Fahrradbegleitung beim Ultra-Lauf

Hallo,

ein guter Freund von mir nimmt am jährlichen Berliner 100-Meilen-Mauerlauf (~160km) zum Gedenken an die Maueropfer teil. In einem Anflug geistiger Umnachtung habe ich zugesagt, ihn auf dem Rad als Motivator, Wasserträger, Klamottenfahrer und Sportgelanreicher zu unterstützen. Für diese Entfernung hätte ich ihm auch mein Auto geliehen...

Gibt es hier Läufer oder Begleiter, die mir Tipps geben können. Ich laufe selber nicht gerne und fahre auf meinem Rennrad eigentlich auch immer alleine, so dass ich völlig ahnungslos bin, was irgendwelche does oder don'ts angeht bzw. was mich erwartet.

Da gibt es am Freitag ein Pflicht-Briefing - allerdings möchte ich nicht 5 Minuten vor der Angst noch feststellen, dass ich etwas vergessen habe; es geht schließlich schon am Samstag um 06.00 Uhr los und ich kann irgendwann am Vormittag als Begleiter einsteigen.

Es ist mir leidlich klar, dass ich nicht den Läufern oder den Volunteers vor den Füßen rumfahre, aber was könnte den "richtigen" Teilnehmern - vor allem meinem Schützling - und mir das Leben erleichtern?

Zum Equipment: Ich habe ein Rennrad, wahlweise mit und ohne Klick, kann mir aber auch ein Tourenrad leihen. Passende Klamotten und Warnweste für Tag und Nacht finde ich sicherlich noch im Schrank. Die Räder sind allerdings bar jeglicher Taschen o.ä., nur Trinkflaschenhalter (2x1, 1x2) sind montiert. Tasche? Rucksack? Eine Lampe werde ich mir wohl kaufen müssen.

Ja, und sonst so? - ich bin total ahnungslos und der glückliche Läufer, läuft gerade trainingsmäßig irgendwo ohne Internetz und Telefon durch die Walachei.

Verpflegungspunkte gibt es ziemlich viele und zudem 3 Droppoints für weitere Klamotten und Nachschub an Eiweißdopingsgelekelzeugs.

Gibt es hier Erfahrungswerte, auf die ich zurückgreifen könnte? Biiiitttttteeeeee...

Gerrit

PS

Wer als Elendstourist das Dreamteam anfeuern möchte, kann sich gerne an den Straßenrand stellen und ganz laut "Gerri Gerri" skandieren - der Läufer heißt Gerald und ich... ...achja, sieht man oben. Mauerlauf

PPS

Wer selber mitläuft, dem spendiere ich unterwegs einen Energieriegel.

Dominik Brettspielgalaxie

Das ist bei diesen Ultraläufen irgendwie gar nicht das Problem. Die Teilnehmer bleiben auch an den VP stehen und schwatzen und essen etwas, dann geht es weiter. Oder sie legen dabei eine Gehpause ein.

Ich darf nicht vor dem Läufer herfahren, von (Abseits der Strecke) Vorfahren steht nichts in den Bedingungen. Ich werde es aber erfragen. Dann könnte ich eine Übergabe vorbereiten.

Ich gehe davon aus, dass wir beim Kleidungstausch anhalten, das erledigen und dann weiter fahren. Ich werde mir wohl ein Körbchen vorne anbauen, worin ich das Notwendigste spazieren fahre. Wenn ich nachladen muss, halte ich eben an und hole den Läufer wieder ein. Ich habe, wie gesagt, 4 Trinkflaschenhalterungen, zwei am Rahmen, eine Doppelte am Sattel. Das wird wohl bis zum nächsten VP reichen.

Das Ziel ist es, die ersten 100km in 10 Stunden zu schaffen. Selbst mit dem tonnenschweren Oma-Rad würde ich den Läufer wieder innerhalb kurzer Zeit eingeholt haben. Gerri steht wohl auf diese Gels während des Laufens, die werden wir wohl vorsorglich bei den Droppoints deponieren, da man sie nicht unterwegs an den VP bekommt.

Das Hauptproblem wird vermutlich eher mentaler Natur, wenn ich Nachts die Motivation hochhalten muss, während ich schon selber fast im Tiefschlaf bin.

Das Ziel ist unter 20 Stunden anzukommen.

Extra Licht ist ein guter Gedanke.

Leider ist die Strecke nicht gesperrt. Es gilt Anhaltepflicht bei Ampeln etc.

Ich kann nebenher und hinterher fahren, voraus ist verboten. Aber dennoch kann ich meinen Läufer ja vorschwatzen.

Ich habe mich für das Tourenrad mit zwei Satteltaschen entschieden, die mir gepackt werden. Meine Kleinigkeiten kommen auf den Träger bzw. in die Rahmentasche. Ich nehme noch eine zweite Lampe mit, sowie einen zusätzlichen Akku für das Handy (Notfall, Fotos, Status an die Familie schicken, Laufgeschwindigkeit nachhalten).

