Vor ein paar Wochen fasste ich den Entschluss, endlich mal wieder ein schönes Spiel mit überschaubaren Regeln für einsame Solo-Abende ausprobieren zu wollen, am liebsten natürlich einen Dungeon Crawler. Da seit eineinhalb Jahren das Spiel Star Saga noch verschweißt in meinem Spieleregal stand und mich immer traurig anschaute, fasste ich mir endlich ein Herz und befreite es von der lästigen Plastikschicht.
“Star Saga? Klingt wie Dungeon Saga. Und das war echt blöd!” - Könnte man nun sagen, aber wer meinen Artikel über Dungeon Saga kennt, der weiß, dass ich das Spiel durchaus unterhaltsam fand. Insbesondere mit einem Jahr Abstand und vielen neuen Eindrücken aus anderen Spielen kann ich nun sagen, dass Dungeon Saga nun inzwischen am unteren Ende meiner Dungeon Crawler Top-Liste verweilt, aber eine Katastrophe ist es nun auch nicht. Aber ja, Star Saga IST der geistige Nachfolger von Dungeon Saga, und auch aus dem gleichen Hause namens Mantic.
Nachdem Dungeon Saga ja versucht hatte eine Neuauflage von HeroQuest inkl. passender Möbel zu werden, versuchte man mit Star Saga das gleiche Spiel mit Weltraumfarbe anzumalen und das moderne Äquivalent für StarQuest zu werden - könnte man meinen, aber auch das ist zu kurz gedacht. Zum Einen lässt sich erst einmal darüber streiten, ob StarQuest überhaupt ein Dungeon Crawler ist, in jedem Fall ist es kein HeroQuest mit anderem Thema (zur Erinnerung, es kämpfen bis zu drei Spieler mit jeweils einem ganzen Trupp Space Marines gegen einen Overlord und seine Schergen, wobei StarQuest dann sogar auch noch kompetitiv auch innerhalb der Marine-Spieler verläuft). Zum Anderen ist Star Saga dann doch nicht einfach nur ein umlackiertes Dungeon Saga. Also eigentlich natürlich schon, wobei Dungeon Saga ja auch nicht viel mehr als ein etwas modernisiertes HeroQuest ist. Nun ist man aber bei Star Saga wirklich die größten Probleme von Dungeon Saga angegangen und hat diese m. E. auch alle ordentlich in den Griff bekommen. Es gibt endlich einen richtigen Kampagnenmodus bei dem man die Helden selbst levelt und die Ausrüstungen behält, die KI ist nun von Haus aus als solche zu erkennen und weitestgehend brauchbar. Aber schauen wir nun mal etwas im Detail hinein.
Worum geht’s?
In Star Saga spielen wir in der Zukunft einen Trupp Söldner, die den Auftrag bekommen, eine Konzernbasis zu infiltrieren und Daten wiederzubeschaffen. Diese “Helden” kämpfen sich dabei von ganz unten nach ganz oben im Gebäude durch und haben es mit immer stärker werdenden Gegnern, Mini-Bossen und Endgegnern zu tun. Das Universum bietet dabei neben klassischen Sci-Fi-Elementen wie Blastern, Computergedöns, Robotern und Cyborgs auch mythische Elemente wie die Rasse der Zwerge, Aliens und Psy-Kräfte.
Zu Beginn des Spiels stehen 6 Söldner zur Verfügung und ähnlich wie bei Dungeon Saga, dienen auch hier die ersten Missionen dazu ein Tutorial zu bilden und dabei alle verschiedenen Helden kennenzulernen. Jeder Söldner repräsentiert eine Klasse, von denen dabei 4 ganz klassisch gehalten sind: Fernkämpferin, Nahkämpfer, Tank mit Flächenschaden und Heilerin. Dazu kommen noch die zwei dem Thema passenden Helden in Form eines im Hacking (später mehr dazu) erfahrenen Roboters und eines Tech-Spezialisten mit auf dem Boden aufstellbaren Automatik-Geschützen und Kraftfeldern. Auf einen Zauberer (oder dem Thema entsprechendes Äquivalent) wurde verzichtet.
Die Missionen sind auf vier Helden ausgelegt, können aber auch mit weniger Söldnern gespielt werden, wobei einzelne Söldner dann mehrmals pro Runde zum Zug kommen, sodass immer vier Heldenaktivierungen stattfinden.
