Kanon der (neueren) Gesellschaftsspiele

  • Hi!


    Neulich hatte ich einen Gedanken, von dem Bandida fand, dass er gar nicht SO dumm wäre. Da dies selten vorkommt, horchte ich auf; sollte sich hier auch für andere Leute tatsächlich Interessantes finden? Kurzum ging es um die Erstellung eines Spielekanons und welche Spiele dazuzählen könnten.


    Zur Erklärung:

    Kanonische Literatur bezeichnet Werke - sei es "schöne Literatur" oder Fachliteratur - die einen besonderen, den Zeitgeist überdauernden Einfluss hatten (im Idealfall haben sie dabei zwar GENAU ihren Zeitgeist getroffen, aber auch diejenigen seiner Fragen/Probleme/Gefühle herausgearbeitet, die für Menschen aller möglichen Zeitalter wichtig sind). Dieser Einfluss kann, aber muss nicht, gesamtgesellschaftlich gewesen sein. Er kann, aber muss nicht, überholt sein. Er kann, aber muss nicht, unerreicht, der erste seiner Art, genrebildend sein. Er kann, aber muss nicht, immer noch aktuell sein. Kanon bedeutet mehr oder minder; das wird man so schnell nicht wieder vergessen.
    Natürlich sind dort häufig genrebildende Werke dabei. Aber auch Titel, die auf bereits vorhandenen, ähnlichen Schriften aufbauten, dieser Art von Literatur aber zum Durchbruch verhalfen. Oder einfach, mit wenig Widerspruch, die besten ihrer Art sind.

    Beispiel: Es gibt mit Sicherheit Psychologen/Psychiater, die richtiger lagen/liegen als Freud bzw. ihn direkt widerlegt haben; trotzdem gehört er noch zum Kanon in der Psychologie (und sogar in anderen Geisteswissenschaften). Es ist unklar, ob man heutzutage unbedingt Aristophanes gelesen haben muss, aber seine Komödien sind immer noch Kanon in der Literaturwissenschaft. Usw.

    Ein praktisches Beispiel: Ich mag Caverna VIEL lieber, würde aber aufgrund der Reihenfolge ihrer Erscheinung und des "impacts", den sie auf die Spielewelt hatten, Agricola als kanonwürdig ansehen, Caverna nicht.


    Was ein Kanon NICHT ist:

    - er ist KEINE Sammlung eurer Lieblingsspiele

    - er ist KEINE Sammlung der "besten" Spiele

    - er ist KEINE Sammlung der Spiele, die ihr zwar nicht für die besten, aber für sehr besonders haltet (das ist natürlich kein Ausschlusskriterium, aber das alleine macht ein Spiel noch nicht zu einem kanonischen Titel)


    Bei einem Spiel, das in den Kanon gehört, sollten mindestens 95 % der Spieler sagen können "Ja, ich finde auch, dass es in den Kanon gehört" oder "Ja, ich verstehe, dass jemand findet, dass es in den Kanon gehört".

    Oder anders; gäbe es an der Oxford-University einen Lehrstuhl für Angewandte und Theoretische Ludologie, dann müsste es euch entrüsten, wenn ein dort lehrender Professor von einem Spiel, das kanonwürdig ist, noch nichts gehört hätte und überraschen, wenn er es noch nicht gespielt hätte.

    Es ist also eine eher theoretische Betrachtung des Spielethemas unter dem Aspekt "Ein Meilenstein für die Spielgeschichte".

    Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde, den Kanon mit "zeitloser Klassiker" gleichzusetzen. Vielleicht. Aber andererseits hätte ich kein Problem, Azul als zeitlosen Klassiker zu bezeichnen, aber schon einen damit, ihn auf die Kanonliste zu setzen. Seltsam. Naja, ich hoffe, ich konnte einigermaßen verklickern, was ich meine.

    Unter diesen Aspekten; welche Spiele würdet ihr - ob sie euch persönlich gefallen oder nicht - im Kanon aufgenommen sehen wollen?

    Vielleicht so zehn Titel erstmal? Ist euch zu wenig? Dann schmeißt diejenigen Titel raus, die auf den Plätzen 11-20 wären und schon haben wir kondensierte Nennungen!

    Ich selbst bin ja im Verhältnis noch ein Newbie und mir fällt kaum was ein ^^ Aber wenn man mir die Pistole auf die Brust setzen würde, sähe es wohl so aus:


    Monopoly

    Risiko

    Die Siedler von Catan

    Carcassonne

    Agricola

    Caylus

    Dominion

    Munchkin

    Pandemie

    Zombicide


    (Ich sehe da eine gewisse Imbalance zwischen älteren und neueren Titeln. Aber ich hab ja auch nicht gesagt, dass ich hier den tollsten Kanon hinkriege, sondern wollte EURE hören, ok? Kein Grund, mich anzuschreien!)

