Treiben wir Versandkosten bei Kickstartern (unnötig) in die Höhe?

  • Guten Tag miteinander,


    ich gucke in letzter Zeit doch auch gelegentlich mal nach
    Kickstarter-Spielen und Kampagnen, wo es auch nette Sachen gibt. Leider
    scheinen mir diese häufig auf Grund der Versandkosten nicht wirklich attraktiv
    (Comics aktuell bei CMoN, War of Whispers etc.). U.a. um hier Einsparungen zu
    machen, tun sich ja auch häufig Leute für Sammelbestellungen zusammen, soweit
    ich das mitbekommen habe, ist das ja nicht ganz unproblematisch (Extremfall
    Nemesis über SO). Nun, da ich irgendwo Bilder über Versandverpackung
    gesehen habe frage ich mich, ob das denn so pedantisch verpackt

    (viel Luftpolsterfolie etc.) werden muss (sofern, das denn immer so ist, habe selbst noch keine große Sendung erhalten).
    Hier wird peinlichst genau darauf geachtet, dass alles sicher ankommt – was ja
    auch vollkommen in Ordnung. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob man hier
    übertreibt. Wenn man aber sieht, dass Brettspieler Beschädigungen am Karton
    reklamieren – ohne den Inhalt zu prüfen – Ersatz anfordern, um den ursprünglichen
    Artikel zu veräußern, ist das natürlich bedenklich. Versteht mich nicht falsch,
    ich möchte niemanden verurteilen, der das macht / gemacht hat, ich habe auch
    gerne unversehrte Verpackungen und kann verstehen, dass man das Angebot der Verkäufer
    dann auch nutzt, um Ersatz zu erhalten. Allerdings müsste man sich mal vor Augen führen,

    dass es "nur" die Verpackung ist, deren Hauptzweck es ist, den Inhalt beieinander zu halten).

    Zudem ist das ein Kostenfaktor, der in der Kampagne berücksichtigt werden muss und sich

    vermutlich auch auf die Versandkosten auswirkt.


    Da frage ich mich doch ob wir als Backer nicht uns unsere eigenen Probleme
    machen. Wir zögern ein Produkt zu unterstützen (vielleicht bin das auch nur
    ich), weil uns die Versandkosten zu hoch erscheinen und gleichzeitig sind wir
    dafür verantwortlich, weil wir (vermeintlich) beschädigte Ware erhalten, die
    vermutlich aber vollkommen in Ordnung ist. Das resultiert natürlich auch in erhöhten
    Verpackungskosten, da Beschädigungen im Vorfeld vermieden werden sollen – diese
    müssen ja dann letztlich (vermutlich auch samt Ersatzkosten) von allen Backern mitgetragen
    werden.



    PS: Ich weiß, dass ich hier sicherlich nicht alle wirtschaftlichen und
    rechtlichen Regularien etc. berücksichtigt habe und/oder kann. Das hier sind
    eher Überlegungen philosophischer Natur, die vielleicht dazu anregen können,
    das eigene Verhalten zu hinterfragen – auch wenn man es vielleicht auch nicht
    ändern kann und / oder möchte. Wie gesagt ich möchte hier keine Moralkeule schwingen
    o.ä., sondern einfach nur etwas zum Nachdenken mitgeben.


    viele Grüße

    Norb

  • Ich glaube nicht, dass das Problem die Verpackung ist. Das Grundproblem ist, dass es sich im Kickstarter-Bereich aus verschiedenen Gründen etabliert hat, die Versand- und Handlingkosten ab Werk in China extra auszuweisen und dem Endverbraucher separat in Rechnung zu stellen. Solche Kosten entstehen beim Spiel, das man im Laden vor Ort kauft, natürlich ganz genauso (incl. beim Transport beschädigter Spiele), aber da kennt der Endkunde nur einen Gesamtpreis. Viele Kunden kommen einfach nicht damit klar, dass es zwei verschiedene Preisberechnungsmodelle für das gleiche Produkt geben kann.

    Speziell der deutsche Kunde will auch unbedingt für alles immer Gesamtpreise und regt sich gerne auf, wenn beim Einkaufen das Parken mal nicht kostenlos ist oder er beim Online-Einkauft 2% extra zahlen soll für die Kreditkartengebühren des Händlers. Da ist der Niederländer zum Beispiel völlig anders drauf: der findet es im Gegenteil unfair, wenn die Radfahrer oder Barzahler indirekt Kosten mitfinanzieren sollen, die nur andere verursachen...