Die Söldner
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Die Söldner verfügen über verschiedene Attribute, die die Anzahl der dazugehörigen Würfel darstellen. Die Attribute lauten dabei Bewegung, Fernkampf, Nahkampf, Rüstung und Tech, (hacken).
Neben den vorgegeben Waffen für Fern- und/oder Nahkampf starten Helden oft mit ein oder mehreren Skill. Dadurch kann z. B. die Heilerin Alyse nach einem erfolgreichen Angriff Lebenspunkte zurückgewinnen oder der Tech-Spezialist Ogan seine Auto-Geschütze und Plasmafelder, für die es übrigens eigene kleine Miniaturen gibt, auf einem Nachbarfeld platzieren.
Jeder der Söldner hat außerdem mindestens ein s. g. Feat, eine Spezialaktion die er nicht mit Bewegung kombinieren und nur einmal pro Mission ausführen darf. Das kann zum Beispiel “dreimal hintereinander feuern” oder aber auch das “Verhindern der Aktivierung aller feindlichen Einheiten in kurzer Reichweite unabhängig von Sichtlinie” sein.
Progression
Die Heldenprogression findet über das Erlernen von Skills und dem Einsatz von neuem Equipment statt.
Die Skills sind durch die Karten limitiert und einzigartig, sodass eben kein Söldner den gleichen Skill erlernen kann. Außerdem sind sie nach Klassen sortiert und jedem Söldner ist eine oder mehrere dieser Klassen zugewiesen. Zum Lernen eines neuen Skills werden einfach alle noch verfügbaren dieser Klassen sowie immer die Skills der Kategorie “Allgemein” zusammengemischt und anschließend die obersten drei davon gezogen. Aus diesen drei Karten darf sich der Spieler nun einen Skill auswählen.
Eine weitere Möglichkeit um seinen Helden zu verbessern, ist das Anlegen neuer Ausrüstung. Die Ausrüstung wird zwischen den Missionen mit Credits bezahlt und kann frei aus dem Loot-Stapel und den s. g. Rare Objects gewählt werden.
Der Loot-Stapel enthält kleinere Power Ups wie Medikits, Energy Riegel (für mehr Bewegungspunkte) aber auch mal eine Waffe mit höherer Reichweite.
Die Rare Objects sind höherpreisig und bieten Ausrüstung, die sich eben nicht in jeder Kiste finden lässt, so zum Beispiel Nachtsichtsgeräte, Schutzschilde oder Helme gegen Psi-Angriffe.
Die Location
Die Missionen von Star Saga werden alle Indoor in der bereits erwähnten Konzernbasis gespielt. Dementsprechend ist auch das Mobiliar ausgefallen, das in beachtlicher Menge mitgeliefert wird. Es gibt u. a. Tische, Waffenschränke, Kantinenbänke, Kisten, Flüssigkeittanks, jede Menge Computer-Terminals und natürlich Türen.
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Maps und Exploration
Sehr vorbildlich wird bei Star Saga die räumliche Exploration umgesetzt, wissen die Helden doch immer nur so viel von der Map, wie sie bereits erkundet haben und die Erkundung geht üblicherweise nur bis zu den nächsten Türen. Die Map ansich wird so aus Tiles zusammengebaut, wie es der feste Plan im Missionsbuch inkl. Positionen für Möbel und Gegner-Miniaturen vorgibt. Weitere Gegner werden übrigens vom Overlord über s. g. Reinforcement Points in die Map geschickt.
Erreichen die Helden bestimmte Punkte auf dem Plan oder interagieren sie an den richtigen Stellen mit dem Mobiliar, das kann z. B. ein Terminal sein oder aber auch das einfache Öffnen einer Kiste auf der Suche nach Loot, können geskriptete Events eintreten, die die Story der Mission voranbringen oder auch mal bisher unerforschte Bereiche der Karte automatisch aufdecken.
Events
Vor dem Spiel baut der Overlord gemäß Missionsvorgabe sein Handkarten-Deck zusammen, in dem neben Fiesigkeiten und Gegner-Spawnkarten auch Event-Karten enthalten sein können, die er sofort kostenfrei ausspielen muss und die die Story im Spiel verändern oder sonst wie für permanente Zusatzeffekte, zum Beispiel auch das Erstärken des Overlords in Form von mehr Einheiten-Aktivierungen oder -nachschub, sorgen können.