    I wish I had a friend like me

  • HeroQuest

    Warhammer Quest

    Twilight Imperium

    Descent 1

    Arkham Horror 2

    Space Hulk

    Ringkrieg

    Twilight Struggle

    D-Day at Omaha Beach

    Zombicide

    Pandemie

    Shadows of Brimstone

    Kingdom Death: Monster

    Gloomhaven


    Ist jetzt nur bedingt chronologisch und so objektiv wie möglich. Ich verabscheue zum Beispiel Pandemie, grusel mich vor Zombicide und bekomme Schüttelfrost bei Twilight Imperium.

  • Hm - interessante Idee - Deiner Liste nach zu urteilen, nehmen wir da klassische Spiele wie Schach, Rommé, Mensch Ärgere Dich Nicht und Kniffel nicht mit auf, oder - sonst wäre die Liste damit schnell voll...

    Dann stelle ich mal auf:


    - Dominion

    - Siedler von Catan

    - Risiko

    - Monopoly

    - Mensch ärgere Dich nicht

    - 7 Wonders

    - Agricola (würde ich hier Caylus vorziehe, da Agricola sich imho mehr ins kollektive Spielergedächtnis eingeprägt und mehr durchgesetzt hat)

    - El Grande

    - Carcassonne

    - Hero Quest


    Die Liste ist so bestimmt noch nicht abschließend, da ich sicherlich wichtige Vertreter vergessen habe.

    Insgesamt würde ich sagen, dass dort eigentlich vor allem Genrebegründer oder die Spiele vorkommen, die einem Genre zum Durchbruch verholfen haben.

    Außerdem ist es wie mit Filmen / Serien oder Prominenten - da es früher einfach weniger davon gab, war es einfacher, dass sich ein Spiel für die breite Masse durchsetzt und sich so ins kollektive Gedächtnis einbrennt.

    Das ist bei der heutigen Vielzahl an neuen Veröffentlichungen fast unmöglich geworden. (Denkt nur einmal daran, dass man sich früher recht einfach über Serien unterhalten konnte, da sie - mangels Alternativen - fast jeder gesehen hatte - heute ist man froh, wenn man überhaupt mal jemanden trifft, der die Serien kennt, die man gesehen hat....)

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...

  • Liebste Schwester im Geiste, hier sind meine 10 – unter der Prämisse, dass „neuer“ mit „nach 1980“ gleichzusetzen ist.

    • Carcassonne
    • Siedler von Catan
    • Agricola
    • Twilight Struggle
    • Puerto Rico
    • Zug um Zug
    • Dominion
    • Magic
    • 1830
    • Tichu (… hm, oder doch Pandemie?)


    Agricola

    Caylus

    Redundanz!

    • Magic

    Was ist mit Civilization? Diplomacy? Tough …

    Oh ja - Magic darf nicht fehlen!

    Civ und Diplomacy sind auch überdenkenswert, wobei ich eher Civ aufnehmen würde, es aber letztlich auch "nur" eine Form des Entwicklungsspiels mit Anleihen bei Agricola und Siedler ist.

    Was ist mit Pandemic: Legacy? Halte ich auch für wichtig!

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...

  • Ich würde es nie wagen Dich anzuschreien, aber mein Eindruck ist, dass sich "neuere" mit den beiden ersten Einträgen Deiner Liste beißt.

    Damit meinte ich eigentlich im Vergleich zu Dame, Mühle, Schach, und wahrscheinlich auch Mensch ärgere dich nicht/Pachisi...hm... aber du könntest recht haben... Mir kommt es bei Risiko und Monopoly so vor, als stelle der Grad an Abstraktion bzw. Thema doch eine gewisse Zäsur zum "vorher" da. Ich muss aber nochmal in mich gehen, mein Kanönchen ist ja auch nicht fix. :/

    I wish I had a friend like me

  • Passt für mich alles, ich würde noch ergänzen:


    Civilization (Tresham)

    Das verrückte Labyrinth

    6 nimmt

    Love Letter

    Terraforming Mars

  • Mir kommt es bei Risiko und Monopoly so vor, als stelle der Grad an Abstraktion bzw. Thema doch eine gewisse Zäsur zum "vorher" da. Ich muss aber nochmal in mich gehen, mein Kanönchen ist ja auch nicht fix.

