Against all odds (Pech - und Glück? - beim Spielen)?

  • Nachdem ich zwischendurch in dem einen oder anderen Beitrag ja schon am Rande mal erwähnt habe, dass ich auf Optimierorgien ohne jedes Zufallselement stehe, ist mir heute wieder bewusst geworden, warum das so ist:

    Hatte vor ein paar Wochen hier ein #Castellion angeboten bekommen, und wollte es heute Abend mal (solo) ausprobieren. Also Anleitung für das Einführungsspiel durchgelesen, Plättchen gemischt und es konnte losgehen.
    Zur Erklärung: Man zieht in diesem Spiel aus der Onirim-Reihe Runde für Runde eines von 72 Plättchen, von denen man 60 - Verteidiger genannt - benutzen kann, um in seiner Auslage bestimmte Strukturen/Muster auszulegen, die zu bestimmten Zeitpunkten im Spiel (nämlich immer dann, wenn man eine bestimmte Anzahl der anderen 12 Plättchen - Verräter genannt - gezogen hat) vorliegen haben muss, um im Spiel zu bleiben.
    Die Chance, einen Verräter zu ziehen, liegt also anfangs bei 1/6.
    Erstes Plättchen: Verräter ...
    Zweites Plättchen: Verräter...

    Dritter Plättchen: Verräter...
    Viertes Plättchen: Verräter.
    Spielpause, denn ein fünfter Verräter würde die sofortige Niederlage bedeuten. Kurz den Taschenrechner angeworfen: Chance für vier Nieten bei 60 günstigen und 12 ungünstigen (ohne Zurücklegen) müsste bei knapp unter 0,05 Prozent liegen, wenn mich meine Statistik-Kenntnisse nicht im Stich lassen.
    Schon völlig demotiviert, das Spiel überhaupt weiter zu spielen, hab ich dann einfach nur probeweise weitergezogen, und nach drei (günstigen) Verteidiger-Plättchen kam dann tatsächlich der fünfte Verräter, der an dieser Stelle mangels aufgebauter Verteidigung natürlich gleichbedeutend mit dem Spielende gewesen wäre.

    Castellion mag ein gutes Spiel sein, aber für mich ist es jetzt gestorben und wird weiterverkauft, nach gerade mal einer Handvoll gezogener Plättchen. Rallyman GT (konnte ich glücklicherweise online ausprobieren) und leider auch das Arkham Horror LCG teilen dieses Schicksal, weil leider übernatürlich oft bei mir genau der "Worst Case" eingetreten ist beim Würfeln/Marker ziehen.

    Ich habe einfach keinerlei Lust mehr auf Press/Push-your-luck- oder glückslastige Spiele, auch wenn es mich irgendwie immer nur beim Solo-Spielen erwischt (mit Ausnahme einer echt bizarren Partie Quacksalber v.Q., hat sich in Mehrspielerspielen Glück und Unglück bisher vermutlich ausgeglichen.

    Wie seht Ihr das generell? Habt Ihr ähnliche Pechsträhnen (oder vielleicht im Gegenteil Glückssträhnen?) erlebt?
    Hat Euch Pech beim Würfeln, Kartenziehen etc. ein Spiel so verleidet, dass Ihr es nie wieder auf den Tisch gebracht habt?
    Oder seid Ihr in solchen Fällen leidensfähig genug?

  • Mir geht es da ziemlich anders.


    Hundertprozentig planbare Spiele, ganz ohne Zufall/Glück, sind mir ein Graus. Nicht weil ich so etwas nicht spielen könnte, sondern weil ich es nicht spielen mag. Zufall/Glück, zumindest ein wenig, sollten schon sein.

    Es darf zum Beispiel in einem Spiel nicht immer und ausnahmslos voll planbar sein, ob ein Kampf gewonnen werden kann, weil das langweilig und thematisch unrealistisch ist.


    Zufall/Glück sind zudem ein ausgleichendes Element. Auch der schwächere Spieler hat dann eine Chance. Gewinnt immer nur, wer "besser" spielt, ist das vor allem in einer festen Spielgruppe wie meiner, eher nervig. Es macht einfach keinen Spaß, wenn man weiß, dass man nur gewinnen kann, wenn einer mal einen schlechten Tag hat.


    Es muss jetzt nicht sein, dass letztlich ein einziger Würfelwurf den Spielausgang bestimmt. Mir ist allerdings kein Spiel bewusst, das so gestrickt ist, dass es völlig egal ist, was man in der Zeit vor diesem letzten Würfelwurf gemacht hat, wodurch man in die Situation gekommen ist, dass ein einziger Würfelwurf den Ausschlag gibt. Sollte es ein solches Spiel wirklich geben und sollte ein solcher Ausgang dann der Regelfall sein, hat man sich bei der Auswahl des zu spielenden Spiels vielleicht vergriffen, vielleicht hat man aber auch einfach nur übersehen, dass man auch so hätte spielen können, dass nicht ein einziger Würfelwurf das Spiel entscheiden kann.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Zufall bedeutet halt auch, dass es im Einzelfall mal sein kann, dass eine extrem unwahrscheinliche Situation eintritt. Das ist dann sowohl positiv als auch negativ möglich und beides habe ich auch schon gehabt. Das kommt allerdings in beiden extremen Ausprägungen entsprechend selten vor. Obgleich es bei vielen Milliarden Menschen natürlich wiederum denkbar ist, dass es jemanden gibt, dem das zufällig überdurchschnittlich oft passiert ;)

    Alles in allem kommt es bei mir nicht darauf an, ob ich mal ein Spiel erlebe, was besonders ungünstig verläuft. Das nehme ich dann hin. Zufallselemente finde ich in Spielen sehr gut und Glückselemente sind in Ordnung. Aus meiner Sicht sind Zufallselemente und Glückselemente nicht deckungsgleich, denn Zufallselemente können ja auch für alle Spieler gleich gelten. Wenn ein Spiel einen hohen Anteil Glückselemente hat, dann ist das für mich in einem Maße in Ordnung, wenn man sagen würde, dass der erfahrene Spieler auch die Mehrheit der Spiele gewinnt. Sprich: Reine Glücksspiele sind langweilig.


    Viele Grüße,

    Andreas.

  • Ich habe diesen "Strategiespielen", wie sie gerne genannt werden, eigentlich total den Rücken gekehrt. Ich tu mir schwer wenn alle grübelnd am Tisch sitzen und der, der sich seinen Zug mehr und weiter durchdenkt, Vorteile hat, während die anderen dasitzen und warten, bis man endlich wieder drankommt. Vor allem wage ich zu behaupten, dass "glücksfrei" bei einem Spiel mit Kartenstapel und/oder verdeckten Plättchen und/oder ähnlichen Mechanismen gar nicht so glücksfrei sind ... wenn genau die Karte und das Plättchen kommt, die dir perfekt in den Plan passt, hast du einen recht großen Vorteil. Besonders wenn die Spieler am Tisch alle auf demselben Niveau spielen (ansonsten gewinnt eh immer der, der das Spiel am besten kennt bzw. den Mechanismus genau durchschaut hat). Und AP ist mir ein Graus.