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Das Kampfsystem
Setzte Dungeon Saga noch auf einfache W6, kommt Star Saga nun mit Spezial-W6 daher, die aber am Würfelprinzip nicht viel ändern. Der Angreifer wirft die roten Würfel, der Verteidiger kann mit blauen Würfeln und darauf enthaltenen Schilden noch Treffer negieren. Dabei haben die Angriffe und Schilde unterschiedliche Wertigkeiten, sodass man mit einem einfachen Schild keinen starken Treffer abwehren kann, andersherum aber schon. Was nach dem Verteidigungswurf noch übrig bleibt, ist auch schon die Anzahl Schäden, die der Verteidiger einsteckt. Eine gesonderte Rüstung gibt es nicht, manch ein Charakter hat aber entsprechende Ausrüstung für Schilde, die Treffer einstecken können bevor sie zu echten Schäden werden und die sich am Rundenende wieder erneuern.
Jeder Söldner kann unterschiedliche viele Treffer einstecken bis er “verwundet” wird. Ab dann erhält er jeweils den Abzug eines Würfels auf Angriff und Verteidigung. Mehr Zustände gibt es nicht.
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Sichtlinie und Reichweite
Die beiden Reichweiten von Fernkampfwaffen wird mit zwei Schablonen gemessen. Hinzu kommt noch eine Schablone für die Söldner und Gegner-Einheiten mit Flammenwerfern, die damit einen tropfenförmigen Flächenschaden verursachen können.
Die Sichtlinie ist sehr schön thematisch geregelt. Nischen können als (Teil-)Deckung genutzt werden, Kisten blockieren die Sicht eine Angreifers auf den dahinter stehenden Charakter, andersherum kann dieser aber ohne Abzug darüber schießen.
Eine tolle Besonderheit sind dies s. g. “Pot Shots”. Dabei darf ein Charakter sich zum Schießen auf ein benachbartes Feld “lehnen” und seine Sichtlinie von dort aus ziehen.
Da die Charaktere über ein “vorne” und “hinten” verfügen, bringen Angriffe “von hinten” einen Würfelbonus für den Angreifer.
Übersichtliche Aktivierungen
Sind die Söldner am Zug, gibt es nicht so viel verschiedenes zu tun. Immer vorangestellt ist die Bewegung, die nicht durch eine Aktion unterbrochen werden darf oder verfällt, wenn die Aktion eben sofort durchgeführt wird. Die Auswahl an Aktionen beschränkt sich auf Fernkampfangriff, Nahkampfangriff, Tür öffnen bzw. schließen und mit dem Mobiliar interagieren (bspw. ein Terminal benutzen, nach Loot suchen).
Terminals hacken
Da Türen eher selten einfach so geöffnet werden können, gibt es die Möglichkeit sie von einem beliebigen Terminals aus zu hacken und den Schutz zu deaktivieren. Außerdem lassen sich üblicherweise noch generische Events wie “Alarmstufe Rot” an diesen Computern deaktivieren, Spawnpunkte für eine begrenzte Zeit deaktivieren (damit der Overlord dort keine Gegner ins Spiel bringen kann) oder missionsspezifische Aktionen durchführen. Dies könnte zum Beispiel das Deaktivieren von Selbstschussanlagen sein.
Das Hacken funktioniert übrigens genauso wie ein Kampf: der Söldner würfelt mit den roten Würfeln und einer Anzahl an blauen Würfeln in Höhe der vorgegebenen Firewall-Stärke. Jeder nicht-geblockte Treffer ist ein Erfolg beim Hacken.
