ca. 3,5 Millionen Mal gestreamt. Über ihre verschiedenen Labels bekam sie dadurch 19.629 $ ausgezahlt. Macht 0,0056 $ pro Stream im Durchschnitt. Da mag man sich nun mal denken: "Wow, das ist ja wenig! 3,5 Millionen mal gestreamt und dadurch nur ein unterdurchschnittliches Jahreseinkommen? Damit wäre man damals reich geworden!"

    Die interessante Frage ist doch erst mal, wie oft wäre Zoë Keating gehört worden, wenn es keine Streamingdienste gäbe, sondern wenn Musik noch wie vor 10 oder 15 Jahren erhältlich wäre. Das kann man natürlich nicht wissen. Aber es wäre wichtig für eine Beurteilung. Welchen Anteil hat ein Streamingdienst daran, Künstler bekannter zu machen?


    Ich habe auf jeden Fall schon einiges an Musik kennengelernt, was ich ohne Spotify vermutlich nicht entdeckt hätte. Dinge wie der persönliche Mix der Woche oder "wer Interpret A hört, hört auch oft Interpret B, C, D und E" helfen auf jeden Fall dabei, auch unbekanntere Interpreten zu entdecken. Deshalb hat Spotify mit Sicherheit Auswirkungen auf das Hörverhalten und somit eine Art Werbeeffekt.


    Andererseits hat das auch Nachteile. Algorithmen entscheiden darüber, was mir vorgeschlagen wird. Aber ist das schlimm? Ich denke nicht, denn ich kann ja auch aktiv nach Dingen suchen.


    Schlimm ist für mich eher, was bei Spotify NICHT erhältlich ist. Denn da ich keine Lust auf einen zweiten Streamingdienst habe, kann ich Alben nicht hören, die Spotify nicht anbietet. Ich könnte natürlich eine CD kaufen, aber das will ich nicht, ich will weg von physischen Musikprodukten, die nur Platz brauchen, und wenn man sie hören möchte, hat man sie nicht dabei. Wenn schon digital, dann bitte komplett.

  • Das ist korrekt. Was ich aber meine ist: Muss ein Musiker, nur weil ihn die halbe Welt kennt, automatisch Millionen verdienen? Oder reicht es nicht, wenn er 50k-100k im Jahr verdient?


    "Ob es reicht" ist natürlich eine schwierige Formulierung - natürlich "reicht" es. Aber im allgemeinen geht man ja doch davon aus, dass ein weltbekannter Musiker steinreich sein muss.

    Ich bin da von der Einstellung ganz marktliberal: Wenn der Künstler nicht mehr Geld über Streamings generiert, hat er oder sie nicht mehr verdient. Ist das aktuelle Modell der Geldaufteilung zwischen Streamingdienst, Label und Künstler gerecht? Finde ich schwierig von außen zu sagen. Ich finde es aber auch immer sehr verkürzt, Streaming Dienste bzw. Plattformanbieter generell als Wegelagerer oder Blutegel darzustellen. Ohne diese würde man doch die Kunden gar nicht erreichen. Das ist ein riesiger Mehrwert. Außerdem, hat eher jemand das große Geld verdient, der ein super beliebtes Lied "macht", oder derjenige, der eine Plattform auf die Beine stellt, die Kunden extrem anspricht? Aus meiner Sicht kann sich der Plattformanbieter ruhig ein großes Stück rausschneiden. Wie Künstler und Label sich das noch aufteilen: Da muss halt der Künstler den Mehrwert durch das Label einschätzen.


    Generell finde ich wirklich nicht notwendig, dass man mit einer bestimmten Art der Unterhaltung reich werden muss. Nur weil Fußballer extrem viel Geld generieren (zumindest in der Spitze), muss das nicht für andere Sportarten auch so gelten. Insgesamt sehe ich da Musiker immer noch am oberen Ende und keinen Fall für die Wohlfahrt.

  • Das hat sich im laufe der Jahre alles ein bisschen gewandelt. Früher haben Bands/Künstler getourt um damit ihr aktuelles Album zu promoten. Heute ist das eher umgekehrt. Heute werden Alben produziert um damit die anstehende Tour zu pushen.


