Brettspiele und Dyskalkulie (Rechenschwäche)

  • Hallo in die Runde,

    ich wollte mich mal umhören, ob es hier weitere betroffene Leute gibt und wie sie damit umgehen. Also einfach ein lockerer Austausch, ob euch die Dyskalkulie beim Spielen besonders beeinträchtigt, ob ihr deshalb bestimmte Arten von Spielen meidet, habt ihr Tricks oder Hilfsmittel, die euch beim Spielen unterstützen, wie reagiert euer Umfeld darauf (also wird darauf Rücksicht genommen oder wurdet ihr gar schon mal ausgeladen, weil eurem Mitspieler das keinen Spaß mit euch gemacht hat), usw.

    Ich mache ja weder hier noch beim Spielen einen Hehl darum, dass ich unter Rechenschwäche leide und habe da bisher auch kein negatives Feedback bekommen. Ich sage das auch bei fremden Leuten immer direkt vorher an, damit sie wissen, dass ich nicht versuche zu schummeln (Super-Ausrede wenn man "erwischt" wird 😅) oder es andere Gründe gibt, warum ich Zahlen häufiger mal durcheinander bringe oder vergesse.

    Meine Diagnose habe ich sehr spät im Alter von 29 bekommen und es war ein Segen für mich, da mir das vorher das ganze Leben lang sehr unangenehm war, auch bei einfacheren Rechenaufgaben mal länger zu brauchen, absurde Ergebnisse nicht selbstständig sofort erkennen zu können oder auch ein ganz schreckliches Zahlen-(Kurzzeit-)Gedächtnis zu haben. Beim Spielen benutze ich selber keine Hilfsmittel, obwohl das sicherlich gut für alle Beteiligten wäre, aber ich habe dummerweise immer den Anspruch, das auch so hinzubekommen - gepaart mit einer gewissen Schreibfaulheit. 🙈 Bei #51stState lege ich mir allerdings häufiger schon mal die Ressourcen so sortiert und abgezählt zur Seite, dass ich einen besseren Überblick über meine nächsten Züge bekomme. Vielleicht machen das manche "Normal-Rechnende" auch so? 😉

    Ansonsten neige ich leider häufiger bei kompetitiven Spielen zur Analyse Paralyse, wenn ich dort meine Entscheidungen und Züge "durchrechnen" muss. Das hält sich aber insgesamt wohl noch in Grenzen, zumindest gab es da noch keine Beschwerden. 🙈

    Und bei euch so? Gibt's hier Betroffene? Wer sich nicht öffentlich äußern mag - ich freue mich natürlich auch über private Nachrichten. 😊


    P. S.: [Tom] , ich war mir leider völlig unsicher, ob das Thema in diesem Forum richtig aufgehoben ist. Off-Topic fand ich aufgrund des konkreten Bezugs zu Brettspielen aber auch nicht richtig.

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  • Finde ich erstmal super, dass Du hier das Thema aufmachst, das ich für sehr wichtig halte. Ich kenne eine "Betroffene", die sonst im Leben keine größeren Einschränkungen dadurch hat, aber eben bei Spielen ein paar Sonderregeln hat. Sie hat immer einen Zettel mit Papier und Stift sowie einen Taschenrechner/Handy bei sich liegen, Spiele werden soweit möglich mit offenen Ressourcen und Geld gespielt, so dass alle alles sehen können und sich nichts merken müssen, und manche Knizias sortiere ich im Kopf einfach vorher aus, wenn sie klar auf mathematischen Berechnungen basieren (Stochastik hingegen ist gar kein Problem, ich kenne kaum jemand, der/die Chancen so gut abschätzen kann).


    Gut funktionieren übrigens auch Expertenspiele, wo man gar nicht mehr alles durchrechnen kann (die meisten Rosenbergs fallen darunter). Splotter hingegen ist bei ihr am Tisch tabu.


    Und ich gebe auch gern zu, dass mir als Nicht-Betroffenem die offenen Ressourcen sehr entgegen kommen. ich habe mit 46 einfach keine Lust mehr auf Memory-Aspekte in Spielen: Wenn man sich theoretisch merken kann, wer was hat, macht es mir keinen Spaß, daraus eine Gedächtnisübung zu machen.