Zitat von M0KI

(...) Für's Rad vorsichtshalber einen Schlauch. Nicht das du noch 150 km dein Rad schieben musst

Bevor das passiert, lasse ich mir ein ein Ersatzfahrrad liefern! Nicht, dass ich noch mitlaufen muss.

Zitat von s3chaos

Zu welchen Datum findet der Lauf statt?

auf Schlechtwetter einstellen. Streckenplan auf Navigation übertragen bzw. sich einprägen ihr werdet öfters mal ganz alleine unterwegs sein manchmal ist bei solchen Veranstaltungen die Strecke schlecht gekennzeichnet. Ich kenne das nur vom Neusiedler Seen Rundlauf über 120km der im Jänner stattfindet

Der Lauf findet am 17./18.08. statt - also nächstes Wochenende. Die bisherige Vorhersage ist gut zum Laufen. Aber Deinen Tipp werde ich beherzigen.

Ich habe den Streckenplan ausgedruckt und auf dem Handy dabei. Letztes Jahr war es wohl sehr gut ausgeschildert.

Zitat von Sir Pech

Die Strecke ist nicht gesperrt? Wie angenehm für die nicht teilnehmenden Berliner, aber schade für Dich.

Ja, finde ich auch. Ich hoffe ja wirklich stark, dass man sich nicht durch irgendwelche Gruppen durchschlängeln muss. Bevor mein Läufer aus dem Tritt kommt, fahre ich dann doch lieber voraus und verscheuche die Ignoranten. Bei der Teilnehmerzahl und der Strecke rechne ich allerdings damit, dass es ab dem 2. Drittel einsam wird.

Wir erreichen bei KM 78 Potsdam und biegen erst bei KM 126 (Rudow) in das stärker bewohnte Stadtgebiet ab, so dass ich eigentlich nicht mit Behinderungen rechne. Außerdem wird es ja dann schon dunkel und da müssen ja auch alle Berliner nach Hause ins Bettchen...

Sankt Peter Ich hatte jetzt wirklich von DIR erwartet, dass Du an der Strecke stehst und uns die Verfolger persönlich vom Leib hältst...

...außerdem hatte ich vor, bei Dir einzukehren und ein schönes Stärkungs-Schnitzel oder etwas frisches vom Grill einzunehmen... ...dazu noch 1l isotonische Hopfenkaltschale... ...und eine Runde TNW, bevor ich mich wieder auf das Rad schwinge und meinen Läufer einfange.

Hallo,

letzter Stand vorm Lauf - ich bin leidlich vorbereitet.

Das Tourenrad hat 2x Licht, eine Handyhalterung (Karten-App mit Route), zwei Wasserhalter und zwei Packtaschen für Kleidung (Regen, Sonne, Nacht). Ich trage Handschuhe, Turnschuhe, Radhose, ggf. Beinlinge und einen Helm (mit Licht). Ich habe zwei Akkus und Ersatzbatterien, Warnweste, Taschenlampe und Gold/Silberfolie, sowie Mini-1.-Hilfe-Set dabei.

Auf Peitsche, Kribbel-Mücken und Stacheldraht habe ich auf Grund der thematischen Bindung und aus Pietätsgründen verzichtet.

Wer uns anfeuert, dem werfe ich Gummibärchen-Tüten zu...

Danke für Eure Unterstützung und hilfreichen Beiträge.

Askandi Mini-Box ist mit am Start

Hallo,

ja klar, ich wollte eh schon berichten.

Mein Läufer kam ziemlich entspannt beim Wechselpunkt 9 (KM 51) an; ab hier durfte ich einsteigen. Mein erstes Tief hatte ich bei KM 77, nach der Fahrt die "Berge" hinauf, sagten meine beiden Oberschenkel "spinnst Du" und streikten. Salztabletten und Pilchen halfen mir dann weiter- ab hier war der Schmerz mein ewiger Begleiter... ...na toll. Meine Läufer war davon unbeeindruckt und ließ sogar noch einen VP aus...

Durch Potsdam hindurch konnte ich für meinen Läufer und die beiden, die sich hinter ihm einreihen konnten, Touristengruppen aus Italien, Korea und China animieren frenetisch zu klatschen und anzufeuern. Dafür gab ich eine Runde Gummibärchen aus. An der Meierei (KM 82) stärkten wir uns mit einem kleinen Bierchen und Salzkartoffeln und nahmen voller Elan die nächsten Kilometer. Diese zogen sich wie Kaugummi; die lange Gerade durch den Wald war schlecht zu fahren und für den Läufer wurde es langsam zu warm und stickig. Bei KM 97 stürzte vor uns eine Teilnehmerin; ich schickte meinen Läufer weiter und verteilte Wasser, warme Worte und ein Pflaster. Anscheinend war der Sturz aber nur schlecht für die Moral, denn für das Knie. Sie machte auf jeden Fall weiter und ich sah sie später wieder.