    Bzgl. Beginn der modernen Brettspiele würde ich ad hoc Acquire (1971) nennen. Das müsste dann eigentlich mit Civ (1980) noch in den Kanon. Dafür würde ich dann Tichu und entweder Dominion oder 1830 streichen.


    Neva Kee Ich edtiere schneller, als du Zitate kommentierst ;)

  • Tactics - damit hat alles angefangen

    We the People - Urvater der Card Driven (War-)Games oder Paths of Glory: jünger aber "formvollendet".

    Battle Cry - Für die Commands&Colors-Sparte

    Squad Leader - Vorläufer von ASL. Vielleicht auch gleich ASL, aber SL inkl. seiner Erweiterungen war auch schon stilbildend.

    Andean Abyss - COINs

    Third Reich - WW2 auf globalen Maßstab

    The dice decide my fate. And that's a shame.

  • Eclipse

    Risiko Evolution

    Small World

    Talisman

    Blood Bowl

    King of Tokyo

    Robo Rally vielleicht auch noch...


    Würde ich noch hinzufügen

    Top 10 (jeweils ohne Reihenfolge)

  • Das verrückte Labyrinth

    Terraforming Mars

    Verrücktes Labyrinth könnte als erstes komplexeres Kinderspiel herhalten - da würde ich dann aber eher Atlantis nehmen, da das noch deutlich vorher kam.

    Was macht Terraforming Mars für Dich so besonders? Die Grundmechanismen sehe ich schon bei Agricola.

    Terraforming Mars: neben durchaus bekannten Mechanismen ist es für mich die immense Einbindung des Themas in das Spielziel / in die Bedingung des Spielendes, auf das - trotz aller Konkurrenz - die Spieler/Spielerinnen gemeinsam hinarbeiten

    Einmal editiert, zuletzt von Beezle () aus folgendem Grund: Autokorrektur

  • Ich mach mehr, weil ich Kartenspiele und Klassiker mit aufzähle:


    -Skat

    -Romme

    -Poker

    -Mau Mau

    -Monopoly

    -Risiko

    -Hotel

    -Spiel des Lebens

    -Mensch ärgere dich nicht

    -Schach

    -Mühle/Dame


    -Siedler von Catan

    -Agricola

    -Carcassonne

    -Zombicide

    -Bohnanza

    -Descent/SW Imperial Assault

    -Magic the Gathering

    -Galaxy Defenders

    -Aeons End

    -Robinson Crusoe

    -Herr der Ringe LCG

    -Avalon/Der Widerstand

    -Street Masters

    -Tabu

    -Warhammer AoS und 40k

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<

    Einmal editiert, zuletzt von Bandida ()

  • Ich würde evtl noch Cluedo und Inkognito als Beispiele für Deduktionsspiele nennen. Bei den ganz klassischen Spielen muss man ganz klar noch Domino nennen, dessen Grundprinzip immer wieder aufgegriffen wird (in jüngster Zeit sogar recht erfolgreich ;)). Geschicklichkeitsspiele wurden bislang auch noch nicht erwähnt, hier kann man evtl Bamboleo oder Bausack ins Rennen schicken. Sehr häufig findet man auch Spiele mit Can't-Stop-Mechanismus, deshalb gehört unbedingt der Namensgeber dieses Mechanismus auf die Liste: Can't Stop :). Naja, und dann kann man noch jede Menge Spiele nennen, die irgendwie auch auf ihre ganz eigene Weise innovativ waren A La Carte, Pueblo, Glen More,uvm

    Gruß aus Frankfurt, Helmut

  • Liebste Schwester im Geiste, hier sind meine 10 – unter der Prämisse, dass „neuer“ mit „nach 1980“ gleichzusetzen ist.

    • Tichu (… hm, oder doch Pandemie?)

    Der Boardgamegeek bestätigt deine zweite Wahl. Ich finde es auch sehr interessant, wie sich die Rangliste der am meisten in Besitz befindlichen Spiele von der des Ratings unterscheidet. Hat etwa jemand mehr Spiele in der Top 100 Owned als in der "echten" Top 100... :floet:

    BGG Top Owned Games

  • Scotland Yard

    Die Siedler von Catan

    Carcassonne

    7 Wonders

    Pandemie

    Dominion


    wären die aus meiner Sicht kanonischen Spiele der letzten 40 Jahre. (Anmerkung: von diesen besitze ich noch genau eins; sie haben aber aus meiner Sicht weltweit Spielervitas, Spielverhalten, Spielentwicklung und Spielgeschmack geprägt. Damit sie das tun konnten, brauchten sie eine Grundaufmerksamkeit von Anfang an oder alternativ über die Jahre hinweg gewachsen. Es ist wohl folgerichtig, solche kanonischen Spiele im Umfeld des SdJ zu suchen.)