    Ausgehend davon, dass Metallica angeblich mal mit 50cent Beteiligung pro verkauftem Silberling den besten Plattenverträg überhaupt hatte und die Verdienste an Plattenverkäufen rückläufig sind, kann die Theorie schon stimmen...

  • Ich möchte zu dem Beitrag von Thygra noch hinzufügen, dass man sich dann auch die Frage stellen könnte, ob sie überhaupt so viele Tonträger verkauft hätte, um fast 20k Euro zu verdienen. Denn die Schwelle in einen Song bei Spotify reinzuhören, den man nicht kennt, ist sicher um ein Vielfaches geringer, als eine Single oder ein Album zu kaufen.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Andererseits hat das auch Nachteile. Algorithmen entscheiden darüber, was mir vorgeschlagen wird. Aber ist das schlimm? Ich denke nicht, denn ich kann ja auch aktiv nach Dingen suchen.

    Nein, ist es nicht. Da es nur ein weiterer Weg ist, um Input zu bekommen, der deinen alten (Empfehlungen von Freunden) nicht ersetzt. Ich bin noch nie in den CD-Laden gegangen und habe gefragt, was mir denn gefallen könnte ;)


    Manipulativ sehe ich diese Algorithmen ebenfalls kaum, da selbst gepushte Musik ja nicht automatisch gefallen muss. Und letzten Endes ist den Streamingdiensten nicht daran gelegen, dass du eine bestimmte Band hörst, sondern dass Du ihren Service nutzt, um irgendeine Band zu hören. Entsprechend ist ihnen daran gelegen, dass die Algorithmen deinen Geschmack bestmöglich zu analysieren wissen um dir Musik vorzuschlagen, die du dann auch tatsächlich hörst.


    Mit zu vielen manipulierten Vorschlägen würden sie auf Dauer sicherlich einige Hörer verlieren.


    Fest steht doch, dass viele Menschen in Deutschland von 20.000 € im Jahr (1.650€ netto) oder weniger leben, wofür sie täglich 8 Stunden oder mehr arbeiten gehen. Auf der Gegenseite steht eine Künstlerin, die einmalig Songs geschrieben und aufgenommen hat und dafür monatlich - quasi passiv - Geld bekommt. Sich da zu beschweren ist eigentlich nicht angebracht.


    Der einzige Grund ist: Früher wäre es (wahrscheinlich) wesentlich mehr gewesen. Wir kommen aus 50 Jahren extremst verpuderter Musikindustrie in der wir es gewohnt sind, dass erfolgreiche Leute automatisch steinreich werden. Sicherlich beschweren sich die Künstler heute, dass das alles wegbrechen würde. Tut es sicherlich auch zu einem Großteil, aber ist das schlimm?


    Wie gesagt, 20.000$ jährlich nach einmaliger Arbeit. Das ist für die meisten Berufe nicht schlecht ;) Und daneben hat man ja genügend Zeit zu touren und Auftritte zu planen. Ein Monteur ist auch wochenlang auf Achse, und der wird auch nicht reich dadurch. Die saubere Ausführung seiner Arbeit ist aber nicht minder wichtig, weil oft sogar Leben davon abhängen können.


    Disclaimer: Ich möchte gar kein Künstlerbashing betreiben. Meine Idee bzw. Frage ist eher, ob es nicht an der Zeit ist den Beruf "Musiker" finanziell zu sehen wie jeden durchschnittlichen Beruf auch. Und ich denke, dass dieses Umdenken irgendwann kommen muss.


    EDIT: Ich kenne sogar Künstler, die haben das Gut "Musik" auch als Ware begriffen und bieten die Dienstleistung der Livemusik an. Die haben ihre eigene Agentur, bieten Musik von-bis Personen und Stilen an und spielen eben Coversongs. Von Geburtstag über Firmenveranstaltung bis hin zur Hochzeit. Für die ist das auch ein 9-5 Job mit anders gelagerten Arbeitszeiten. Aber die hat eben eine Kellnerin auch. Oder ein Bäcker. Oder ein Krankenwagenfahrer.