Ab Teltow (KM 102) ging es dann von den Temperaturen wieder, es war etwas windiger und die Sonne versteckte sich manchmal hinter den Wolken. Außerdem traf man ab und an Zuschauer, die heftig jubelten - das tat echt gut. Bei KM 120 musste mein Läufer erstmalig (!) außerhalb eines VP etwas gehen. Da hatten wir eine erneute Strecke durch den Wald hinter uns und die lange gerade Strecke um Buckow herum nahm kein Ende. In Rudow waren wir wieder eine 5er Gruppe, 3 Läufer, 2 Radler, was ganz angenehm war. Man konnte sich etwas unterhalten und gegenseitig aufbauen ("Du siehst aber noch fit aus", "Nicht wirklich, aber Du..." - Läufergequatsche... ). Die Strecke war für mich nerviger, als für den Läufer. Kopfsteinpflaster ohne Ende. Bei KM 128 bogen wir in die Stadt ab - also die Mauer innerhalb Berlins - hier waren wir wieder alleine und es dämmerte. Spätestens jetzt war uns klar, dass wir das schaffen. Mein Läufer trabte mit immer dem gleichen Takt und Schrittlänge vor mir her. Die Kopflampen leuchteten und ich achtete darauf, dass er immer genug Coke, Red Bull und Sportgel zu sich nahm. Es war insgesamt sehr schweigsam - ich wollte ihn nicht aus dem Rhythmus bringen und er war sehr in seiner Laufwelt.

Ein Einbruch gab es bei KM 132, hier läuft man parallel zu der Stadtautobahn ab Adlershof in die Innenstadt. Es war stockduster und sehr gerade. Für mich eine Erholung, aber meinem Läufer musste ich gut zureden. Bob Marley half aber über diesen Streckenabschnitt hinweg. Durch Treptow ging es wieder ganz gut.

Supernervig war Weg über die Oberbaumbrücke und die East Side-Gallery. Ohne Ende Touristen und Berliner, betrunken, nicht betrunken, bekifft, nicht bekifft, freundlich, arrogant, feindselig. Alle standen im Weg, keiner klatschte. Pausenlos dumme Sprüche in allen Sprachen. Es war echt furchtbar. Hier halfen keine Gummibärchen und freundlichen Zureden mehr. Eine Begleiterin fuhr vorne, 2 Läufer dazwischen und ich am Ende. So bahnten wir uns den Weg durch die Massen. Es gab erste Auseinandersetzungen, die wir mit unseren Rädern als Barrikade klären mussten, damit unsere Läufer weitermachen konnten. Eigentlich hätten die Radler sich hier auf Grund der Verkehrslage von den Läufern trennen müssen - aber ich bin heilfroh, dass wir das ignorierten.

Bis zum Checkpoint Charly (KM 152) war es dann wieder sehr ruhig und angenehm. Ein paar Nachtschwärmer und Dealer machten freundlich Platz, es gab vereinzelt Applaus und gute Zurufe. E-Roller- und Leihfahrradfahrer begleiteten uns und fragten mich nach diesem Ereignis aus. Wir sammelten noch eine Radlerin auf, die ihren Läufer verloren und sich anschießend verfahren hatte. Ab hier hatte ich die Karte immer auf dem Handy, da man sonst schnell einen Abzweig hätte verlieren können - es war dunkel und wir entsprechend müde und etwas unkonzentriert.

Im Regierungsviertel wartete der letzte VP auf uns, ab hier wurde es zäh. Mein Läufer musste immer wieder lange Gehpausen einlegen. So ging es auch dem Italiener vor uns, der 4x zum Laufen ansetzte und schließlich nur noch ging. Wir ließen ihn noch hinter uns. Die Bernauer Straße zum Jahn-Sportpark geht es noch einmal den Berg hinauf, was noch einmal alles abverlangte. Der Sportpark war um 1.30 Uhr toll hergerichtet und beleuchtet und wir liefen (ich hatte mein Fahrrad angeschlossen) die Ehrenrunde, machten dabei einen Haufen Blödsinn und mein Läufer kam mit einer beachtlichen und höchst respektablen Leistung ins Ziel: 161,22km 19:15:39, Platz 7 der Altersklasse, Platz 38 des Wettbewerbs (1er "Staffel").

Leider mussten wir noch einen kurzen Abstecher in das Sani-Zelt machen, aber er erholte sich dann doch noch gut. 349 Läufer kamen in der vorgegebenen Zeit (30 Stunden) ins Ziel, 102 Läufer mussten aufgeben.

Es war sehr gut organisiert und hat wirklich Spaß gemacht. Ich bin auch mit meiner Leistung; 15,5 Stunden bzw, 115 km dauernd im gleichen Tempo fahren, bei jeder Bergabfahrt abbremsen, jeden Anstieg in der gleichen Geschwindigkeit nehmen, Trink- und Essenszeiten und Route im Blick behalten ganz zufrieden.