  • Wir Deutschen sind da tatsächlich sehr speziell. In anderen Ländern sind ausgewiesene, hohe Versandkosten gang und gäbe. Auch unterschiedliche Versandkosten, je nachdem, wo man wohnt innerhalb eines Landes (speziell USA). Das kennen wir hier nicht. Wir möchten am Liebsten, dass der Händler die VK selbst trägt und wir unser Zeug dennoch billig bekommen. Klar schlägt der Händler das an anderer Stelle wieder drauf.


    Was ich mich aber jedes Mal freue, wenn ein Paket, egal ob Kickstarter oder von woanders, mal richtig gut verpackt ist - das ist leider nicht die Regel... Was ich schon gesehen habe, geht auf keine Kuhhaut. 400 € in einen Kickstarter gesteckt und dann kommt alles in einem überdimensionalen Labberkarton, den ein schmaler Streifen Paketklebeband kaum zusammenhalten kann. Ich staune immer wieder, dass dann doch so wenige Beschädigungen oder Verluste zustande kommen....


    Wenn ich weiß, dass ein Verkäufer die Ware gut verpackt, bin ich gerne bereit, das auch zu entlohnen. Warum sollte ich mir ein angedelltes Spiel in den Schrank stellen, weil jemand irgendwas vollkommen Intaktes bescheiden verpackt hat? Ich kaufe unbeschädigte, neue Spiele - und da gehört die Verpackung des Spiels (siehe andere Diskussion) für mich eindeutig dazu. Ansonsten könnte ich mir auch Leinentaschen kaufen, den Spielinhalt da reinkippen und alles in großen Kisten schön sortiert aufbewahren. Hört sich schrecklich an.... Kommt bloß nicht auf Ideen!!!! ;)


    Wenn wir Pakete verschicken, sei es ein Kartenspiel für 3-10 € oder ein Super-Deluxe-Kickstarter, berechnen wir die anfallenden Portogebühren auf den nächsten Euro aufgerundet und verpacken das so sicher, dass bei uns schon ein Fahrzeug drüberrollen müsste, damit dem Inhalt was passiert.


    ABER: Ich schrecke selbstverständlich auch zurück, wenn ein Kartenspiel mit 120 Karten 20 € im Kickstarter kosten soll und dazu noch 23 € Versandkosten kommen. Das macht für mich keinen Sinn, so gut kann kein Spiel sein. Es muss alles im Verhältnis liegen - das ist aber für jeden Menschen und teilweise in jedem Fall Unterschiedlich...

    Was man ernst meint, sagt man am Besten im Spaß (Wilhelm Busch)

  • Auch unterschiedliche Versandkosten, je nachdem, wo man wohnt innerhalb eines Landes (speziell USA). Das kennen wir hier nicht.

    Einspruch, unterschiedliche Versandkosten kennen die Insulaner in der Nordsee durchaus ;) Außerdem sind die USA rein geographisch doch um ein Vielfaches größer

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • [OT]

    Außerdem sind die USA rein geographisch doch um ein Vielfaches größer

    Yep. Das ist eher vergleichbar mit ganz Europa. Wenn da ein Online-Spielehändler wie sagen wir mal Game Nerdz nur in seinem Heimatstaat Texas (flächenmäßig das Doppelte von ganz Deutschland!) liefern sollte, dann ginge das sicher auch leichter versandkostenfrei. Da finde ich es eher erstaunlich, dass die free shipping für die contiguous states (d.h. alles außer Hawaii und Alaska) schon ab 75 Dollar anbieten können. Die anderen großen US-Online-Spielehändler bieten free shipping ab 100 Dollar oder 125 Dollar. Finde mal einen europäischen Händler, der vergleichbares für ganz EU-Land anbietet. Da freut man sich schon, wenn Philibert ab 100 Euro versandkostenfrei nach Deutschland liefert.