  • Was ist denn nun ein "üblicher" oder "durchschnittlicher" Beruf für dich? Ein Job als Angestellter? Das ein Krankenwagenfahrer immer von 9 bis 5 bzw. nur 8 Stunden arbeitet, bezweifle ich übrigens stark. Ebenso wie es viele andere Berufe gibt, die eben nicht nur 8 arbeiten (können). Das Menschen sich dadurch teilweise selbst kaputt machen und das dagegen in unserer Gesellschaft etwas getan werden muss, darüber müssen wir sicherlich nicht diskutieren. Trotzdem denkst du mir persönlich zu eindimensional was das angeht.


    Und auch deine Aussage mit 20.000$ für einmalige Arbeit sehe ich kritisch, auch wenn du ein Smiley benutzt hast. Da steckt eine Menge Arbeit hinter und Musiker sein ist nicht nur Songs schreiben. Klar, wenn du einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hast, fällt es dir leichter. Das kannst du als Angestellter aber auch erreichen, zwar nicht die gleichen Dimensionen, aber auch dort kannst du genug Geld verdienen. Das ist in meinen Augen aber nicht vergleichbar.

    Davon mal ab gibt es so viele unterschiedliche Arten von Musikern und die verdienen damit tagtäglich ihr Geld (wie du und ich), seien es Studiomusiker, Sessionmusiker, Musiker, die in Orchestern spielen, etc. auch die von dir genannten Coverbands. Da hast du die "Musik als Ware".


    In der Musikbranche wird sicher oft sehr finanziell gedacht, denn man möchte bzw. muss ja auch Geld einnehmen. Dem gegenüber stehen aber auch viele Künstler, die eben nicht davon leben (wollen), sondern deinen sog. "üblichen" oder "durchschnittlichen" Jobs nachgehen und Musik in ihrer Freizeit machen.


    Gerade Musik schafft es Menschen so vielfältig zu berühren und Gefühle auszulösen wie selten etwas anderes. Und wenn es dann mal jemand aus eigenem Antrieb schafft, warum auch nicht. Das wird ja nicht grundlos so sein.


    Warum muss es denn ein Umdenken geben und vor allem was soll dieses Umdenken für dich sein und wie willst du den Beruf Musiker denn finanziell sehen? Was bedeutet das für dich? Das jemand (nur) einen festen Betrag verdienen darf/soll/muss und dafür 40 Stunden die Woche arbeiten soll/darf/muss? Ich verdiene auch Geld und jemand anders der die gleiche Jobbezeichnung hat, die übrigens kein geschützter Begriff ist oder sonst irgendwie festgelegt ist, verdient auch Geld. Ob es genau gleich viel ist? Ganz sicher nicht. Ich verstehe leider überhaupt nicht, was du mit diesem Thread sagen willst bzw. worauf du hinaus willst. Erklär es mir bitte. Wenn du hier auf soziale Ungerechtigkeit hinaus willst, dann sollten wir definitiv nicht über Musiker reden. Da liegen die Probleme ganz woanders.

    Übersetzt & lektoriert Spiele für div. Verlage und probiert Spiele in allen möglichen Stadien aus.

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  • Ist es vielleicht nicht eher an der Zeit, "Musik" nicht mehr als Hitdriven Business zu bezeichnen, in dem man als "One hit wonder" zur schnellen Million kommt? Sondern eher als normalen Job, der größtenteils aus Live-Auftritten besteht? Dann sind Einkünfte über Streamingdienste ein gern gesehenes Grundrauschen. Sicherlich braucht es auch dafür wieder die kritische Masse, Aufträge, Technik, Promotion, etc. Aber auch ein Handwerker muss sich um seine Aufträge kümmern und wo keine Baustelle, da keine Arbeit.


    Kann es vielleicht sein, dass sich das Musiker-Darstein viel mehr den üblichen Berufen angleicht, mit durchschnittlicherem Gehalt und "geregelteren" Arbeitszeiten? Und weiter gesponnen: Wäre daran etwas schlechtes?


