Schadet der Trend zur Solo-Spielbarkeit den Mehrspieler-Spielen?

  • [Zitate aus Diskussion über Spielbox-Editorial von H. Schrapers über Solospiele]


    Für mich ist es viel störender, wenn ich ein Spiel zu viert spiele und es sich wie ein Solo-Spiel anfühlt und jeder vor sich hingrübelt. Das sollte mal thematisiert werden.

    Gerne doch! :)


    Durch den Trend, dass mittlerweile beinahe jedes Spiel einen Solo-Modus bekommt habe ich das Gefühl, dass sich dadurch auch die Mehrspielervariante des Spiels mehr nach Solo anfühlt.


    Ich denke nämlich, dass beide Varianten in einem Spiel sich nicht vertragen.


    Und somit färbt dieser Solo-Trend auch negativ auf das Mehrspieler-Spiel und das „Gesellschaft“ in Gesellschaftsspiel ab.

    Mal als eine Frage formuliert: Leiden Mehrspieler-Spiele darunter, dass von Verlagen und Autoren zunehmend ein Solo-Modus eingefordert wird?

  • Mal als eine Frage formuliert: Leiden Mehrspieler-Spiele darunter, dass von Verlagen und Autoren zunehmend ein Solo-Modus eingefordert wird?

    Ich dachte, die Spieler fordern dies 8o


    Ernsthaft. Es gibt genug Spiele, die sowohl im Solo als auch im Multiplayer gut funktionieren (So ziemlich alles von Chip Theory Games, KDM, Fireteam Zero, Herr der Ringe LCG und, und, und). Der Solomodus an sich macht imho kein Spiel schlechter, denn es gibt ja auch heute genug Spiele deren Sweet-Spot nicht genau der auf der Verpackung angegeben Spieleranzahl entspricht. Somit könnte man auch sagen, dass Vier-Spieler ggü. Zwei-Spieler ein Spiel kaputt machen. Während vor einigen Jahren die Solomodi nur an ein Spiel angetackert wurden und somit eher der Solomodus meist fürn Allerwertesten war wird heute von vielen Designern darauf geachtet sowohl Mehrspielergruppen als auch den immer zahlreicher werdenden Solospielern ein tolles Spielerlebnis zu bereiten

  • Wie wird das denn entwickelt?


    Der Autor erfindet sein Spiel und achtet bereits auf Solotauglichkeit?


    Der Autor erfindet sein Spiel und der Verlag bastelt den Solo-Modus ran?


    Meine Erfahrung ist, dass ich sehr vorsichtig geworden bin, wenn die Spielerzahl 1-x lautet. Die 1 ist für mich das Signal, dass auch das Mehrspielerspiel eher solistisch ist oder der Solo-Modus langweilig.

    Sind Euros besser für Solo-Modi geeignet als Ameritrash?


    Spannendes Thema.

    "We are the unknowns. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile."


    Meine Spiele: Klick mich

  • Jetzt wollte ich die Frage im Startbeitrag ändern, in eine aktive Darstellung umformulieren, hab's aber abgebrochen. Es sind ja gerade nicht "die Spieler", die eine Solo-Kompatibilität fordern. Es ist "nur" eine Teilmenge der Spielerschaft, nämlich die Solospieler, die das fordern. Den meisten Spielern dürfte es immer noch herzlich egal sein, ob auf der Schachtel 1-X oder 2-X bei der Spielerzahl steht.


    Die Gruppe der Solospieler ist aber mittlerweile so stark geworden ist, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen berücksichtigt wird und insbesondere im Crowdfunding-Bereich schon fast nichts mehr ohne Solo-Modus geht. Neee, die Frage muss deshalb passiv formuliert bleiben. Von den Spielemachern wird es verlangt, eine Solo-Erfahrung anzubieten. Darüber "wer" es "warum" und "mit welcher Berechtigung" verlangt, könnte man sich schon wieder zu sehr streiten, wenn die eigentliche These von Sankt Peter ist, dass der (unbestreitbar vorhandene) Solo-Trend auch den Multiplayer-Solitär-Charakter bei Mehrspielerspielen fördert.

  • Ist nicht fast jedes Euro game ein Multiplayer Solitär? Direkte Konfrontation ist selten, wenns hoch kommt gibt es ein Rennen auf Leisten.


