Play by Mail (pbm)

  • In einem wie auch immer entstandenen Nostalgieflash musste ich mich neulich mal daran erinnern, wie das mit dem Spielen eigentlich angefangen hat.


    Wie bei so vielen gab es bei mir auch das eine "Erweckungsbrettspiel" (in meinem Fall Puerto Rico), dass das ganze Fieber in Gang gebracht hat.


    Jedoch habe ich schon weit davor regelmäßig Postspiele gespielt, so mit monatlichem Brief an den Spielleiter und einem gedruckten Heftchen als Auswertung. Was mit den ganzen digitalen Möglichkeiten der heutigen Zeit recht archaisch und entschleunigt wirkt hat mir damals großen Spaß gemacht und deutlich vor dem eigentlichen Brettspiel war das meine regelmäßige Spielbeschäftigung.


    Gespielt habe ich hauptsächlich in der ESCH (Erwachsenen-Spiele-Club Hamburg - aber bitte keine falschen Schlüsse ziehen 8-))) und im SBchen (das es ja heute noch gibt). Mein absolutes Highlight war Touchdown, eine American Football Simulation unter der Leitung von Clemens Schäfer, der leider in der Mitte seines Lebens an Krebs erkrankte und verstarb. Daneben habe ich neben dem unvermeidlichen United und einigen anderen Spielen auch ein Powerplay Team (Eishockey) am laufen und auch selber mal ein Spiel geleitet (Poesiemeister .. wer reimt am besten? :)).


    Warum schreibe ich das alles? Natürlich um mal rauszufinden, wem das so ähnlich ging am Anfang seiner Spielertage (einen entsprechenden Thread dazu habe ich noch nicht finden können, sollten die Mods aber einen ausgraben können, passt es natürlich auch prima da rein).


    Also: Wer mit Abkürzungen wie ZAT und NMR noch was anfangen kann, darf das hier gerne mal reinschreiben...

  • Da kann ich mich an "Ashes of Empires" in grauer Vorzeit erinnern. War mir aber aufgrund der Wartezeiten irgendwann zu doof, obwohl wir uns zur Zugabgabe immer live getroffen hatten. In unserer modernen Zeit mit schnellem I-Net (fast) überall kann man live und in Farbe allein oder gegen/mit andere spielen. Postspiele haben sich heutzutage überholt, es gibt vielleicht noch den ein oder anderen Liebhaber, aber die gibt´s ja immer...;)

    Bitte senden Sie mir Ihre E-Mail doppelt, ich brauche eine fürs Archiv :/

  • Ich war da Ende der 80iger und Anfang der 90iger auch aktiv, vor allem bei allem, was im „MEGAzine“ vorgestellt wurde.


    Ich würde sowas auch heute noch spielen, aber die meisten Menschen heute scheuen vor so einer Verpflichtung zurück.

    UpLive [bgg for trade] - einfach anschreiben, wenn Dich davon was interessiert!

  • Ja, war toll oder auch irrsinnig - je nachdem.


    Blood Royal, Diplomacy usw. waren eine Weile genial! Allein das Meta-Spiel drumrum, wenn man mit stimmungsvollen Briefen korrespondierte.

    Mehr und mehr nervte mich da, dass Spieler die am verlieren waren mehr und mehr die Partien einschlafen haben lassen und die noch unliebere Variante der spielübergreifenden Bündnisse (ich erinnere mich Grausen an die Begründung zum eigenen Nachteil nicht mit mir sondern mit Deutschland zu kooperiernen: "Er unterstützt mich dafür in der Partie xy").



    Dann mit eMail auch Spiele wie Advanced Squad Leader. Furchtbar mühsam gewesen, aber eine tolle Möglichkeit um mit den Kumpels drüben auch noch zu spielen und Scenarios zu testen/entwerfen, als ich nicht mehr in der Nachbarschaft weilte.




    War eine schöne Zeit und es nervte einen gar nicht arg, was man sich heute kaum mehr vorstellen kann.