  • Risiko

    Catan

    Carcassonne

    Zug um Zug

    Puerto Rico

    Agricola

    Dominion

    Pandemic

    Exit

    Pandemic Legacy


    Dass bei vielen „Exit“ fehlt, finde ich erstaunlich. Auch wenn die Art der Spiele erst 4-5 Jahre alt ist, hat sie doch extreme Auswirkungen auf die Brettspielbranche.

    Ein ganz neues Klientel hat Einzug in den Brettspielladen gefunden!

  • (...) Ich finde es auch sehr interessant, wie sich die Rangliste der am meisten in Besitz befindlichen Spiele von der des Ratings unterscheidet. (...)

    Warum findest Du das interessant? Ich hätte da eher banale Gründe (kein Geld, Spiel nicht verfügbar/kleine Auflage, kein Platz, keine Mitspieler) vermutet, aber Du scheinst andere Theorien zu haben, um die Abweichungen zu erklären?

    UpLive [bgg for trade] - einfach anschreiben, wenn Dich davon was interessiert!

  • (...) Ich finde es auch sehr interessant, wie sich die Rangliste der am meisten in Besitz befindlichen Spiele von der des Ratings unterscheidet. (...)

    Warum findest Du das interessant? Ich hätte da eher banale Gründe (kein Geld, Spiel nicht verfügbar/kleine Auflage, kein Platz, keine Mitspieler) vermutet, aber Du scheinst andere Theorien zu haben, um die Abweichungen zu erklären?

    Dazu würde ich noch vermuten, dass viele der ranghohen Spiele zwar von ihrer Zielgruppe sehr gut bewertet werden, aber andere Spieler möglicherweise so stark "abschrecken", dass diese sich das nicht mal genauer anschauen und dadurch nicht bewerten - ggf. auch, weil sie eben vorher wissen, dass das nichts für sie ist.

    Ich würde mir zum Beispiel fast nie ein Abstract näher anschauen - da kann das Spiel noch so gut sein...

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...

  • Insgesamt ein ganz schwieriger Spagat zwischen persönlichen Erfahrungen und dem Versuch, diese aufzuweiten, um sie übertragen zu können.

    Für mich wichtige Spiele, bei denen ich überrascht/erstaunt wäre, wenn sie der Oxford-Professor nicht kennt:

    • Diplomacy | Board Game | BoardGameGeek - Das war für mich das erste Spiel abseits der Klassiker (MÄDN, Monopoly, Barrikade, Schach...), das mir gezeigt hat, was es nicht alles gibt.
    • #SiedlervonCatan - ich spiele es immer noch gern, am liebsten mit der SuR-Erweiterung.
    • Twilight Imperium | Board Game | BoardGameGeek - Ich habe fast geweint, als ich das Spiel zum ersten Mal gespielt habe. Einfach unerreicht. Nicht umsonst schreiben gefühlt 90% aller neu erscheinenden Spiele, die irgendwas mit 4x zu tun haben, "besser als..." "schneller als..." "zugänglicher als.." ...TI; es scheint sowas wie ein Maßstab zu sein, und ist das nicht auch eine Definition von "Kanon"?

    Ich liebe #Agricola heiß und innig, aber ich hätte es nicht als Kanon gesehen. Für mich ist es jetzt nix bahnbrechend Neues oder innovatives gewesen, einfach nur ein sehr gutes Spiel, daß ich auch häufig empfehle, aber ich denke mehr Menschen haben häufiger Spaß mit #SvC.

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  • Unter den Klassikern:


    Schach - Strategie


    Mühle - Taktik


    Mensch ärgere dich nicht - Würfel


    Memory - Gedächtnis


    Scrabble - Worte


    Risiko - Eroberung


    Monopoly - Wirtschaft


    Um unter den Gesichtspunkten meine obere Liste zu ergänzen:


    Scotland Yard - Deduktion


    Siedler von Catan - Referenz des modernen Brettspiels; vielleicht auch: Aufbau


    Carcassonne - tja, wofür steht das? Legespiel? Könnte unter dem Gesichtspunkt „bahnbrechend“ oder „Synonym für“ vielleicht sogar raus aus dem Kanon. 🤷‍♂️


    7 Wonders - Drafting


    Dominion - Deckbau


    Pandemie - Kooperation

  • Mir würde jetzt noch eine allgemein anerkannte Referenz für Kreativität, eine für Bluff (besseres Wort bitte) und eine für Geschicklichkeit fehlen.