    Deine Wahrnehmung ist irgendwie verzerrt. Musiker war schon immer ein ganz normaler Beruf. Der grundlegende Ablauf hat sich doch noch nie wirklich verändert. Heute ist es jedoch auf eine zweischneidige Weise durch das Internet und Streaming-Dienste "anders", die eigenen Songs zu verbreiten. Dabei ersetzt Streaming jedoch die bisherigen Bezugsquellen nicht, sondern ergänzt diese, greift aber zugleich Anteile ab.

    Dennoch bestand das Wirken der meisten Bands/Künstler MIT Album schon immer aus den Arbeitsschritten: Aufnahme - Tonträger - PR/Auftritte/Airplay - Merchandise. Daraus resultierten Einnahmen, die je nach Musik, Aktivität und Co. aus Gagen, GEMA-Ausschüttungen und Tantiemen bestanden. Das IST schon immer ein ganz "normaler" Job gewesen.

    Der Erfolg bzw. die Einnahmen waren und sind extrem unterschiedlich und hängen von Musikart (!), Charterfolgen, Ruf der Liveauftritte, Häufigkeit des Airplays usw. ab. Für viele Musiker sind Radio und große Verkaufszahlen aber schon immer ein Traum. Sie krepeln knapp über dem Hobbybereich herum und müssen sich über Auftritte und Merchandise über Wasser halten. Die Produktionskosten für das nächste Album zahlt halt auch nicht immer die Plattenfirma (oder der Produzent/Verlag). Das heißt: Die meistens fünftstelligen Studiokosten muss - insbesondere der kleine - Künstler selbst tragen. (Bandübernahmevertrag heißt das Stchhwort.)

    Übrigens verdienen Top-40-Bands auf Stadtfesten häufig mehr als mittelbekannte Indiebands in einer Woche auf Tour. Nicht zu vergessen gibt es Studiomusiker, angestellte Musiker, musizierende Komponisten, Musiker, die Komponisten benötigen, Musiker mit Band, Musiker ohne Band usw. Von welchen Musikern redest du also?

    Wie gesagt: Das alles war schon immer so. Das ist auch heute noch so. Nur zahlen Streamingdienste nur einen Bruchteil dessen, was für physikalische Tonträger zu erwarten war/ist. Daher sind Streamingdienste eine tolle Chance, aber in puncto Einnahmen ein Nachteil. Richtig Kohle machst du nur mit Radioeinsätzen und großen Touren mit vielen Besuchern. Der Tonträgerverkauf war sehr wichtig für viele Bereiche, wird aber eben vom Streaming verdrängt. Mit den daraus resulierenden Nachteilen.

    Hinweis: Meine Erfahrungen in diesem Bereich sind recht fundiert, da ich mehrere Jahre Bands begleitet habe und ihre Auftritte gebucht sowie Deals mit Plattenfirmen und Verlagen eingefädelt habe. Das ist in einem früheren Leben gewesen, aber sollte noch immer reichen, um dieses Thema grob zu beleuchten.

  • Reich der Spiele Gut, vielleicht muss man da trennen zwischen "Berufsmusiker in normalsterblichen Umfang" und "Star mit internationaler Bekanntheit".


    Denn die kleinen Musiker hatten es auch vor Streaming schwer, und mit Streaming auch nicht viel leichter.


    Meine "Wahrnehmung" bezog sich eher darauf, dass es viele Künstler ab einer gewissen Schwelle an Bekanntheit zu geben scheint, die sich über Streaming beschweren weil sie dadurch weniger Geld verdienen würden. Ich denke, der Thread richtet sich eher in die Richtung derer.

  • Die neuen Einnahmen über Streamingdienste sind meines Wissen geringer als der Verlust an alten Einnahmen über die dadurch weniger verkauften Tonträger.