  • Ich kann eigentlich ganz gut rechnen und hatte seit ich Brettspiele zocke (ca. 5 jahre) auch keine Verständnisproblem in irgendeiner Art bei irgendeinem Spiel. Habe auch kein Problem mit Schwergewichten und spiele diese tendenziell auch deutlich lieber als Kleinkram.

    Worüber ich allerdings nicht ganz hinwegkomme, ist meine erste und einzige Partie Die Crew vor ein paar Monaten.

    Ich habe da wirklich rein gar nichts zustande bekommen. Nicht übertrieben - wirklich rein gar nichts. Ich habe nicht zur Lösung einer einzigen Mission oder auch nur eines Spielzuges beitragen können. Mein Hirn blockiert da komplett und ich musste das Spiel abbrechen.

    Das muss doch auch irgendeine Form von Schwäche sein. Oder bin ich da komplett am Thema vorbei? -.-

  • Ich kann eigentlich ganz gut rechnen und hatte seit ich Brettspiele zocke (ca. 5 jahre) auch keine Verständnisproblem in irgendeiner Art bei irgendeinem Spiel. Habe auch kein Problem mit Schwergewichten und spiele diese tendenziell auch deutlich lieber als Kleinkram.

    Worüber ich allerdings nicht ganz hinwegkomme, ist meine erste und einzige Partie Die Crew vor ein paar Monaten.

    Ich habe da wirklich rein gar nichts zustande bekommen. Nicht übertrieben - wirklich rein gar nichts. Ich habe nicht zur Lösung einer einzigen Mission oder auch nur eines Spielzuges beitragen können. Mein Hirn blockiert da komplett und ich musste das Spiel abbrechen.

    Das muss doch auch irgendeine Form von Schwäche sein. Oder bin ich da komplett am Thema vorbei? -.-

    Das ist die "Mein Papa/Opa hat mich nie als Kind zu Bauernskat, Skat oder Doppelkopf gezwungen"-Schwäche. Passiert vielen U40. Nee, im Ernst, ich kenne kein anderes Spiel, bei dem es so sehr auf Training in einem bestimmten Genre ankommt (hier Stichspiele). Wenn man da gar nichts von weiß, wird Die Crew plötzlich zu einer hohen Hürde, schon in frühen Leveln.

  • Hallo,

    bei dem es so sehr auf Training in einem bestimmten Genre ankommt (hier Stichspiele).

    Gut - aber welche geistige Leistung fordern Stichspiele nun :?:

    Memory, Koordination der Abläufe und was noch?


    Meine Frau hat auch nicht viel Ahnung von Mathematik - weiß aber auch in komplexen Spielen wie der Teufel zu optimieren. 8-))

    Aber #Calico bekommt sie überhaupt nicht auf die Reihe.


    Liebe Grüße

    Nils

  • Hallo,

    bei dem es so sehr auf Training in einem bestimmten Genre ankommt (hier Stichspiele).

    Gut - aber welche geistige Leistung fordern Stichspiele nun :?:

    Memory, Koordination der Abläufe und was noch?

    Weniger Koordination als Timing, abschätzen der Chancen in dem Moment, wo man die Karten auf die hand bekommt. Also: Wer kann jetzt welche Karten haben, die dazu passen, wie hoch ist die Chance, dass das so klappt wie ich es mir vorstelle. Also ja, Karten zählen (Memory), aber vor allem Chancen ausrechnen und Timing. Und am wichtigsten: Man sollte schonmal versucht haben, seine Hand für ein Reizen auszurechnen, das hilft auch immens bei der Chancenbewertung.