Abwechslung
Damit die Missionen nicht nur das stumpfe Dungeon Crawler Einmaleins abspulen, gibt es die Stealth- und Darkness-Regeln. Beginnen die Helden eine Mission im Stealth-Modus, darf der Overlord seine Einheiten immer nur ein einziges Feld weit bewegen, da sie nicht in Alarmbereitschaft sind. Die Helden hingegen müssen nach Push-your-luck-Prinzip ihre Bewegungen durchführen und dabei, je nachdem wie weit sie sich bewegen, mehr bzw. weniger Würfel würfen. Für jeden negativen Erfolg rücken die umliegenden feindlichen Einheiten näher heran. Dass die Helden bei diesem Modus außerhalb der Sichtlinie von feindlichen Einheiten bleiben sollten, versteht sich ja von selbst. Werden die Helden entdeckt, weil sie zu “laut” oder anderweitig unvorsichtig waren, wechselt das Spiel in den normalen Modus.
In die gleiche Kerbe spielen Mission die in der “Darkness” stattfinden. Felder, die in der Dunkelheit liegen, dürfen nur in gerade Blickrichtung durchschritten werden und Figuren darin sind für Angreifer von außen schwieriger zu treffen.
Bosse
Ein paar Endgegnerkämpfe konnte ich bereits er- und gerade so überleben. Die Bosse belegen meist 2x2 Felder und haben einige aber dennoch überschaubare Sonderregeln und -fähigkeiten. Da sie sich im Gegensatz zum sonstigen Fußvolk des Nexus jede Runde aktivieren, stellen sie eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Ansonsten wurden sie bisher so bekämpft wie andere Gegner auch, verfügen allerdings oft über eine beachtlich höhere Anzahl an Lebenspunkten.
Das Erscheinen der Bosse kündigte sich bisher nicht explizit vor Missionsbeginn an, was wiederum für die gelungenen Überraschungsmomente des Spiels spricht.
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One Shots, Kampagne oder eine Kombination?
Spielt man die Missionen chronologisch als Kampagne, behält man nach der Mission sowohl die aktuelle Ausrüstung als auch Skills. Warum so etwas selbstverständliches extra erwähne ist wieder einmal dem engen Verwandten Dungeon Saga geschuldet, denn dort wurde vor jedem Abenteuer vom Spiel festgelegt, welcher Held mit welchen Ausrüstungen, Fähigkeiten und Zaubern ins Abenteuer startet. Eine der größten Umöglichkeiten in meiner Erinnerung. Aber Mantic hat gelernt und daher haben wir nun ein echtes Kampagnengefühl. Außerdem behält man grundsätzlich die Wunden, hat aber die Möglichkeiten mittels Würfelwurf zu regeniereren.
Zusätzlich zum Kampagnensystem gibt Mantic aber für jede Mission ein Credit-Limit sowie eine empfohlene Söldnerzusammenstellung nebst Ausrüstung und Skills vor. Da angefangen von den Söldnern selber auch alle Skills und Gegenstände einen Credits-Wert haben, kann also hier mehr oder weniger beliebig eine der Mission ebenbürtige Mannschaft zusammengestellt werden. Eine meiner Meinung nach richtig gute Möglichkeit um One Shots mitten aus dem Questbuch zu spielen.
So gesehen ist es natürlich auch möglich die beiden Systeme zu kombinieren.
Menschlicher Overlord oder KI?
Die Antwort ist: Ja. 😉 Das Spiel setzt grundsätzlich auf einen menschlichen Overlord (der hier “Nexus” genannt wird), bietet aber gleichzeitig an, diesen durch eine KI mit entsprechenden Regelanpassungen zu ersetzen. Hat der humanoide Nexus eine Kartenhand mit Karten, die zum Spawnen von Gegnern oder dem Ausspielen von Gemeinheiten gegen die Söldner dienen, hat die KI dieselben Karten einfach als Deck und spielt jede Runde davon eine Karte für eben so eine Fiesigkeit und eine Karte zum Spawnen von Einheiten-Nachschub aus. Auf diesen Karten ist auch immer vermerkt, wer das Ziel der Angriffe sein soll (z. B. der Held mit der Farbe rot oder aber der zuletzt aktivierte Söldner), sodass ein langes Auffinden des passenden Ziels für die KI entfällt.
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Funktioniert die KI denn gut?