    Ich weiß Uwe Rosenberg entwickelt seine Spiele immer zuerst als Solospiel... Dann kommen mehr Spieler dazu. Das führt dann dazu dass Fest fir Odin solo deutlich besser iyt als zu viert.


    Aber um die Frage zu beantworten...Ja ich glaube dass Solomodi einen schlechten Einfluß haben. Es geht nicht mehr darum das beste Spiel auf dem Markt zu werfen, sondern wie kann ich Leute dazu bringen mein Spiel zu kaufen, wenn soe schon 200 Spiele besitzen.


    Ich kann es ja notfalls solo spielen. Ich bin oft drauf reingefallen. Passiert mir nimmer... Oder kennt jemand n gutes solo 18xx?

  • Wie wird das denn entwickelt?


    Der Autor erfindet sein Spiel und achtet bereits auf Solotauglichkeit?


    Der Autor erfindet sein Spiel und der Verlag bastelt den Solo-Modus ran?

    Nach meinem Eindruck: wenn der Autor Solo anbieten kann, hat er bessere Chancen, sein Spiel bei einem Verlag unter zu bringen. Also wird er im eigenenen Interesse auf Solotauglichkeit achten. Dass ein Solo-Modus nachträglich drangebastelt wird, ist aber auch alles andere als selten. Genau darauf haben sich unter den Spieleautoren ja auch einige spezialisiert. Spiel XYZ, von Autor A bei Verlag B, Solomodus von Autor C. Das ist ja keine Seltenheit mehr.



    Zu deiner eigentlichen These habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. Da muss ich noch ein paar Gedanken sortieren. Tendenziell sehe ich den Rückgang von Interaktivität in Spielen (was eine hohe Überschneidung hat mit Trend zu Multiplayer-Solitär) schon früher anfangen als die jüngste Solo-Welle. Eine recht ähnliche Diskussion wie diese hätten wir auch vor 5-10 Jahren führen können, als Spielerzahl 3-X nicht mehr zu vermarkten war und es zwingend 2-X sein musste, auch wegen der Vielzahl der Personen die mit ihrem Partner spielen wollte -- und das am liebsten ohne brutales Hauen und Stechen. Stichwort: "care bear"-Attitüde von Leuten wie Rahdo, der ja auch schon länger im Geschäft ist.

  • Ich fühle mich hier zeitweise wie auf Arbeit: Aus jedem "humms" muss zwanghaft ein "rumms" gemacht werden! Darunter leide ICH und nicht die Mehrspielerspiele mit Solomodus. Zumindest ein Hoffnungsschimmer ist am Horizont ersichtlich, noch 32 Arbeitstage, dann kann ich mich voller Inbrunst meinen extra dafür angeschafften Solotiteln widmen! Und vermutlich völlig vereinsamen...:crying:

    Bitte senden Sie mir Ihre E-Mail doppelt, ich brauche eine fürs Archiv :/

  • Die Gruppe der Solospieler ist aber mittlerweile so stark geworden ist, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen berücksichtigt wird und insbesondere im Crowdfunding-Bereich schon fast nichts mehr ohne Solo-Modus geht.

    Meine Vermutung ist, das immer öfter ein Solomodus gefordert wird, weil diejenigen die da mitmachen im Kickstarterbereich ja mutmaßlich überwiegend Vielspieler sind, die auch eine Menge Geld dafür ausgeben.


    Und wenn ich hier im Forum so lese, nicht nur für ein, zwei Projekte sondern mehrere. Spiele die dann oft auch noch sehr viel Content mitbringen und zweistellige Stundenzahlen an Spieldauer.


    Wenn ich soviel Geld ausgeben würde, dazu schon so viele Spiele zuhause stehen hätte (womöglich auch noch nicht alle gespielt) dann läge es für mich nahe nur noch Projekte zu unterstützen wo ich es selber in der Hand habe auch zum spielen zu kommen. Also solo. Weil man es sich dann auch vielleicht besser rechtfertigen kann, noch ein Spiel zu kaufen?

  • Der Autor erfindet sein Spiel und der Verlag bastelt den Solo-Modus ran?

    In dem Fall wäre dann verhindert, dass Kompromisse gemacht werden, dass das Mehrspielerspiel zugunsten einer besseren Solotauglichkeit verändert wird.

    Die 1 ist für mich das Signal, dass auch das Mehrspielerspiel eher autistisch ist

    Vielleicht ist es kleinlich oder überkorrekt, aber ich finde "autistisch" hier, insbesondere weil es in dem Zusammenhang negativ behaftet ist, keine besonders coole Wortwahl.