    Ich habe mich also hauptsächlich unterhaltsameren Spielen zugewendet. Ich liebe Dungeon Crawler wie Imperial Assault oder die D&D Adventure Game Serie; Erlebnis und Abenteuerspiele wie Eldritch Horror oder Firefly - the Game. Spiele, wo die Leute am Tisch lachen, wo noch Wochen nach dem Spiel von bestimmten Situationen erzählt wird, und wo der Würfel durchaus das Spielgeschehen beeinflussen kann - es gewinnt zwar trotzdem meist der, der das Spiel am besten kennt bzw. den Mechanismus genau durchschaut hat, aber nicht mehr so oft. Die anderen haben viel mehr Chancen und damit auch mehr Motivation.


    Meine zwei Cent zum Thema :)

  • Ich kenne natürlich auch diese Freak-Ausreißer beim Glück oder Pech - die Pandemie-Partien, bei denen man trotz der wohlfeilsten Pläne keine Chance gegen das Kartendeck hat, oder einem das Kartendeck die Rettung der Welt zum Spaziergang macht. Ob mir das gefällt, hängt immer auch vom Spiel ab. Bei manchen Spielen, wie etwa Pandemie, Kingdom Death: Monster oder eben dem Arkham Horror LCG ist es ja gerade der Kern des Spiels, gegen das "Schicksal" anzukämpfen. Die Herausforderung besteht darin, gegen das "Pech" anzukämpfen und trotz der Unwägbarkeiten der Würfel irgendwie das Ziel zu erreichen. Die Intelligenz bzw. das taktische Geschick der Mitspieler, die bei zufallsfreien Euros den Widerstand bilden, gegen den man sich behaupten muss, wird hier halt durch die Unvorhersehbarkeit einer Handvoll "Würfel" (oder Ähnlichem) ersetzt. Gegen irgendetwas muss man ja anspielen.
    Wichtig ist halt, dass das Spiel nicht automatisch endet, nur weil man (viel) Pech hat. Sowohl Arkham Horror LCG als auch KD:M gehen ja weiter, auch bei Pandemie Legacy hindert einen das Pech nicht am weiterkommen.


    In der Regel kann ich also dann am besten mit hohen Glücksanteilen spielen, wenn es sich um kooperative Kampagnenspiele handelt, weil das Pech da zu einer Herausforderung gerät, der man sich stellt - und wenn es übermächtig wird, geht nicht gleich das ganze Spiel verloren.


    Spiele, die in Einzelpartien, oder am schlimmsten noch in kompetetiven Spielen vom Glück abhängen, mag ich allerdings auch nicht besonders.

    2 Mal editiert, zuletzt von Huutini ()

  • Ich mag ja Euros auch sehr gerne, aber dazu kann ich nur zustimmen:

    Vor allem wage ich zu behaupten, dass "glücksfrei" bei einem Spiel mit Kartenstapel und/oder verdeckten Plättchen und/oder ähnlichen Mechanismen gar nicht so glücksfrei sind

    Erst am Donnerstag wieder eine Partie La Granja gespielt. Ein Spieler hat alles vorbereitet, um einen Karren und dann noch die Handelswaren (Markt) zu beliefern. Dazu hätte er nur noch den Karren ausspielen müssen, wofür er eine "2" bei der Würfelauslage benötigt hätte. Als Startspieler ja kein Problem....aber von den 9(!!!) Würfeln zeigte eben keiner die benötigte Zahl.

    Sobald ich aber das Glück ausschalte (Schach, Go,...) wird es zur reinen Optimieraufgabe und geht für mich am Gesellschafts-Brettspiel vorbei. Denn da will ich auch ein wenig Glück/Pech und vor allem Interaktion. Gerade mit den kleinen Stolpersteinen umzugehen und dann vielleicht trotzdem zu gewinnen finde ich sehr befriedigend. Sich die übermächtige Gewinnstrategie auszudenken ist ja ganz nett, aber wenn ich die nur mit taktischem Geschick umsetzen kann, ist das doch für mich nochmal eine Stufe besser. Auf die Aktionen der Mitspieler und die Auslage zu reagieren macht doch gerade Spaß! Natürlich kann das da mal für einen richtig schief gehen, aber mir verdirbt es nicht das Spiel, wenn ich verliere.

    weil leider übernatürlich oft bei mir genau der "Worst Case" eingetreten ist beim Würfeln/Marker ziehen.

    Einfach öfter spielen, so mildert man die Ausreißer 8o. Aber was spielst Du denn dann "ohne" Glück/Pech?

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Bavarred

    Nach so einem Erlebnis kann ich den Abturn absolut nachvollziehen. Wenn mir das Spiel sonst echt gut gefallen würde, würde ich aber wahrscheinlich trotzdem die zweite Partie wagen. Was soll JETZT noch passieren? 😄

    Generell mag ich Zufall in Spielen sehr, Glück weniger. Also zu einem gewissen Grad darf es dabei sein. Aber wenn ich das Gefühl von Beliebigkeit habe, wird es unschön.

    Ich mag zufällige Ereignisse, von denen vielleicht eines mehr, eines weniger aus sich machen lässt, aber keines sich mit ner Niete gleichsetzen lässt. Z. B. das Istanbul Würfelspiel. Egal, was die Würfel bringen, es ist nie komplett nutzlos. Klar gäbe es je nach Situation idealere und unidealere Würfe, aber man steht nie mit 0 da. Oder Roll Player. Jeder Wurf eröffnet neue, strategische Möglichkeiten. Vielleicht nicht die erhofften oder ursprünglich geplanten, aber es gibt kaum Zonk-Würfe.

    Gegen (theoretisch!) komplett planbare Spiele oder Spiele mit komplett planbaren Aspekten habe ich bis jetzt auch nichts, im Gegenteil, manche davon gehören zu meinen Lieblingen (Caverna, Mage Knight). Es stört mich schon deshalb nicht, weil diese Spiele so komplex sind, dass ich echt nicht die brainpower habe, es komplett durchplanen zu KÖNNEN, geschweige denn, den Willen. Mehr, als den nächsten Zug zu planen, während ich den aktuellen überlege, ist überhaupt nicht drin, vor allem, je mehr Zwerge man hat. Von daher überrascht mich jede Cavernapartie aufs neue. :)

    Die Planbarkeit der Kämpfe von Mage Knight wiederum stört mich nicht, weil sie einfach so schwer sind. Es fühlt sich für mich trotzdem noch, auch im echten Leben, wie ein Kampf an. ^^

    So richtig Glück-Glück, nicht nur Zufall, wie jetzt bei dir, kann mich aber auch sehr nerven, das ist schon so. Z. B. in Healthy Heart Hospital. Je mehr mir ein Spiel dagegen in die Hand gibt, desto versöhnlicher bin ich.

