Tom Felber (ex SDJ Jury-Vorsitz) - 10 (nicht nur nette) Dinge, die er zum Schluss noch sagen will

  • Uferschnepfe


    Ich möchte Dich trotzdem bitten Deinen „Fresse-Absatz“ abzumildern oder zu löschen, da er einen persönlichen Angriff darstellt und zusätzlich noch nicht einmal etwas zum Inhalt beiträgt.

    "We are the unknowns. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile."


    Meine Spiele: Klick mich

  • Ich fand den Artikel unterhaltsam und habe ihn nicht 100% ernst genommen, obwohl da vieles dran ist.

    Spieler sind eben auch nur Menschen. Es gibt auch in normalen Alltag nette und weniger nette Zeitgenossen.

    Die Hürde, ein Spiel herauszugeben, ist eben viel niedriger heutzutage als früher. Was früher die Verlage noch für alle machen konnten, liegt jetzt teilweise auch in der Verantwortung der Endkunden, nämlich die guten Spiele herauszufiltern. Dazu sind aber auch die Mittel (Rezensenten), die jeder zur Verfügung hat, auch viel besser als früher. Auch die haben die Verlage dadurch diese "Macht" nicht mehr und es kommen auch wirklich ungewöhnliche Spiele raus.

    Channing Jones - Autor von Galactic Era

  • Ich erinnere mich an mehrere Gelegenheiten wo Tom Werneck mit der Sackkarre über die Spiel gefahren ist, um die "Freiexemplare" für die Jury einzufordern. Wohl gemerkt ein Exemplar für jedes Mitglied.

    Diese Zeiten sind aber schon lange vorbei. Die Jurymitglieder wollen schon seit Jahren ganz explizit eben NICHT mehr für jedes Jurymitglied ein Exemplar haben, sondern jedes Mitglied entscheidet für sich selbst, welche Spiele es anfordert.

    Dass in der Vergangenheit im Verein sicher einiges äußerst hinterfragenswert gelaufen ist, da stimme ich dir zu. Aber aus meiner Sicht hat sich da vieles gebessert in den vergangenen ca. 10 Jahren.

    Das der Kleinverlag überhaupt keine Chance hatte den Preis zu bekommen, da er ja nicht genug Aufkleber verkaufen würde, spielte überhaupt keine Rolle.

    2007 und 2013 hat Abacus den Preis gewonnen, und Abacus ist aus meiner Sicht noch recht klar als Kleinverlag einzustufen.

    Dass ein Verlag zumindest über ein gewisses Maß an Vertriebsstruktur verfügen muss, halte ich für sehr nachvollziehbar. Ohne solche Strukturen könnte ein Verlag nicht dafür sorgen, dass ein prämiertes Spiel flächendeckend im Handel vertreten ist. Und man stelle sich mal ein Spiel des Jahres vor, das im Weihnachtsgeschäft in vielen Geschäften nicht erhältlich ist.

    Aber du pickst eine Kleinigkeit aus meinem Beitrag heraus, ohne auf den Rest einzugehen und versuchst mich als niveaulos zu diskreditieren.

    Ich habe den Satz herausgepickt, der nicht niveaulos war, und diesen Satz entsprechend sachlich beantwortet, indem ich dir einen hilfreichen Link gegeben habe.

    Alles andere hatte aus meiner Sicht nicht verdient, kommentiert zu werden.

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Auch weiß ich aus mehren Quellen, das Autoren die sich kritisch zu Preis geäußert haben, keine Chance hatten ihn zu bekommen. Beweisen kann ich es nicht, aber das ändert nichts an den Tatsachen.

    Kannst du das etwas näher ausführen, aber bitte unter Berücksichtigung der nachlesbaren SdJ-Kriterien, also nicht "Autor XYZ hatte das Gefühl, einen Preis verdient zu haben", sondern "Autor XYZ hatte das Gefühl, dass er die Kriterien gut erfüllen würde und trotzdem keine Chance hätte"?

    Denn wir brauchen uns ja wohl hoffentlich nicht darüber streiten, dass jeder Verein das Recht hat, die Kriterien für Preiswürdigkeit so festzulegen, wie auch immer sie wollen. Meiner persönlichen Beobachtung nach kann man nämlich über die Hälfte der SdJ-Kritik als "ich bin einfach nicht Zielgruppe" zusammenfassen. Aber daran ist nicht allzu viel kritikwürdig. Wer möchte, kann gerne eigene Preise verleihen, sollte sich dann aber nicht wundern, wenn andere Preise dann nicht die gleiche Bedeutung erlangen wie "Spiel des Jahres". Bei SdJ ist längst nicht alles toll, aber der Erfolg gibt ihnen irgendwo recht, insbesondere darin, die Kriterien für ihren Hauptpreis klar auf den Massenmarkt auszulegen.


    Dass in der Vergangenheit im Verein sicher einiges äußerst hinterfragenswert gelaufen ist, da stimme ich dir zu. Aber aus meiner Sicht hat sich da vieles gebessert in den vergangenen ca. 10 Jahren.

    Was denn zum Beispiel? Auch hier: Kannst du das etwas näher ausführen? Ich glaube nämlich, dass man da durchaus einen Konsens finden könnte. Nämlich wenn man gleichermaßen akzeptiert, dass SdJ nicht gerade die Unknown-Kerngruppe ansprechen soll wie auch dass SdJ nicht über aller Kritik steht.

  • TL;DR: Schade, dass wir in der heutigen Zeit eine weitere Person in der Brettspiel-Branche verlieren, die (anscheinend) auf Tiefe, Balance und Wiederspielbarkeit geachtet hat. Die restliche Kritik ist für mich entbehrlich und wirkt ein wenig "engstirnig".


    Die Kritik vom Tom Felber ist wohl im Kern wahr, aber in meinen Augen auch einfach ein "Beigeschmack" des immer beliebeteren Brettspieles. Mainstream fordert Opfer und einige der genannten Kritiken sind, finde ich, ziemlich einfach auf die gesteigerte Popularität des Mediums "Brettspiel" zurückzuführen.


    Manch andere Kritik ist ein wenig "eigenartig" bzw. "engstirnig", finde ich. Ich spiele mit meiner Frau zu 95% Euros mit wenig bis keinen "take that" elementen. Mit ein paar anderen Freunden spiele ich Der Eiserne Thron, Cyclades, Zombie 15 und Zombicide und kann mich trotzdem prächtig amüsieren, selbst wenn die Spiele nicht 100% balanced sind... Was aber irgendwie auch recht schwer klappt bei "non euros".


    Zur Diskussion des Spiel des Jahres:


    Wirkliche Perlen die mit mehreren Partien ihre "eigentliche Größe" entfalten:

    - 2018: Azul

    - 2017: Kingdomino

    - 2009: Dominion

    - 2003: Alhambra

    - 1999: Tikal

    - 1996: El Grande (!)

    ...


    Und Kennerspiel mit 7 Wonders, Village, Isle of Skye, Quacks of Quedlinburg und Istanbul hat auch schon ein paar wirklich sehr gute Spiele gehabt. Auch sehr viele der "nur" Nominierten Spiele sind wirklich toll.


    Ich habe recht wenig Information über die Jury und die tatsächliche Vorgehensweise wie das Spiel des Jahres und auch das Kennerspiel gewählt werden, aber alleine Azul und Kingdomino sind wirklich unglaublich elegant. 2 Minuten Regel-Erklärung und los gehts! Und selbst nach einigen Partien findet man noch kleine nuancen an Strategie und Taktik mit denen man zu Anfang nicht gerechnet hätte.


    Ich glaube Tom Felber ist einfach "übersättigt" und wenn man sich entsprechend für ein Hobby eingesetzt hat, fällt es eben nicht leicht "einfach aufzuhören". Da befasst man sich dann mit den Dingen die einem den Spaß nehmen und schwupp, hat man so eine Liste verfasst. Ich würde sogar behaupten, mind. 1/3 der Punkte könnte man sehr verallgemeinert als gesellschaftskritisch formulieren, ohne direkt auf Brettspiele Bezug nehmen zu müssen (cult of the new, hypetrains, bling bling, etc..).