  • wie hoch ist die Chance

    Das ist aber eigentlich bereits der verzweifelte Modus bei Stichspielen. :lachwein:

    DER Stichspieler erwartet doch das Wissen, wie die Karten verteilt sind. Ist nicht der große Reiz der Stichspiele, dass man aus dem Vorgeplänkel belastbare Schlüsse zieht? 8-))


    Nichts ist schlimmer, als wenn der Stichspieler dem Mitspieler sagt, DAS hättest du wissen müssen. X/

  • Naja, Du weißt vielleicht dass Karten draußen sind, aber Du weißt ja nicht wie sie sich verteilen. Auch das ist ja eine Chancenberechnung. Aber ich glaub wir kommen zu weit vom Threadthema weg. Soweit ich weiß, ist Stochastik bei Dyskalkulie nicht das Hauptproblem, sondern eher die Grundrechenarten, wo man eben eher mal schnell im Kopf zusammen rechnen will.

  • [...] lege ich mir allerdings häufiger schon mal die Ressourcen so sortiert und abgezählt zur Seite, dass ich einen besseren Überblick über meine nächsten Züge bekomme. Vielleicht machen das manche "Normal-Rechnende" auch so?

    Das habe ich schon sehr häufig beobachtet und mache es auch selbst manchmal so. Man muss nur aufpassen, dass Mitspielende nicht zu viele Vorteile aus solchen Beobachtungen ziehen können. Bei manchen Spielen ist das ja aber total egal.

  • [...] lege ich mir allerdings häufiger schon mal die Ressourcen so sortiert und abgezählt zur Seite, dass ich einen besseren Überblick über meine nächsten Züge bekomme. Vielleicht machen das manche "Normal-Rechnende" auch so?

    Das habe ich schon sehr häufig beobachtet und mache es auch selbst manchmal so. Man muss nur aufpassen, dass Mitspielende nicht zu viele Vorteile aus solchen Beobachtungen ziehen können. Bei manchen Spielen ist das ja aber total egal.

    Ja, das stimmt. Ich selbst mache das häufig auch. Ich denke zwar, dass ich recht gut im Kopfrechnen bin, aber dafür eben auch manchmal sehr unkonzentriert oder sprunghaft mit meinen Gedankengängen. Um dann nicht, bis ich wieder an die Reihe komme, alles, was ich vorhatte, vergessen zu haben, lege ich mir häufig die nötigen Ressourcen separat um in der nächsten Runde zu sehen, dass ich wohl irgendwas "mit 2 Stein und 4 Holz" machen wollte. Oder beispielsweise bei Tzolkin schon mal den Mais beiseite legen, den ich wahrscheinlich für die Ernährung brauche (der ist dann zwar nicht fest reserviert, aber ich denke dann eher dran, dass ich den wieder auffüllen muss). Natürlich können meine Mitspieler da das ein oder andere ableiten - aber das war bisher selten so "schlimm", als das Vergessen der eigenen "genialen" Spielzüge...

  • ... aber welche geistige Leistung fordern Stichspiele nun :?:

    Memory, Koordination der Abläufe und was noch?

    Kombinationsgabe ist wichtig!

    Wenn im vorigen Stich zum Beispiel jemand einen Stich nicht gewollt hat oder nicht konnte den an sich zu nehmen, beispielsweise, dann sind logische Schlüsse daraus zu ziehen. Er kann dann diese oder jene Karte nicht haben oder er hat fehlerhaft gespielt.

    Und mit diesen Schlüssen gleicht man sein Blatt und Spielverhalten ab. In meinen Augen das wichtigste Element eines Stichsspiels.

    Karten zählen ist auch wichtig. Was ist noch im Spiel, was ist raus, wer kann demzufolge noch welche Karten haben und wer welche nicht.

    Erst danach wird Zählen wichtig. Wieviele Punkte sind für irgendwas möglich etc. Wieviele Zähler habe ich schon und dergleichen.


    Wenn man lange genug Skat gespielt hat dann wird vieles zur Routine. Man muß gewisse Aktionen nicht mehr erdenken, nicht abwägen, keine Wahrscheinlichkeit errechnen. Da werden Dinge zum Automatismus aus geballter Spielerfahrung. Lediglich die Analyse der möglichen Blätter eines jeden führt zu den weiteren Spielentscheidungen. Vielleicht kann man das als Abgleichen definieren?