    Also: Planbarkeit bei ausreichender Komplexität = super, Zufall = sehr schön, Glück = je weniger, desto besser. Ganz ohne sind eh die wenigsten Spiele. Im Mehrspielerspiel eh nicht, was weiß ich denn, was die anderen Hirnis am Tisch so ausbrüten.

    I wish I had a friend like me

  • Ein moderater Glücksanteil ist essentiell wichtig für jedes Spiel, das in Gruppen mit unterschiedlicher Spielerstärke längerfristig tragen soll. Ausreißer muss es geben, sonst gewinnt ja zwangsläufig immer der beste Spieler. Das ist schlecht. Der beste Spieler sollte in der Tendenz zwar schon gewinnen -- aber eben keinesfalls zwangsläufig! Die schwächeren Spieler müssen auch immer wieder um den Sieg mitspielen können. Wo wäre sonst der Reiz an der Sache?

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

    Einmal editiert, zuletzt von Bierbart ()

  • Wie seht Ihr das generell?

    Natürlich gibt es Pech oder Glück. Manchmal auch viel davon. Man darf halt nicht den Fehler machen, bei 1% Wahrscheinlichkeit oder weniger innerlich davon auszugehen, dass es niemals passiert wird. Es passiert dann sehr selten, aber eben nicht niemals. Wenn es passiert, im positiven wie im negativen, dann muss man damit leben -- und manchmal bringt auch genau sowas dann erinnerungswürdige Elemente.

    Ich glaube, dass manche Optimierfreunde es an dieser Stelle einfach zu wenig schaffen, die eigene Spielleistung vom Spielergebnis zu trennen. Wieso muss gutes Spielen messbar sein und wieso muss der beste Spieler gemäß irgendwelcher Gütekriterien auch ganz sicher jedes einzelne Spiel gewinnen? Das ist doch gar nicht der wesentliche Punkt beim Spielen. Der Wettbewerbs-Charakter ist wichtig. Ich mag auch Coop-Spiele nicht sonderlich. Aber es reicht doch völlig aus, wenn der Beste signifikant öfter gewinnt als die anderen. Der wesentliche Punkt ist doch immer noch, dass alle Spieler gemeinsam Spaß am Spielen haben. Sonst kann man auch gleich Solo spielen oder, noch extreme, partielle Differenzialgleichungen lösen. Das finde ich nämlich ganz genauso "spannend" wie Hardcore-Optimiererei.


    Sobald ich aber das Glück ausschalte (Schach, Go,...) wird es zur reinen Optimieraufgabe und geht für mich am Gesellschafts-Brettspiel vorbei. Denn da will ich auch ein wenig Glück/Pech und vor allem Interaktion. Gerade mit den kleinen Stolpersteinen umzugehen und dann vielleicht trotzdem zu gewinnen finde ich sehr befriedigend.

    Volle Zustimmung!

  • Ausreißer muss es geben, sonst gewinnt ja zwangsläufig immer der beste Spieler. Das ist schlecht.

    Ist das wirklich so? Auch der beste Spieler ist doch immer noch ein Mensch, der Fehler machen kann. Wenn sich die Beteiligten grob auf demselben Niveau befinden, dürfte es doch trotzdem mal so und mal so ausgehen, natürlich mit tendenziell mehr Wins beim besten. Oder gewinnt z. B. der beste Schachspieler wirklich absolute jede Partie? Ich frage ergebnisoffen und ahnungslos!

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  • Ist das wirklich so?

    Mit "bester Spieler" dürfte hier von Bierbart "der Spieler, der am besten gespielt hat" gemeint sein und weniger "der Spieler, der allgemein am Tisch als der Spielstärkste gilt". Das wäre jedenfalls im Sinne der (nicht von mir geteilten!) Anfangsthese, dass Glück/Pech nicht so weit gehen sollte, einen spürbaren Einfluss auf das Spielergebnis zu haben.

  • Da ich mich selbst zu den "schwächeren" Spielern zähle muss ein Glücksfaktor vorhanden sein, in meiner Spielgruppe sind Leute gegen die ich bei Optimierspielen einfach nicht die geringste Chance habe. Ich bin eher ein aus dem Bauch Spieler. Richtig übel ist natürlich wenn die Leute die sehr gut im Züge vorausplanen und im erkennen von Strategien sind, zusätzlich noch das Glück gepachtet haben ^^

  • Erst am Donnerstag wieder eine Partie La Granja gespielt. Ein Spieler hat alles vorbereitet, um einen Karren und dann noch die Handelswaren (Markt) zu beliefern. Dazu hätte er nur noch den Karren ausspielen müssen, wofür er eine "2" bei der Würfelauslage benötigt hätte. Als Startspieler ja kein Problem....aber von den 9(!!!) Würfeln zeigte eben keiner die benötigte Zahl.

    Sobald ich aber das Glück ausschalte (Schach, Go,...) wird es zur reinen Optimieraufgabe und geht für mich am Gesellschafts-Brettspiel vorbei. Denn da will ich auch ein wenig Glück/Pech und vor allem Interaktion. Gerade mit den kleinen Stolpersteinen umzugehen und dann vielleicht trotzdem zu gewinnen finde ich sehr befriedigend. Sich die übermächtige Gewinnstrategie auszudenken ist ja ganz nett, aber wenn ich die nur mit taktischem Geschick umsetzen kann, ist das doch für mich nochmal eine Stufe besser. Auf die Aktionen der Mitspieler und die Auslage zu reagieren macht doch gerade Spaß! Natürlich kann das da mal für einen richtig schief gehen, aber mir verdirbt es nicht das Spiel, wenn ich verliere.

    Das von dir gebrachte Beispiel wäre für mich aber eher ein Spaßkiller. Bei einem Euro sich einen Plan auszudenken und dieser wird durch extremes Pech durchkreuzt würde mir keinen Spaß machen. Da finde ich, muss man klar unterscheiden zwischen Input und Output Glückselement., d.h. es wird etwas zufällig bestimmt und ich muss damit umgehen/planen oder ich plane etwas und das Glück legt dann fest ob es klappt oder nicht. Ersteres finde ich motivierend, letzteres demotivierend. Mir gefällt es z.B. wie es in Lorenzo gelöst ist und damit auch besser als z.B. in Marco Polo. Es werden Anfang der Runde 3 Würfel gewürfelt und jeder ist gleichermaßen davon betroffen für diese Runde. Ich habe La Granja noch nicht gespielt, aber in Lorenzo kann das Würfelergebnis modifiziert werden und das scheint mir bei La Granja zu fehlen.