    [On-Topic]

    Die Grundaussage von Annabelle78 , dass in den USA kein Gesamtpreis erwartet wird, sondern Einzelposten getrennt ausgewiesen werden, gilt natürlich trotzdem. Das merkt der deutsche Tourist spätestens dann, wenn er beim Einkauf an der Kasse nicht den Preis zahlt, der im Regal an der Ware stand, sondern da noch sales tax drauf kommt. Sales Tax, die sich in jeweils einen variablen Anteil von Bundesstaat, County und Stadt zerlegen ließe, aber das führt hier zu weit. Richtig ist, dass das Modell "Gesamtpreis muss genau so ausgewiesen werden" (und alles andere hält man für mehr oder weniger dubios) etwas sehr Deutsches ist.

  • Richtig ist, dass das Modell "Gesamtpreis muss genau so ausgewiesen werden" (und alles andere hält man für mehr oder weniger dubios) etwas sehr Deutsches ist.

    Ich denke mal, dass das sehr EUROPÄISCH ist, und nicht unbedingt “Deutsch”... (zumindest auch AT, UK, ES, IS, DK, IT...), so sehr ich es der “Deutschen/Österreichischen Mentalität” zuschreiben würde...

    Und an die unterschiedlichen Steuersätze die “nicht nachvollziehbar ohne extensive Research” aufgeschlagen werden (online vs offline vs Food vs luxury...) haben wir uns in 14 Monaten in CA nicht gewöhnt... Für uns galt: 4,99 USD => Der 5er reicht nicht... 😖

  • (zumindest auch AT, UK, ES, IS, DK, IT...)

    Geh mal in IT oder anderswo in Südeuropa in Restaurants essen. Da kannst du auf der Rechnung nachher auch Sachen aufgelistet finden, die man als deutscher Tourist als inklusive erwartet hätte. ^^


    BTW, zu Inklusiv-Preisen: Extrem fand ich mal ein Musikkonzert in Flandern (Belgien). Bier schon sportlich teuer, aber die haben sogar noch jedesmal beim Pinkeln abkassiert!

  • (zumindest auch AT, UK, ES, IS, DK, IT...)

    Geh mal in IT oder anderswo in Südeuropa in Restaurants essen. Da kannst du auf der Rechnung nachher auch Sachen aufgelistet finden, die man als deutscher Tourist als inklusive erwartet hätte. ^^

    fair point 😁... Aber ist noch immer „überschaubar“... US war für uns komplett random... manchmal CA Tax... manchmal „random other state online tax“...


    Und Preise im (US) Supermarkt sind zum Kosten abschätzen... Rechnung gibts bei der Kassa... Aber wenn 0.5kg Weintrauben (nichtmal Bio) ~8 USD kosten setzen sowieso ganz andere Instinkte ein 🤯...

    CC Abrechnungen hängen 1,5 Monate hinterher und fast niemand “Bucht einfach vom Konto ab”... alles muss manuell gemacht/vergessen werden... War für uns schon eine Umstellung... Action vs Control...


    Was für mich aber noch viel spannender war... Amazon Prime hat 2-8 (avrg: 4-5) Werktage Lieferzeit in CA (Bay Area/Mountain View) gehabt... in AT ist normalerweise 2 Tage bis Lieferung. (Nicht Prime Now/Pantry)... Das war ungewohnt... wartet man ohne Prime dann 7-14 Tage?

  • Ohne genaue Zahlen zu kennen, denke ich vom Gefühl her nicht, dass vernünftige Verpackung (Luftpolsterfolie, Füllmaterial, größere Kartons, an Ecken verstärkte Pappe und Ähnliches) einen signifikanten Anteil an den Versandkosten bei Kickstarter-Projekten ausmacht. In die Transportkosten wird das zusätzliche Volumen + Gewicht im Vergleich zum eigentlichen Brettspiel nur zu einem kleinen Bruchteil eingehen und ansonsten wird der Preis eher durch Einführzolle etc. dominiert (sofern diese nicht noch extra berechnet werden, wie es neuerdings Mode zu sein scheint). Materialkosten für Verpackung pro Spiel ist auch nur ein kleiner Teil von dem, was man bei Übersee-Transporten an Versand zahlt.


    Ansonsten gilt: wenn etwas nicht gut genug verpackt ist, um die äußere Box eines Brettspiels unversehrt zu lassen, dann ist es wahrscheinlich, dass auch der Inhalt in vielen Fällen Schaden nimmt und dann teuer dem Kunden ersetzt werden muss. Und spätestens wenn die Pappmarker eingerissen sind, die Miniaturen kaputt oder die Karten beschädigt, dann werden nicht nur deutsche Kunden auf die Barrikaden gehen. Sparen an der Verpackungsqualität lohnt sich also nur bis zu dem Mindestmaß, bei dem die Inhalte beim überwiegenden Teil der Kunden unbeschadet ankommen.