    Aber wie so oft im Leben: Es ist immer einfacher zu "Meckern" als zu "Machen"... Ich bin (bzw. wir sind !?) nicht die Hauptzielgruppe des SdJ und KdJ, aber ich finde man weiß bei diesen Preisen am ehesten womit man rechnen kann.

  • Meiner persönlichen Beobachtung nach kann man nämlich über die Hälfte der SdJ-Kritik als "ich bin einfach nicht Zielgruppe" zusammenfassen.


    Nämlich wenn man gleichermaßen akzeptiert, dass SdJ nicht gerade die Unknown-Kerngruppe ansprechen soll wie auch dass SdJ nicht über aller Kritik steht.

    In den beiden Aussagen ist natürlich viel Wahres bezüglich dem SdJ zusammengefasst. Und ich bin da auch sehr deiner Meinung, trotzdem sehe ich die derzeitige Ausrichtung des Preises kritisch und bin auch der Meinung, dass dies auch legitim ist, auch wenn ich explizit nicht zur Zielgruppe gehöre. Warum und wieso ist das überhaupt wichtig, kann man nun berechtigt fragen. Antwort: Weil ich den Einfluss auf Nicht- bzw. Wenigspieler sehe, und für nicht so zielführend halte, wie dies als Ziel des Preises ausgegeben wird. Zudem sehe ich es problematisch welches Niveau des Brettspiel-Hobbys damit insgesamt suggeriert / transportiert wird bzw. wie dies bei Außenstehenden ankommt. Dies wäre aus meiner persönlichen Sicht anders nötig und auch möglich. Gerade weil dieser Preis im Medienecho der Nichtspieler-Welt zu dem Thema geradezu omnipräsent ist, besonders im Vergleich zu anderen Wertungen aus dem "inneren Kreis" der Brettspieler, die in meiner Wahrnehmung, im Gegensatz zum SdJ dort kaum bzw. überhaupt nicht stattfinden. Daher wäre es meiner Meinung z.B. eine Aufsplittung des Preises in verschiedene Komplexitätsgrade wünschenswert, also Kinder-, Einsteiger, Kenner-, Experten-Spiel des Jahres. Wenn man dann noch will, kann man ja aus diesen Kategorien ein übergreifendes Spiel des Jahres wählen ... usw. ...


    Was ich eigentlich nur sagen wollte ist: Nur weil man nicht zur direkten Zielgruppe gehört, sollte trotzdem nicht allein wegen dieser Tatsache ausgeschlossen werden, dass man sich mit dem Preis kritisch auseinandersetzt. Ich halte es schlicht für falsch zu sagen, der Preis ist halt nicht für euch gemacht, deshalb besteht auch keine Notwendigkeit / Berechtigung, dass ihr euch dazu (auch negativ) äußert.

  • Das sich die Dinge geändert haben ist schön.


    Letztlich war meine Kritik aber genau das: wenn man mit dem Hobby abrechnet, sollte man einen kritischen Blick auf die eigne Arbeit werfen und wofür sie steht. Und da lief in der Vergangenheit nicht alles gut.

    Möglicherweise sieht Herr Felber (über den ich persönlich nichts sagen kann), da keinen Handlungsbedarf, das ist sein gutes Recht, ich sehe das aber persönlich anders und möchte das anmerken dürfen.


    Für mich ist und bleibt die Auszeichnung ein Politikum und nicht unumstritten.

    Damit möchte ich das Thema für mich abschließen. Ich hätte meine Klappe halten sollen, weil mich das Thema SDJ seit 30 Jahren begleitet und immer noch nervt.

  • Was ich eigentlich nur sagen wollte ist: Nur weil man nicht zur direkten Zielgruppe gehört, sollte trotzdem nicht allein wegen dieser Tatsache ausgeschlossen werden, dass man sich mit dem Preis kritisch auseinandersetzt. Ich halte es schlicht für falsch zu sagen, der Preis ist halt nicht für euch gemacht, deshalb besteht auch keine Notwendigkeit / Berechtigung, dass ihr euch dazu (auch negativ) äußert.

    In der Form wurde es meines Wissens auch nirgendwo gesagt. Worum es hier geht sind Leute, deren Kritik im Wesentlichen so klingt: "Im Jahre JJJJ wurde Spiel X prämiert, während Spiel Y nicht einmal nominiert wurde, das zeigt ganz klar, dass die Jury keine Ahnung hat, da Spiel Y viel besser ist." Wobei diese Menschen dann völlig ignorieren, dass Spiel Y für die Zielgruppe SdJ einfach nicht geeignet ist. Solange zielgruppengerecht argumentiert wird darf man sich selbstverständlich auch dann äußern, wenn man selbst nicht zur Zielgruppe gehört.

  • Yakosh-Dej : Sehr wohl gewählte Worte zu einer manchmal schwierigen Problematik. Lass mich sagen, dass wir da trotz unterschiedlicher Interessen innerhalb der Spielelandschaft vermutlich genau auf einer Linie liegen. :)

    SdJ ist da in manchen Punkten halt ein großer, schwerer Tanker, der nur langsam seinen Kurs ändern kann. Den Willen zur Änderung sehe ich dabei sehr wohl. Es sind z.B. zuletzt mehr Frauen in die Jury reingekommen und es sind auch zunehmend Vertreter der jüngeren Youtube-Generation drin. Da muss man dann auch anerkennen können, dass die nicht nur stur ihren gewohnten Kurs fahren, sondern sich auch behutsam modernisieren wollen. Und das sage ich auch als jemand, der nicht unbedingt 100%-ig von der Kompetenz so mancher neuerer Jury-Mitglieder überzeugt ist.

  • In der Form wurde es meines Wissens auch nirgendwo gesagt. Worum es hier geht sind Leute, deren Kritik im Wesentlichen so klingt: "Im Jahre JJJJ wurde Spiel X prämiert, während Spiel Y nicht einmal nominiert wurde, das zeigt ganz klar, dass die Jury keine Ahnung hat, da Spiel Y viel besser ist." Wobei diese Menschen dann völlig ignorieren, dass Spiel Y für die Zielgruppe SdJ einfach nicht geeignet ist. Solange zielgruppengerecht argumentiert wird darf man sich selbstverständlich auch dann äußern, wenn man selbst nicht zur Zielgruppe gehört.

    Kurz gesagt, ohne jetzt zu sehr in die Tiefe zu gehen (und damit unter Umständen wieder mal den Ummut der Leser auf mich zu ziehen, die schon mal mit meiner Meinung zu dem Thema SdJ konfrontiert waren): Ich sehe nicht wegen Spiel X oder Spiel Y als Preisträger dem SdJ Preis kritsch, sondern wegen der Aussenwirkung des Preises in der Wahrnehmung von Nicht- bzw. Wenig-Spielern, denen meiner Meinung nach ein nur sehr begrenztes Bild des Hobbys Brettspiele durch den Titel des Preises vermittelt wird. Ich habe in der Vergangenheit wiederholt die Erfahrung gemacht, dass dadurch leider der Eindruck entsteht, dass über das prämierte Spiel des Jahres hinaus (welches ja nicht über alle Komplexitätsgrade hinweg, sondern bewusst nur aus dem einsteigerfreundlichen Bereich ausgewählt wird) keine "besseren" Spiele existieren, weil der Logik des Titels nach, das Spiel des Jahres ja das beste des jeweiligen Jahrgangs sein muss. Etwas das natürlich in Wahrheit allein deshalb nicht sein kann, da ja garnicht alle Spiele aus Jahr X aufgrund der Beschränkung auf "einfache" einsteigerfreundliche Regeln, für die Wahl in Frage kommen und viel wirklich guter, innovativer Content allein an dieser Hürde scheitert. Ein Umstand der aber für den Außenstehenden garnicht ersichtlich ist, und ihn mit diesem "falschen" Eindruck zurücklässt.


    Die Brettspielwelt insgesamt hat sich in den letzten Jahren immer dynamischer gewandelt, etwas was aber aktuell in der Entwicklung des SdJ Preises aus meiner Sicht nicht in dem Maße Berücksichtigung findet, wie es das Hobby Brettspiele nötig und verdient hätte.

