Hallo Dungeon-Mitstreiter,
heute möchte ich ein Spiel vorstellen, das ich seit zwei Wochen (solo) spiele. Ich habe vor den Thread noch mal zu ergänzen, wenn ich neue Teile des Spiels erkundet habe (z. B. die Unbekannten Dungeons) und dementsprechend was dazu sagen kann. Ich könnte natürlich abwarten bis ich alles gesehen habe, aber ich weiß nicht, ob ich wirklich alles abgrasen werde und außerdem wird das bestimmt noch etwas dauern und ich habe jetzt Lust zu schreiben.
Nichtsdestotrotz traue ich mich jetzt mal an diese Spieleübersicht und einer Bewertung zu einem Spiel, das mir wirklich Spaß macht, obwohl es insbesondere im Vergleich mit Szenegrößen wie Descent, S&S und Gloomhaven recht altbacken daherkommt.
Ich habe einen einen kleinen Vorstellungsbeitrag über mich geschrieben, der auch auf meine erst kurze Brettspiel-Karriere eingeht. Ich bin noch nicht lange mit dem Thema der modernen Brettspiele vertraut, kenne inzwischen zwar einiges aber sehe mich weiterhin als Laien an, der keine objektiven und tiefgründigen Bewertungen verfassen kann. Ich kann Eurogame von Ameritrash unterscheiden, aber ob Miniaturen aus besonders hochwertigem Material bestehen oder ein Spielmechanismus besonders ausgefeilt ist - keine Ahnung. Letzten Endes möchte ich hier einfach ein bisschen Werbung für ein Spiel machen, das bei dem ein oder anderen vielleicht noch ungespielt im Regal versauert oder bei näherer Betrachtung und entgegen vieler negativer Kritik doch zu was taugen kann - wenn denn die Erwartungshaltung stimmt.
Hintergrund
Dungeon Saga ist ein von #Mantic produziertes und per Kickstarter finanziertes Spiel aus dem Jahr 2016. Es besteht aus dem Grundspiel sowie diversen Erweiterungen zumeist in Form von Erweiterungsboxen mit weiteren Miniaturen, Bodenteilen, Abenteuern und Helden. Lokalisiert wurde das Spiel für den deutschsprachigen Handel von den Heidelbären, allerdings nicht im vollen Umfang. Auf Deutsch sind folgende Komponenten erhältlich:
- Basis-Spiel mit einer Abenteuer-Kampagne und dem Grundregelwerk
- Abenteurer-Erweiterung (Neue Spielregeln und Karten)
Diese beiden "Teile" sind vereint zur deutschen "Deluxe Ausgabe" - eine deutsche Basisvariante gab es nie.
- Erweiterung "Valandors Rückkehr" (setzt die Kampagne aus dem Basis-Spiel fort, enthält viele neue Karten und außerdem neue Bodenteile und Miniaturen - allerdings die gleichen Monsterarten wie im Basisspiel)
- Promo-Erweiterung "Der Zorn der Blutkrähen" (Eine Heldenfigur, ein Abenteuer)
Darüber hinaus habe ich Hinweise darauf gefunden, dass es noch zwei weitere Promo-Abenteuer auf Deutsch gab, die konnte ich allerdings nirgends finden. Bei BGG gibt es englische Lokalisierungen dazu.
Im Englischen gibt es weitere (große) Erweiterungen, z. B. eine Kampagne gegen Orks und Goblins auf Bodenplatten für Außenbereiche. Diese sollen laut Händlerinfo von Größe und Farbgebung her kompatibel zu den deutschen Materialen sein, allerdings steht auf den Rückseiten der Karten dann natürlich "Invisible Overlord" anstelle von "Unsichtbarer Overlord".
Mantic versorgt die englischsprache Community nicht mehr mit Nachschub, allenfalls gibt es mal was digitales zum Download-Kauf angeboten. Inhaltlich habe ich mich damit aber noch nicht weiter beschäftigt.
Über den Tellerrand geschaut
Mantic hat nach Dungeon Saga, in bester Games-Workshop-Manier, das Spiel "Star Saga" herausgebracht. Da es bei mir noch ungeöffnet im Regal steht, kann ich aus erster Hand nichts dazu sagen. Der Konsens der Spieler scheint zu sein, dass das Spiel die Regeln von Dungeon Saga aufgreift und sinnvoll erweitert und somit das bessere Spiel ist - aber natürlich im Sci-Fi-Setting.
Das Spiel "League of Infamy", das vor kurzem über Kickstarter finanziert wurde, spielt übrigens in der selben Welt wie Dungeon Saga.