    Sind Euros besser für Solo-Modi geeignet als Ameritrash?

    Glaube nicht unbedingt. Sowohl bei Amerithrash als auch bei Euros gibt es ja immer Entscheidungen die ein realer Spieler treffen muss und die man bei einem Solomodus dann eben durch Zufall, Entscheidungsbäume, Kartendecks etc. abbildet. Wüsste jetzt nicht, warum das bei thematischeren, glückslastigeren Spielern nicht funktionieren sollte?

  • Ernsthaft. Es gibt genug Spiele, die sowohl im Solo als auch im Multiplayer gut funktionieren (So ziemlich alles von Chip Theory Games, KDM, Fireteam Zero, Herr der Ringe LCG und, und, und).

    Die von Dir genannten (Bei-)Spiele sind allerdings - so weit ich sie kenne - thematische Spiele, größtenteils mit Coop-Modus. Dass hier der Weg zum Solo-Modus nicht mehr weit ist (und wenig Abstriche gemacht werden müssen) liegt m.M.n. auf der Hand. Problematischer wird das Ganze, wenn man sich die knallharten Euro-Games anguckt. Das dann hier ein Trade-Off zwischen Interaktivität und Solo-Spielbarkeit entsteht, verwundert mich nicht.

  • Ich habe bisher erst ein Spiel gegen einen Automa gespielt. Wenn ich solo spiele, dann meistens kooperative Spiele mehrhändig.


    Rurik, Dawn of Kiev habe ich mit/gegen Automa gespielt und fand es ganz praktisch, um bei den Regeln sattelfest zu werden, so dass ich das Spiel wenige Abende später in der Runde gut erklären konnte. Vom Spielspaß war die 4er-Runde deutlich spannender als das Spiel gegen den Automa. Ich werde Rurik wohl nicht mehr solo spielen. Machte mir nicht so viel Spaß solo.


    Um auf die Ausgangsfrage zu kommen. Ich glaube nicht, dass der Trend zum Solospiel dem Mehrspielerspiel schadet.


    Daß es mehr Spiele gibt, die sich solitär anfühlen, hängt, denke ich, eher damit zusammen, dass es nach meiner Erfahrung einige Spieler gibt, die negative Interaktion nicht mögen.

    In einer meiner Spielrunden kam deswegen TFM nicht an, weil sich die Spieler an dem "Klauen" von Ressourcen störten usw.

  • Problematischer wird das Ganze, wenn man sich die knallharten Euro-Games anguckt.

    Zu denen kann ich mich nicht äußern, da überhaupt nicht mein Fahrwasser. Einzig mir bekanntes Beispiel wären die Kolonisten, finde nicht, dass das Spiel durch den Solomodus irgendwie beschnitten worden wäre

  • Für mich ist die Spielerzahl 1+ bei nicht-kooperativen Spielen schon ein kleines Alarmzeichen, hinsichtlich der fehlenden Interaktion, aber auch bei asymmetrischen Fraktionen bezüglich Balancing. Wie gut sich die einzelnen Fraktionen gegen das Kartendeck schlagen kann unter Umständen absolut irrelevant sein für das echte Multiplayerspiel. Mal angenommen, der Autor entwirft auch dafür den Solomodus.

    "If liberty means anything at all, it means the right to tell people what they do not want to hear." - George Orwell

  • Ich stelle mir vor, dass es anderen ähnlich gehen könnte, wie mir:


    In meinem Umkreis gibt es niemanden, der direkte Interaktion will, weil sie zumeist als destruktiv empfunden wird.


    Meine "ewige" Mehrspielergruppe (nur noch 3 oder 4 Spieler dann) verträgt immer weniger Komplexität.


    Komplexere Spiele kann ich fast nur noch solo oder zu zweit spielen.


    Meine Konsequenz:


    Ich kaufe fast gar kein Spiel mehr, das mindestens drei Spieler erfordert. Spiele müssen solo- und 2P-Spieler-tauglich sein.


    Mir persönlich ist es nahezu egal, ob ein (neues) Spiel mindestens drei Spieler braucht, um gut zu sein, solche Spiele fallen einfach durch mein Raster.


    Sollte das zu einer weiter verbreiteten Entwicklung werden, mag das der Entwicklung von Mehrspieler-Spielen schaden, wenn Autor und Verlag nicht in der Lage sind, vernünftige Spiele zu entwickeln, die halt mindestens für 1-4 gleichermaßen taugen.