  • Kurz gesagt, ohne jetzt zu sehr in die Tiefe zu gehen (und damit unter Umständen wieder mal den Ummut der Leser auf mich zu ziehen, die schon mal mit meiner Meinung zu dem Thema SdJ konfrontiert waren): Ich sehe nicht wegen Spiel X oder Spiel Y als Preisträger dem SdJ Preis kritsch, sondern wegen der Aussenwirkung des Preises in der Wahrnehmung von Nicht- bzw. Wenig-Spielern, denen meiner Meinung nach ein nur sehr begrenztes Bild des Hobbys Brettspiele durch den Titel des Preises vermittelt wird. Ich habe in der Vergangenheit wiederholt die Erfahrung gemacht, dass dadurch leider der Eindruck entsteht, dass über das prämierte Spiel des Jahres hinaus (welches ja nicht über alle Komplexitätsgrade hinweg, sondern bewusst nur aus dem einsteigerfreundlichen Bereich ausgewählt wird) keine "besseren" Spiele existieren, weil der Logik des Titels nach, das Spiel des Jahres ja das beste des jeweiligen Jahrgangs sein muss. Etwas das natürlich in Wahrheit allein deshalb nicht sein kann, da ja garnicht alle Spiele aus Jahr X aufgrund der Beschränkung auf "einfache" einsteigerfreundliche Regeln, für die Wahl in Frage kommen und viel wirklich guter, innovativer Content allein an dieser Hürde scheitert. Ein Umstand der aber für den Außenstehenden garnicht ersichtlich ist, und ihn mit diesem "falschen" Eindruck zurücklässt.


    Die Brettspielwelt insgesamt hat sich in den letzten Jahren immer dynamischer gewandelt, etwas was aber aktuell in der Entwicklung des SdJ Preises aus meiner Sicht nicht in dem Maße Berücksichtigung findet, wie es das Hobby Brettspiele nötig und verdient hätte.

    Ich schätze ja deine Argumentation und sehe die Kritik als richtig und berechtigt an. Ich denke aber, dass dies durch den SdJ-Verein nicht wirklich gelöst werden kann. Sie haben mit dem Kennerspiel ja einen Schritt in die Richtung unternommen.


    Leute, die meinen, sie kennen mit dem Spiel des Jahres ja das beste Spiel, tun das in erster Linie aufgrund ihrer eigenen Ignoranz. Diese rechtfertigt ihr eigenes Desinteresse. Und gegen diese Ignoranz hilft es halt nicht, das perfekte Produkt zu prämieren man muss erstmal die Hemmschwelle möglichst weit senken.

    Der Spiel des Jahres Preis hat eine gewisse Einfachheit. Du musst den Markt nicht kennen, du musst deine Mitspieler nicht kennen, du musst deine eigenen Vorlieben nicht kennen. Du kaufst das Spiel und fertig. Das Spiel muss nicht bei wenigen perfekt treffen sondern bei vielen passabel gut.


    Und wie es als SdJ e.V. machst, wird es eben nicht besser:

    • Prämierst du ständig andere Kategorien an Spielen, versuchst also über die Zeit das ganze Spektrum hin und wieder zu bedeienen, verlierst du die Kernzielgruppe. Der Preis verliert quasi seinen Markenkern und wird beliebig.
    • Es gibt Preise in einem riesigen Haufen Kategorien. Leute die nie ins Kino gehen interessieren sich nicht für den Oskar des besten Schnitts oder für den besten animierten Kurzfilm. Es wird bei SdJ für 10 Kategorien nur unübersichtlicher und die Nebenkategorien bekommen nicht dieselbe Relevanz. Am Ende verwirren sie.

    Egal welchen Weg man nimmt, der Kunde muss sich mit den prämierten Spielen genauer beschäftigen. Und ich bin überzeugt, dass es die Leistung des Preises ist, den Kunden genau das abzunehmen. Und nur über die Masse erhält sich diese Relevanz, das mediale Echo und damit das Versprechen.

    In begrenztem Umfang macht der Verein genau das. Siehe Kennerspiel. Siehe Legenden von Andor oder Just One. Und in die Nominierten und Empfehlungen werden ja mehr Spiele über den Tellerrand aufgenommen.


    Gegen die Ignoranz (die Abwehrhaltung die Brettspielszeneauf das SdJ zu reduzieren) hilft dann mehr Medienpräsenz in der Breite.Irgendwann macht das auf irgendetwas neugierig. Das finde ich wichtig, dass das geschieht. Aber den SdJ Preis halte ich da nicht unbedingt für ein gutes Mittel.

  • Ich schätze ja deine Argumentation und sehe die Kritik als richtig und berechtigt an. Ich denke aber, dass dies durch den SdJ-Verein nicht wirklich gelöst werden kann. Sie haben mit dem Kennerspiel ja einen Schritt in die Richtung unternommen.


    Leute, die meinen, sie kennen mit dem Spiel des Jahres ja das beste Spiel, tun das in erster Linie aufgrund ihrer eigenen Ignoranz. Diese rechtfertigt ihr eigenes Desinteresse. Und gegen diese Ignoranz hilft es halt nicht, das perfekte Produkt zu prämieren man muss erstmal die Hemmschwelle möglichst weit senken.

    Vielen Dank für die ausführliche Antwort und den interessanten, aufgezeigten Blickwinkel. Ich kann dir in deiner Argumentation durchaus folgen, und stimme dir bei vielem auch zu. Auch will ich dem SdJ-Preis / der Jury in keinem Fall seine / ihre guten Absichten absprechen. Hier wird sicherlich viel Herzblut in das Kulturgut Brettspiele gesteckt. Ich bin nur der Meinung, dass es hier eine gewisse Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten geben muss, um die Vielschichtigkeit der Brettspiele insgesamt mehr zu berücksichtigen und transparenter nach außen zu präsentieren, gerade wegen dem Einfluss des Preises auf die Zielgruppe der "Nicht-Spieler". Mit der gewonnen Deutungshoheit des SdJ geht auch eine hohe Verantwortung einher, die man z.B. im Bereich der Medienpräsenz aus meiner Sicht noch verantwortlicher nutzen muss, um kein falsches Bild von Brettspielen und ihren Qualitäten zu erzeugen bzw. weiter zu festigen. Es handelt sich meiner Meinung auch nicht in erster Linie um ein "Verschulden" der Nichtspieler, und wenn dann eben nur, weil sie sich zu sehr auf das Urteil der SdJ Jury bzw. auf den Titel selbst verlassen, anstatt sich selbst schlau zu machen. Wir sprechen eben hier in erster Linie von Menschen, die eben nicht tief in der Materie befinden, und denen oft auch schlicht die umfangreiche Auswahl im Bereich Brettspiele einfach gar nicht bewusst ist. Hier ist meiner Meinung nach der Experte mehr in der Pflicht als der Unwissende die Verhältnisse nahezubringen und Möglichkeiten aufzuzeigen bzw. diese eben auch bekannt zu machen.


    Hier ist es sicherlich wie MetalPirate es bereits geschildert hat (der Vergleich mit dem Tanker). Man tut sich schwer beim SdJ e.V. mit richtungsweisenden Veränderungen, da man natürlich damit auch ein gewisses Risiko eingeht, und man sich in der aktuellen Lage, auch nicht gerade unwohl fühlt. Der Mangel an Druck zur Veränderung ist oft ein schwerwiegendes Hemmnis, diese überhaupt in irgendeiner Form anzupacken. Hier hat man mit dem Kennerpreis ja bereits wie du richtig sagst ein zaghaftes Zeichen gesetzt. Dies ist aus meiner Sicht der Dinge aber nicht genug, da man sich an weitere Modifikationen des Preises bisher eben nicht herangewagt hat. Wie diese im Detail aussehen müssen, darüber lässt sich natürlich trefflich streiten und auch ich habe hier zwar eine Meinung, aber sicherlich kein Patentrezept. Meine obengenannte Variante hätte aber den Vorteil, dass man quasi einen Zwischenschritt gehen würde, und damit weder unübersichtlich viele Rubriken etablieren, wohl aber sich breiter aufstellen, und somit die Brettspielszene wesentlich besser in ihrer aktuellen Vielschichtigkeit abbilden würde. Vielleicht mit einem farbigen Ampelsystem bei den Pöppeln (z.B. Kinder (Weiß), Einsteiger (Grün), Kenner (Gelb), Experten (Orange), Spiel des Jahres (Rot) … oder so ähnlich)?! Warum soll man den Leuten nicht deutlich zeigen, dass es auch weitere tolle Spiele gibt, wenn man gleichzeitig transparent zeigt, dass es sich bei dem nominierten Spiel um einen erhöhten Schwierigkeitsgrad handelt?