Mantic ist außerdem Hersteller mehrerer Table-Top-Skirmisher (u. a. ein offizielles "The Walking Dead") und des Hellboy-Brettspiels.
Übersicht über Alles
Das Thema "Dungeon Saga" ist etwas unübersichtlich, wie ich unten im Einzelnen noch genauer beleuchten werde. Es gibt die verschiedenen Spielmodi PvP (menschlicher Overlord) und Koop/Solo (KI-Overlord). Letzterer gehört zur Ausstattung der Abenteurer-Erweiterung (also eigentlich dem "fortgeschrittenen Regeln") - kann aber auch für das Basis-Spiel verwendet werden.
Es gibt vorgefertigte Abenteuer, bei denen das Spielfeld, alle Möbel und Monsterpositionen und sogar -blickrichtungen festgelegt sind. Darüber hinaus gibt es die "unbekannten Dungeons" bei denen Mittels Kartendeck ein zufälliger Dungeon generiert wird, bei dem auch Ausgänge, Fallen, etc. zufällig ermittelt werden. Dafür hat man dann natürlich keine Geschichte drum herum.
Dann gibt es zwei verschiedene Regel-Sets. Das eine umfasst das einfache Spiel, das zweite fügt weitere Spielelmechanismen hinzu und bringt tiefergreifende Rollenspiel-Elemente und einen echten Kampagnenmodus ein. Man kann die fertigen Abenteuer mit den fertigen Helden aus dem Basis-Regeln oder mit selbsterschaffenen aus den erweiterten Regeln spielen. Außerdem gibt es im Quest-Buch noch Varianten für die Quests für fortgeschrittene Spieler.
Mantic hat sich bisweilen sehr viel Mühe gegeben um unerfahrenere Spieler an das Spiel heranzuführen. In der Anleitung gibt es z. B. bebilderte Hinweise zum Geradebiegen der Figuren mittels Wasserbad. Darüber hinaus ist die Anleitung vorbildlich bebildert und gut geschrieben. Zum schnellen Einstieg liegt sogar eine separate "Schnellstart-Anleitung" dabei, mit derer man wirklich nach ein paar Minuten loslegen kann. Unterstützt wird dies durch die ersten beiden Prolog-Abenteuer der Kampagne, in denen man jeweils zwei der Helden und erst die einfachen Bewegungs- und Kampfregeln, anschließend die Zauber- und weitergehenden Regeln, kennenlernt. Ein absolut eingänglicher und eigentlich schon vorbildlicher Einstieg, den ich als erfahrenerer Dungeon-Crawler-Spieler trotzdem nicht albern oder langweilig fand. Was übrigens nicht beiliegt ist ein Spielleiterschirm zum Abschirmen des Questbuchs, aber zum Glück auf keine Maske des Meisters.
Basis-Spiel
Inhalt
Die wirklich schöne Verpackung in Buchoptik mit Klappdeckel beherbergt neben diversen Miniaturen, Möblen (Tische, Türen, Altäre ...), Kartendecks, Regelheften und einem Questbuch noch eine ordentliche Anzahl an doppelseitig bedruckten Spielplan-Teilen. Diese sind leider nicht nummeriert sondern müssen anhand von Größe und Form beim Zusammenbau der Szenarien erkannt werden. Die Figuren sehen ganz nett aus, sind aber meiner Meinung nach nichts besonderes und können z. B. auch nicht mit den Figuren von Descent mithalten.
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Spielübersicht
Dungeon Saga kann von 1-5 Spielern gespielt werden, wobei es nur vier Helden gleichzeitig auf dem Brett geben kann (und sogar muss) und ein Spieler eben "optional" (warum das hier in Anführungszeichen steht wird noch erläutert) den Overlord spielen kann. Offiziell wird das Spiel für 2-5 Spieler angepriesen, dazu eben später mehr.
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Die Helden der Spieler versuchen sich über das Spielbrett, bestehend aus diversen aneinandergelegten Tiles, zu kämpfen und eine Aufgabe zu erledigen. Die Aufgabe ist, zumindest in der ersten Kampagne, sehr oft einfach nur "erreicht und öffnet die Exit-Tür". Der Overlord hat meistens das Ziel, einen Helden zu erledigen oder so lange auf Zeit zu spielen, bis der Timer in Form seines Nachziehstapels für seine Zusatzaktionen vorüber ist. Darüber hinaus gibt es aber auch die klassischen Variationen wie "sammle X Gegenstände ein" oder "erledigt den Boss". Das Spielbrett wird immer nur bis zu den nächsten Türen aufgebaut, was dort hinterliegt bleibt verborgen bis sie geöffnet werden. Dabei werden wieder bis zu den nächsten Türen alle Teile angelegt und Monster aufgestellt, also auch die, die sich noch nicht in Sichtlinie befinden. Türen und Truhen sind grundsätzlich verschlossen und können entweder durch stumpfe Gewalt oder durch Magie geöffnet werden, wobei man sich die Methode nicht aussuchen kann, sondern diese durch einen Marker an dem jeweiligen Mobiliar kenntlich gemacht wird.