    Es gibt durch die Streamingdienste theoretisch eine bessere PR-Chance, aber eben weniger Kohle als vorher. Ausnahmen mag es geben, dürften aber verschwindend gering sein und dann im Zuge der Entprofessionalisierung ganzer Branchen durch das Inernet, also durch Künstler ohne Plattenvertrag, entstanden sein. Ausnahmen, die es früher auch so ähnlich gab, nur mit anderen Schwerpunkten der Ausnahme.

    So oder so: Die Einstufung "Musiker als Beruf" ist nicht neu und und passt sich nicht den anderen Berufen an. Da hat sich eigentlich gar nichts geändert. Auch nicht durch Streaming. Erst recht nicht dadurch. Möglicherweise hast du durch die Streamingdiskussion nur einen anderen Blick auf die Gesamtsituation. Daher mein Hinweis auf "verzerrte Wahrnehmung".

  • da es heutzutage viel einfacher ist Musik zu machen, ohne Ahnung von Instrumenten, Technik oder Gesang zu haben

    Redest du von Techno, Rap oder ähnlichen Lärmbelästigungen? Bei der Musik, die ich höre, muss man seine Instrumente beherrschen, und das sogar überdurchschnittlich gut.

  • Ich rede von Musik allgemein. Du kannst zwar nicht alles am PC imitieren, aber vieles. Elektronische Musik ist da natürlich noch am einfachsten. Auch kannst du mithilfe von Programmen den "Gesang" optimieren und auch anderes kann mit Hilfe moderner Techniker schneller und einfacher erledigt werden und kostet nur noch einen Bruchteil früherer Beträge als die Technik noch nicht soweit war.

    Was da am Ende bei rauskommt, muss jeder für sich selbst bewerten. Bei mir ist das aber wie mit Brettspielen, ich erlebe viel mehr "Standardkost" als wirklich gute Künstler.

    Übersetzt & lektoriert Spiele für div. Verlage und probiert Spiele in allen möglichen Stadien aus.

  • MetalPirate Ich kann zwar nur aufgrund deines Usernamens vermuten, welche Musik du hörst, aber ich bin mir sicher, auch dort wird heutzutage alles mit Computern nachbereitet.


    Man muss ja heutzutage als Sänger nicht mal mehr die Töne treffen können, das begradigt der Computer (siehe Madonna-Video vom ESC-Abend).

  • da es heutzutage viel einfacher ist Musik zu machen, ohne Ahnung von Instrumenten, Technik oder Gesang zu haben

    Redest du von Techno, Rap oder ähnlichen Lärmbelästigungen? Bei der Musik, die ich höre, muss man seine Instrumente beherrschen, und das sogar überdurchschnittlich gut.

    Yiiiehah, Scheuklappen-Joe reitet durch die Prärie. :shoot: So eine Sicht hatte ich im Alter von Sechzehn.


    Was ist denn ein Instrument? Turntable, Computer sind dies ebenso. Es ist so, dass es im Metal gute Gitarristen, Drummer usw. gibt. Musik besteht aber zum Beispiel auch aus Texten, und gerade da ist Rap beispielsweise Klassenprimus, ohne jetzt meinen zu wollen, dass es nur schlechte Texter in allen anderen Musikstilen gäbe, dem ist eben nicht so.

  • Redest du von Techno, Rap oder ähnlichen Lärmbelästigungen? Bei der Musik, die ich höre, muss man seine Instrumente beherrschen, und das sogar überdurchschnittlich gut.

    ich mag sogar manche Lieder von Leuten die dabei gar kein Instrument spielen ;) aber das fällt bei dir dann wohl erst recht nicht unter Musik



  • Ich würde bei "Wert der Musik" gar nicht mal vom Geld ausgehen. Hatte eine ähnliche Diskussion mit meinem Vater, dem aufgefallen ist, dass ich mir ein Album streame und dann das nächste höre und dann das nächste. Er hat mir erzählt, dass er sich früher eine CD oder Platte gekauft hat und das ein halbes Jahr gehört hat. Er hat eine ganz andere Bindung zur Musik. Sie hat einen höheren persönlichen Wert.


    Meine Generation hört bzw. benutzt Musik wie Einweggeschirr.