    Mir bereitet es immer etwas Magenschmerzen, wenn der Nichtspieler allein vom Titel her im Glauben gelassen werden, dass nur die prämierten, einsteigerfreundliche Spiele auch "Spiel des Jahres" sein können, da dies natürlich den Blick auf diesen Komplexitätsgrad verengt und viele gute, innovative Spiele ausgrenzt. Zumal damit ja auch wirtschaftlich die Verlage dann belohnt werden, wenn sie für diese Kategorie passende Spiele entwickeln und auf eine Normierung oder Gewinn hoffen können. Schließlich sollte man bei allem Einfluss auf die Nicht-Spieler-Welt nicht vergessen, dass man hier auch finanziell und rein umsatztechnisch in den Spielemarkt eingreift, und das sicherlich auch nicht zu knapp. Mir persönlich ist aber der Impact auf die Wahrnehmung der Brettspielszene von außen insgesamt durch den Preis viel mehr ein Dorn im Auge als die wirtschaftlichen Folgen, da diese meiner Meinung bei aller Einflussnahme weiterhin maßgeblich durch die Verlage und den Markt selbst bestimmt werden. Den von mir beschriebenen Impact auf die "Ahnungslosen" ist aber auch durch die eindimensionale Berichterstattung in spielefremden Medien in meiner Wahrnehmung immens. Wer sich schon einmal mit seinem Hobby Brettspiele gegenüber Nicht-Spielern "geoutet" hat, wird vermutlich die verwirrten Blicke kennen … der Unglaube, warum man sich als gestandener Erwachsener bitte mit einem so seichten, für Kinder (maximal für Familien inkl. Kindern) gemachten Thema befasst. Etwas was ich als PC-Spieler nie erfahren habe. Schnell kommen wie aus der Pistole geschossen die üblichen Verdächtigen, Monopoly, Risiko und die SdJ Titel der näheren oder ferneren Vergangenheit - That's it, that's all. Um so überraschter sind die Leute dann, wenn man Ihnen (und ich spreche hier ausschließlich von Erwachsenen ab 20) die Vielfalt, Breite und Komplexität von Brettspielen zeigt. Ich hole bei Einsteigern selbstverständlich auch kein #TwilightImperium oder #OnMars heraus, aber sicherlich auch kein SdJ Titel. Etwas erwachseneres, dass die Leute auch als Nicht-Spieler wirklich fordert und damit auch fesselt. (Dies mag natürlich von Mensch zu Mensch verschieden sein, aber ich nenne hier einfach nur meinen "Standardfall".) Die meisten dieser Personen haben im Nachhinein sofort eine weitere Partien spielen wollen, und teilweise ihre eigenen Sammlungen aufgebaut, oder sofort nach Spielen zum Thema X oder Element Y nachgefragt. Etwas, das sich mit der Beschäftigung mit den gekannten SdJ-Titeln eben bei ihnen nicht eingestellt hatte. Ich würde mir halt nur wünschen, dass dieses Aha-Erlebnis noch mehr Menschen auch beim Anschauen der Normierten / Gewinnern vom SdJ haben … warum die Leute nicht auch auf komplexere Titel aufmerksam machen? Einfach den Horizont der Nicht-Spieler insgesamt erweitern … Interesse wecken, Mut machen. Nicht vorrangig wegen mir persönlich oder der Wahrnehmung auf meine Brettspiel-Aktivität, sondern zum Wohle und Verbreitung unsers tollen Hobbies insgesamt.

  • Yakosh-Dej ich verstehe deine Gedanken, du unterschätzt aber den Aspekt, dass die Zielgruppe des SdJ eben keinen Brettspieler im Bekanntenkreis hat. Die müssen sich allein durch Anleitungen arbeiten und das geht bei komplexeren Titeln als SdJ Niveau sehr oft in die Hose. Ist diese Chance vertan ist das Interesse an weiteren Spielen meistens sofort erloschen, weil die Personen gefrustet sind.


    Sobald jemand dabei ist, der ein Spiel erklären kann, sinkt die Hürde massiv.

  • Yakosh-Dej ich verstehe deine Gedanken, du unterschätzt aber den Aspekt, dass die Zielgruppe des SdJ eben keinen Brettspieler im Bekanntenkreis hat. Die müssen sich allein durch Anleitungen arbeiten und das geht bei komplexeren Titeln als SdJ Niveau sehr oft in die Hose. Ist diese Chance vertan ist das Interesse an weiteren Spielen meistens sofort erloschen, weil die Personen gefrustet sind.


    Sobald jemand dabei ist, der ein Spiel erklären kann, sinkt die Hürde massiv.

    Danke für den berechtigten Einwand, natürlich ist mir dieser Umstand auch bewusst und in diesem Bezug hinkt mein angefügtes Beispiel etwas, da dies sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen ist, weil ich als "Eingeweihter" diese Hürde senke. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir als "Brettspieler in der Szene" oft auch dazu neigen, Nicht-Spieler zu unterschätzen ... nicht nur bezüglich grundlegendes Verständnisses, auch bezüglich Ausdauer, Anspruch und Ehrgeiz. Viele sind eben doch in der Lage sich in etwas was sie interessiert hineinzufuchsen. Aber eben nur wenn auch das Interesse hoch genug ist ... ich kenne das ja selbst aus anderen Bereichen ja auch ... frei nach dem Motto: "... andere Leute in meinem Alter kriegen das auch hin, dass muss ich doch schaffen können." Zudem sind viele auch findig genug, um schicht bei Problemen geradezu reflexartig zu googeln, und z.B. in Let's play Videos oder auf Brettspiel-Seiten mit HowtoPlay-Anleitungen Hilfe zu finden ... es ist eben auch nicht mehr 1979. Hier sind unter Umständen auch die Verlage stärker gefordert, warum z.B. nicht zu jedem Spiel ein eigenes Regelerklär-Video machen und in der Anleitung bereits verlinken? Insgesamt ist aber zu sagen, auch wenn die Regelhürde da ist, dem Nicht-Spieler generell den Einblick auf komplexere Titel zu erschweren bzw. indirekt zu verweigern, ist meiner Meinung nach kein guter Dienst am Kulturgut Brettspiel und in dieser Form unter Umständen schlicht kontraproduktiv. Besser Möglichkeiten aufzeigen und ermutigen, als bevormunden und unter Umständen interessante Dinge vorenthalten ... meiner persönlichen Meinung nach.

  • Wir alle waren mal Nicht-Spieler ... und nicht jeder von uns wurde behutsam an die Komplexität (oder was auch immer) von Brettspielen heran geführt. (Ich selber bin quasi mit Dungeon Lords richtig eingestiegen.) Und mit etwas Interesse und Ehrgeiz geht das alles auch. (Wie Yakosh-Dej ja richtig sagt.)

    Mit ausreichend Ehrgeiz und Englisch-Kenntnissen kann man fast alle offenen Fragezeichen im Internet klären.


    Aber ich sehe einfach noch nicht, wie der Spiel des Jahres e.V. da für viel mehr Genres Interesse und Ehrgeiz wecken kann (oder können soll). Und eben ohne seinen Markenkern zu beschädigen.


    Insgesamt ist aber zu sagen, auch wenn die Regelhürde da ist, dem Nicht-Spieler generell den Einblick auf komplexere Titel zu erschweren bzw. indirekt zu verweigern, ist meiner Meinung nach kein guter Dienst am Kulturgut Brettspiel und in dieser Form unter Umständen schlicht kontraproduktiv. Besser Möglichkeiten aufzeigen und ermutigen, als bevormunden und unter Umständen interessante Dinge vorenthalten ... meiner persönlichen Meinung nach.