Eine Runde läuft nach dem folgenden Prinzip ab:
- Alle Helden ziehen nacheinander
- Optional kann der Overlord zwischen zwei Heldenzügen eine Unterbrechnung spielen
- Der Overlord handelt seinen Zug ab, aktiviert also eine bestimmte Anzahl an Monstern oder ruft neue herbei
Overlord
Der Overlord steuert alle Monster, hat in seinem Zug aber nur begrenzte Anzahl von Aktionen. Das Szenario gibt diese Anzahl vor und der Overlord kann sie beliebig auf seine Monster verteilen. Hat er z. B. fünf Monster aber nur drei Aktionen, muss er gut überlegen, welches Monster er aktiviert. Außerdem kann ein Monster nur einmal pro Zug aktiviert werden. Dieses Aktionslimit kann durch die Karten des Overlords erhöht werden, aus denen der Overlord seine Kartenhand nachzieht. Je nachdem welchen Overlord das Abenteuer vorgibt (Nekromant mit Untonten, Ork-Anführer mit Goblins und Orks ... ) gibt es ein unterschiedliches Kartendeck. Diese Karten haben unterschiedliche Effekte, oftmals aber z. B. "erhalte zwei zusätzliche Aktionen". Außerdem gibt es s. g. Unterbrechungskarten, die der Overlord zwischen den beiden Zügen zweier Helden spielen kann und die ebenfalls Monster aktivieren oder herbeirufen können. Apropos: gehen dem Nekromanten-Overlord des Basisspiels die Monster aus, so liegen auf dem Spielbrett Knochenhaufen aus, aus denen neue Skelettfeinde beschworen werden können. Stimmiges und witziges Feature des Spiels: haut ein Held ein Skelett mit nur wenig Nachdruck aus den Stiefeln, fällt es zu einem Knochenhaufen zusammen, aus dem der Overlord in seinem Zug wieder ein neues Skelett auferstehen lassen kann.
Im Gegensatz zu einem Overlord wie man ihn aus Descent kennt, und der dort auch die Funktion eines Spielleiters ähnlich dem eines Rollenspiels einnimmt, ist die Rolle hier viel unausgeprägter. Hier wird einfach nur gekämpft. Der Overlord hat während des Abenteuers keine Texte vorzulesen, keine Heldeneigenschafts-Proben abzufragen oder sonstige Ereignisse abzuhandeln. Hier wird einfach nur bis aufs Blut gekämpft.
Helden
Klassischer kann man die Helden des Basispiels kaum gestalten. Wir haben einen Zwerg, einen Barbaren, einen Magier und eine Bogenschützen-Elfe (ohne Zauberfertigkeiten). Jeder Held verfügt über nur vier Werte: Lebensenergie (bei allen 5), Kampfwürfel, Rüstungswert, Bewegungspunkte. Darüberhinaus haben alle Helden eine s. g. Heldenfähigkeit, die einmal im Abenteuer aktiviert werden kann. Ansonsten gibt es keine Eigenschaftswerte o. ä. Jeder Held kann im Laufe des Spiels (gemeint ist nicht ein Abenteuer) eine Stufe aufsteigen und verfügt dann über andere Werte oder Heldenfähigkeiten. Helden können Fähigkeiten dazugewinnen (z. B. einen Kampfwürfel pro Angriff noch einmal würfen oder einen weiteren Zauber pro Zug aussprechen).
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Ausrüstung und Fähigkeiten
Die Helden können Ausrüstung mitsich führen, die sehr einfach gehalten ist. Es gibt diverse (Heil-)Tränke aber auch mal eine Rüstung, die (passenderweise) den Rüstungswert verbessert. Verschiedene Waffen oder Hand-Slots für selbige gibt es nicht. Der Barbar hat seinen Streitkolben, die Elfe ihren Bogen und der Zwerg seine Axt. Das reicht ja auch irgendwo.
Die Helden können über Fähigkeiten verbessert werden, die einem z. B. das Neuwürfeln bei einem Angriff ermöglichen.