    Vereinfacht gesagt, ich spiele Bilder, nicht Zahlen. Und ich würde schon sagen das gelingt mir gut.

  • Wow, ab dem 3. Beitrag schon komplett weg von diesem interessanten Thema...


    RonSilver Wie kann ich mir das vorstellen? Ich kenne niemanden mit Dyskalkulie und ich selbst hatte Mathe LK und habe Beruflich viel zu rechnen (Ingenieur), daher fallen mir Zahlen und Rechnen meistens recht leicht. Wie äußert sich deine Krankheit (Darf man das so nennen? Wenn nicht bitte ich um Entschuldigung.)? Ist es für dich bspw. schwer schnell im Kopf zu überschlagen, ob A oder B mehr Punkte bringt oder lässt du beim Spielende nur gerne andere die Punkte für dich zusammen rechnen? Oder ist es schwer für dich zu überblicken, wie viele Ressourcen du hast und ob die Aktionen durchführen kannst? Genauso fände ich es dann spannend zu hören, wie du versuchst dir zu helfen.

  • Vielleicht machen das manche "Normal-Rechnende" auch so?

    Tun sie. :D Also je nach Spiel legen wir uns in der Gruppe auch gern schon mal Ressourcen in Grüppchen parat. Vor allem bei #Barrage seh ich das immer wieder, dass wir Arbeiter und Ressourcen neben das Tableau legen und dann sagen können „Ich hab meine nächsten vier Züge schon.” Ich mach es ungern zu offensichtlich, weil dann natürlich meine Mitspieler sehen, was ich als nächstes ggf. vorhabe.


    Da ich auch eher AP-anfällig bin, kann ich das kaum jemand vorhalten, egal aus welchen Gründen – außer die- oder derjenige schlägt mich bei der Überlegungszeit. Dann meckere ich auch. ;)


    Gruß Dee

  • Wow, ab dem 3. Beitrag schon komplett weg von diesem interessanten Thema...

    Ich halte es nicht für unwichtig, mal zu erwähnen, dass es auch noch andere *Unfähigkeiten* (keine Krankheit, wäre doch eigentlich zu heilen) gibt. Dann steht man damit auch nicht so allein da.

    Wie gesagt, meine Frau kann das Sortieren und Anwenden der Aufgaben von Calico nicht, Nova Luna ist dagegen überhaupt kein Problem. Bei der Crew war auch auffällig, dass viele mit dem Stichspielen überfordert waren.

  • RonSilver ich kenne jetzt niemanden mit dieser Schwäche, würde aber versuchen darauf Rücksicht zu nehmen, wenn ich weiß wie. Was hilft dir denn dabei so?

    Bei Stichspielen finde ich es gut, wenn man eigene Gedanken ausspricht. Zum Beispiel, wenn man merkt, dass der Mitspieler diese oder jene Farbe nicht mehr haben kann, wird das angesprochen. Und bei einem selbst merkt es meistens jemand anderes dann an.


    Dominik Brettspielgalaxie Mathe LK und Ingenieursstudium ist vielleicht ein Anhaltspunkt, sowas im Kopf gut erfassen zu können, als gegeben würde ich es nicht ansehen. Ich war schon immer langsam im Kopfrechnen und machte dann auch im Ingenieursstudium gerade bei einfachen Brüchen blöde Fehler, weswegen ich alles und zwar wirklich alles mit dem Taschenrechner dann nachgeprüft habe.


    widow_s_cruse dann mache doch einen eigenen Thread dazu auf statt diesen zu kapern

    2 Mal editiert, zuletzt von Rei ()

  • Ich denke mal , dass bei vielen Spielen entweder die Mitspieler durchaus behilflich sind. Habe bisher nicht erlebt, dass die Brettspielgemeinde unsozial ist.

    Alternativ dann mit dem Taschenrechner neben dem Spiel bei komplizierten Rechnungen nachrechnen.


    Ich überlege aber gerade wie sich das bemerkbar macht. Ist dass dann das ausrechnen von Siegpunkten? Schadenserrechnung? Die erwähnten Stichspiel-rechnereien (die ich im übrigen gar nicht draufhabe)? Und kann man das eigentlich wegtrainieren oder bleibt das einfach immer da?