    Nicht destruktive Interaktion wie Wegnehnen/Zerstören) sorgt wie von dir genannt auch dafür, dass es mehr ein Taktieren ist. Das beeinflusst das Spielgefühl positiv, da bin ich deiner Meinung.

  • Es gibt unter den Spielen Sonne und Sonne, alle haben ihre Berechtigung und die meisten bei mir auch ihre Zeit.

    Da gibt es die taktisch-strategischen Euros mit offener Information für alle und keinerlei Glücksanteil. Beginnt der Name mit 18 bin ich dafür jederzeit zu haben. Eher nicht mein Ding sind Spiele bei denen der Taktikanteil überwiegt - für das verbissene Spiel auf Platz bin ich wohl zu alt.

    Dann gibt es Spiele die mich eine Geschichte erleben lassen. Die brauchen den Zufall! Würde ich ein Fußballspiel sehen wollen bei dem der Zufall ausgeschaltet ist? Niemals! Der schönste Angriff ist erfolglos wenn der Stürmer am Ende über den Ball tritt. Gute Mannschaften gewinnen trotzdem. Bei manchen Spielen sorgt das für Ärger und Schadenfreude und beide sind absolut erwünscht.

    Bei einem Cosim bekomme ich über den Zufall den notwendigen „fog of war“ ins Spiel - und gebe dem Verlierer die Erklärung warum er nicht gewinnen konnte.

    Dann gibt es Spiele bei denen der Reiz genau darin liegt den Zufall zu beherrschen. Take it Easy oder auch MyCity leben direkt vom Zufall und den Problemen die er so mit sich bringt. Trotzdem gewinnt auf Dauer der bessere Stratege.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

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  • Das von dir gebrachte Beispiel wäre für mich aber eher ein Spaßkiller.

    Oh das ist/war es auch bestimmt. In dem Moment ärgert man sich natürlich ob der destruktiven höheren Gewalt des Kosmos ;).

    Die beiden von Dir zitierten Absätze haben sind aber eher unabhängig voneinander zu sehen. Zumal übrigens das Ergebnis nicht so selten ist (wenn ich mich nicht verrechnet habe, so ca. 19,4%). Er hat sich zum Schluss also im Endeffekt auf einen Würfelwurf verlassen, der bei fünf Seiten gut geht und bei einer scheitert. Für ein Euro ist das dann doch imo eher zu sehr aufs Glück verlassen. Die Frage ist aber, ob man sich in der einen Partie ärgert, oder ob man nach so einem Erlebnis das Spiel als broken/Müll/glückslastig/... brandmarkt und verkauft.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Ich neige dazu, Zufall und Glück/Pech nicht als etwas grundlegend Verschiedenes anzusehen, vielmehr scheint mir Glück/Pech eine Interpretation von Zufall zu sein.


    Beispiel:

    Catan. Ich habe 8 Rohstoffkarten, von denen 5 mir erlauben, eine Siedlung zur Stadt aufzuwerten, die anderen 3 nützen dafür nichts. Ich bin am Zug und muss für Erträge würfeln. Das Ergebnis, die Würfelsumme, ist reiner Zufall und liegt zwischen 2 und 12. Würfele ich mir selbst eine 7, ist das Pech, weil ich nicht nur keinen Rohstoff hinzu bekomme, sondern auch noch 4 von meinen 8 abgeben muss mit der Folge, dass ich die Stadt nicht mehr bauen kann. Ist das Ergebnis aber keine 7, habe ich Glück, weil ich die Stadt nun bauen kann.


    Schön ist es dann natürlich, wenn man dem Zufall ein wenig "auf die Sprünge helfen kann", man also z.B. das Würfelergebnis manipulieren kann, oder man, bei Catan z.B., dafür sorgen kann, dass man mehr Rohstoffkarten in der Hand haben darf, ehe man bei einer 7 etwas abwerfen muss. Solche Elemente der Manipulierbarkeit hat sogar Catan.


    Klar kann es z.B. passieren, dass ich wegen der gewürfelten 7 meinen letzten erforderlichen Punkt durch eine Stadt nicht bekommen kann und deshalb ein anderer in seinem nächsten Zug seinen letzten Punkt machen kann. That's life.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Mir geht es genauso. Wenn ein Spiel zu viel Glücksanteil besitzt ist es nicht mein Spiel.


    Solange Karten und Würfel nur eine gewisse Varianz mit sich bringen aber das Spiel nicht völlig bestimmen und es Ausgleichmechanismen gibt finde ich es ok (Burgen von Burgund, Marco Polo, usw.)


    Wenn aber jegliche Strategie/Taktik egal ist und am Ende nur das Glück entscheidet, dann weiß ich nicht warum ich das Spiel spielen soll.

    Vor einigen Jahren hatte ich mal wieder eine Partie Risiko gespielt. Irgendwann griff ich mit meiner Hauptarmee einen anderen an, mit 4 oder 5x so vielen Armeen - und habe verloren. Alleine 3x 1-1-1 und 4x 1-1-2 gewürfelt. Alle Anderen haben sich totgelacht weil sie mein Würfelglück kennen. :)

  • Wenn aber jegliche Strategie/Taktik egal ist und am Ende nur das Glück entscheidet, dann weiß ich nicht warum ich das Spiel spielen soll.

    Vor einigen Jahren hatte ich mal wieder eine Partie Risiko gespielt. Irgendwann griff ich mit meiner Hauptarmee einen anderen an, mit 4 oder 5x so vielen Armeen - und habe verloren. Alleine 3x 1-1-1 und 4x 1-1-2 gewürfelt. Alle Anderen haben sich totgelacht weil sie mein Würfelglück kennen.

    Risiko mag ich nicht mehr, nicht wegen des Zufallsfaktors, den ich eigentlich ganz ok finde, es ist mir schlicht zu viel Würfelei.


    Aber solche Ergebnisse, wie von dir geschildert, sind einfach das Salz in der Suppe von Risiko. Man muss auch mit 1:2 oder 1:3 Unterlegenheit gewinnen können. Man kann da recht schön unterschiedliche "Charaktere" beobachten. Da gibt es die "Ängstlichen", die mindestens 3:1 brauchen, um sich zu "trauen", oder die "Glücksritter", die es auch mit 1:2 oder sogar 1:3 versuchen. Jeden trifft es, wie er's braucht. Der Angsthase verliert und traut sich erst wieder bei 4:1 hinter dem Ofen hervor, der Glücksritter schafft es mit 1:2 und geht dann halt mal auf 1:3, wohl wissend, dass seine Chancen gering sind.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


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  • Zunächst mal muss klar sein, dass "Zufall" ein Ausdruck dafür ist, dass uns Informationen fehlen. Bspw. die Lottozahlen: Die Kugeln haben ja einen Grund zu fallen wie sie fallen, den kennen wir nur nicht. Neben Unregelmäßigkeiten an den Kugeln selber können bspw. Temperatur, Luftdruck, vielleicht erdrotation sonnenwinde, magentismus und wahrscheinlich noch etliche andere Einflüsse auf die Kugeln wirken und deren lauf beeinflussen. WENN wir alle Einflüsse kennen WÜRDE KÖNNTEN wir den lauf der Kugeln und somit die Lottozahlen vorab berechnen. Uns fehlen aber informationen und darum nennt man es Zufall. Das ist in jedem Bereich so. Dinge die man früher als Zufällig ansah, kann man Heute berechnen.