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Aktionen und Bewegung
Der Handlungsspielraum der Helden wirkt sehr eingeschränkt. Helden dürfen sich maximal in Höhe ihrer Bewegungspunkte bewegen und anschließend genau eine Aktion durchführen. Das kann Kämpfen, Zauber wirken oder Türen und Truhen öffnen, was aber im Prinzip auch nur eine Kampfaktion ist (bei nicht-magisch versiegelten Elementen), sein. Es ist weder erlaubt erst zu kämpfen/zaubern und dann zu gehen, noch die Bewegung durch eine Aktion zu unterbrechen. Die Bewegung darf nicht durch andere Figuren erfolgen, auch nicht durch verbündete. In Gängen mit nur einer Feldbreite sorgt das regelmäßig für Stau.
Figuren, die mit ihrer Blickrichtung direkt vor einer anderen Figur stehen, binden diese im Kampf an sich. Der "Bekämpfte" kann das Feld dann nicht einfach verlassen sondern kann sich nur, wenn denn Platz ist, "nach hinten" aus dem Kampf lösen - auch dies kostet eine Aktion. Eine Bewegung danach ist folglich nicht mehr möglich, auch kein Fernkampfangriff oder ähnliches.
Kämpfe
Beim Kämpfen wird zwischen Nah- und Fernkampf unterschieden. Jeder Held verfügt über einen Kampfwürfel-Wert und einen Rüstungswert. Sowohl zum Angriff als auch zur Verteidigung wird die angegebene Anzahl an (stinknormalen W6-)Würfeln geworfen. Der Würfelmechanismus ist absolut simpel: Angreifer und Verteidiger würfeln ihre Anzahl würfel. Anschließend werden alle Angreiferwürfel entfernt, die gleich oder niedriger dem Rüstungswert des Ziels sind. Die übrigen Würfel werden in absteigender Reihenfolge gegenüber gestellt und miteinander verglichen. Hat der Angreifer beim Würfelpaar-Vergleich einen höheren Wert, erzielt er einen Treffer.
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Der Fernkampf funktioniert gleichermaßen, arbeitet aber mit Sichtlinie und zwei Reichweiten.
Kämpfe jeglicher Art erhalten einige Modifikatoren. So bekommen Verteidiger, die von hinten angegriffen werden, einen Nachteil. Verletzte Figuren werfen ebenfalls (sowohl im Angriff als auch bei der Verteidigung) einen Würfel weniger. Fernkämpfer, denen Möbel im Weg stehen, bekommen einen Würfel abgezogen und Figuren, die im Kampf in Unterzahl sind, werfen ebenfalls einen Würfel weniger.
Zauber
Die Zauber des Magiers erfordern manchmal eine Sichtlinie, haben eine kurze oder lange Reichweite und können zum Teil auch nur ausgeführt werden, wenn sich der Zaubernde nicht im Kampf befindet. Unterschieden werden große und kleine Zauber, die unterschiedlich lange in ihrer Aufladung brauchen. Kleine Zauber sind nach einmaligen Wirken in der nächsten Runde wieder verfügbar, große erst in der übernächsten. Mana oder ähnliches gibt es nicht, nur die einfache Beschränkung, dass der Magier nur eine bestimmte Anzahl von großen ODER kleinen Zaubern pro Runde sprechen darf. Erwähnenswert ist noch einmal, dass bei den Helden ausschließlich der Magier Zauber wirken kann und es im Basis-Spiel keinen Heilzauber für sich selbst oder andere Figuren gibt.
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Schaden
Helden haben auf ihrem Tableau eine Energie anzeige, die sie bei jedem Treffer mit einem weiteren Schadenmarker abdecken. Erreicht ein Held fünf Schäden ist er ausgeschaltet und das Abenteuer in der Regel verloren. Die meisten normalen Monster haben nur einen Lebenspunkt. Dungeon Saga kommt aber mit einem abwechslungsreichen Schadensystem für Monster daher. Jeder Monstertyp hat seine eigene Tabelle, wie eine bestimmte Anzahl an Treffern zu werten ist. Skelette und Zombies, die einen Treffer abbekommen, laufen einfach weiter als wäre nichts geschehen. Bei zwei Schäden klappt ein Skelett insich zu einem Knochenhaufen zusammen, aus dem der Overlord später wieder ein neues Skelett auferstehen lassen kann. Bei drei oder mehr Treffern wird das Skelett aber pulverisiert und kann nicht wiedererweckt werden. Im Gegensatz zu beispielweise Gloomhaven und Descent werden hier also nicht einfach nur Treffermarker auf den Figuren oder ihren Panels gehortet.
Schaden an Helden kann im Basispiel ausschließlich durch Heiltränke geheilt werden.