    Vieles andere läge bei mir im Bereich der Subgenres. Darunter könnten natürlich auch Drafting und Deckbau fallen. Für die jüngere Vergangenheit empfand ich diese Mechanismen jedoch als bahnbrechend, wegweisend, ein neues Feld öffnend.


    Dieses Empfinden habe ich bei Rollenwahlspielen (Puerto Rico), Mehrheiten (El Grande) oder Arbeitereinsatz nicht so.

  • Weiter nachgedacht: aus meiner Sicht ist Siedler von Catan der logische Vorläufer von Arbeitereinsatz- und (vielen) Rollenwahlspielen.


    In ihnen geht es im Großen und Ganzen um den konstruktiven Aufbau von etwas, das auf dem Spielbrett oder Tisch entsteht, sich entwickelt. Vor SvC kenne ich keine Referenz, die allgemein dafür bekannt wäre. Wahrscheinlich deshalb ist SvC auch so erfolgreich und deshalb ergeben sich aus meiner Sicht alle modernen konstruktiven Aufbauspiele aus SvC und wären aus meiner Sicht kein essenzieller Teil des Kanons. Sie haben das moderne Brettspiel erweitert, verfeinert, verbessert, aber nicht revolutioniert.


    Nachtrag für den Kanon:


    Skat - Stichspiele


    Exit könnte Kanon werden. Das hängt aus meiner Sicht davon ab, ob es langfristig als Referenz, sogar als Synonym der modernen Rätselspiele wahrgenommen wird.

  • Spannende Frage, was man da angeben würde. Ich denke eine Mischung aus Spielen, die

    • sehr erfolgreich war/ist
    • sehr prägend war/ist
    • einen guten Querschnitt über verschiedene Kategorien darstellt


    Ein Versuch das zu befüllen - eindeutiger Teil:

    #Catan (modernes Eurospiel, das zahllosen weiteren Spielen mit Rohstoffen und Bauwerken den Weg geebnet hat, einen beispiellosen Bekanntheitsgrad hat und manche auch der Begründer des modernen Eurospiels ist)

    #Carcassone (hier und da ein bisschen redundant zu Catan, aber kleinere Schachtel, andere Spielmechaniken - v.a. zu bekannt, zu exemplarisch für ein einfacheres Eurospiel, um es wegzulassen)

    #Magic (seit 1993 durchgehend relevant, gehört für mich als Vertreter der Sammelkartenspiele in die Liste, auch aus Sicht Tunierszene, Kundenbindung - Spieler die nur dieses Spiel spielen - und Wertentwicklung seltener sammelbarer Spielkarten interessant, auch die Schiere Komplexität, die so ein über Jahrzehnte gewachsenes, ständig erweitertes Spielsystem mit zehntausenden Karten erreicht)

    #6nimmt (für mich der klassische Vertreter des kleinen aber smarten abstrakten Kartenspiels, wie sie Amigo und Co in diesem Foprmat millionenfach verkaufen - alternativ hatte ich über #Wizard nachgedacht, aber ich glaube 6nimmt ist weiter verbreitet und auch ein bisschen eigenständiger als das sehr klassische Stichevoraussagen)


    Die oberen vier fand ich eindeutig, jetzt wird es schwieriger

    #Gloomhaven (es ist nicht das erste Spiel seiner Art, aber ein aktuell sehr prägendes und vor allem ein Vertreter vieler Schattierungen des modernen Brettspiels, die meiner Ansicht nach dem im Ausgangspost von Pikmin genannten "Ludologen" unbedingt geläufig sein müssen. Gloomhaven vereint das Crowdfunding-Spiel, das Legacy-Spiel, das Kampagnenspiel, das Miniaturenspiel alles in einem. Dazu müsste der Ludologe einfach einmal so eine 10kg große Spielebox gesehen haben, wer nur Catan kennt, staunt beim ersten Gloomhaven aus vielerlei Hinsicht erst einmal sicher Bauklötze. Dazu ist Gloomhaven noch die aktuelle Nummer 1 auf BGG und, wenn man sich die hohen Verkaufszahlen ansieht, für viele Spieler vermutlich auch das erste Spiel in diesem Format)

    #Pandemic / #Pandemie (als prägender Vertreter des kooperativen Eurospiel und meistbewertestes Spiel auf BGG)

    #7WondersDuel (erste hatte ich überlegt 7 Wonders aufzuführen, doch in meiner Wahrnehmung hat das kleine Zweispielergeschwisterchen den Vorgänger überflügelt. Ein reines Zweispielerspiel hätte ich gerne unbedingt in der Liste, moderne Brettspiele richten sich nicht nur an die klassiche Familie, und 7 Wonders Duel ist hier der am weitesten verbreitete Vertreter)

    #Azul (als Vertreter der abstrakten Spiele, in dieser Kategorie bei BGG am meisten und am besten bewertet)


    Sind noch zwei frei, noch schnell möglichst viel unterbringen...