    Diesen Standpunkt finde ich ein wenig schwierig. Wenn ich dich richtig verstehe erschwert der SdJ e.V. den Nichtspielern den Zugang, weil er seine Reichweite nicht für ein größeres Spektrum an Spielen nutzt und die Massenmedien sich in ihren kürzen Berichts-Schnipseln auf das Spiel des Jahres konzentrieren.

    Ich denke das es eher so ist, dass Massenmedien, welche sich im Normalfall niemals mit dem Brettspiel beschäftigen, das Spiel des Jahres trotzdem eine Mini-Meldung wert ist. Weil es schön kurz und einfach ist. Und auch wenn in den meisten Presse-Artikeln die Nominierten mit dabei waren, interessiert sich da ein Jahr später kein Nicht-Spieler mehr dafür.

    Um dem Nicht-Spielern den Zugang zu erleichtern, braucht es halt allgemein mehr Türen, damit jeder Typ seine passende Tür zum Hobby findet. SPON macht da beispielsweise gut (Artikel von Maren Hoffmann). Und es gibt extrem viele Angebote und auch andere Preise mit mehr Kategorien. Ich sehe da nicht den Spiel des Jahres e.V. als Erstes in der Pflicht. (Und die Nicht-Spieler müssen die Türen halt auch sehen wollen.)

  • Die Massenmedien interessieren sich weder für Brett- noch für Videospiele.

    Vor einem Jahr gab es eine Meldung von Spiel des Jahres in Radio und der Moderator hat zugegeben, dass er bis auf die Klassiker nichts kennt. Wenige Wochen davor hat er noch einen Anrufer gelobt, dass der Anrufer ja Brettspiele spielt statt Videospiele.


    Das Spiel des Jahres erreicht aber zumindestens die Massenmedien.

  • koala-goalie: Ich sehe da aus eigener Erfahrung mit Nicht-Spielern ein Problem der Wahrnehmung des Titels des SdJ-Preises selbst. Wenn etwas "Spiel des Jahres" heißt, schwingt dort eine klare Wertung zu den verfügbaren Artikel des jeweiligen Jahrgangs insgesamt mit. Heißt für den Nicht-Spieler einfach gedacht, Spiel XY muss das beste Spiel aus 19xx oder 20xx sein - Sonst würde es ja auch nicht so heißen. Das hier aber viele Titel aus dem jeweiligen Jahr bereits aus unterschiedlichen Gründen vorab ausgeklammert wurden, und es selbstverständlich in Jahr X unter Umständen ein innovativeres, "besseres" Spiel gegeben hat, wird dem Nicht-Spieler garnicht bewusst. Im Gegenteil mancher Nicht-Spieler schaut sich vielleicht nur im Laden die Verpackung an, oder spielt das Spiel sogar, und kommt dadurch zu einem umgekehrten Fazit. Nämlich: "Wenn das hier das beste Spiel aus Jahr X ist, dann kann das Kulturgut Brettspiel offensichtlich nicht viel." ... ohne dies sicherlich zu wollen, wertet der Preis gerade für Einsteiger andere Spiele, die einfach schlicht nicht ins Rasta passen, aber durchaus etwas können und vielleicht ein Brückenkopf zu dem Nicht-Spieler gewesen wären indirekt ab, und vermittelt damit eine recht eingeschränkte Sicht, was zum Thema Brettspiel gut und kaufenswert ist. Ich finde, dieser Faktor darf nicht völlig unberücksichtigt bleiben ...

  • Das Spiel des Jahres erreicht aber zumindestens die Massenmedien.

    Der Meinung bin ich eben auch, und wenn in diesem Kontext z.B. komplexere Spiele, die unter Umständen eben auch bei Nicht-Spielern eine potentielle Zielgruppe hätten, nicht gewürdigt bzw. überhaupt nicht berücksichtigt werden, entsteht ein meiner Meinung nach falscher Eindruck. Man kann halt (unabhängig vom Thema) auch durch Weglassen von Optionen eine Bild verfälschen ...

  • Yakosh-Dej


    Ich teile die Meinung zum Spiel des Jahres nicht.


    Aus meiner Sicht ist es weder ein Problem noch auch nur falsch das Spiel des Jahres für das „beste“ Spiel des Jahres zu halten.


    Ein durchschnittlicher Nichtspieler wird sich sicher durch kein „objektiv“ bestes Spiel des Jahres abgeholt fühlen. Höhere Komplexität schreckt einen Großteil der Nichtspieler ab - wobei ausdrücklich nicht die Erlebnisse gemeint sind, in denen ein Nichtspieler moderiert von einem Profispieler in ein komplexeres Spiel eingeführt wird.


    Durchaus möglich allerdings, dass aus der letztgenannten Situation eher ein neuer Vielspieler erwächst als aus dem typischen Spiel-des-Jahres-Käufer. Der allerdings typischerweise die „Vielspielerwerdung“ auch gar nicht als erstrebenswertes Ziel ansieht. Und wenn man es mal realistisch ansieht, ist sie das wohl auch nicht.


    Außerdem werden aus meiner Sicht oft eben doch innovative Spiele ausgezeichnet; und wenn ich in diesem Vielspielerforum so lese, halte ich den Titel für aussagekräftiger als z.B. den Deutschen Spielepreis. Denn viele Spieler spielen ein Spiel kaum eine Hand voll Male (ich nehme mich da nicht aus) und setzen ihn dann auf die Liste (weil möglicherweise das eine Spielerlebnis so toll war oder man auch einfach nicht soo viel mehr Spiele gespielt hat, die in Frage kommen).


    Und das Thema der Verfügbarkeit sehe ich bei jedem Preis: ob‘s der Oscar ist oder gerade auch der Deutsche-Spiele-Preis: prämienwürdig ist ja, was man selbst gespielt hat; und die Wahrscheinlichkeit dazu steigt halt mit der Verfügbarkeit.

  • Yakosh-Dej


    Ich teile die Meinung zum Spiel des Jahres nicht.


    Aus meiner Sicht ist es weder ein Problem noch auch nur falsch das Spiel des Jahres für das „beste“ Spiel des Jahres zu halten.

    Erstmal danke für den ausführlichen Kommentar. Es freut mich sehr, wenn wir gemeinsam hier über solche Dinge in freundlicher Atmosphäre "streiten" können. Natürlich kann man hier auch ausdrücklich nicht meiner Meinung sein, allein schon weil unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen das Bild jedes Einzelnen prägen, und ich dies im Übrigen als völlig legtim erachte, dies mal nur noch einmal ganz deutlich am Rande. Ich persönlich habe aber schon oft eben gegenteilige Wertungen bezüglich des SdJ gehört, nicht nur weil viele Menschen eben nicht den tiefen Einblick in die Kriterien des Preises haben, gerade weil sie eben insgesamt keine "Eingeweihten" in Sachen Brettspiele sind, sondern auch weil der SdJ e.V. dies z.B. in seiner FAQ nicht entschieden verneint ...


    "Zeichnet die Jury mit dem Titel „Spiel des Jahres“ das „beste“ Spiel des Jahres aus?
    Ja – allerdings gibt es nicht das eine, objektiv beste Spiel. Je nach Spielerzahl, Spielerfahrung, Zeitrahmen usw. würde ein Jurymitglied mal das eine und mal das andere Spiel auf den Tisch bringen, weil es am besten zur jeweilige Gruppe passt und Spielen ein Gemeinschaftserlebnis ist."


    Auch wenn die Aussage der Antwort hier eingeschränkt wird, wird ja das nicht kategorisch ausgeschlossen / angezweifelt. Ganz davon ab, dass man sich schon überhaupt mit der Aussage des Preises beschäftigen muss, um auf die Seite des SdJ zu gehen, die FAQ zu den Bezug zu suchen und dann anhand eines "Ja, aber"-Satzes, die entsprechenden Einschränkungen bezüglich der Preisvergabe herauszulesen.

  • Den Daumen hoch gibt’s allein schon für die nette Einleitung.


    Freundlichen, sachlichen und sympathischen Diskurs um die Sache, so wie wir Spieler uns ja an sich sowieso einschätzen. 😇

  • Und zur „Sache“: Den Eindruck des „besten“ Spiels zu erwecken, finde ich für einen Mainstream-Preis nicht nur legitim sondern geradezu zwingend! Alles andere würde den Preis obsolet machen.