Gegner
Gegner unterteilen sich in Schergen und Anführer. Schergen sind offensichtlich das Fußvolk und die Hauptgegner. Anführer tauchen ab und zu auf und sind quasi böse Helden - können also mehrere Treffer einstecken, haben Fähigkeiten, Zauber und Gegenstände.
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Erfahrungsgewinn
Das Erfahrungssystem des Grundspiels ist absolut starr und quasi nicht vorhanden. Obwohl man in einer Kampagne spielt, gibt jedes Abenteuer sowohl die Startzauber des Magiers, die Fähigkeiten der Figuren sowie penibel genau die mitgeführten Gegenstände der einzelnen Helden vor. Natürlich gibt es einen logischen Anstieg, ein Zauber aus Abenteuer 2 verschwindet in Abenteuer 3 nicht auf einmal sondern es kommen neue Zauber und Fähigkeiten dazu, ohne auf ältere zu verzichten. Das Übertragen von Gegenständen ins nächste Abenteuer ist erst einmal nicht vorgesehen und würde die Spielbalance verändern. Das Questbuch hat allerdings einen Abschnitt für fortgeschrittene Spieler, die jedes Quest noch einmal verändern und eine Art Achievements einführen. Beispiel: "Wenn ein Held das Monster XY in Raum A tötet, darf er das nächste Abenteuer mit zwei zusätzlichen Heiltränken beginnen."
Auf der anderen Seite ist das System natürlich absolut perfekt für One Shots. Man blättert durch die Questbücher, pickt sich ein interessantes raus und spielt sofort los. Kein Generieren und Aufleveln der Helden nötig, einfach gucken was man einzupacken hat und Abfahrt.
Regeln
Alles in allem sind die Regeln gut überschau- und händelbar. Es gibt einige schöne Würfelmodifikatoren, die man beachten muss, die Zauber unterscheiden sich in Reichweiten, Sichtlinien, Kampfgebundenheit, etc. aber alles in allem ist man meilenweit von einem Sword & Sorcery entfernt.
Die Kampagne
Die Vorgeschichte trieft vor Fantasy-Schmalz und könnte generischer kaum sein. Der böse Zauberer jagt ein Artefakt und dringt in einen Kerker ein, die Helden werden aus allen Völkern des Landes zusammengesucht und hinterher geschickt. Dafür ist es ganz stimmungsvoll geschrieben und hat mich zum Weiterlesen animiert. Vor jedem Abenteuer gibt es eine Einleitung und danach einen Epilog - je nach Ausgang aus Sicht des Overlords oder der Helden. Verlieren die Helden ein Abenteuer muss es so lange wiederholt werden, bis sie es bestehen. Da ja keinerlei Ausrüstungsgegenstände ins nächste Abenteuer übernommen werden können und es keine Erfahrungspunkte gibt, stellt das aus Sicht des Spiels auch kein Problem dar. Die Abenteuer sind also durch kleine Geschichtsfetzen verknüpft, erzählen aber innerhalb des Abenteuers nichts weiter. Es gibt keine Vorlese-Ereignisse oder gar Entscheidungen zu treffen. Rein ins Abenteuer, alles umnieten, Tür erreichen oder Boss bekämpfen, raus aus dem Abenteuer. Es gibt keine Reiseereignisse, wie man sie aus anderen Spielen kennt. Nach dem Abenteuer ist vor dem Abenteuer.
Die Abenteurer-Erweiterung
Diese Erweiterung besteht aus einem dicken Regelheft sowie mehreren Kartendecks. Wer diese erweiterten Regeln spielen möchte, ersetzt das Regelbuch des Basis-Spiels einfach komplett mit diesem, das dadurch sehr gut funktioniert, da die Grundregeln die gleichen sind und sogar eins zu eins im Erweiterungs-Spielegelbuch enthalten sind. Man muss also nur ein einziges Buch parat haben. Die Regeln des Basisspiels werden sehr detailiert erweitert. Das Spielfeld kann nun um Fallen erweitert werden, Türen können von Helden mit entsprechenden Fähigkeiten auch per Dietrich geöffnet werden und das Mobiliar des Kerkers kann zerschlagen werden.
Zudem bietet das Buch ein langes Kapitel über die Heldenerschaffung also das Einführen von echten Rollenspielelementen, die das Basisspiel nicht bietet. Hierbei stehen weitere Klassen zur Verfügung, z. B. Diebe, Dämonenjäger, Barden (mit s. g. "Liedern" ähnlich den Zaubern des Magiers). Die passenden Gegenspieler in Form von Monstern jeglicher Art befinden sich im eigenen "Bestarium"-Kapitel. Auch wenn die Figuren natürlich nicht mitgeliefert werden, bekommt man hier abgestimmte Vorlagen für Werte und kann sich einfach an anderen Spielen oder Erweiterungen bedienen.