    Ist so wie das Abspielen einer Single - schaffte ich einen Nostalgienachmittaglang mal wieder.

    Mit der Nase auf meinem smarten Device getippt.

    Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass das :?: entfernt werden muss

  • Im Zeitraum ca. 1986 bis 1992 war ich sehr aktiv im pbm. Ich hatte zeitweise bis zu 15 Zines abonniert. Gespielt habe ich bevorzugt United, zudem noch Diplomacy und viele Sportsimulationen.


    Das beste pbm-Spiel aller Zeiten war aus meiner Sicht "Kapitalisten-Diplomacy".


    Ich gründete auch an der Uni Dortmund in der Fachschaft Statistik ein United-System "United-Omega". Das hat in den 90ern ein anderer GM übernommen und leitet es meines Wissens auch heute noch.


    Weniger rühmlich war mein Versuch, mit dem "Flächösi" ein großes United-System mit eigenem Europa-Pokal zu installieren. Damit hatte ich mich übernommen, auch wenn ich das damals als Jungspund nicht einsehen wollte. Als ich nach ca. einer halben Saison ausstieg, war ein großer Teil der pbm-Szene für lange Zeit nicht gut auf mich zu sprechen ... :peinlich:


    (Wenn ich mich recht entsinne, war auch Warbear einer der Leidtragenden ...:blumen: )

  • Irgendwann zwischen 1986 und 1989 habe ich mit einem Freund für etwa 1 1/2 Jahre an einem Postspiel auf der Basis von Ashes of Empires teilgenommen. Tagata oder so ähnlich.


    Einerseits war es spannend zu sehen, was die Post brachte und wir die Resultate unserer Züge erfuhren. Anderseits wussten wir nie, ob Kämpfe fair ausgewürfelt wurden... Und es zog sich alles ewig hin. Als dann der Spielleiter plötzlich wegen Wehrdienst eine längere Pause ankündigte, brach das Spiel ab.


    Der nächste Schritt war dann Planets - wir kauften Disketten und hosteten das Spiel selbst in einer größeren Runde.

  • Ich hab im Amiga Joker (glaube ich) immer gerne an dem Wahlkampfspiel teilgenommen, das war ein bisschen mein Einstieg, und bin daraufhin mit einem Fuß in die Szene eingestiegen. Ich weiß nicht mehr, wie die Sachen hießen, hab aber an zwei, drei davon teilgenommen.

    Letztendlich war mir das aber alles zu langsam und aufwendig, darum konnte mich das Mail-System nicht halten ... :)

  • Diplomacy war für pbm wie geschaffen.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

  • Per Mail ist doch irgendwie "fast" das gleiche wie z.b. Yucata.de oder?

    "Fast" ist richtig. Bei Yucata kann man nacheinander seinen Zug machen. Bei pbm war im Prinzip immer nötig, dass alle gleichzeitig ihren Zug machen und dass der Spielleiter alles gleichzeitig auswertet. Denn sonst hätte eine Partie ewig gedauert.

  • Die Hoch-Zeit der Postspiele waren die Achziger und Anfang Neunziger Jahre. Also in der Zeit, als es noch kein Internet gab (genauer: noch keinen Internet-Browser - das Internet gibt es schon länger). Es erfüllte eine wichtige Funktion. In der Vor-Internet-Zeit war es schwierig, Kontakt mit Spiele-Begeisterten außerhalb des eigenen Wohnorts zu finden. Die Spiele-Szene wurde durch Spiele-Zeitschriften (Spielbox, Pöppelrevue, Fairplay,...), die Essener Spieletage und eben durch pbm zusammen gehalten.