    Incoming (18 Spiele):
    Street Masters, Stormsunder, USS Freedom, Chronicles of Drunagor, Green Hell, Tidal Blades 2, Batman Gotham City Chronicles, Robomon, Nanolyth, Nova Aetas: Renaissance, Fate Forge, Teburu, Elder Scrolls, 20 Strong, Stonesaga, The Last Spell, Dragon Eclipse

  • Erst Mal super, dass du so einen Thread aufmachst. Ich kann die Sache aus zwei Seiten sehen. Als Lerntherapeut ist es genau mein Job Menschen mit Dyskalkulie zu unterstützen. Meine Frau ist aber auch selbst Betroffene. Hat mit Dyskalkulie Abi gemacht, studiert und ist nun ebenfalls Lerntherapeutin - das vorweg.

    Zuerst ist wichtig, dass du Hilfsmittel einsetzen willst. Klingt banal, aber häufig haben Menschen das Gefühl sich etwas aufzwingen zu müssen. Ne musst du nicht, besonders nicht im Hobby. Zuerst könnte da natürlich ein Taschenrechner hilfreich sein, aber eben auch optische Hilfen wie unterschiedliche kleine Schälchen zum gruppieren der Ressourcen. Notizen für das Planen zukünftiger Züge ebenfalls.

    Woran all das nichts ändert: Spontane oder schnelle Rechenaufgaben werden für dich wahrscheinlich immer unangenehm bleiben. Meine Frau meidet Kartenspiele wo man X Karten abwerfen, bestimmte Mengen legen oder sonstiges tun muss und alle gespannt darauf warten das man es tut. Das wird sich auch nicht mehr ändern. Bei sonstigen Brettspielen ist sie massive Bauchspielerin - sie will da gar nicht groß rechnen. Aber sie meidet solche Spiele nicht.

  • RonSilver Wie kann ich mir das vorstellen? Ich kenne niemanden mit Dyskalkulie und ich selbst hatte Mathe LK und habe Beruflich viel zu rechnen (Ingenieur), daher fallen mir Zahlen und Rechnen meistens recht leicht. Wie äußert sich deine Krankheit (Darf man das so nennen? Wenn nicht bitte ich um Entschuldigung.)? Ist es für dich bspw. schwer schnell im Kopf zu überschlagen, ob A oder B mehr Punkte bringt oder lässt du beim Spielende nur gerne andere die Punkte für dich zusammen rechnen? Oder ist es schwer für dich zu überblicken, wie viele Ressourcen du hast und ob die Aktionen durchführen kannst? Genauso fände ich es dann spannend zu hören, wie du versuchst dir zu helfen.

    Darünber ob es sich bei Dyskalkulie um eine Krankheit oder Behinderung (oder gar nichts davon) handelt, ist man sich ja in der Fachwelt noch nicht einig. Ich selber fühle mich schon eingeschränkt, als Behinderung empfinde ich das aber noch nicht. Dyskalkulie kann in unterschiedlichen Schwergrade auftreten, ich selber bin wohl noch ein leichterer Fall. Vieles ist nicht leicht zu beschreiben, ich habe "gute" und "schlechte" Zahlen mit denen ich entsprechend besser oder schlechter rechnen kann. Ich habe arge Probleme bei Zehnerübergängen (es geht hier im Übrigens schon um Zahlenbereiche bis 100 🙄), insbesondere beim Substrahieren über solche Grenzen hinweg. Wenn ich dann irgendwas rechne und mir der Rechenweg valide erschien, merke ich z. B. nicht, dass für die Rechnung 735 - 245 mein Ergebnis von 180 gar nicht stimmen kann, weil das schon beim Überschlagen ja nicht in der Nähe liegt.

    Außerdem verschwimmen Zahlen sehr gerne bei mir, an die ich mich erinnern will (z. B. könnte es eine 13 sein, die ich mir merken wollte, aber auch eine 15 oder war es gar eine 12?). Beim Erinnern daran verschwimmt das dann und es könnte irgendwie alles gewesen sein. Ich konnte in der Oberstufe Formeln zwar in dem Moment nachvollziehen, wenn sie mir jemand erklärt hat, aber zwei Tage später war alles wie gelöscht oder nur noch Fragmente davon da.