Endlich wird auch ein echtes Stufensystem für die selbsterschaffenen Helden eingeführt. Die Helden können leveln und ihre Eigenschaften verbessern. Die Spieler können den Helden individuelle Fähigkeiten und Zauber verpassen. Diese Quests aus dem Basisspiel (und natürlich der Erweiterungen) können dann auch mit diesen "Eigenbauten" gespielt werden, so lange die Maximalstufe der Gruppe unterhalb der des Abenteuers liegt.
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Zwischen den Abenteuern können nun "Orte" besucht werden, die die Helden aufsuchen und ihren Ruhm (Erfahrung) gegen neue Fähigkeiten und Ausrüstungen tauschen können. Das Spiel kann dadurch also epischer oder wenigstens "runder" gestaltet werden.
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Weiterhin hält die dicke Spielregel die Anleitung für die "Unbekannten Dungeons" bereit. Es wird erklärt, wie ein entsprechendes Zufallsdeck zusammengestellt wird, wie zufällige Fallen, Monster und Ausgänge platziert werden. Die "unbekannten Dungeons" können auch mit den einfachen Spielregeln erkundet werden.
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Zu guter Letzt widmet sich das Spiel dann dem "unsichtbaren Overlord" oder einfacher ausgedrückt: der echte Koop-Modus. Mit Hilfe eines Kartendecks soll der menschliche Overlord ersetzt werden können. Der unsichtbare Overlord funktioniert auch mit den Regeln des Basisspiels. Das Kartendeck des unsichtbaren Overlords setzt sich aus einem Stapel allgemeiner Karten und dem abenteuerspezifischen Overlord (z. B. Nekromant, Ork-Warlord, etc. zusammen).
Koop-/Solospiel (Unsichtbarer Overlord)
Im Internet liest man wenig gutes über die "Intelligenz" des offiziellen KI-Gegenspielers, trifft er bisweilen doch genauso gute Entscheidungen wie ein lattenstrammer Fünfzehnjähriger mit einem E-Scooter und einer Handykamera. Auf dem Papier liest sich das kartenbasierte Prinzip mit den verschiedenen Befehlen für die zu aktivierende Figur (z. B. Einkreisen der Helden, Weg abschneiden, etc.) noch ganz gut, aber spätestens wenn Monster am Ende des Spielbretts spawnen sollen, obwohl die Helden kurz vor dem Ausgang stehen und dort bereits Monster warten, die angreifen könnten, oder das Fernkampf-Skelett anstelle zu schießen lieber nur die Helden aus nächster Nähe einkreisen soll, dann kommt man ins Grübeln.
Alles wird gut für Koop-/Solo-Spieler
Ich habe ein paar Solovarianten getestet und mit "Dice Roller's Solo Variant" in der Version 0.2.1 (auf BGG zu finden) eine sehr herausfordende und einfach anzuwendende Alternative gefunden. Hier ein Link auf die Website des Autoren mit zwei Varianten (dunkler Hintergrund und druckerfreundlich), die Englischen finden sich weiter unten.
Die Variante kommt komplett ohne die Karten und die Angriffsmuster aus dem Spiel aus und wird nur mit Würfeln und Entscheidungsreihenfolgen gesteuert. Das funktioniert (insbesondere im Vergleich zu den offiziellen Regeln) sehr gut. Bei Unterbrechungen wird prinzipiell der Held anvisiert, die zuletzt vor der Unterbrechung dran war. Die Reihenfolge der zu aktivierenden Monster ist gut durchdacht und bringt die Helden immer in Bedrängnis.
Die Zufallsabenteuer (Unbekannte Dungeons)
Die habe ich noch nicht getestet. Das werde ich demnächst tun und hier ergänzen.
Die Erweiterung "Valandors Rückkehr"
Bisher habe ich die Erweiterung weder gespielt noch überhaupt richtig begutachtet. Falls ich am Ball bleibe, schreibe ich gerne etwas dazu.
