Blätterrauschen
Verlag: KOSMOS
Spieler: 2-6
Dauer: 20 Minuten pro Jahreszeit
Wie so oft sieht man vor lauter Dickschiffen, die sich derzeit auf unserem Brettspielmeer gegenseitig behindern, die kleinen Lastkähne nicht, die im Fahrwasser der big player manchmal Schlagseite bekommen. Das wird #Blätterrauschen von Paolo Mori (u.a. bekannt für die Mitarbeit an "Pandemic: Fall of Rome") vermutlich weniger passieren, weil es bei KOSMOS ein recht prominente Heimat gefunden hat, aber ich glaube auch nicht, dass es in Kennerkreisen allzu oft im Fokus steht.
Unter anderem deswegen wollte ich mich dem kleinen Spiel hier ein wenig widmen, weil es sich doch angenehm von den vielen Roll-and-Write-Spielen abhebt, die es derzeit zu kaufen gibt. In erster Linie ist es die grafische Gestaltung, die den grellbunten Konkurrenzprodukten in den kleinen Schachteln etwas entgegensetzt. Die jahreszeitlich gestalteten vier Varianten von Abrissbögen, die in einem dicken Block geliefert werden, sind eine wahre Augenweide. Die Gestaltung von Elli Jäger, die meines Wissens erstmals an einem Spiel mitgewirkt hat, orientiert sich an dem Trend von handgezeichneten, aber doch realistischen Grafiken, wie sie z.B. auch bei #Flügelschlag oder #Parks zu sehen sind, wenn auch hier ein wenig abstrakter, im Stile eines Stilllebens. Vor 10 Jahren hätte man für solch ein Spiel vermutlich einen infantilieren Dampfhammer-Comic-Stil angewandt, heute traut man sich auch für die kleinen Absacker auch mal etwas Anspruchsvolleres zu.
Zu den Regeln, die schnell erklärt sind: Mit zwei sechseitigen Würfeln, die jeweils die Augenzahlen von 1-4 besitzen, bestimmt man die Seitenlänge und -breite, mit der ein Teil der insgesamt 100 Felder umrandet werden. Mit einem Würfelwurf von 2 und 3, umrandet man entsprechend 2x3 oder 3x2 Felder. Jedes Feld zeigt ein Symbol (z.B. Baum, Vogel, Sprössling, Bär, etc.). Aufgabe ist es nach dem Einzeichnen sich für ein Symbol zu entscheiden, welches in der Anzahl, die man in dem umrandeten Rechteck findet, auch im unteren Wertungsbereich noch mal abgezeichnet werden.
Jedes Symbol der Felder, die man sammelt, hat eigene Wertungsbedingungen. So ist ein Baum auf dem Frühlingsbogen 1 SP wert; sammelt man 10 davon, kommen 5 SP Bonus hinzu. Blumen zu sammeln bringt erstmal nichts, erst wenn zusätzlich Bienen gesammelt werden, erhält man dadurch SP.
Letzteres beschreibt eigentich (neben der grafischen Gestaltung) den größten Reiz am Spiel: die Wechselwirkungen der Natur sind sehr schön in den Siegbedingungen wiedergegeben. Noch ein paar Beispiele: Im Herbst gilt es Pilze zu sammeln, wofür man 3 SP bekommt - kommt aber ein Fliegenpilz in den eingezeichneten Bereich, erhält man 2 Minuspunkte. Schneefüchse kann man im Winter sammeln, sollte aber darauf achten, dass man nur einen davon umrandet, da diese Tiere eher Einzelgänger sind.
Nicht bei jeder Wertungskategorie gibt es diese Aha-Momente bzw. bringt die Suche nach dem Sinn nicht immer Fruchtbares zutage, aber es reichte bei uns aus, um gespannt durch die Jahreszeiten zu schreiten.
Am Ende des Spiels werden die Felder, die man umranden kann, zwangsläufig weniger, weswegen man irgendwann den Moment abpassen muss, um sich aus dem Spiel zu verabschieden (man passt ensprechend und wartet dann, bis der/die letzte passt). Falscher Ehrgeiz oder Hoffnung auf die goldene Würfelkombi werden mit Fehlwürfen (= 3 Minuspunkte pro Fehlwurf) quittiert.
Ähnlich wie bei anderen Roll-and-Write-Spielen (z.B. #GanzSchönClever), macht es auch hier Sinn, nicht auf eine "Aus-jedem-Dorf-ein-Schwein"-Strategie zu setzen, sondern sich auf Symbole zu spezialisieren. Der langsam schwindende Platz und die Verpflichtung angrenzend die Gebiete zu umranden, erschwert dieses Unterfangen. Zudem gibt es Symbole, die man besser außen vor lässt (Bären, Schlangen, Moskitos etc.), um später auch hier mit SP belohnt zu werden.
"Blätterrauschen" ist ein hübsches und simples Spiel, das mir besonders wegen seiner Sorgfältigkeit und dem Feinblick im Themendesign und der Gestaltung gefällt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es je nach Spieleabend der ideale Absacker ist, weil es nach hitzigen strategischen Diskussionen vorheriger Spiele die Gemüter mit wenig Interaktion und Eigenbrötlerei nach unten kocht und gleichzeitig ein wenig harmonisierend einlullt. 
Trotzdem bieten die unterschiedlichen Wertungskriterien, die mit jeder Jahreszeit varrieren, und natürlich die Jagd nach ordentlich SP, noch genügend Spannungsmomente, um jeden dieser Ausflüge ins Grüne zu Ende zu bringen. Es sei also weiterempfohlen.
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