    #TwilightImperium (als Vertreter sehr komplexer Spiele, die man definitiv nicht am Weihnachtsabend mit Tante Erna spielt, mit langer Dauer, mit Diplomatiepart, mit Konflikt, spezifischer auch für das 4X-Genre)

    #Codenames (als Vertreter für Kommunikationsspiele, für ein ganzes Genre an Spiele, die mit Sprache spielen)



    Gerne noch aufgenommen hätte ich #Dixit (als kreatives Spiel mit Bildern, mit eigener Metaebene und Fokus eher auf Spielgefühl als Gewinnen) und #TerraMystica oder #PuertoRico als Vertreter komplexerer Eurospiele (letztere sind aber ein bisschen "Catan in komplexer", und das komplexer geht, haben wir schon abgebildet). Vielleicht #Dominion als Deckbuilder (allerdings, was man mit Kartenvielfalt und Deckbau und Enginebuilding alles macht kann, reizt Magic als ganzes Spielsystem noch mehr aus).


    Edit: Die #Exit Reihe muss eigentlich auf jeden Fall hinein, die ist als sich verbrauchendes Spiel zu besonders und zu prägend um sie nicht aufzuführen. Die müsste der Ludologe auf jeden Fall gesehen haben. Glaube ich streiche dafür #Azul - oder doch #7WondersDuel ? :/

  • Glaube Twilight Imperium hat keine so prägende Rolle in Deutschland gespielt, wenn man über BGG guckt täuscht das schnell glaube ich.


    Auch Magic habe ich hier wahrgenommen, natürlich, aber war es in Deutschland in einer Liga mit einem Puerto Rico oder Dominion?

    Woran misst man den Erfolg?


    Vom Stellenwert sehe ich es deutlich drunter, Magic hat z.B. in Essen nur begrenzt eine Rolle gespielt.

    Denke da ist schon die Frage, was die Ausgangsfrage wirklich ist. Für wen ist es, was soll es wirklich beschreiben.


    7WondersDuel ist glaub ich deutlich weniger auf den Massenmarkt gewesen als 7 Wonders. Einschneidender war schon 7Wonders.


    7 Wonders, Catan, Carcassonne, Puerto Rico, Agricola, Pandemie, Dominion, 6nimmt finde ich alternativlos.

  • Die Ausgangsfrage ist doch eine Variante der immer wieder spannenden Frage, welches Spiel ein Klassiker ist/werden kann. Ich zitiere auszugsweise mal zum Einstieg die obige Kanondefinition und markiere die für mich passenden Stellen:


    "Kanonische Literatur bezeichnet Werke - sei es "schöne Literatur" oder Fachliteratur - die einen besonderen, den Zeitgeist überdauernden Einfluss hatten (im Idealfall haben sie dabei zwar GENAU ihren Zeitgeist getroffen, aber auch diejenigen seiner Fragen/Probleme/Gefühle herausgearbeitet, die für Menschen aller möglichen Zeitalter wichtig sind). Dieser Einfluss kann, aber muss nicht, gesamtgesellschaftlich gewesen sein. Er kann, aber muss nicht, überholt sein. Er kann, aber muss nicht, unerreicht, der erste seiner Art, genrebildend sein. Er kann, aber muss nicht, immer noch aktuell sein. Kanon bedeutet mehr oder minder; das wird man so schnell nicht wieder vergessen."


    Ich habe persönlich 5 Spieljahrzehnte erlebt und würde für jedes einzelne Jahrzehnt Spiele hervorheben, die aus meiner Sicht den jeweiligen Nerv der Zeit getroffen haben und zugleich nicht nach ein paar wenigen Jahren wieder vom Spieltisch komplett verschwunden sind.


    70er:

    Zeit der MB-Spiele, das Spiel des Lebens ist vielleicht der populärste und langlebigste Vertreter aus dieser Zeit.

    Kniffel war ebenfalls sehr populär. Die Erwachsenen, die üblicherweise ohne Kinder nicht Brettspiele spielten, organisierten auf einmal Kniffelabende. Hase und Igel war das erste Spiel des Jahres und ist für mich der Startschuss für anspruchsvollere Brettspiele, zumindest hat seitdem die breite Masse die Möglichkeit, Brettspiele jenseits von Monopoly und Risiko in den herkömmlichen Spieleläden zu erwerben.