    Will sagen: Es muss einem immer klar sein, dass ich durch erhöhen meiner Informationen den Zufall mindern kann. Die Welt ist Kausalistisch. Wenn A dann B, wenn nicht A dann nicht B. Zufällig passiert B nicht, die Frage ist nur ob wir von A wissen oder nicht. Wüssten wir wie ein Würfel aus der Hand fällt, in welchem Winkel, mit welcher Geschwindigkeit aus welcher Höhe, wüssten wir von Unwuchten und Unregelmäßigkeiten des Würfel, des Tisches, wüssten wir wie Staub auf dem Tisch und in der Luft, Luftdruck, und was weis ich sonst noch alles auf den Würfel wirken, könnten wir genau berechnen: jetzt kommt ne 5. Wir können diese Einflüsse aber nicht alle Messen und wissen noch nicht mal von allen Einflussfaktoren. Der Ausdruck mit dem wir diese Unwissenheit bezeichnen nennt man Zufall. Das ausmaß der Unwissenheit gibt die Wahrscheinlichkeit an.Ist das Ergebnis für uns Positiv sprechen wir von Glück, ist es Negativ dann Pech.


    Bei spielen mit vollständiger Information nehmen wir keinen Zufall war, je weniger Informationen wir für ein Ereigns haben je Zufälliger kommt es uns vor.

    2 Mal editiert, zuletzt von Schlafabtausch ()

  • Ausreißer muss es geben, sonst gewinnt ja zwangsläufig immer der beste Spieler. Das ist schlecht.

    Ist das wirklich so? Auch der beste Spieler ist doch immer noch ein Mensch, der Fehler machen kann. Wenn sich die Beteiligten grob auf demselben Niveau befinden, dürfte es doch trotzdem mal so und mal so ausgehen, natürlich mit tendenziell mehr Wins beim besten. Oder gewinnt z. B. der beste Schachspieler wirklich absolute jede Partie? Ich frage ergebnisoffen und ahnungslos!

    Na ja, ich schrieb ja auch, das sei wichtig, wenn das Spiel in Gruppen mit unterschiedlicher Spielerstärke auf die Dauer tragen sollte. Klar, wenn alle in etwa gleich gut Kopfrechnen können, die Mechanismen verstanden haben, ausgeruht und konzentrationsfähig sind, dann haben die Leute auf Dauer dabei wahrscheinlich ihren Spaß.


    Außer, es ist ein Spiel von Lacerda. Dann nicht. :)


    Nur: Wann ist so eine Gruppe denn in der Praxis wirklich einmal auf ein und dem selben Spielniveau? Und teilt dabei auch noch die Spielepräferenzen? Ja, das gibt's natürlich schon -- üblicherweise in Städten mit einer großen Spielerszene wie Karlsruhe oder Bonn. Wenn man sich in der Szene bewegt, findet man sich irgendwann. Okay.


    Jedenfalls: Für ein Spiel ohne Glücksfaktor braucht man auch die Mitspieler. Und ich kann Dir hiermit schriftlich versichern, dass mir persönlich im Zweifel sofort 20 Sachen einfallen, die lieber tue, bevor ich mich an einen Tisch setze und ein Spiel mitspiele, bei dem ich aus Erfahrung weiß, dass ich unterlegen und praktisch chancenlos bin. Ich unterstelle sicher nicht ganz ohne Berechtigung, dass es den meisten Menschen ebenso gehen wird. :)

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  • Wenn aber jegliche Strategie/Taktik egal ist und am Ende nur das Glück entscheidet, dann weiß ich nicht warum ich das Spiel spielen soll.

    1) Wenn Strategie/Taktik die Wahrscheinlichkeit für positive Ergebnisse erhöhen können, ist das für mich völlig in Ordnung. So ist das ja auch bei den allermeisten Spielen, aus gutem Grunde. Die meisten Spieler mögen ein Mix aus Spielereinfluss und Zufall. Wer Zufallselemente komplett ablehnt, bleibt auf Schach, Go und Konsorten beschränkt. Selbst die meisten abstrakten Spiele, etwa Azul, haben gewisse Zufallselemente drin, oft beim Nachziehen von Plättchen oder Figuren.

    2) Wenn man beeinflussbare Zufallsereignisse grundsätzlich akzeptabel findet, dann verstehe ich nicht, warum man so oft etwas wie "wenn am Ende nur das Glück entscheidet" hört. Das heißt ja andersrum: "keinerlei nennenswerter Spielereinfluss auf die Siegchancen". Mal ganz ehrlich: sowas hat man vielleicht bei Monopoly oder Munchkin, aber für 99% der Spiele, über die hier bei Unknowns geredet wird, trifft dieser Vorwurf doch überhaupt nicht zu.

    => Wenn jemand sagt: "Der Zufallseinfluss ist mir zu hoch", eventuell mit dem Zusatz "... für die Länge des Spiels", dann finde ich das völlig okay. Würde ich bei so manchem Spiel genauso sehen. Aber ein "da entscheidet am Ende nur das Glück" ist doch in den allermeisten Fällen einfach nur Blödsinn. Das gibt's doch längst nicht so oft wie von manchen getan wird.

  • Wenn Mitspieler dabei sind, dann spielt auch der Zufall mit. Schlicht weil ich nicht wirklich vorausahnen kann, was die in ihren Zügen machen werden und wie stark mich das beeinflussen wird. Da ich deren optimalen Züge (sofern es die überhaupt gibt) nicht kenne und selbst wenn ich die kennen würde, nicht weiss, ob die diese Züge für sich als optimal erkannt haben und dann auch durchführen, ist es ein Spiel mit potentiellen Wahrscheinlichkeiten.


    Ich mag Zufall. Gerne auch gehäuft und scheinbar willkürlich, wenn daraus ein Spielerlebnis entsteht und eine Story erzählt wird. Meine Phase der Klötzchen-Optimier-Spiele mit möglichst wenig Interaktion, damit schön jeder für sich ungestört optimieren und rechnen und denken kann, habe ich überwunden. Ora et Labora war für mich schlicht Arbeit. Und Mage Knight fühlte sich deshalb für mich größtenteils wie eine Rechenaufgabe an, die mit Fantasy-Lack übersprüht wurde. Gab Zeiten, wann ich das mal toll fand.