    Herleitungen sind auch ganz schwierig, entweder weil ich Analogien nicht erkennen kann oder zu unsicher bin, ob das wirklich geht oder auch einfach das Hirn blockiert. Und generell überforderen mich Zahlen im Allgemeinen sehr, wenn sie geballt auftreten.

    Meine erste 5 habe ich übrigens in der 3. Klasse geschrieben: "Geteiltrechnen mit Schwänzchen". 😉 Schade, dass es nicht während meiner Schulzeit erkannt wurde.

    RonSilver ich kenne jetzt niemanden mit dieser Schwäche, würde aber versuchen darauf Rücksicht zu nehmen, wenn ich weiß wie. Was hilft dir denn dabei so?

    Mir reicht eigentlich die Akzeptanz der Mitspieler (was bisher nie ein Problem war), und dass ich mir dann halt mal etwas Zeit nehmen kann. Ich spiele ja allerdings auch am Meisten Kooperative Spiele, sodass da ja selten auffällt, weil man sich gegenseitig hilft.


    Und kann man das eigentlich wegtrainieren oder bleibt das einfach immer da?

    Ich hab mal 1,5 Jahre eine Therapie gemacht (wo ich alternative und für mich einfachere Rechenwege gelernt habe) und dadurch wurde es besser. Nach 2,5 Jahren intensivem Brettspielhobby bin ich zumindest in den Grundrechenarten im kleinen Rahmen sicherer geworden (eigenes Empfinden). Ansich glaube ich aber nicht, dass das jemals wirklich "weggehen" wird.

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  • Spannend zu Lesen Alex SpieLama !

    Hat mit Dyskalkulie Abi gemacht, studiert und ist nun ebenfalls Lerntherapeutin - das vorweg.

    Das Abi blieb mir leider verwehrt. Wiederkehrende Unterkurse in Mathe, Physik und Rechnungswesen (Wirtschaftsgymnasium war nicht die beste Idee 😉) führten zum Abgang ohne Abi. Später habe ich durch die Ausbildung dann noch meine FH-Reife bekommen und auch mal Medieninformatik studiert - und schnell wieder aufgegeben, weil ich die Mathe-Kurse niemals hätte bestehen können. Macht aber alles nix, in der IT arbeite ich dank Ausbildung trotzdem. 😊

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    Einmal editiert, zuletzt von RonSilver ()

  • Tolles, mutiges Thema. Würde ich gern für einen Artikel ins Auge fassen. Vielleicht möchten RonSilver und Alex SpieLama sich als Experten anbieten?


    Ich gehe davon aus, dass nicht jeder Beteoffene auch eine Diagnose hat, einige Spieler also vermutlich gar nicht wissen, weshalb sie bestimmte Titel nicht mögen oder nicht so gut spielen können. Ich hätte angenommen, vor allem das Optimieren würde Probleme bereiten - was offensichtlich aber nicht zwangsläufig so ist (obwohl ich es als Bauspieler eigentlich wissen sollte).

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    Auch in anderen Themenbereichen kann man sich beteiligen, etwa Videospiele oder Filme und Serien.

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  • Darünber ob es sich bei Dyskalkulie um eine Krankheit oder Behinderung (oder gar nichts davon) handelt, ist man sich ja in der Fachwelt noch nicht einig.

    Richtig. Der Wissenschaftliche Stand zur Dyskalkulie ist noch ein ganz anderer als zu LRS/Legasthenie. Dyskalkulie ist z.B. auch noch nicht standardmässig ein Grund für einen Nachteilsausgleich oder Notenschutz, bei LRS ist das Standard.

    Weder bei LRS noch bei Dyskalkulie haben wir gesicherte Erkenntnisse, was da eigentlich passiert und warum es passiert. Studien lassen auf eine erbliche Komponente hin vermuten, aber gesichert ist da nichts. Es gilt als sogenannte Teilleistungsstörung und ist beides im ICD, sowie im DSM klassifiziert.