    80er:

    Ganz allgemein habe ich die jeweiligen Spiele des Jahres als bedeutsam in Erinnerung. Die wurden insgesamt von sehr Vielen gerne gespielt. Bei Sherlock Holmes Criminal-Cabinett und Barbarossa und die Rätselmeister hat man zudem erkennen können, dass neuartige Dinge in Konzeption (Dedektivspiel ohne klassisches Zubehör wie Würfel, Spielkarten oder Spielbrett) und Materialien (Knete) ausprobiert werden und damit auch Erfolge erzielen.

    Im Bereich der anspruchsvollen Importspiele sind 1830 und Civilization (Tresham) als stilbildend hervorzuheben. Den ganzen Tag lang mit nur einer Spielepartie zu verbringen war mal ein ganz anderes Spielerlebnis.

    Der schwarze Turm/Atlantis steht für mich stellvertretend für den Einzug der Fantasy in die Brettspielwelt. Ich habe es selber nie gespielt, aber damals zu Schulzeiten war es legendär.


    90er:

    Siedler von Catan als Katalysator für den starken Anstieg von anspruchsvolleren Brettspielen in den Folgejahren seit seinem Erscheinen 1995. Zusammen mit El Grande hat Catan dafür gesorgt, dass es bei Spielen in der Regel nicht mehr länger darum ging, als Reichster, Erster/Letzter, Schnellster vom Tisch zu gehen, sondern möglichst alles in Siegpunkte umzuwandeln. Durch die Siegpunkmechanik war es auch besser möglich, mehrere Spielelemente in ein Spiel zu integrieren.

    Magic the Gathering hat das Sammelkartenspiel-Genre im Alleingang erfunden, populär gemacht und bis heute überdauert.

    We the People hat das Card-Driven-Game im Bereich der Cosims etabliert. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass es einige neue Spieler in den Bereich des Cosims gelotst hat, da es optisch ansprechender ist als Counterstapel auf stilisierten Hexkarten und mit den Spielkarten ein attraktives Spielelement hinzu gekommen ist


    00er:

    Die in dieser Zeit einsetzende ungeheure Spielevielfalt qualitativ wie quantitativ macht es für mich schwierig einzelne Spiele hervorzuheben. Als Metathema würde ich vielleicht Erweiterungen und Spielefamilien ausmachen. Ich kann mich an Spielerweiterungen auf dem deutschen Brettspielmarkt vor 1995 gar nicht gross erinnern, einzelne Ausreisser wie bei Talisman mal ausgenommen.

    Carcassonne und Zug und Zug haben im Bereich der Erweiterungen am ganz grossen Rad gedreht und sind für mich daher wegweisend bis heute. Puerto Rico war seinerzeit der Goldstandard für anspruchsvolle Spiele, insgesamt ging die Alea-Spielereihe Anfang der 00er los und der Stamm der selbsternannten Vielspieler entstand. Knizia wurde langsam out, neue Autoren wie Rosenberg mit Agricola in.


    10er:

    Das aktuelle Jahrzehnt ist für mich schwer zu bewerten. Der Zeitgeist, zumindest in der eingefleischten Brettspielszene, lautet für mich "mehr von allem, bitte hochwertig und kostengünstig mit Rundumbetreuung". Dafür steht kein einzelnes Spiel. Ich weiss natürlich nicht wie repräsentativ dieses Forum ist, aber die hier immer wieder auftauchenden Einkaufsorgien, der damit korrespondierende völlig absurde Begriff Pile of Shame, diverse Material- und Preisdiskussionen bei Neuerscheinungen lassen mich oft ratlos zurück. Ich merke da für mich, dass ich da wohl nicht mehr mit im Boot sitze. Wahrscheinlich könnte man stellvertretend dafür irgendein besonders erfolgreiches Kickstarterspiel mit vielen Miniaturen benennen.

    Ansonsten gab es viele tolle Spiele mit teilweise neuen Mechanismen (Draft, Deckbuilding, Legacy). Da kann man bestimmt für jede Mechanik einen Vertreter nennen wie Dominion, 7 Wonders, Risiko Evolution.


    1900 - 1970:

    Was damals alles so eingeschlagen ist wie Bombe, weiss ich nicht. Monopoly, Risiko, Diplomacy gehören aber bestimmt dazu. Tactics als -wie man so liest - Urvater aller Cosims gehört aus dem Grund sicherlich auch dazu.


    Im Bereich abstrakte Spiel, Partyspiele (gehört Exit dazu ?) kenne ich mich nicht aus. Insofern gibt es auch dort stellvertretende Meilensteine.





  • Vom Stellenwert sehe ich es deutlich drunter, Magic hat z.B. in Essen nur begrenzt eine Rolle gespielt.