    Ein pbm-Zine hatte damals einen typischen Zyklus. Man bekam ein Heft zugeschickt. Das Heft enthielt Spiele-Auswertungen von diversen unterschiedlichen Spielen. Dann hatte man ca. eine Woche Zeit, sich Gedanken über die Spielzüge der Partien zu machen, in denen man mitspielt. Die Züge schickte man dann entweder direkt an die jeweilgen Spielleiter, oder, um Porto zu sparen, alle Züge zusammen an eine zentrale Person, welche dann die Züge aller Spieler sammelte, sie auseinander sortierte und die gesammelten Züge an die einzelnen Spielleiter weiterschickte. Die Spielleiter hatten dann ca. eine Woche Zeit, die Auswertungen zu erstellen. Die Auswertungen gingen dann an den Herausgeber, der diese zu einem Heft zusammenkopierte, und die Hefte dann an die Spieler verschickte.


    Das typische bei pbm ist, dass die Spieler alle gleichzeitig ihre Spielzüge machen. Bei manchen Spiele gibt es eine Spieler-Reihenfolge. Wer möchte, kann dann bedingte Züge abgeben ("Wenn Spieler A folgendes macht, mache ich dieses. Ansonsten mache ich jenes."). Der große Vorteil bei pbm ist, dass man beliebig lange über seine einzelnen Spielzüge nachdenken kann. Es warten keine nervigen Spieler... ;). Die Downtime besteht im Warten auf den nächsten Erscheinungs-Termin.


    Ich habe über 20 Jahre beim KSK (Kirchheimer Spielekurier) gespielt. Das KSK gibt es noch und ist sogar jedes Jahr mit einem eigenem Stand in Essen vertreten. Meines Wissen ist es das einzige pbm-Zine, das sich mit den Spenden der Mitspieler regelmäßig einen Essen-Stand leistet.


    In meiner intensivsten Zeit habe ich über 70 Partien gleichzeitig gespielt. Meine Lieblingsspiele waren Punkte-Sleuth und Acquire. Punkte-Sleuth ist eine Variante von Sleuth, ein Deduktions-Spiel von Sid Sackson, das erstmalig bei 3M erschienen ist. Die Variante funktioniert nur als pbm. Da die wenigsten hier wohl diese Variante kennen, möchte ich sie hier kurz vorstellen.


    In Sleuth gibt es 36 Edelsteine. Die Edelsteine unterscheiden sich in drei Merkmale: Art des Edelsteins (Diamanten, Perlen, Opale), Farbe (rot, blau, grün, gelb) und Menge (Einer, Zweier, Dreier):



    In Punkte-Sleuth werden diese 36 Edelsteine durch den Spielleiter an sieben fiktive Personen (A, B, ..., G) zufällig zugeteilt. Ein Edelstein bleibt übrig. Das Ziel ist es, diese Verteilung herauszufinden (z.B. "blauer Diamant Dreier hat Person C").


    Punkte-Sleuth wird genau zu sechst gespielt, insgesamt 12 Runden. In jeder Runde können die Spieler Fragen genau eine Frage stellen. Zum Beispiel: Wieviele grüne Opale hat Person E? Die Antworten dieser Fragen werden dann an alle Spieler veröffentlicht.


    Das Besondere bei Punkte-Sleuth sind die Risiko-Tips, die man in jeder Runde abgibt (z.B. "roter Opal Zweier hat Person B"). Diese Tips erfahren die Mitspieler nicht. Man kann beliebig viele Tips in einer Runde abgeben. Für jeden richtigen Tip bekommt man einen Punkt. Für jeden falschen Tip bekommt man 2 Minuspunkte. Der Clou: Man erfährt nicht, welcher Tip richtig oder falsch ist. Man erfährt lediglich das Gesamt-Ergebnis!


    Man kann unterschiedlich vorgehen. Man kann z.B. in einer Runde genau einen Tip abgeben. Vorteil: man erfährt durch das Ergebnis die genaue Antwort (+1: der Tip war richtig, -2: der Tip war falsch). Nachteil: Bei genau einem Tip in einer Runde kommt man zu relativ wenig Zusatzinformationen. Bei mehreren Tips bekommt man mehr Zusatzinformationen. Diese sind aber nicht eindeutig. Bei drei Tips bedeutet ein Ergebnis von -3: zwei falsche Tips, ein richtiger Tip. Aber welcher Tip war der richtige??