    Symptome bei Dyskalkulie: Verdrehen von Zahlen (also 12 statt 21 schreiben), geringes Arbeitsgedächtnis besonders in Bezug auf Zahlen und mathematische Zwischenritte, Angst/Unwohlsein beim Umgang mit Zahlen, Unsicherheit, Fehler beim Abzählen von Mengen bis 5 und über 5 (bis 5 haben wir eine sog. Simultanerfassung und erkennen Mengen ohne zu Zählen), Fehler beim Zählen (vor und Rückwärts), Zählen in größeren Schritten gelingt nicht (2er, 5er, 10er), lautiertes Schreiben von Zahlen (315 als 30015), Verwechslung ähnlich klingender Zahlen (15 und 50), Stellenwertsystem wird nicht beachtet, Kopfrechnen fällt schwer - stattdessen Finger oder Hilfsmittel, häufiges verrechnen um 1, völlig unpassende Rechenergebnisse werden nicht als solche erkannt, Verwechslung der Rechenarten, lösen einer Aufgabe hilft nicht beim lösen einer anderen (7+4=11 und 7+5=?), Textaufgaben bereiten starke Probleme, schriftliches Rechnen gelingt nicht bis schwer
    und zusätzlich kann noch alles an psychosozialen Symptomen hinzukommen, die sich nun Mal entwickeln wenn Menschen Angst, Stress und Druck ausgesetzt sind.

    Als Lerntherapeut habe ich teilweise eine spezielle Sicht auf das Thema und das liegt hauptsächlich an der Art und Weise wie es diagnostiziert wird.
    Zur Diagnose muss ein normaler Schulbesuch und das Diskrepanzkriterium erfüllt sein. Das bedeutet, die schlechte Leistung in Mathematik lässt sich nicht mit mangelnder Intelligenz erklären - allein hier kann man stundenlang über IQ-Tests streiten. Des Weiteren fragen die Diagnostiken häufig nicht, wieso ein Ergebnis zustande kommt. In einer mathematischen Diagnostik kann es hundert Gründe geben warum die Person versagt, die nichts mit den mathematischen Fähigkeiten zu tun haben. Stress, Verweigerung, Blackout, Angst etc. In unserer heutigen Massenabfertigung, weil die Kinder- und Jugendpsychiater sonst gar nicht mehr hinterher kommen, ist leider selten Zeit für den genauen Blick.

    Meiner Erfahrung nach, haben viele Dyskalkuliker den sog. Mengenbegriff im Kindergarten bis Grundschulalter nicht sicher erworben. Das bedeutet dass Verständnis und die Abstraktion von Mengen und deren Unabhängigkeit von anderen Attributen wie z.B. Größe, Form, Farbe. Es gibt eine ganze Reihe basaler Kompetenzen, die dafür verantwortlich sind, dass wir mit dem Abstrakten Konstrukt von Zahlen, Ziffern und Mengen umgehen können und damit Rechenoperationen ausführen können. Ohne Mengenbegriff fehlt zum Beispiel die Vorstellung, was man da eigentlich tut - also was haben diese ganzen Zahlen mit meinem Leben zu tun?

    Rechnen ist ja nichts anderes, als das vorhersagen von Ergebnissen durch geistige Leistung - also das Rechnen selbst und das ist wichtig. Fängt dabei an, wenn man jedem Geburtstagsgast ein Stück Kuchen geben will und endet bei Raumfahrt, Statik und Co. Wir berechnen Dinge, damit wir die dahinter liegende Aktion in der "echten Welt" ausführen können, weil wir (glauben) das Ergebnis schon zu kennen. Häuser baut man ja nicht auf Gut Glück.

    Warum dieser Exkurs? Weil eben ganz oft genau diese Vorstellung nicht vorhanden ist und das macht es dem Gehirn extrem schwer damit umzugehen. Brettspiele sind spitze um das zu lernen! Des Weiteren gibt es häufig Probleme mit den sprachlich-logischen Operatoren und deren Bedeutung. Und, Oder, nicht, mehr, weniger, doppelt, halb etc. Dahinter stecken ja jeweils mathematische Operationen.