In weiten Teilen ja. Da der Nexus (egal ob humanoid oder virtuell) pro Runde nur eine begrenzte Anzahl an Schergen aktivieren kann, gelten für die KI erst einmal die Vorgaben, zuerst immer die Figur zu aktivieren, die am nächsten am Ziel und danach die, die am weitesten entfernt davon steht, zu aktivieren. Das klingt erst einmal nicht sooo gerissen, denn evtl. stehen ja mehrere Einheiten an der Front und könnten draufhalten. Das ist wohl damit begründet, dass die Spawn-Punkte der Gegner üblicherweise weiter weg vom Geschehen liegen und immer für Nachschub gesorgt werden soll, denn die Gegner stecken nicht besonders viel ein und fallen somit recht schnell. Es wird hier mehr auf Masse gesetzt. Auf der anderen Seite kümmert sich die KI so um die letzten Reihen der Söldner und greift diese im wahrsten Sinne des Wortes von hinten an. Das funktioniert eben ganz gut, passt aber nicht in jeder Situation optimal und lässt sich auch irgendwann relativ schnell ausgucken. Wenn außerdem die Helden mit letzter Kraft vor dem Ausgang stehen und bei jedem noch so kleinen Treffer umkippen würden, ist es dann eben nicht schlau von der KI, anstelle des vorne stehenden zweiten Schützen, den Melee-Kämpfer von ganz hinten nachrücken zu lassen, der alleine schon rechnerisch aufgrund der Entfernung niemals mehr eingreifen können wird.
Ausstattung
Selbst für jemanden wie mich, der erst mal keine Ahnung von Miniaturen hat, ist die deutliche Qualitätssteigerung gegenüber Dungeon Saga zu erkennen. Man bekommt hier von Mantic bestimmt nicht die detailreichesten Superminis á la Citadel präsentiert, insbesondere die Möbel sind doch noch sehr klobig, aber mir machte sowohl das Bemalen als auch das Spielen damit wirklich Freude.
Die Anzahl der Karten könnte in allerlei Bereichen größer Ausfallen, denn nach der fünften der zehn Hauptmissionen hat man das meiste schon mal gesehen. Der Loot-Stapel schmilzt nach den Shopping-Touren zwischen den Missionen ziemlich zusammen, sodass sich das Suchen häufig nicht lohnt.
Die Tiles aus denen die Maps zusammengebaut werden, kommen Dungeon Saga Spielern vermutlich sofort bekannt vor. Es sind viele Tiles enthalten, denn die Maps können echt groß werden.
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Wie spielt es sich denn nun eigentlich?
Schnell, denn es ist regeltechnisch so übersichtlich, dass ich mich oft beim Spielen mit dem Gedanken erwischt habe “wie, die Runde ist schon wieder vorbei?”. Es gibt im Prinzip kein Upkeep, keine Counter, keine Timer, keine ablaufenden Zustände, keine Deckverwaltung oder sonstiges. Jeder Held wird gezogen, die KI spielt ein Event, aktiviert ein paar Gegner, spawnt die Verstärkung und dann wieder von vorne.
Damit es beim Wort “schnell” zu keiner Verwirrung kommt, möchte ich noch sagen, dass es sich nicht auf die Spieldauer bezieht. Ich habe an manchen Partien über drei Stunden gesessen - was ich als Pluspunkt betrachte.
Überraschend aus mehreren Gründen: die fixen Events, die in die Missionen eingebettet werden, stellen gerne mal einiges auf den Kopf. Wenn aus heiterem Himmel Automatikgeschütze aus den Wänden fahren oder im Rücken eine Luke mit Nachschub-Einheiten aufgeht, dann kommt gute Stimmung auf und es läuft nicht alles nach Schema-F bzw. Schema-HeroQuest ab. Auch gibt es manchmal den Fall, dass Quest-Gegenstände, die in einer früheren Mission gefunden und mitgenommen werden können, in einer späteren Mission eingesetzt werden können - sofern man sie denn gefunden und eingesteckt hatte. Auch die Psi-Kräfte des Overlords, die in manchen Missionen zum Einsatz kommen, kamen unerwartet.
Altbacken, denn wie bereits erwähnt, handelt es sich unterm Strich um nichts weiter als ein (ordentlich) aufgebohrtes HeroQuest. Natürlich gibt es viele Neuerungen wie das Skill-System, Front- und Hinter-Achse bei Modellen, Deckung, Pot-Shots, Ereignisse, etc. Aber die Mechaniken und Aktionsmöglichkeiten des Spiels sind sehr, sehr übersichtlich. Größte für mich negative Limitierung ist die starre Reihenfolge von Bewegung und Aktion in genau dieser Reihenfolge. Dass Einheiten nicht durch Felder mit anderen befreundeten Einheiten ziehen dürfen, führt zum Glück und im Gegenteil zum Bruder-Crawler Dungeon Saga nur sehr selten zu Staus, da die Anzahl der schmalen Gänge reduziert wurde. Dennoch treten diese Situationen auf und dann sind sie nervig.