    Wenn man sich seiner Sache sicher ist, kann man auch Dauer-Tips abgeben. Dauer-Tips muss man nur einmal abgeben, sie werden dann in jeder folgenden Runde gewertet. Man bekommt dann in jeder Runde für den (hoffentlich!) richtigen Tip einen Punkt. Der Worst Case ist ein falscher Dauer-Tip. Dann kann man die Partie im Normalfall wegwerfen...


    Der Spieler mit den meisten richtigen Tips (egal ob Risiko- oder Dauertip) bekommt 3 Bonuspunkte. Der Spieler mit den zweitmeisten richtigen Tips 2 Bonuspunkte. Der Spieler mit den drittmeisten richtigen Tips 1 Bonuspunkt.

    Wer nach 12 Runden die meisten Punkte hat, gewinnt.


    Punkte-Sleuth ist ein Spiel, nach dem ich süchtig war!

  • Ich habe eine Partie Ashes of Empire, eine Partie Gladius et Pilum (Mauretannien) und zwei Partien Diplomacy (Türkei & Österreich/Ungarn) per Brief & Telefon gespielt. Wenn man bedenkt, wieviel Zeit & Aufwand man für einen Zug damals aufgebracht hat und dann noch das verfassen der diplomatischen Depeschen für Diplomacy.

    Fertig gespielt haben wir davon, dann nur Ashes of Empire und eine der Diplomacy Partien mit den direkten Kontrahenten am Tisch.

  • Achtung, Nostalgiewelle.... Ich habe zu Studienzeiten in den 90er Jahren zusammen mit einem Freund ein paar Jahre das große Napoleonische Strategiespiel "Austerlitz" gesuchtet, was es anscheinend heute noch gibt. Dort haben bis zu 16 Spieler in "Buchstabengrafik" jeweils ein individuelles Reich verwaltet, Armeen mit Sondereinheiten aufgestellt und separate Schlachten geschlagen, für die man für Dutzende Einheiten jeweils Befehle in Form mehrseitiger Befehlsblätter abgeben musste.


    Alle zwei Wochen wartete man sehnsüchtig auf die dicken Umschläge mit Ausdrucken aus einem Nadeldrucker, telefonierte mit Leuten, die man nie im Leben gesehen hatte, über Bündnisse und schrieb eigene DOS-Scripte, um mit optimierten Handelsbefehlen maximale Gewinne zu erzielen. Durch die "Entschleunigung" hatte man tatsächlich das Gefühl, langfristige Strategien zu entwickeln und bedeutsame Entscheidungen getroffen zu haben. Mit einem Freund in der selben Partie konnte man gleichzeitig fachsimpeln, sich abstimmen und mit Spannung die nächsten Züge erleben.


    Noch heute erinnere ich mich an legendäre Schlachten mit meinen Preußen, die Polen und Russen durch geschickte Züge der Armeen auf vorteilhaftem Terrain stellten und dank vorausgesehenen Zügen des Gegners die kritischen Schlachten entscheidend geschlagen haben. Diese Erfahrungen will ich nicht missen, aber heute hätte ich kaum noch die Zeit oder Geduld, mich mit derartig langfristig laufenden Partien auseinanderzusetzen....

    “Truly I was born to be an example of misfortune, and a target at which the arrows of adversary are aimed.” ― Miguel de Cervantes Saavedra, Don Quixote

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    Brettspielen am Freitagabend nördlich von Frankfurt/Main: Spieletreff Petterweil

  • Austerlitz ist mir neu. Aber das sieht aus nach und liest sich hervorragend nach genau meinem Ding, das würde ich ja gerne mal ausprobieren!

    Auch wenn mir klar ist, dass bei deiner Beschreibung sicher viel Nostalgie steckt


    Cardboard Games Master Race

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  • Mein absolutes Highlight war Touchdown, eine American Football Simulation unter der Leitung von Clemens Schäfer, der leider in der Mitte seines Lebens an Krebs erkrankte und verstarb.

    Traurig davon zu lesen.