    Wie ich von einem guten Spieleautor schlicht erwarte, dass er in der Lage ist, ein Spiel zu schaffen, das Thema und Mechanik sehr gut verbindet, erwarte ich, dass ein Spiel solo und zu zweit sehr gut zu spielen ist, und habe nichts dagegen, wenn es auch mit 3 oder mehr Spielern sehr gut zu spielen ist. Wenn ein Spieleautor und ein Verlag von Spielen leben wollen, mögen sie sich entsprechend anstrengen, ist dann schließlich ihr Job, in dem sie so gut sein sollten, wie das von anderen in ihrem anderen Job auch erwartet wird. Von Hobbyautoren erwarte ich das nicht, aber dann kaufe ich halt deren Spiele nicht, wenn sie meinen Erwartungen nicht entsprechen.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Aktuelles Beispiel für ein "knallhartes" Euro, mit viel Interaktion und gutem Solo-Modus ist Maracaibo.

    Die Interaktion kommt über die Mehrheiten bei den Nationen, einen Wettlauf beim Entdecken und über das schnelle Beenden der Runde für alle. Sehr interaktiv ohne destruktiv zu sein.

    Und auch das Solo-Spiel über einen einfachen Automa ist großartig.

  • Die 1 ist für mich das Signal, dass auch das Mehrspielerspiel eher autistisch ist oder der Solo-Modus langweilig.

    Könntest du das vielleicht umformulieren? Als Vater eines Autisten reagiere ich immer sehr sensibel auf solche Formulierungen.

  • Die Spieleranzahl "1-X" ist für mich ein Hinweis darauf, dass etwas richtig gemacht wurde und keinesfalls ein Hinweis auf ein langweiliges Spiel. Egal ob Ameritrash oder Eurogame: Immer mehr Spieler möchten zusätzlich auch noch solo spielen.


    Wenn ein Spiel solo geeignet ist hat das m. M. null Aussage ob es weniger oder mehr interaktiv ist. Das hängt von der Art des Solo-Mechanismus ab.

    Ein krasses Beispiel aus dem Eurobereich ist Newton. Das spielt sich solo fast unverändert zum Mehrpersonenspiel. Ist das schlecht? Ja, für diejenigen, die Interaktion vermissen. Aber diese Leute fassen Newton eh nicht an, egal ob "1-X" drauf steht oder "2-4".


    Ganz altes Beispiel: Auf Achse. Meiner Meinung nach hat dieses Spiel auch wenig Interaktion, ähnlich einem typischen Eurogame wie z. B. Teotihuacan. An dieses Spiel (Auf Achse) könnte man problemlos eine Solovariante anbauen, die sicher akzeptabel funktionieren würde. Hätte das irgendeinen Einfluss gehabt auf den Erfolg des Spiels (Verkaufszahlen, Gewinn Spiel des Jahres)? Kann ich mir nicht vorstellen?

  • Schwierige Frage. Ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass bei der Entwicklung ein Spiel irgendwie beschnitten wird, damit man dann leichter einen Automa dafür entwickeln kann. Ich glaube daher eher, dass das keinen negativen Einfluss hat.


    Auf der anderen Seite habe ich aber auch keinen Einblick, welche Ressourcen eine Automa Entwicklung auffrisst und ob das nötige Spielmaterial das Spiel am Ende spürbar teurer macht. Hätte man bei #Tapestry mehr getestet und hätte keine nachträglichen Balancing-Anpassungen veröffentlichen müssen, wenn man keine Automa entwickelt hätte? Ich weiß es einfach nicht.


    Ich spiele aber eher ungern solo. Bei #TerraformingMars ist das Spielgefühl der Solo-Herausforderung (bisher nur in der Steam-Version gespielt) für mich deutlich anders als im kompetitiven Spiele (sowohl am Tisch gegen echte Mitspieler als auch in der APP gegen die KI).

  • Ich habe persönlich erstmal nichts gegen Solomodi, ich spiele sie nur einfach nicht.


    Die paar mal, wo wir einen bot benutzt haben (GMT, Churchill zu zweit, fire in the lake zu dritt), war mir aber immer klar, dass das eine reine Krücke ist, dass ein echter Spieler definitiv die Partie bereichert hätte.