    Da der Brettspielmarkt aber ausreichend Auswahl kennt, werden diejenigen bedient und glücklich, die auf "Optimierorgien ohne jedes Zufallselement" stehen und ebenso die Zufalls-Junkies und auch alle Schattierungszielgruppen dazwischen. Perfekt.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Vor einigen Jahren hatte ich mal wieder eine Partie Risiko gespielt. Irgendwann griff ich mit meiner Hauptarmee einen anderen an, mit 4 oder 5x so vielen Armeen - und habe verloren. Alleine 3x 1-1-1 und 4x 1-1-2 gewürfelt. Alle Anderen haben sich totgelacht weil sie mein Würfelglück kennen. :)

    So ist das mit epischen Partien. Man erinnert sich noch Jahre später an sie. ;)

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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    Einmal editiert, zuletzt von Herbert ()

  • Wenn Mitspieler dabei sind, dann spielt auch der Zufall mit. Schlicht weil ich nicht wirklich vorausahnen kann, was die in ihren Zügen machen werden und wie stark mich das beeinflussen wird.

    Interaktion macht ähnlich wie Zufallseinflüsse die eigene Zugauswahl komplexer, aber ich würde Mitspieleraktion trotzdem nicht "Zufall" nennen, eben weil daran normalweise nichts Zufälliges ist. Im Normalfall sollte man nämlich davon ausgehen, dass der Mitspieler den für ihn günstigsten Zug macht.

    Zufall verlangt Wahrscheinlichkeitsrechnung. Interaktion verlangt das Hereinversetzen in die Position des Mitspielers. Das sind zwei fundamental unterschiedliche Sachen.

  • Außer die Mitspieler haben verdeckte Informationen, die man selber nicht hat. Dann kann man auch die Züge nicht erahnen.

  • MetalPirate


    Sehe ich anders: Woher soll der Mitspieler wissen, was der für ihn günstigste Zug ist? Gibt es den überhaupt? Erkennt er den? Erkenne ich den? Der exakt berechenbare Normalfall kommt nach meinen Erfahrungen in Brettspielen eher selten vor und genau das für mich auch den Reiz der Mitspielerinteraktion aus. Ich kann versuchen, mich in die Mitspieler hineinzuversetzen und abschätzen, was die machen könnten. Davon ausgehen, dass die den günstigsten Zug machen, den ich meine, als solchen indentifiziert zu haben (wenn überhaupt so weit eingeengt und nicht auf eine Reihe von Wahrscheinlichkeiten) und auf dieser wagen Grundlage meinen eigenen Zug planen und/oder durchführen.


    Einfaches Beispiel: Agricola. Drei Spieler haben ein Feld ausliegend, auf dem sie aussäen könnten und auch Getreide oder Gemüse, um dort aussäen zu können. Das Aktionsfeld ist nur einmal vorhanden. Bis zur Erntephase sind noch zwei Runden Zeit. Wenn also alle wirklich aussäen wollen bis zur Ernte, wird ein Spieler das nicht können. Zeitgleich liegt da ein Haufen Holz und drei Schilf aus, der durchaus ebenso interessant ist für Gebäudebau und Renovierung der Holzhütten und diverse Handkarten. Ich bin am Zug. Hoffe ich nun, dass niemand bis zu meinem nächsten Zug aussät, weil Holz und Schilf interessanter scheint? Zumal man so viel Holz einfach nicht liegen lassen kann und Schilf nur so langsam anwächst, dass man drei Schilf auch nicht liegen lassen könnte. Also auf Nummer sicher spielen und aussäen, weil da der Konkurrenzdruck zu gross ist oder die einmalige Chance nutzen, um drei Schilf zu nehmen und damit bequem ausbauen und renovieren zu können?


    Da für alle Mitspieler den günstigsten Zug vorauszuahnen, halte ich für schwierig. Zumal ich in solchen Fällen auch immer die bisherige Spielweise der Mitspieler einbeziehe und potentielle Zukunftspläne. Das alles ist aber nur eine intuitve Annäherung. Würde ich das jedesmal zeitintensiv wirklich ausrechnen wollen, wären alle Mitspieler entschlummert oder weggelaufen und mir würde der Kopf rauchen, obwohl ich doch eigentlich nur ein Spiel spielen und herausfordernd interaktiven Spielspass haben wollte. Zufall ist in dem Fall eine Komplexität, die ich nicht mehr vollständig überblicken kann.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Woher soll der Mitspieler wissen, was der für ihn günstigste Zug ist?

    Weil man grundsätzlich unterstellen muss, dass alle am Tisch gewinnen wollen. Das ist die Basis eines Spieleabends. Also wird er normalerweise einen (aus seiner Sicht) guten Zug machen und keinen doofen. Dabei wird er meine Auslage bzw. meine Zugoptionen so berücksichtigen, wie ich das umgekehrt bei ihm mache.

    Von komplettem Durchrechnen rede ich hier nicht. AP will niemand. Aber sich ein paar Gedanken machen, welche taktischen und strategischen Ziele für den oder die MItspieler wichtig sind, ist doch eigentlich immer möglich. Einfachstes Beispiel ist alles mit Mehrheiten-Wertungen. Da muss man die eigenen Züge in Abhängigkeit von dem machen, was die Mitspieler noch ausrichten können.

  • Wenn Mitspieler dabei sind, dann spielt auch der Zufall mit. Schlicht weil ich nicht wirklich vorausahnen kann, was die in ihren Zügen machen werden und wie stark mich das beeinflussen wird. Da ich deren optimalen Züge (sofern es die überhaupt gibt) nicht kenne und selbst wenn ich die kennen würde, nicht weiss, ob die diese Züge für sich als optimal erkannt haben und dann auch durchführen, ist es ein Spiel mit potentiellen Wahrscheinlichkeiten

    eben aber auch dieser zufall entsteht aus fehlenden informationen über den Entscheidungsprozeß der Mitspieler. Vielleicht sind sie sich selber ihrem entscheidungsprozess nicht bewusst das nennt man dann aus dem bauch heraus. Ubd klar diese infos fehlen einem daher wirkt das zufällig. Hat mit zufall aber nix zu tun sondern sind die bewussten oder auch unbewussten entscheidungen die sie aufgrund ihrer Annahmen über die zukubft und ihrer präferenzen etc treffen

    2 Mal editiert, zuletzt von Schlafabtausch ()

  • Erst am Donnerstag wieder eine Partie La Granja gespielt. Ein Spieler hat alles vorbereitet, um einen Karren und dann noch die Handelswaren (Markt) zu beliefern. Dazu hätte er nur noch den Karren ausspielen müssen, wofür er eine "2" bei der Würfelauslage benötigt hätte. Als Startspieler ja kein Problem....aber von den 9(!!!) Würfeln zeigte eben keiner die benötigte Zahl.