    Touchdown wurde in meinem Heftchen "46zwo0" gespielt und ja, die Simulation des Spiels mit dem "Ei" war anspruchsvoll und sehr beliebt. Ebenso wie Eishockey (dafür hatte ich das Heftchen ursprünglich ins Leben gerufen) und natürlich United, aber auch viele kleine Fungames.

  • >>> Aber es gab jede Menge andere Spiele ( WDG / TAD / Raknarök )


    In der Tat.Welt der Götter (WdG), das 1978/79 das Licht der Welt erblickte, wird mit aktualisierter Spielregel und nach dem Ende eines Testspieles, ab Februar 2022 auch wieder fortgeführt. Herkömmlich, also per Post-Brief (pbm) - oder auch per E-Mail (pbem).

  • Postspiele haben sich heutzutage überholt, es gibt vielleicht noch den ein oder anderen Liebhaber, aber die gibt´s ja immer...;)

    Es kommt darauf an, welchen Zweck man mit einem Spiel verfolgt.


    Computerspiele Vorteile:


    + Schneller Spielverlauf

    + Ansprechende Graphik

    (+ Spiele mit weit entfernten Mitspielern möglich) <- doch nur bei Online-Spielen

    + Sehr komplexe Spiele möglich


    = Bei Computerspielen steht meistens der aktuelle Unterhaltungswert im Vordergrund.


    Brettspiele Vorteile:


    + Persönliches Zusammentreffen mit anderen Mitspielern vor Ort

    + Haptisches Spielerlebnis durch Spielfiguren etc.


    = Bei Brettspielen steht meist das persönliche Zusammentreffen und soziale Interaktion im Vordergrund.


    Briefspiele/Postspiele/play-by-mail Vorteile:


    + Spiele mit weit entfernten Mitspielern möglich

    + Computerzugriff nicht erforderlich (Spielzug kann auch auf anderem Wege abgefasst und übermittelt werden)

    + Sehr komplexe Spiele möglich (computergestützte pbm-Auswertungen)

    + Verhältnismäßig lange Bedenkzeit möglich


    = Bei pbm-Spielen steht ein Unterhaltungswert, der auch ohne Computer verfügbar ist bzw. auf ihn nicht angewiesen ist, im Vordergrund. Allerdings gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Gattungen, bei denen das eine oder andere Spiel-Element mehr oder weniger ausgeprägt ist.


    Ich glaube deshalb, daß es weniger eine Sache des "Liebhabens alter Verfahren)", als vielmehr eine Sache des Zweckes ist, den man mit einer Spielteilnahme verfolgt. Ablenken kann man sich mit allen Spielen, Wissen oder Fertigkeiten erwerben, ebenso - doch der Weg, mit dem man ein Ziel zu erreichen sucht, der kann sehr unterschiedlich sein. Ganz ähnlich wie man beim Autofahren, Motorradfahren, Radfahren oder Spazieren sehr unterschiedliche Zwecke verfolgt, um ein Ziel zu erreichen.


    Das Problem, das pbm immer gehabt hat, ist m.E. mehr die geringe Bekanntheit dieser Spielgattung - und das sogar in den USA oder UK, wo es viel bekannter war, als in Deutschland. Seit 1977, als ich über Co-Sim-Spiele in die Briefspiel-Szene "einstieg", und unverändert bis heute, lautet die Standardantwort bei mindestens 99 von 100 Personen die man darauf anspricht: "Häh? Was ist denn das?", und allenfalls noch: "Ah ja, ein Pyramidenspiel, mit dem man Leute über den Tisch zieht"...

  • Ich war da Ende der 80iger und Anfang der 90iger auch aktiv, vor allem bei allem, was im „MEGAzine“ vorgestellt wurde.


    Ich würde sowas auch heute noch spielen, aber die meisten Menschen heute scheuen vor so einer Verpflichtung zurück.

    Ist es "Verpflichtung" ... oder eher "Bequemlichkeit"? :)

  • Das Thema provoziert, dass ich als Nur-Leser auch mal was schreibe.