Beurteilung (oder zumindest meine Meinung)
Es gibt vieles an Dungeon Saga was vielversprechend klang und für mich neu war. Bevor ich mit dem Lesen der Anleitungen und dem Spielen anfing, kannte ich schon Reviews und wusste, dass das Spiel nicht ultimativ gut angekommen ist. Ich kenne Descent 2nd sehr gut, habe Sword & Sorcery und Gloomhaven gespielt. Verglichen damit erschien mir Dungeon Saga dann beim Lesen der Anleitung erst mal sehr "übersichtlich" und vor allem auch sehr "altbacken". Mein erster Gedanke war "sieht alles ganz hübsch aus, die Ideen sind ganz gut, alles nicht zu komplex aber irgendwie auch 2016 schon 10 Jahre zu spät dran". Das Kampfsystem mit den normalen W6 hat mich auf eine gewisse Art fasziniert, weil es so simpel ist und irgendwie Spaß macht (ich hab mit meinem Sohn neulich sogar einfach mal eine Viertelstunde gegeinander nach dem Prinzip gewürfelt).
Was ich erwartet hatte
Die Reviews, die ich gelesen und gesehen habe, beziehen sich meistens auf das Spiel gegen einen menschlichen Overlord mit den Basisregeln - und sie sind meistens nicht sonderlich wohlwollend. Also hatte ich keine großen Erwartungen an das Spiel, das bei BGG allerdings bei den Bewertungen dennoch ganz gut wegkommt. Ich hatte auf jeden Fall auch ein einfaches Spiel erwartet, das ich in ein, zwei Jahren mit meinem (jetzt noch sechsjährigen) Sohn spielen kann - weil es eben nicht die Komplexität eines Descent hat. Also meine Erwartung ging klar in Richtung "HeroQuest im neuen Gewand". Zudem war ich total gespannt auf die Zufalls-Dungeons. In meiner Vorstellung setzt man sich einfach eine Stunde hin und spielt ein zufallsgeneriertes Abenteuer runter. Das fand und finde ich eine tolle Sache, wenn man keine Lust auf viel Story-Brimborium oder viel Vorbereitung hat.
Kurz gesagt: Ich habe ein Spiel erwartet, dass ich jetzt ein paar Mal spiele, weil ich keine Lust auf eine große Kampagne von irgendwas anderem habe und dann wird es wieder im Regal verschwinden und irgendwann mit meinem Sohn mal wieder (für ein paar Zufallsdungeons) ausgepackt.
Was ich (bisher) bekommen habe
Mit der Einschätzung des Schwierigkeits- und Komplexitätsgrad lag ich jedenfalls weit daneben. Für Kinder ist das nichts. Das Spiel ist taktisch sehr anspruchsvoll, manchmal sogar mehr als Descent & Co., denn Dungeon Saga verzeiht kaum Fehler und Würfelpech. Außer mit Heiltränken kann nicht geheilt werden. Figuren können sich in engen Gängen nicht überholen. An Gegnern vorbeiziehen ist auch nicht möglich, da sie einen in den Kampf ziehen und die Bewegung beenden. Ist eine Figur im Kampf, kann man sie nicht einfach wegziehen. Die Reihenfolge der Heldenzüge ist ultimativ wichtig, denn wenn der erste Held den Gang blockiert, drehen die drei anderen dahinter Däumchen und können nichts tun. Der Rundentimer tickt dann runter und der Overlord gewinnt einfach deshalb, weil die "Zeit" um ist.
Kurz gesagt: Es unterhält mich besser als erwartet. Es ist kein "Bier & Brezel"-Spiel. Zumindest gegen einen (guten) KI-Overlord geht man ohne klaren Kopf ganz schnell unter. Jeder Zug muss sitzen.
Ist Dungeon Saga ein schlechtes Spiel?
Hier vergebe ich ein ganz klares "Nein". Das Spiel hinkt der Zeit massiv hinterher. Es ist auf einen Wettkampf zwischen Helden und Overlord ausgelegt. Das Leveln der Helden ist über die erweiterten Regeln möglich, aber es wirkt nur rangebastelt und ob man sich damit auseinandersetzen möchte, kann ich schlecht einschätzen - ich möchte es nicht. Es gibt im Basis-Spiel keine Waffen zu entdecken und damit die Charaktere auszubauen oder Rüstungen zu tauschen oder ähnliches. Durch seinen recht hohen Schwierigkeitsgrad gegen einen (vernünftigen) KI-Overlord ist es fordernd und mir macht es auch noch Spaß, wenn ich ein Abenteuer drei Mal hintereinander spielen muss, damit ich meine Wege perfektioniere bzw. überhaupt ausprobiere und meine Aktionen effizienter einsetze.