    Ich finde sowas nicht schlimm, aber irgendwie unnötig, zumal in den GMT bots irre viel Aufwand steckt.


    Solo ohne Automa, also gegen eine feste punktezahl anrennen zu können, das erlaubt meist das Urteil, dass in dem Spiel wohl nicht allzu viel Interaktion steckt, und damit interessiert es mich dann meistens auch nicht.


    Bedenklich fände ich einzig, wenn vom Redakteur/Autor aus einem guten Spiel interaktive Elemente rausgestrichen würden, nur weil sie mit der Solotauglichkeit kollidieren.

    Ob sowas passiert, keine Ahnung. Mir würde es im Traum nicht einfallen.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Es gab schon immer Spiele mit viel Interaktion, Spiele mit weniger Interaktion und Spiele ohne Interaktion. Daran hat sich aus meiner Sicht in den letzten Jahren nichts geändert.


    Was sich geändert hat: Wenn ein Spiel wenig oder keine Interaktion hat, dann verwenden heute mehr Verlage als früher Zeit dafür, eine Solo-Variante zu entwickeln. Das ist aber ein Zusatz-Nutzen, den die Verlage damit bieten, also ein Mehrwert.


    Dass in den letzten Jahren auch ein paar reine 1-Personen-Spiele veröffentlich wurden, ist aus meiner Sicht absolut noch kein Trend, der den Spielen für mehr Spieler auch nur ansatzweise schaden könnte. Dazu ist dieser Anteil viel zu gering. Und in Anbetracht dessen, dass die Gesamtzahl der erscheinenden Spiele meines Wissens weiterhin von Jahr zu Jahr ansteigt, ist absolut betrachtet auch die Anzahl der Spieler für mehr Spieler weiter gestiegen.

    Bedenklich fände ich einzig, wenn vom Redakteur/Autor aus einem guten Spiel interaktive Elemente rausgestrichen würden, nur weil sie mit der Solotauglichkeit kollidieren.

    Mir ist bisher kein solcher Fall bekannt. Und ich kann es mir auch bei keinem mir bekannten Redakteur vorstellen, dass er so etwas tun würde.

  • Solo-Modi bei Euros sind doch meistens über Automas oder ähnliches Einschränken von Zeit und Auswahl abgebildet. Das kann bei wirklich vielen Spielen mit dazu klatschen.

    Der Unterschied zu echten Mitspielern: Automas sabotieren nicht gezielt deinen Plan.

    Je wichtiger stark einschränkende oder sogar destruktive Interaktion ist, desto schlechter macht sich das Spiel solo.


    Ich denke, dass der Trend zu weniger Interaktivität bei komplexen Spielen zuerst da war. Weil hoch komplex und hoch interaktiv bedeutet auch richtig hohe Downtime wenn die anderen jedes Mal einen neuen komplizierten Plan entwickeln müssen.

    Und wenn der eigene Plan stets von anderen durchkreuzt wird, höre ich im Geiste schon die Unkenrufe nach mehr Planbarkeit, das Spiel sei doch zu "taktisch" und gar nicht "strategisch", im schlimmsten Fall sogar "Glücks-lastig". Wenn man die Pläne nur wenig stören kann freuen sich alle über strategische Tiefe und monieren nur leichte Interaktionsarmut.

    Ich denke Verlage und Autoren machen sich mit die meisten Gedanken, wie viel Interaktion sie uns bei Komplexität überhaupt zumuten können.


    Der Solo-Modus ist jetzt halt da, weil zusätzlich nachgefragt. Und weil er zu diesen Spielen sowieso passt.

    Hoch interaktiv Spiele gibt es nach wie vor, nur sind die halt weniger komplex.

  • [Trend zu interaktionsarmen Spielen]

    wenn der eigene Plan stets von anderen durchkreuzt wird, höre ich im Geiste schon die Unkenrufe nach mehr Planbarkeit, das Spiel sei doch zu "taktisch" und gar nicht "strategisch", im schlimmsten Fall sogar "Glücks-lastig". Wenn man die Pläne nur wenig stören kann freuen sich alle über strategische Tiefe und monieren nur leichte Interaktionsarmut.

    Seufz. Leider. Du hast ja so recht...