    Ich bekenne mich auch zum Postspielertum. Im Kölner Zine "Dingsbums" und im quasi Nürnberger (aus NRW-Sicht) "Kieselstein". Letzterer existiert immer noch, aber man sieht, dass es deutlich weniger geworden ist. United, Diplomacy, Buck Rogers (?), Ostfriesisches Deichwandern, Hols der Geier, Fürsten von Florenz, irgendein Spiel, das mit Parteien und Wahlen zu tun hatte... War eine besondere Zeit.

    Im Kieselstein spiele ich auch noch ein United.


    Aber mir fällt dazu noch ein, dass ich bei einer Firma Decos (Norman Krähe) auch ein Simulationsspiel gespielt habe per Post: Historie 1800 oder auch B-Reihe. Das war auch klasse, vor allem die Schlachten, für die man eine Aufstellung machen musste und jedem Regiment für den Verlauf Befehle mitgeben musste. War ein bisschen teuer, aber hat echt Spaß gemacht zu der Zeit.

    Kennst das hier jemand?

    Gibts das noch?

    Wäre cool, wenn es das Auswertungsprogramm für die Schlachten irgendwo geben würde. Gibt wahrscheinlich heute besseres, aber um den Nostalgie willen.

  • In einem wie auch immer entstandenen Nostalgieflash musste ich mich neulich mal daran erinnern, wie das mit dem Spielen eigentlich angefangen hat.

    (...)

    Warum schreibe ich das alles? Natürlich um mal rauszufinden, wem das so ähnlich ging am Anfang seiner Spielertage (einen entsprechenden Thread dazu habe ich noch nicht finden können, sollten die Mods aber einen ausgraben können, passt es natürlich auch prima da rein).

    Wie es anfing? Naja, ganz normal, nämlich mit...


    ...Es war einmal,


    vor langer Zeit, 1977/1978, ich, der während seiner Ausbildung in der Mittagspause in meinem Arbeits-Ort die örtliche Zeitung las und dessen Interesse durch einen Artikel über eine Geschäftseröffnung geweckt wurde. Es handelte sich um einen Fantasy-Spieleladen und nur wenige Mittagspausen später besuchte ich den nämlichen Laden.


    Dort gab es gar unglaubliche Sachen zu sehen - Spielregeln für ein Fantasy-Rollenspiel zum Beispiel, amerikanische Ko-Sim (Konflikt-Simulations)-Spiele, gar lustige Würfel mit mehr und weniger als 6 Seiten und Zinnfiguren. Und so besuchte ich diesen neuen Laden fortan in vielen Mittagspausen und erschloß mir dadurch nicht nur eine, sondern viele neue Spiel-Welten.


    +++


    Da waren zum einen die Ko-Sim-Spiele, in denen Schlachten der Weltgeschichte nachgestellt wurden. Diese Spiele waren zwar in den USA und in England, aber nicht in Deutschland populär, und so gab es nur wenige Deutsche, die diese Spiele spielten. Einige davon auch per Brief, so lernte ich, in ähnlicher Form, wie man schon lange auch Schach oder das Spiel "Diplomatie" per Briefe, die man hin und her schickte, spielte. Und als Variation dazu gab es sogar sogenannte "Tabletop"-Spiele, in denen Schlachten auf einer großen Spielplatte mit Zinnfiguren und Geländemodellen nach-gespielt wurden.


    Zum anderen gab es Gesellschaftsspiele, die sich von den in Deutschland üblichen deutlich unterschieden, ich nenne davon hier nur zwei: Railbaron, ein Eisenbahn-Bau-und-Betriebsspiel (von dem es heutzutage übrigens auch eine Computer- und Onlineversion gibt) und, ein paar Jahre später, "Junta", ein Spiel, bei dem es darum geht, daß man als Diktator eines Landes nicht nur möglichst korrupt sein muß, sondern, noch viel wichtiger, daß man sein Geld dann unauffällig außer Landes bringen muß.