    Dass der Spiele-„Cineast“ anderer Meinung sein darf (und unter Umständen sogar sollte) steht für mich auf einem ganz anderen Blatt.


    Nichtsdestotrotz bleibt das „Spiel des Jahres“ ein Spiel, das auch Vielspielern über mehrere (viele?) Partien hinweg gut gefallen hat; denn genau das sind die Mitglieder der Jury. Dass sie als „Cineasten“ in dem Jahrgang andere Spiele gespielt haben, die ihnen persönlich noch besser gefallen haben mögen, bleibt davon unbenommen.

  • Ein durchschnittlicher Nichtspieler wird sich sicher durch kein „objektiv“ bestes Spiel des Jahres abgeholt fühlen. Höhere Komplexität schreckt einen Großteil der Nichtspieler ab - wobei ausdrücklich nicht die Erlebnisse gemeint sind, in denen ein Nichtspieler moderiert von einem Profispieler in ein komplexeres Spiel eingeführt wird.


    Durchaus möglich allerdings, dass aus der letztgenannten Situation eher ein neuer Vielspieler erwächst als aus dem typischen Spiel-des-Jahres-Käufer. Der allerdings typischerweise die „Vielspielerwerdung“ auch gar nicht als erstrebenswertes Ziel ansieht. Und wenn man es mal realistisch ansieht, ist sie das wohl auch nicht.

    Dieser Meinung kann man durchaus sein, ich denke, dass ist eben von Mensch zu Mensch bzw. Nicht-Spieler zu Nicht-Spieler sehr unterschiedlich, da es eben nicht den typischen Nicht-Spieler gibt. Es ist aber schon ein Unterschied, ob man Spiel A z.B. als bestes Einsteiger-Spiel auszeichnet, oder als "bestes Spiel". Das ist meiner Meinung nach einfach eine Frage der Erwartungshaltung rein aus der Ableitung des Titels her. Das komplexere Spiele sicherlich eine andere Art von Regelhürde mitbringen, ist ja auch keine Frage. Aber sollte man deshalb bestimmt Spiele ganz ausschließen, nur weil vermeintlich nicht jeder Nicht-Spieler damit klar kommt, und damit indirekt ein verzerrtes Bild des Angebots insgesamt indirekt wiedergeben? Man muss ja nicht auch nicht gleich ein über die Jahre bewährtes, aber auch in die Jahre gekommenes Konzept gänzlich über den Haufen werfen, wohl aber vielleicht überdenken, wie genau es die aktuelle Situation noch widerspiegelt und damit in allen Belangen zeitgemäß ist ... ein System wird ja mit Veränderungen nicht automatisch schlechter.

  • Was man mit dem Kenner-Spiel vor einigen Jahren ja gemacht hat.


    Ein Profi- (oder Experten-)Spiel könnte das Angebot allerdings durchaus nach oben abrunden. Gerade wenn dadurch die Komplexitätsgrenze aufgehoben würde.


    Wahrscheinlich scheitert es am Ende daran, dass eine geeignete Farbe fehlt. 😂


    Das „Spiel-des-Jahres“ durch ein vorangestelltes „Einsteiger“ zu entwerten würde ich nichtsdestotrotz für falsch halten.

  • Außerdem werden aus meiner Sicht oft eben doch innovative Spiele ausgezeichnet; und wenn ich in diesem Vielspielerforum so lese, halte ich den Titel für aussagekräftiger als z.B. den Deutschen Spielepreis. Denn viele Spieler spielen ein Spiel kaum eine Hand voll Male (ich nehme mich da nicht aus) und setzen ihn dann auf die Liste (weil möglicherweise das eine Spielerlebnis so toll war oder man auch einfach nicht soo viel mehr Spiele gespielt hat, die in Frage kommen).


    Und das Thema der Verfügbarkeit sehe ich bei jedem Preis: ob‘s der Oscar ist oder gerade auch der Deutsche-Spiele-Preis: prämienwürdig ist ja, was man selbst gespielt hat; und die Wahrscheinlichkeit dazu steigt halt mit der Verfügbarkeit.

    Sorry, ich bin eindeutig zu langsam, aber ich möchte nicht durch Eile, deinem Kommentar nicht die gebührende Zuwendung zollen ... ob hier in welcher Intensität innovative Spiele ausgezeichnet werden, liegt sicherlich wieder im Auge des Betrachters aber ich kann mich an zwei Jahrgänge sehr gut erinnern, wo #Kingdomino und danach #Queendomino gewonnen haben ... aber das nur am Rande, weil ich ehrlich gesagt auch nicht alle Sieger aus allen Jahrgängen im Vergleich zu den nicht ausgezeichneten Spielen im Kopf habe.


    Gerade weil der Preis meiner Meinung nach eben die größte Bedeutung und Einflussnahme auf die Spieler- und vor allem auf Nicht-Spieler-Welt (Stichwort: Medienpräsenz) hat, halte ich es für wichtig, dass hier gerade nach Außen hin, ein möglichst umfassendes Bild des Angebot, Umfangs und Fassettenreichtums der Brettspielszene weitergetragen wird, und nicht eine "verkürzte" Version.


    Auch sehe es als richtig an, dass es eben kein reiner Popularitätspreis ist bzw. sein sollte. Auch ein Juryentscheid halte ich für besser und zielführender als ein Massenvoting (Hurra, BGG -> #Fluegelschlag), aber bitte nicht mit solch starken Einschränkungen für den letztlich wichtigsten Preis. Um mal in dem genannten Oscar-Beispiel zu bleiben, hier werden ja auch nicht nur leichtverdauliche Filme "bester Film", bzw. Filme aus den Kategorien Drama vorab aufgrund ihrer künstlerischen Komplexität vorab ausgeschlossen, weil das Thema zu schwierig ist.

  • Um auf dein Beispiel einzugehen: Kingdomino als innovative und interessante Domino-Adaption fand ich durchaus preiswürdig. Und bekam vom Rezensenten des Vielspielermagazins „Spielbox“ damals 9 von 10 Punkten.


    Im Folgejahr hat dann nicht Queendomino gewonnen (was soweit ich weiß, bei keinerlei Preisen bedacht wurde), sondern das auch bei vielen Vielspielern über jeden Zweifel erhabene Azul.


    Beides eine gute Wahl würde ich sagen wie auch das letztjährige Just One. - Aber das ist natürlich schon wieder komplett subjektiv, wie es Jury-Entscheidungen nun mal auch sind.

  • Und zur „Sache“: Den Eindruck des „besten“ Spiels zu erwecken, finde ich für einen Mainstream-Preis nicht nur legitim sondern geradezu zwingend! Alles andere würde den Preis obsolet machen.


    Dass der Spiele-„Cineast“ anderer Meinung sein darf (und unter Umständen sogar sollte) steht für mich auf einem ganz anderen Blatt.


    Nichtsdestotrotz bleibt das „Spiel des Jahres“ ein Spiel, das auch Vielspielern über mehrere (viele?) Partien hinweg gut gefallen hat; denn genau das sind die Mitglieder der Jury. Dass sie als „Cineasten“ in dem Jahrgang andere Spiele gespielt haben, die ihnen persönlich noch besser gefallen haben mögen, bleibt davon unbenommen.

    Richtig, finde ich auch wichtig und richtig, nur bitte nicht zwingend auf dem EEinsteiger-Niveau. Warum nicht Spiel X zum Einsteiger-SdJ küren, Spiel Y als KennerSdJ und Spiel Z als ExpertenSdJ, und dann schauen welches der prämierten Spiele für die Brettspielwelt am wichtigsten war und dies dann rubrikübergreifend zum eigentlichen SdJ krönen? Das wäre jedenfalls spontan meine Idee dazu ...