    Ein "Problem" von Spielen, die auch von Spieler-Interaktion leben (was nicht zwingend destruktiv heißt!), ist ja oft auch, dass man sie mehrfach spielen muss, bevor man weiß, wie man dem Mitspieler möglichst effektiv Knüppel zwischen die Beine schmeißen kann, während Erstspieler beim Stören eher Zufallstreffer nach dem Schrotschuß-Prinzip landen. Das erzeugt dann IMHO den von dir genannten Effekt. Aber versucht mal, ein Spiel zweimal hintereinander zum Spieletreff mitzunehmen. Beim zweiten Termin will jeder die nächste Neuheit kennenlernen...

  • Wenn gute Mehrpersonenspiele aufgrund des fehlenden Solo-Modus von Verlagen abgelehnt würden und diese stattdessen etwas Mittelprächtiges mit Solo-Modus ins Programm nähmen dann würde ein Schaden entstehen.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

    Einmal editiert, zuletzt von Herbert ()

  • Das erzeugt dann IMHO den von dir genannten Effekt. Aber versucht mal, ein Spiel zweimal hintereinander zum Spieletreff mitzunehmen. Beim zweiten Termin will jeder die nächste Neuheit kennenlernen...

    ..und genau das (!) ist der Grund, warum ich fast nur noch Solo-fähige Spiele kaufe. Ich finde es elend, dass ein Battlestar Galactica in meinem Regal nur noch der Entsorgung harrt. Wenn ich mir meine Statistiken des letzten Jahres anschaue, habe ich zwar einiges gespielt, im MP-Modus aber meist maximal zweimal. Und das ist eine Entwicklung, die ich eher bedenklich finde. Wie will man denn komplexe Spiele nach einer Partie auch nur ansatzweise durchdringen? Dann kommt der neue geile Scheiss frisch vom Kickstarter und Spiele, die vor einem halben Jahr auf dem Markt erschienen sind, sind out.


    Insofern kann ich der Entwicklung, viele Spiele mit (guten!) Solovarianten auszustatten nichts negatives anhaften. Ich persönlich freue mich sehr darüber.

    Einmal editiert, zuletzt von Gelöscht_08072022 ()

  • Ich sage definitiv: Nein.

    Es gibt jede Menge guter Solo Euros als auch Ameritrash Spiele. (sehe sogar die Ameritrash voran, da es dort in Koop-spielen eigentlich immer eine Win/Lose Situation gibt - optimal für das Solospiel)

  • Wenn gute Mehrpersonenspiele aufgrund des fehlenden Solo-Modus von Verlagen abgelehnt würden und diese stattdessen etwas Mittelprächtiges mit Solo-Modus ins Programm nähmen dann würde ein Schaden entstehen.

    Diesen Gedanken hier möchte ich nochmal aufgreifen. Der geht mir nämlich auch durch den Kopf, seit ich aus Sankt Peter s These kurzerhard diesen Thread gestartet habe.


    Sorgt die Nachfrage nach Solo dafür, dass gute interaktivere Spiele deshalb nicht veröffentlicht werden?


    Ich denke, dass der Spielerschaft insgesamt hier kein Schaden entsteht. Wie bei jeder Mode werden erfolgreiche Marktsegmente irgendwann mit Massen von (oft überflüssigen) Nachahmerprodukten geflutet. Von daher erleben wir vielleicht den Effekt, dass ein Mehrspieler-Spiel ohne Solomodus (sagen wir mal: 4X) schon richtig gut sein muss, um veröffentlicht zu werden, während bei den angesagten medium/heavy Multiplayer-Solitär-Euro-Puzzles mit integrierter Solo-Variante gefühlt alles unter Vertrag genommen wird, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Und natürlich zahlt man auch den Entwicklungsaufwand und ggf. zusätzliches Spielmaterial wie Automa-Karten mit, wenn an Spiele ein Solo-Modus dran geflanscht wird, den man nie benutzen wird.


    Aber ist das wirklich ein nennenswerter Verlust? Ob es in einem Spielegenre 50 mal so viele Neuheiten gibt wie wirkliche Hits oder ob es 200 mal so viele sind, das ist doch in Endeffekt egal. Die wirklichen Hits setzen sich durch, egal ob das Marktsegment eher spärlich besetzt oder radikal überlaufen ist. Ich vermute sogar den gegenläufigen Effekt, dass die wirklich guten interaktiven, überhaupt nicht Solo-kompatiblen Mehrspieler-Spiele dann sogar den Vorteil haben, sich gegen weniger Konkurrenz im eigenen Lager durchsetzen zu müssen. Das gibt dann auch wieder höhere Chancen für Newcomer und frische Ideen.