    Und es gab dann noch das Rollenspiel "Dungeons and Dragons (D&D)", das bis heute weltweit, und bei amerikanischen Computer-Nerds scheinbar hauptsächlich, einen großen Anklang findet. Damals war gerade das erste (englischsprachge) richtige "Buch" von AD&D erschienen, das "Players Handbook".


    +++


    Ich stand vor Problem: Es gab, natürlich, keine Mitspieler vor Ort, denn, wie gesagt, alle diese Spiele, sogar die Spieltypen, waren sogar für Gesellschaftsspiel-Begeisterte (von denen es damals aber kaum welche gab...) ja noch durchweg unbekannt.


    Damals waren "Spielhallen" in Deutschland noch neu und hatten eine etwas anderen Charakter, als heute. Es gab, neben Geldspielgeräten, Billardtische, es gab Kicker und Flippergeräte - und ein etwas merkwürdiges Gerät, das sich "Bingo" nannte. Unter denen, die sich oft in der Spielhalle aufhielten, hatte sich eine Gruppe gebildet, die sich regelmäßig abends zum Würfel- und Kartenspielen in einer Gaststätte traf, und dort zeigte und erklärte ich die "neuen" Spiele.


    Alle diese Spiele hatten allerdings einen entscheidenden Nachteil - die Spielregeln waren sämtliche ausschließlich in Englisch geschrieben. Ich begann also damit, für einige der gekauften Spiele die Spielregeln für den "Hausgebrauch" zu übersetzen bzw. eine "Kurzeinführung" für sie schreiben.


    Das klappte recht gut und fortan spielten wir die neuen Spiele, gründeten einen Spieleverein und suchten nach weiteren Mitspielern.

    Die fanden wir hauptsächlich unter den oben erwähnten Ko-Sim-Spielern-per-Brief und schon bald spielten wir auch mehrere Partien per Brief mit Mitspielern aus diversen Gegenden von Deutschland.


    +++


    Es ergab sich, daß es im Umkreis von etwa 50km auch Interessenten für Rollenspiele gab - und sogar eine Gruppe englischer Soldaten, die sich regelmäßig zu Tabletop-Spiel traf. Wir hielten auch Kontakt zu einer Gruppe amerikanischer Soldaten (schrieb ich bereits, daß die Spiele nur in den USA und England populär waren?) und konnten dadurch hier und dort unser Repertoire an Spielen und Ausrüstung (Würfel, Figuren) erweitern.

    Einmal editiert, zuletzt von ZadF ()

  • Von Norman Krähe aus Frankfurt habe ich schon seit Jahrzehnten nichts mehr gehört. Das war damals ein sehr sympathischer junger Mann, der mit dazu beigetragen hatte, Briefspiele in Deutschland bekannt(er) zu machen. Ein anderer war Peter Stevens aus Gelsenkirchen (z.B. Starweb).


    Doch .. warum provoziert das Thema? Zum Mitschreiben? :)

    Einmal editiert, zuletzt von ZadF ()

  • Klar, harmlos gemeint, nur zum schreiben, zum Heraustreten aus der selbst gewählten Anonymität hier... ;)

  • Was mir noch zum Thema pbm einfällt, auch Uwe Rosenberg hat als Jugendlicher pbm gespielt. Und natürlich hat er auch schon damals pbm-Spiele erfunden. :)

    Ich glaube, das war auch überwiegend im SBchen. Darüber haben wir uns dann auch persönlich kennengelernt.

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Hier ist übrigens eine schöne Einführung in die pbmZINE-Szene (so wie sie 2001 war). Sie ist vom Herausgeber des "Interzine", das damals so eine Art "Zine der Zines" gewesen ist:


    Interzine


    Und wer glaubt, daß ein MMORPG, also ein "massives Mutiplayer Online Rollenspiel" eine Erfindung der letzten Jahre wäre, der schaue einmal in diesen Artikel von 1991 hinein - er handelt von Peter Stevens, der bereits damals, neben seinen Spielen-per-Post, ein solches Online Spiel per Modem bzw. Datex angeboten hatte:


    ST-Computer 09/1991Postspiele - Adventure aus der Ferne