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Fazit
Star Saga ist für mich alles in allem eine sehr große Überraschung und fast schon Wundertüte gewesen. Es steckt seitens Mantic eine Menge Liebe zum Detail drin, so gibt es sogar für die Plasmafelder von Ogan oder einen Questgegenstand eigene Miniaturen. Die KI ist brauchbar, die Pot-Shots sorgen für Star Wars Feeling und die verschiedenen Möglichkeiten die Helden zu verbessern sind im Rahmen eines kleinen Crawlers durchaus brauchbar.
Die Kämpfe sind simpel gehalten und eine gelungene Abwechslung zu den üblichen Fantasy-Crawlern, bei denen es meistens auf Körperkontakt geht. Die Regeln für Deckung und Pot-Shots geben eine gewisse taktische Tiefe, sind aber auch dringend nötig denn ohne diese hätte Star Saga kaum etwas zu bieten.
Die Story-Events sind gut gestreut, bleiben bei mir in Erinnerung und sind andererseits auch hier wieder bitter nötig, damit das Spiel nicht gänzlich in einen monotonen 90er-Jahre-Crawler zurückfällt. Gleiches gilt für die Spezialregeln “Stealth” und “Darkness”.
Star Saga ist kein puzzliges Spiel sondern sehr “straightforward”. Von ein paar recht brenzligen Situationen und gefallenen Helden abgesehen, bin ich bisher immer ganz gut durchgekommen und ich bezeichne mich nicht als großen Strategen. Die KI ist manchmal etwas fragwürdig, dennoch schreibe ich den seichteren Schwierigkeitsgrad eher dem Spiel ansich und nicht der KI zu.
Für den großen Wurf ist das geerbte HeroQuest-System einfach viel zu angestaubt. Das Spiel ist vermutlich nichts, das man durchsuchtet aber dennoch motivierend genug, um am Ball zu bleiben.
Meine geringen Erwartungen wurden teilweise sehr übertroffen, unterm Strich bleibt das Spiel aber ein Lückenfüller - was ich aber explizit nicht zu negativ ausgelegt haben möchte.
Star Saga schafft es, sich sehr deutlich von Dungeon Saga abzuheben und platziert sich bei mir auf einem Platz im Mittelfeld. Wer ein gutes Angebot findet, Lust auf Crawler-Action im SciFi-Gewand und deutlichem Fokus auf Fernkampf hat, der sollte wirklich mal einen Blick riskieren.
Ich empfehle Star Saga als Einstiegs-, Gateway- oder eben Lückenfüllerspiel. Eingefleischte Taktik-Experten werden hier vermutlich arg unterfordert und dauerhaft auch gelangweilt werden.
Hinweise zum Abschluss
Star Saga ist immer mal wieder auf dem Gebrauchtmarkt verfügbar, kann aber regulär bei Mantic im Shop erstanden werden - es gibt dort auch immer mal wieder Sales. Es existieren Content-Erweiterungen mit den Namen “The Terror in the Deep”, “Retake the Blackstar Station” und “The Devil’s Betrayal”. Darüber hinaus gibt es auch noch kleinere Addons wie z. B. einen Missions Generator. Ich kenne allerdings keine der Erweiterungen aus erster Hand.
Star Saga ist nur auf Englisch erschienen, wobei m. E. zum Spielen selbst keine großen Englischkenntnisse benötigt werden, die Texte der Geschichte gehen alleine aufgrund des Themas dann aber doch über einfaches Schulenglisch hinaus.
Spielern, die sich den Kampf gegen die KI versuchen wollen, lege ich dringlichst die inoffiziellen PDF-Dokumente zur Spoilerfreien Exploration nahe, die man hier herunterladen kann.
Generell allen Spielern empfehle ich den Thread “FAQ Collection” in dem einige Unklarheiten aufgelöst werden.