    Bei der Gelegenheit mal eine kleine Schätzfrage. (Ich habe es neulich mal berechnet, weil ich bei #OneDeckDungeon frustriert war.)

    Wie viele Würfel benötigt man, damit die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Zahl zu würfeln größer als 90% beträgt?


    Generell finde ich, dass ich es psychlogisch angenemer finde, wenn ich nach einem Würfelwurf noch Optionen habe das Ergebnis bzw. die Konsequenzen zu beeinflussen. Wenn der Wurf kommt und direkt sagt "Bämm - du bist am A..." fühlt sich das viel frustrierender an, als wenn man noch die Möglichkeiten hat was zu drehen, selbst wenn das nicht immer gelingt. Oft ist es zwar so, dass man nur deswegen an dem einen Wurf scheitert weil man vorher nicht vorgesorgt hat/riskant gespielt hat, aber es fühlt sich trotzdem mieser an.

  • auch da wiwder der unterschied ist die information: vor den würfeln weisst du nicht was kommt, du weist nur die Wahrscheinlichkeit. Nach dem wurf weisst du aber zu 100% wie das würfelergbnis war. Du hast dann die fehlwnde Information.

  • Spannend, wie hier in den Raum gestellt wird, Spieler würden jederzeit an ihrer mathematischen Maximalkapazität agieren, und dabei jeder menschliche Faktor ignoriert wird.

    Mit derselben Logik wird davon ausgegangen, Maschinen könnten Lyrik schreiben oder übersetzen.

    Spieler sind aber menschlich und agieren beim Spielen auch so.

    Die Frage, welche Aktion jemand auswählt wird im Regelfalle auch durch Emotionen, Eigenschaften und Erfahrungen gesteuert: Ehrgeiz, Frust, Versagensängste, Empathie, Mitgefühl, Gehässigkeit, Schadenfreude, Hilfsbereitschaft... all das und noch mehr sind Elemente, die einen enormen Einfluss auf unsere spielerischen Entscheidungen haben und werden hier stellenweise völlig ignoriert ...

    Die Suche nach dem perfekten Zug in Bezug auf den eigenen Spielaufbau und den der Mitspieler macht da nur einen Teil aus.

  • weil leider übernatürlich oft bei mir genau der "Worst Case" eingetreten ist beim Würfeln/Marker ziehen.

    Einfach öfter spielen, so mildert man die Ausreißer 8o. Aber was spielst Du denn dann "ohne" Glück/Pech?

    Da hab ich dann leider oftmals keine Lust drauf. Gut, gestern hätte ich (weil ja noch nicht allzu viel Zeit vergangen war bis zum verfrühten und unrühmlichen Ende und ich ja noch gar nicht richtig begonnen hatte, das Spiel zu spielen) noch eine Partie dran hängen können, aber das wollte ich dann nicht, weil mir das ja gezeigt hat, dass ich - egal wie gut ich die drei "günstigen" Karten (und die 12 "Sicherheitsplättchen", auf die ich verzichtet hatte) ausgelegt hätte, das Spiel trotzdem noch in der ersten Phase verloren hätte.

    Das ist es glaube ich, was mich daran am meisten gestört hat: Ein Spiel, bei dem der Ausgang (zumindest gefühlt, weil der Zufall so gegen mich war) in erster Linie von Glück abhängt abhängen kann, möchte ich wiederum nicht spielen...

    Und damit sind wir bei Deiner Frage: Ich spiele tatsächlich gerne Spiele, in denen ich eine Situation (zufallsbestimmt) "vor den Latz geknallt bekomme" und mich bestmöglich daran anpassen muss.
    Beispiel: #SantaMaria : Wenn da die Würfel blöd fallen, hab ich am Ende auch weniger Punkte als sonst, aber dann muss ich halt aus den gegebenen Würfeln das Beste machen. Oder vorher meine Provinz so ausbauen, dass jede Würfelzahl mir etwas bringt.
    Mein Lieblingsspiel aktuell ist vermutlich #BurgenVonBurgund, bei dem es ja gerade die Herausforderung ist, aus den beiden Würfeln das Maximum herauszuholen. Natürlich kann man sich auch da ärgern:


    Hatte gestern vor dem Castellion-Debakel noch einen weiteren Fall von "eher unwahrscheinlichem Unglück" bei #SanktPetersburg:


    2 Mal editiert, zuletzt von Bavarred ()

  • Spannend, wie hier in den Raum gestellt wird, Spieler würden jederzeit an ihrer mathematischen Maximalkapazität agieren, und dabei jeder menschliche Faktor ignoriert wird.

    Mit derselben Logik wird davon ausgegangen, Maschinen könnten Lyrik schreiben oder übersetzen.

    Spieler sind aber menschlich und agieren beim Spielen auch so.

    Die Frage, welche Aktion jemand auswählt wird im Regelfalle auch durch Emotionen, Eigenschaften und Erfahrungen gesteuert: Ehrgeiz, Frust, Versagensängste, Empathie, Mitgefühl, Gehässigkeit, Schadenfreude, Hilfsbereitschaft... all das und noch mehr sind Elemente, die einen enormen Einfluss auf unsere spielerischen Entscheidungen haben und werden hier stellenweise völlig ignoriert ...

    Die Suche nach dem perfekten Zug in Bezug auf den eigenen Spielaufbau und den der Mitspieler macht da nur einen Teil aus.

    Ich fühle mich gerade angesprochen und muss sagen wenn du mich neinst hast du mich falsch verstanden. Ich behaupte nicht dass der Mitspieler jeden zug tatsächlich rechnet. ich sage der mitspieöwr hat einen grund sich für eine Option zu entscheiden. Und der muss ihm nichtmal bewusst sein. Der grund kann eben genau wie du sasgt emotion sein, erfahrung, Präferenzoder vielleicht liegt das feld auf das ein arbeiter geserzt werden muss ihm näher als ein anderws und er hat keinen bock sich Strecken, oder er übersieht das andere feld einfach von seinem platu aus. etc. Aber all das sind fsktoren die eben würde man sie kennen den zufall bei der entscheiding des gegners gegen null tendiwren lassen.


    Aber wir wissen halt nie alle.


    Der mitspieler macht einen entscheidungsprozess durch, mehr oder wenger bewusst und das ergebnus dieses prozesses der hochkomplex ist, ist die entscheidung für eine Option. Und je mehr ich eben über diesen prozess, seinw Erfahrungen, präferenrzen etc weis je weniger zufällig ist seine Entscheidung.