    Es ist halt ein Unterschied, ob man sagt, Spiel X hat mir in diesem am besten Gefallen, war für die Spieleszene das wichtigste usw. ... oder man sagt, Spiel X kann nicht Spiel des Jahres werden, weil es nicht einsteigerfreundlich genung ist, deshalb ist es raus, und man einigt sich dann auf Spiel Y weil dies schlicht in die Vorgaben passt, und übergeht somit indirekt Spiel X. In meinem Vorschlag gewinnt Spiel Y ja trotzdem, aber unter Angabe seiner Einordnung als "einsteigerfreundlich", und es gibt keinen "Etikettenschwindel", kein Fehldeutungen. Es wird somit "Einsteiger"-SdJ und eben in dem Beispiel nicht "Gesamt"-SdJ, welches dann auch ein Expertenspiele sein kann ...

  • Was hier vielleicht noch ein bisschen vergessen wird: wenn wir für oder gegen das eine oder andere Spiel argumentieren, geschieht das eher aus einer Art Gefühl als aus tatsächlichem Wissen.

    Denn seien wir Mal ehrlich: wie viele von uns spielen die Spiele eines Jahrgangs mit vielen verschiedenen (Nicht-)Spielergruppen?


    Wenn die Mitglieder der Jury sagen: dieses Spiel mag zwar gut sein, funktioniert aber in vielen Gruppen nicht, dann ist das nicht so dahergesagt, sondern in vielen (und bei echten SDJ-Kandidaten sogar SEHR VIELEN) Runden ausprobiert.


    So gut wie uns auch alle bei Spielen auskennen, ich spreche zumindest den meisten von uns die Expertise für das SDJ ab.

    Wissenschaftlich argumentiert fehlt uns die experimentelle Grundlage für unsere Meinung.

  • Stimmt, den ersten Kilometer des Weges ist man ja bereits sogar gegangen, nur bleibt dem Kennerspielen derzeit die höchte Weige verwehrt, ganz davon ab, dass es eben keine Experten-Kategorie gibt, und somit diese Spiele sogar noch benachteiligter sind ... und in der allgemeinen Wahrnehmung immer noch das "beste" Spiel im Jahrgang X eben immer ein Einstiegsspiel ist, etwas was ha genau genommen garnicht jedes Jahr so sein kann. Eine Art Ampel-System würde meiner Meinung nach eine elegante und sinnvolle Veränderung sein, ohne generell alles über Bord zu werfen, und trotzdem der Vielfalt der Brettspielszene insgesamt Rechnung zu tragen, bei dem kein Spiel mehr aussen vor ist, und man auch dem Nicht-Spieler genung Einblick, Orientierung und Auswahlmöglichkeit gibt. Es böte eben weiterhin die Möglichkeit einsteigerfreundliche wie bisher auszuzeichnen, auch als SdJ insgesamt, ohne komplexere Titel bereirs im Vorhinein auszuklammern.

  • TL;DR: Der Preis des SdJ ist für mich ein “Siegel” für einfache Akzeptanz von Spielen die man trotzdem 30-100x Spielen kann und trotzdem immer neue Finessen entdeckt... (weshalb ich Tom Felbers Abschied sehr bedauerlich finde)!



    Für mich (Sammlung von ca. 600 Spielen, Präferenz für Medium-Heavy Euros) bedeutet der rote Pöppel: In der Arbeit wurde ich zu Anfang von Corona gefragt welche Spiele denn gut wären... „Ich kenne mich ja irgendwie aus”...

    Antwort für die ganze Firma: Kingdomino und Azul. Wer SdJ kennt weiß die Antwort einzuschätzen... Wer nicht, bekommt einen grandiosen Einstieg in die Brettspiel-Welt...


    Ich weiß nicht wer es zuvor schon geschrieben hat aber der Schritt von Kenner zu Experte ist (auch meiner Erfahrung nach) sehr viel einfacher als „Nix“ zu Brettspieler :)! Eine frustrierende Anleitung mit 3-5 Worten die man nicht versteht oder Mechanismen die “ineinander greifen” und die man einfach nicht kennt genügen um eine Hemmschwelle aufzubauen die man nicht mehr so leicht überwindet... Brettspiele bedeuten (fast) immer Arbeit... Regeln... Aufbau... “Upkeep”... Abbau... Eventuell sogar Leute organisieren und Termine planen...


    Ich weiß noch wie ich mir, vor gefühlt 100 Jahren, Caylus gekauft habe... Die Anleitung hat mich damals komplett überfordert und wir waren einfach nicht bereit für das Spiel...


    Stone Age allerdings... und Alhambra oder Carcassonne... Gingen locker flockig, weil irgendwie einfach eingängig... und später (nachdem wir Worker Placement begriffen haben) war dann auch Caylus nicht mehr schwer zu verstehen...


    Für mich ist das SdJ nicht „das Beste Spiel“, sondern viel eher ein Spiel das durch seine Einfachheit und (potentiell) versteckte Tiefe besticht... Und wegen der 4 Seiten Anleitung kann man es im Firmen Slack auch einfach so (bedenkenlos) empfehlen... Erfahrene Brettspieler kriegt man sowieso über andere Events an Spiele mit mehr Substanz beteiligt ;)!


    Und genau hier leistet die Jury wirklich tolle Arbeit. Ich finde auch die Trennung von SdJ und Kennerspiel sehr gut... El Grande würde heute nicht mehr den roten Pöppel gewinnen, und das finde ich sogar gut...


    Ich bin sehr begeistert von den letztjährigen Gewinnern und irgendwie finden sich immer schon wirklich gute Spiele auf den Listen...

  • Danke für den Einwand, das ist natürlich richtig, und hier setzt meine Kritik auch garnicht an, sondern in der in Kauf genommene mögliche Missdeutung der Preisträger durch die Zielgruppe. Es ist eben ein Unterschied, ob von vornherein feststeht, dass nur ein als "einsteigerfreundlich" gewertetes Spiel im Rahmen des SdJ-Preises die Brettspielwelt insgesamt nach Außen hin präsentiert und als bestes Spiel insgesamt wahrgenommen wird, oder ob dies auch anderen mit unter komplexeren Spielen generell offensteht. Ich möchte garnicht die einzelnen Einscheidungen der Jury anzweifeln, sondern bin für eine Öffnung und Neuorganisation der Staffelungen. Auch nach einer solchen Veränderung wird ja der ein oder andere von uns anderer Meinung sein als die Jury, aber es gibt eben mehr Transparenz und eine Gleichberechtigung unter den Spielen unterschiedlicher Komplexitätsstufen, auf den namensgebenden Hauptpreis ohne einen vorherigen Ausschluss.

  • Wer SdJ kennt weiß die Antwort einzuschätzen... Wer nicht, bekommt einen grandiosen Einstieg in die Brettspiel-Welt...


    Für mich ist das SdJ nicht „das Beste Spiel“, sondern viel eher ein Spiel das durch seine Einfachheit und (potentiell) versteckte Tiefe besticht...

    Danke für den sehr persönlichen Einblick. Bei vielem was du schreibst bin ich bei dir bzw. kann nachvollziehen, warum dies bei dir bzw. für dich passt, teilweise weil ich ähnlicher Meinung bin, teilweise weil es eben auch schlussendlich in Teilbereichen einfach eine sehr subjektive Wahrnehmung, und unterschiedlichen Vorlieben und Erfahrungen geschuldet ist ...


    Über zwei Aussagen bin ich allerdings gestolpert, die ich aus meiner Erfahrung nicht so unterschreiben kann. Ich glaube nicht, dass jeder die Hintergründe des Preises und die Vergabemodalitäten dazu kennt, auch wenn der Preis selbst ihm oder ihr prinzipiell ein Begriff ist und derjenige ihn irgendwie einordnen kann. Wir in unserer Themenblase setzen dies unter Umständen vorraus, die allgemeine Wahrnehmung und Wertung ist aber aus meiner Sicht eine andere ... so differenziert sieht der Nicht-Spieler den Preis und seine Hintergründe meiner Meinung nach eben nicht. Ich habe schon viel Feedback von Nicht-Spieler dazu gehört, und nur eine absolute Minderheit hat gegenüber mir, hier die Intention bzw. Bewertungskriterien der Jury wiedergegeben. Zudem wird ja wie schon gesagt, auch in den Medien bzw. von Verkäufern oft nicht oder nur falsch über die Hintergründe informiert. Meiner Meinung nach ist es schlicht nicht von der Hand zuweisen, dass eine Mehrheit der Menschen den Preis allein schon aufgrund des Titels an sich missinterpretiert. Das zeigt ja auch deine zweite Aussage, die ja sogesehen völlig richtig ist, das SdJ ist nicht zwangsläufig das "beste" Spiel des Jahrgangs, nur hat nach meiner Einschätzung nur der Kreis der "Eingeweihten" diese wichtige Differenzierung auf dem Schirm. Es ist hier garnicht so wichtig, ob wir es hier richtig einschätzen können, der Nicht-Spieler im Laden, der ja in erster Linie die eigentliche Zielgruppe ist, tut dies in Mehrzahl aber eben nicht ...