    2 Mal editiert, zuletzt von danom ()

  • Ich aergere mich regelmaessig, weil die Schweiz im EU-Friendly shipping nicht enthalten ist, die ueblichen, hoeheren Versandkosten fuer die Schweiz und nachher noch die Verzollung drauf kommen. Die 20% , die fuer die EU-Kunden fuer die Mwst schon eingerechnet sind zahle ich mit, habe aber nichts davon.

  • Sowohl die Kosten für das zusätzliche Material als auch für den Versand von einigen Gramm (pro Spiel) mehr dürften nur eine untergeordnete Rolle spielen. Heftiger zu Buche sollte hingegen der Zeitaufwand schlagen, der selbst bei guter Organisation nötig ist, um ein Spiel anständig zu verpacken. Personal kostet halt – überall auf der Welt.

    Angesichts der für eine Reklamation mit Nachlieferung anfallenden Kosten und den Rattenschwanz an Ressourcen der daran hängt, bin ich allerdings überzeugt davon, dass sich gute Verpackung lohnt – ökonomisch wie ökologisch.


    btw: Verpackungsmaterial ist erst Müll, wenn es nicht recycled wird bzw. werden kann. Und das haben wir großteils selbst in der Hand, denn selten ist es so zerstört, dass man es nicht noch benutzen könnte.

  • Ich denke, es viel einfacher ... es ist für viele rein vom Gefühl her besser zu verkraften, wenn das Spiel an sich also der Pledge selbst günstig ist bzw. aussieht. Das Kleingedruckte zu den Zusatzkosten können viele Backer gut ausblenden und man überliest es unter Umständen auch mal. Es wirkt viel abschreckender, wenn der Verpackungs - und Versandkostenanteil ganz oder zum Teil mit eingerechnet werden, und der Pledge damit insgesamt und auch in Konkurrenz zu anderen Kickstartern in Summe höher ist. Ganz davon ab, dass dies aufgrund von unterschiedlichen Zielorten und Gewichten durch z.B. StrechGoals und / oder Addons garnicht so einfach möglich ist ... zudem kommt noch die oft präsentierte Ersparnis im direkten Vergleich zur Retail-Version, bei der die Versandkosten usw. bis in den Spieleladen bzw. dem Handelspartner vor Ort ja zwangsläufig mit eingerechnet werden müssen. Auch dies würde den KS-Artikel psychologisch schädigen ...

  • Yakosh-Dej : Danke für die genauere Ausführung, was ich am Anfang mit "Das Grundproblem ist, dass es sich im Kickstarter-Bereich aus verschiedenen Gründen etabliert hat, die Versand- und Handlingkosten ab Werk in China extra auszuweisen und dem Endverbraucher separat in Rechnung zu stellen." meinte. :)

  • es ist ja auch um eines fairer... Backt jemand in Brasilien ein Spiel, möchte ich nicht die extrem hohen Versandkosten aufgrund der Einfuhrbestimmungen zum Teil mit tragen müssen... Wobei ich sagen muss, dass es bei den Versandkosten ich „schwarze Schafe“ gibt. Im Pledgemanager noch 2 lose Karten dazugestellt, hatte ich schon mal 12 € zus. Versandkosten auf der Uhr... Das ginge sicherlich auch eleganter 😉

    Was man ernst meint, sagt man am Besten im Spaß (Wilhelm Busch)

  • es ist ja auch um eines fairer... Backt jemand in Brasilien ein Spiel, möchte ich nicht die extrem hohen Versandkosten aufgrund der Einfuhrbestimmungen zum Teil mit tragen müssen...

    Ja, natürlich ... um Kostenübernahme von Backer in weit entfernten Ländern ging es ja eigentlich auch nicht. Es geht speziell um die Wahrnehmung des Backers, ob er z.B. einen Pledge von 99 Euro (plus X Versandkosten im Kleingedruckten / später im Pledgemanager) auswählt, oder 125 Euro inklusive EU-Versand. Das macht gerade in der subjektiven Wahrnehmung und damit der Bereitschaft zur Beteiligung an einem Projekt eine Menge aus ...