    Woran machst Du das fest? Ich kann mich für München von monatlichen Tauschtreffen in den Sabel-Schulen mit immer mehreren hundert Teilnehmern erinnern. Selbst im Kaff bei mir um die Ecke gab es ein wöchentliches Tauschtreffen mit mehr als 20 Spielern in einem Keller eines Privathauses. Magickarten waren und sind quasi genauso verfügbar wie Monopoly oder Mädn, zumindest in meiner Umgebung (Karstadt, Spielzeugläden, Supermärkte, Rossmann,...). Ganz zu schweigen von den Hobbyläden, bei denen ich zwar Magickarten, ber kein Monopoly bekomme.

    Aber btt versuche ich mich auch mal an einer 10er-Liste:

    1. Auch wenn ich es persönlich hasse, muss #Catan wohl in den Kanon aufgenommen werden. Hat es doch das moderne Eurogame begründet und eine breitere Masse an Gesellschaftsspiele hingeführt
    2. Wenn es um komplexere Eurogames geht, ist aus meiner Sicht #PuertoRico wegweisend gewesen. Das ist für mich das erste ebenfalls breit verfügbare Expertenspiel gewesen, auch wenn man es heute vielleicht sogar eher im (gehobenen) Kennerbereich einordnen würde
    3. #Magic gehört für mich ebenfalls dazu. Das erste erfolgreiche Sammelkartenspiel und eines das sogar heute noch (wie oben geschrieben) in "fachfremden" Geschäften zu kaufen ist. Welches andere Spiel ist auch nach 30 Jahren am Markt noch so erfolgreich?
    4. Es besetzt zwar eine ähnlichen Platz wie Catan, aber für mich gehört auch #Carcassonne in den Kanon. Allein die Verbreitung und die ungebrochene Verfügbarkeit sagen mir, dass man es kennen muss. Auch wenn es vielleicht nicht dem persönlichen Spielegeschmack entspricht.
    5. Ein Spiel von 1957, das wahrscheinlich jeder schon einmal in seiner Sammlung hatte, zumindest in irgendeiner Variante ist #Risiko. Für mich steht es für eine Reihe von Spielen wie Mädn oder Scrabble, die ich aber nicht unter "neueren" subsummieren würde. Risiko hat es aber irgendwie geschafft sich stetig weiterzuentwickeln und mit Evolution sogar den ersten Vertreter der Legacy-Spiele hervorzubringen.
    6. Eine Lücke bei mir, aber ich bin ja auch kein Professor für Ludologie ud zumindest habe ich ja schon davon gehört: #Pandemic. Und ich weiß zumindest grob um was es in dem Spiel geht.
    7. Wie bei der Nummer 6, habe ich auch #Dominion noch nicht gespielt. Ich sehe aber die Tragweite des Einflusses schon als sehr hoch ein und somit gehört es für mich in den Kanon
    8. Ein Spiel, das hier noch nicht genannt wurde ist #CosmicEncounter
    9. #Monopoly ist mit fast 100 Jahren schon recht alt, bringt aber auch immer wieder neue Varianten heraus und dürfte in fast jedem Haushalt vorhanden sein.
    10. #TrivialPursuit ist der Klassiker unter den Wissensspielen und man sollte zumindest etwas mit dem Namen anfangen können.

    Als honorable mentions könnte ich mir noch vorstellen: #CantStop, #7Wonders, #Cluedo, #ScotlandYard, #Tabu, #HaseundIgel, #LoveLetter, #Exit, #SpieldesLebens und #6nimmt


    Edit: Lustig wie VoSch einige meiner Empfehlungen ebenso genannt hat, während ich geschrieben habe ;)

    Ach ja? Definier mir "normal"!

    Einmal editiert, zuletzt von Sepiroth ()

  • Generell bin ich mit meinen Gedanken zum Kanon bei weitem noch zu keinem Ende gekommen nur auf eines möchte ich hinweisen

    Tactics als -wie man so liest - Urvater aller Cosims gehört aus dem Grund sicherlich auch dazu.

    nicht ganz. Urvater aller Cosims dürfte das Kriegsspiel (Georg Leopold von Reisswitz, sowie sein Sohn Georg Heinrich Rudolf Johann von Reisswitz) sein. Die unvollständige(manches war nicht geregelt und bedurfte noch Hausregeln) Version des Vaters von 1812, die des Sohnes von 1824. HIer noch ein Bild des Originals für den Kaiser

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • Das ist natürlich ein cooles Spiel...super Fundstück - schade, dass es seinem eigentlich Zweck sicherlich schon seit Ewigkeiten nicht mehr dient.

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...