  • Generell finde ich, dass ich es psychlogisch angenemer finde, wenn ich nach einem Würfelwurf noch Optionen habe das Ergebnis bzw. die Konsequenzen zu beeinflussen. Wenn der Wurf kommt und direkt sagt "Bämm - du bist am A..." fühlt sich das viel frustrierender an, als wenn man noch die Möglichkeiten hat was zu drehen, selbst wenn das nicht immer gelingt. Oft ist es zwar so, dass man nur deswegen an dem einen Wurf scheitert weil man vorher nicht vorgesorgt hat/riskant gespielt hat, aber es fühlt sich trotzdem mieser an.

    Das hängt für mich davon ab, was thematisch von dem Würfelwurf dargestellt werden soll. Mal passt vorherige Manipulation (z.B. Kauf zusätzlicher Würfel) besser, mal nachträgliche Manipulation (neu würfeln, Werte verändern), mal beides. Je Euro-artiger, umso mehr "luck mitigation", auch im Nachhinein. Aber wenn z.B. im Dungeon Crawler der Oger mit dem komplett unwahrscheinlichem Volltreffer-Superwurf meinem Helden seine Keule über die Rübe zieht, dann ist der eben tot und ein "Ätschibätsch, du musst neu würfeln" würde sich hier völlig falsch anfühlen. Monster, die einen nicht umhauen können, wären keine richtigen Monster mehr. Wenn das Spiel Extremausschläge bei Glück und Pech verträgt (oder gar verlangt), dann soll es die auch ruhig haben.

  • Es kam, wie es kommen musste: Sieben Karten wurden gezogen, und natürlich waren beide Handwerker- und beide Gebäudeupgrade darunter und leider nur drei Upgrade-Adelige, von denen ich dann natürlich nur einen kaufen konnte.

    Ich verstehe hier nicht, was der Unterschied für Dich im Vergleich zu dem Beispiel beim Eingangspost ist. Im Endeffekt hast Du aufgrund von "Pech" beide Partien verloren.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Es kam, wie es kommen musste: Sieben Karten wurden gezogen, und natürlich waren beide Handwerker- und beide Gebäudeupgrade darunter und leider nur drei Upgrade-Adelige, von denen ich dann natürlich nur einen kaufen konnte.

    Ich verstehe hier nicht, was der Unterschied für Dich im Vergleich zu dem Beispiel beim Eingangspost ist. Im Endeffekt hast Du aufgrund von "Pech" beide Partien verloren.

    Nein, nicht ganz, denke ich: Bei Castellion hatte ich nie eine Chance, das Spiel zu gewinnen. Egal, wie gut man spielt: Wenn man fünf Verräter zieht, bevor man überhaupt die für die geforderten Formationen nötigen Verteidiger gezogen hat, kann man nicht gewinnen. Das ist natürlich ein Extremfall, aber kommt scheinbar vor. Und selbst wenn ich bei ein paar Verteidiger mehr gezogen hätte, wäre das Spiel (durch das Aufbrauchen der Sicherheitsplättchen am Anfang) vermutlich so schwer geworden, dass es nicht mehr zu retten gewesen wäre.

    Sankt Petersburg hatte ich vorher eigentlich schon so gut wie verloren, insofern mag ich das hier auch nicht so deutlich wahrgenommen haben. Aber hier hatte ich aber in der beschriebenen Situation zumindest eine Wahl: Fast sicher - je nachdem, wie viel Geld ich nach dem Kaufen zweier Adeligen-Upgrades noch übrig gehabt hätte - fünf Minuspunkte für die Handkarte nehmen und dafür sicher 10 zusätzliche Siegpunkte bekommen oder sich auf eine wie hoch auch immer ausfallende Wahrscheinlichkeit zu verlassen, dass auch so vier gewünschte Karten unter den sieben gezogenen sind.

    Kinder sehen das Ganze übrigens ja gänzlich anders: Bei #Affenbande z.B. entscheidet allein der Zufall darüber, wessen Affen zuerst aus dem Plastik(!)-Beutel gezogen werden, und selbst #DaIstDerWurmDrin ist ja außer dem Auslegen der beiden "Rate-Plättchen" ein reines Wettwürfeln. Aber mein Sohn findet ersteres trotzdem lustig und liebt das Letztgenannte sogar, natürlich nicht zuletzt auf Grund der tollen Präsentation. :)

    Einmal editiert, zuletzt von Bavarred ()

  • Nein, nicht ganz, denke ich: Bei Castellion hatte ich nie eine Chance, das Spiel zu gewinnen. Egal, wie gut man spielt: Wenn man fünf Verräter zieht, bevor man überhaupt die für die geforderten Formationen nötigen Verteidiger gezogen hat, kann man nicht gewinnen.

    Die Frage ist jetzt, ob Du bei Sankt Petersburg hättest gewinnen können. Also ob Du vorher "besser" hättest spielen können. Bei einem komplexeren Spiel ist das im nachhinein halt unglaublich viel schwieriger festzustellen. Es ist nur augenscheinlicher, wenn es ein "einfacheres" Spiel ist und Du mit ein paar gezogenen Karten oder schlechten Würfelwürfen verloren hast. Denn dann merkst Du offensichtlich das Pech. Es kann aber auch bei der Partie Sankt Petersburg von Anfang an so gewesen sein, dass Du nie eine Chance hattest (okay unwahrscheinlich).

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Ich fühle mich gerade angesprochen und muss sagen wenn du mich neinst hast du mich falsch verstanden.

    Nein, du warst nicht gemeint.

    Bei deiner Argumentation stört mich eher, dass du "annähernd unendliche Komplexität" mit "Nichtwissen" gleichstellt.

    Dass Gott nicht würfelt, wissen wir wohl alle, allerdings sind seine Variablen stellenweise derart komplex, dass sie schlicht nicht berechenbar sind.

    Ähnlich wie in der Meteorologie, wo zwar alle Variablen bekannt sind (man also alles "weiß"), man aber trotzdem aufgrund der Komplexität niemals exakt berechnen kann, wie das Wetter wird.

    Dasselbe gilt für Lottoziehungen - oder eben das Würfeln.

    Selbst Dinge, die berechenbar wirken, sind es oftmals nicht. Es wird nicht möglich sein, die Komplexität einer Lottokugel zu berechnen, selbst wenn wir alle Variablen hätten. Daher ist es unmöglich zu wissen, welche Kugel fällt.

    Also ja - Gott würfelt nicht. Es hat einen Grund, warum die Kugel fällt, die fällt. Aber es ist nicht möglich, das zu berechnen. Dass die Kugel fällt, die aufgrund von Erdrotation, Luftdruck und all der anderen Variablen, die du nennst, fallen muss, ist daher nur spirituell oder meinetwegen abstrakt richtig. Real messbar wird es aber immer Zufall bleiben und eine Berechenbarkeit nur ein abstraktes Gedankenexperiment.


    Ich widerspreche dir also, dass "Zufall" immer nur fehlendes Wissen ist, weil manche Komplexitäten nicht "wissbar" sind. 😊