    Von daher sollten Fans von Spielen mit ausgeprägter Mehrspieler-Charakteristik das sportlich sehen. Der Trend zu Solo sorgt höchstens dafür, dass in "ihrem" Bereich weniger MIttelmaß veröffentlicht wird, während alle trendigeren Richtungen Gefahr laufen, sich durch höherere Anteile von Nachahmerprodukten selbst abzuwürgen. Auf Dauer ist für alle Richtungen Platz, und wenn mit Solo für Spieler ein zusätzliches Angebot da ist, dann ist das doch positiv zu sehen; man muss es ja nicht nutzen. Das kann ich problemlos so sagen, obwohl ich selbst nur 3,5-mal in meinem Leben irgendwas Solo gespielt habe, weil es mir einfach keinen Spaß macht (Lisboa solo als gefühlt völligen Schwachsinn abgebrochen). Alleine würde ich immer Videospiele bevorzugen.

  • Wenn gute Mehrpersonenspiele aufgrund des fehlenden Solo-Modus von Verlagen abgelehnt würden und diese stattdessen etwas Mittelprächtiges mit Solo-Modus ins Programm nähmen dann würde ein Schaden entstehen.

    Da würde ich sagen, regelt der Markt das Ganze. Wenn Solospiele sich besser verkaufen lassen, hat die Spielerschaft anscheinend gesprochen


    Wenn der Verlag aber nur etwas Mittelprächtiges mit Solomodus nimmt, dürfte sich auch das schnell erledigen

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

  • Auch wenn hier generell noch sehr viel Konjunktiv gepostet wird, kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass sich die These erhärtet, dass Solo-fähige Spiele etwas schlechteres und zum großen Teil müllpflichtiges, zumindest mehr Massenware sind.


    Ich habe diesen Eindruck nicht. Viele neuere Euros (dort liegt mein Beuteschema vornehmlich) haben ausgeklügelte Solovarianten, die einer Gegner-Simulation immer dann bezüglich des Spielspasses nahekommen, wenn in der Tat wenig konfrontative (!) Interaktion im Spiel ist. Dies ist ein Merkmal, das bekanntermassen auf kaum einer Fahne eines Euros geschrieben steht. Deshalb funktioniert das auch.


    Nun ist BGG vielleicht nicht für jederfrau etwas, aber die meisten Top-Spiele dort, sofern es sich nicht um reine 2p-Spiele handelt, besitzen entweder eine generische Solovariante oder eine durchaus brauchbare bis sehr gute in den BGG-Files.


    Warum nun MP-Spiele dem Marktdruck weniger ausgesetzt sein sollen, nur weil sie keine Solovariante haben und damit eine Art Premiumprodukt sind, entzieht sich meinem Verständnis. Ma schaue sich nur Brass L/B an. Ja, man hat dort auf eine Solovariante verzichtet. Aber der bei BGG verfügbare Automa von Mauro Gibertoni funktioniert bestens.


    Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Qualität der Spiele wegen des Bedarfs an Solovarianten, von wem auch immer artikuliert, leiden wird.

  • Mal als eine Frage formuliert: Leiden Mehrspieler-Spiele darunter, dass von Verlagen und Autoren zunehmend ein Solo-Modus eingefordert wird?

    Sollte man aufgrund der wachsenden Solo-Spieler-Anzahl nicht langsam besser fragen, ob Brettspiele allgemein nicht im Solomodus leiden, wenn die Verlage immer noch nen Mehrspieler-Modus mit dazupacken? :denk: Und das ganz überflüssige Material in der Schachtel für den zweiten, dritten, vierten und manchmal sogar fünften Spieler ... das muss der Solospieler dazu ja auch noch alles mitbezahlen ... :hahaha:

  • Meine Erfahrung ist, dass ich sehr vorsichtig geworden bin, wenn die Spielerzahl 1-x lautet. Die 1 ist für mich das Signal, dass auch das Mehrspielerspiel eher solistisch ist oder der Solo-Modus langweilig.

    Sind Euros besser für Solo-Modi geeignet als Ameritrash?

    Ein Solo-Modus stellt zumindest im Falle des kompetitiven Eurospiels einfach nur den konsequenten Endpunkt einer Designphilosophie dar, die auf die völlige Eliminierung destruktiven Spiels durch Minimierung von Interaktion abzielt. (0,02 EUR)

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.