Dungeon Saga hat definitiv schlechte Eigenschaften. Das Prinzip des "Bewegen und eine Aktion" ausführen engt schrecklich ein. Manchmal kann man sich nicht mal bewegen sondern würfelt einfach nur für einen Angriff, der dann evtl. noch fehlschlägt und dann ist man fertig mit dem Zug. Peng. Aus. Das ist bisweilen sehr frustrierend oder erzeugt zumindest ein Gefühl der der absoluten Machtlosigkeit. Das Spiel kann zudem unfair sein. Ein hoher Schwierigkeitsgrad ist die eine Sache, aber schlechte Spielereignisse eine andere. Als Beispiel sei Abenteuer 4 genannt:
Abenteuer 4 hat einen abwechslungsreichen Mechanismus, der Teile des Dungeons per Zufallsprinzip einstürzen lassen kann. Dadurch werden Wege abgeschnitten, aber auch Helden, die auf einem solchen Feld stehen, können ihr Leben verlieren. Zack und tot isser. Wann gewinnt noch mal der Overlord? Ach ja, sobald EINER der Helden abtritt. Das heißt also, ein einzelner Würfelwurf entscheidet u. U. nach einer Stunde Spielzeit und kurz vor Ende darüber, ob ein Held, der noch volle Lebensenergie hat, einfach mal das Zeitliche segnet und dadurch sofort der Overlord gewinnt. Es gibt keinen Rettungswurf oder so, nein, einfach Sense, Aus, Feierabend. Warum tut man sowas? Warum sagt man nicht, der Held verliert alle bis auf einen Lebenspunkte? Oder er muss vom eingestürzten Teil auf die Seite des Dungeons springen, auf dem weniger Helden stehen, wird also u. U. vom Rest der Party getrennt und hat es dadurch schwierig wieder aufzuschließen.
Aber das was dort mitgeliefert wird ist meiner Meinung nach einfach unfair. Das kann und sollte man dann mit Hausregeln entschärfen.
Die erweiterten Regeln aus der Abenteurer-Erweiterung lassen mich persönlich kalt. Die Zielgruppe sind vermutlich (Rollen-)Spieler, die viel Spaß an diesen Eigenbauten haben. Aber trotz dieser Bemühungen, einen Leiftaden zu liefern um eigene Helden zu erschaffen und somit Rollenspieler anzulocken, bleibt am Ende ja dennoch nur das taktische Schachspiel zwischen Overlord und Helden im Dungeon übrig. Dennoch muss auch ich positiv hervorheben, dass durch die erweiterten Regeln ein echtes Kampagnenspiel mit Leveling und Individualisierung der Helden möglich ist. Das hebt das ganze Spiel dann doch noch mal eine Stufe höher als wenn man nur das Basisspiel betrachtet.
Die "Unbekannten Dungeon"- und "Unsichtbarer Overlord"-Decks und Regeln hätte man einfach ins Basis-Spiel packen können, zumal sie sowieso damit kompatibel sind. Dafür extra Geld zu bezahlen (was man ja in der Deutschen Deluxe-Edition zum Glück nicht muss) hätte einen bitteren Beigeschmack bei mir hinterlassen. Besonders schade ist auch, dass einige der neuen Regeln der Abenteurer-Erweiterung, insbesondere Fallen, gar nicht in die Kampagne aus dem Basis-Spiel intergriert werden können. Sie sind nur für eigene Abenteuer gedacht.
ZitatAber alles in allem freue ich mich bisher immer wieder darauf, auch nach dem Scheitern eines Abenteuers, am nächsten Abend eine neue Partie zu starten - und das wiederum spricht ja eindeutig für das Spiel.
Wem würde ich raten Dungeon Saga zu kaufen?
Wenn ich jetzt "niemandem" sage, wäre das gemein und ungerechtfertigt. Aber irgendwie war das mein erster Gedanke. Ich habe das Basis-Spiel mit Valandors-Rückkehr-Erweiterung und Krähen-Promo (alles OVP) vor einem Jahr für 45 Euro inkl. Versand über den Kleinanzeigenmarkt bekommen. Die Spiele-Offensive hat das auch mal zu ähnlichen Preisen verschleudert, so wie ich das gelesen habe. Das finde ich absolut ok und dafür kann man das mitnehmen. Wenn ich mir die aktuellen Preise (auch bzw. insbesondere auf dem Gebrauchtmarkt) anschaue, fasse ich mir an den Kopf. Die Leuten wollen nur für das Basisspiel noch 70 Euro. Das geht gar nicht. Für 70 Euro bekomme ich Sword & Sorcery oder Descent mit einer Erweiterung (gebraucht) und ähnliche Kaliber. Das steht in keinem Verhältnis zu dem was Dungeon Saga mitbringt.
ZitatAber wer interessiert ist, weiß worauf er sich einlässt und dann einen Schnapper machen kann, der soll bitte zuschlagen. Das Spiel ist fordernd, unterhaltsam und hat vor allem etwas Liebe verdient.