  • Die Diskussion hier finde ich sehr interessant, weiß aber nicht genau was dein Punkt ist Yakosh-Dej.

    Du kritisiert die Jury dahingehend, dass sie eine Messlatte für ihren Preis festgelegt hat und sich an diese hält? Der Preis ist doch nur wirtschaftlich bedeutend, weil er so akzeptiert ist. Glaubst du jemand fasst jemals wieder ein Spiel an, wenn man ihm als erstes Wasserkraft o.ä. versetzt und zwar ohne Erklärer? Und die Mehrheit der Leute da draußen hat eben nicht einen Vielspieler in der Bekanntschaft.


    Machen wir ein anderes Beispiel:

    Ich kann Quacksalber in fünf Minuten so erklären, dass ich mit einer Nichtspielerrunde anfangen kann. Dabei erwähne ich nur die Regeln, die man für die erste Runde braucht. Alles andere kommt dann in Happen von einer Minute, wenn man es braucht. So hat es bisher wirklich jeder verstanden. Wenn ich die Anleitung aber selbst textsicheren Nichtspielern vorlege, werden die dankend ablehnen und weiter MäDn spielen.


    Was wird bei der Mehrzahl der Neukunden von Brettspielen passieren? Und das ist doch die Zielgruppe. Oder geht es dir rein um die Umbenennung in "Einsteiger"-SdJ?

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Yakosh-Dej Meine, natürlich völlig unbewiesene Theorie ist, dass das Spiel des Jahres tatsächlich das beste Spiel eines Jahres ist, zumindest für die Mehrheit aller Deutschen.

    Stell dir das Gedankenexperiment vor du würdest mit jedem Deutschen jedes Spiel eines Jahrgangs jeweils 10 Mal spielen.


    Ich vermute, das SDJ bekäme die meisten Stimmen, wäre aber zumindest immer sehr weit oben. Underwater Cities, Spirit Island oder meinetwegen KDM wären dagegen chancenlos.


    Das wir natürlich oft andere Spiele besser finden - geschenkt!

  • Natürlich können Sie noch ein Experten Spiel des Jahres küren.

    Aber je komplizierter das Spiel desto aufwändiger ist der Test. Das steht in der Lacerda Liga dann einfach der Aufwand in keinem Verhältnis mehr. (1. praktisches Gegenargument.)


    Oder angenommen ein über die Jahre hinweg per Mund zu Mund Propaganda hoch gelobtes Spiel wie ... Too many bones beispielsweise gewinnt das Expertenspiel des Jahres (um mal das Nischige besser zu vertreten).

    Ein paar Leute draußen bekommen daraufhin von der Presse erzählt, dass das coolste Expertenspiel ein Pokerchip Geschiebe mit knuffigen, langohrigen Wesen ist. Und das außerdem nur in Englisch in ca. 6 Monaten wieder verfügbar ist und mindestens 150 Euro kostet. Ich kann mir da kaum eine große Wirkung auf uninformierte Mitmenschen vorstellen. (Die Kinder werden die ganzen farbigen Würfel haben wollen.)

    Das Spiel des Jahres zieht seine Relevanz halt auch daraus, dass es die Oma in jedem Laden kaufen und unt er den Christbaum legen kann. Wenn das nicht der Fall ist, man also das Spiel nicht ständig im Kaufhaus sieht oder Leute trifft die es kennen oder haben, geht das Thema schnell wieder unter. Die Meldung Expertenspiel ist bei der Allgemeinheit schnell vergessen. Wril ohne die Masse fehlt einfach das Echo. (2. praktisches Gegenargument.)


    Und man könnte natürlich auch einen Preis für das beste Spiel über alle Genres und Zielgruppen hinweg machen. (Was würden wir alle für ein Gesicht ziehen, wenn es dann das Kinderspiel wird 8o)

    Macht man bei Filmen oder Computerspielen ja auch so. Aber die kann man einfach konsumieren (Film) oder man tut es sich nur alleine an. Wenn Dark Souls das Spiel des Jahres ist und ich das als Neuling kaufe, muss nur ich alleine die entsprechende masochistische Ader aufbringen, mich da rein zu quälen. Und meinen Eltern kann ich nicht erklären warum sowas wie Dark Souls toll ist. Denen kann ich aber auch nicht erklären, warum KD:M toll ist. (Oder Death Metal... ) Wenn man das Brettspiel in die unbekannte Gruppe bringt hat da halt nicht jeder den passenden Ehrgeiz. (3. Gegenargument.)


    Das waren dann alle. :)

  • Was wird bei der Mehrzahl der Neukunden von Brettspielen passieren? Und das ist doch die Zielgruppe. Oder geht es dir rein um die Umbenennung in "Einsteiger"-SdJ?

    Es geht mir um eine Öffnung des Hauptpreis auch für komplexe Spiele, da ich immer mehr die Erfahrung bei Nichtspielern gemacht habe, dass der Preis irrtümlicherweise missinterpretiert wird, und der Eindruck entsteht, dass die einsteigerfreundlichen SdJ-Spiele gleichgesetzt werden mit dem "besten" Spuel des Jahrgangs sind und somit auch angenommen wird, mehr kann das Kulturgut Brettspiel nicht bieten. Dieses recht verzerrte Bild wird durch Medien und Verkäufer z.B. örtlichen Kaufhäusern noch weiter gefestigt, da die Hintergründe und Intentionen nicht transparent und bekannt genug sind. Wie ich schon sagte, wäre in meinen Augen ein Ampel-System mit rubrikübergreifender Entscheidung zum eigentlichen SdJ eine mögliche Idee, um eben die Vielfalt der Brettspielszene insgesamt besser abzubilden.

  • da ich immer mehr die Erfahrung bei Nichtspielern gemacht habe,

    Ich denke hier ist der Punkt. Deine Erfahrungen beruhen ja auf dir als Vielspieler. Denk dich dabei weg. Du kannst jeden an die Hand nehmen. Aber für alle die keinen Yakosh haben, ist es wie für Erstklässler, die sich ohne Lehrer lesen und schreiben beibringen sollen.

    Manche werden es schaffen und in die geniale Welt der Bücher eintauchen. Die meisten werden es aber wohl nie mehr versuchen.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Und man könnte natürlich auch einen Preis für das beste Spiel über alle Genres und Zielgruppen hinweg machen. (Was würden wir alle für ein Gesicht ziehen, wenn es dann das Kinderspiel wird 8o)

    Ich habe nie gesagt, dass meine Idee die Lösung aller Probleme ist ... wäre ja noch schöner, wenn mir das spontan gelingen könnte ... :lachwein:


    Nein, natürlich gibt es unterschiedliche Punkte, die unter gewissen Gesichtspunkten auch gegen entsprechende Veränderungen sprechen, keine Frage. Mir wäre es allein schon wichtig, wenn es überhaupt einen Denkanstoss und eine Reflektion in Bezug auf den SdJ gibt. Allein schon, weil sich die Brettspielwelt glücklicherweise in den letzten Jahren immer dynamischer gewandelt hat, und man sich meiner Meinung nach auch über die Verantwortung in der allgemeinen Wahrnehmung bewusst sein sollte. Was hier schlussendlich zielführend, sinnvoll und auch umsetzbar ist steht ha auf einem anderen Blatt und entzieht sich meiner Möglichkeit auf Einflussnahme und auch Verantwortung.


    PS. Wenn es sich um ein echt innovatives, richtungsweisendes Spiel handelt, habe ich auch mit einem Kinderspiel als SdJ kein Problem. 8o