    Und zu guter Letzt spielt auch eine sichere Raumorientierung und das eigene Körperschema mit rein. Die Wissenschaft vermutet, dass die geistige Repräsentation von Zahlen ähnlich einem Zahlenstrahl abläuft. Und damit ist klar: Wer links und rechts aus eigener und anderer Perspektive nicht sicher unterscheiden kann, hat ein riesen Problem.

    Trotzdem wird Dyskalkulie häufig nicht entdeckt. Warum? Weil Menschen verdammt gut im kompensieren sind. D.h. es wird gezählt statt zu rechnen, auswendig gelernt statt zu verstehen. Irgendwann wird Mathe aber so kompliziert, das aus dem Schüler der mit Last eine drei geschafft hat, plötzlich ein 5er oder 6er Kandidat wird und alle Fragen sich "Wie konnte das nur passieren?". Tja, das Kartenhaus, dessen Fundament (die angesprochenen Kompetenzen) nie sicher gebaut war, ist zusammengestürzt.

    Es kommt dadurch noch eine erhebliche Komponente hinzu, die bei allen Störungen der eigentliche Grund sind, wieso diese therapiert werden: Das Selbstwertgefühl leidet teilweise ganz enorm.

    Eine Therapie baut also die notwendigen Kompetenzen und das Verständnis auf, unterstützt gleichzeitig Klient, Familie und System drum herum und baut Stück für Stück Selbstwertgefühl auf und Versagensängste ab.

    Wird man dann zum Mathe-Genius? Eher nicht. Ohne wissenschaftliche Basis vage ich einfach Mal zu sagen: Die entsprechende Freude und Begabung für Mathe sind einfach nicht da. Aber Mathe quält einen therapierten Menschen nicht mehr. Nach einer erfolgreichen Therapie hat man die Konzepte verstanden und kann sicher damit umgehen und ist eben auch im Umgang mit der Umwelt sicherer. Unsichere Situationen und Überforderungen z.B. in Brettspielen wie sie RonSilver schildert, können trotzdem weiterhin vorkommen (ich erinnere an meine Beschreibung meiner Frau beim spielen).

    Das war jetzt eine deutlich verkürzte und vereinfachte Darstellung, aber vielleicht hilft es.

    PS: Lasst Diagnostiken nur von Medizinern und Psychotherapeuten anfertigen. Alle anderen Diagnosen (z.B. von uns Lerntherapeuten) sind rechtlich nicht das Papier wert auf dem sie geschrieben stehen.
    Die Krankenkassen zahlen übrigens nichts für die Therapie solcher Teilleistungsstörungen. Im Falle einer "drohenden seelischen Behinderung" greift §35a SGB VIII und das Jugendamt springt als Kostenträger ein. (Vom Stundensatz des Jugendamts kann nur kein Therapeut leben :( ) Das bedeutet auch, nur Kinder haben eine Chance auf finanzielle Unterstützung.

    Nachtrag: Einige Studien weisen auch daraufhin, dass Dyskalkulie eine Konsequenz von schlechtem (das bedeutet individuell schlecht auf den jeweiligen Menschen) Matheunterricht in der Primarstufe herrührt. Also eigentlich nur ein massiv verschleppter nicht / unsicherer Erwerb von notwendigen Kompetenzen ist.
    Als Therapeut ist es mir nahezu egal, woher es kommt. Eine genaue Ursachenforschung könnte aber natürlich dazu beitragen neue Fälle zu verhindern (muss ich da eigentlich dafür oder dagegen sein? Hofft ein Kanalreiniger das weiterhin Kanäle verstopfen?) oder diese frühzeitig zu erkennen. Perfekter Zeitpunkt ist aus therapeutischer Sicht Beginn der zweiten Klasse. Da denken aber viele Eltern und Lehrer noch: "Das verwächst sich!" Jop - genau so wie bei 4. Klässlern die noch nicht lesen können. Kommt bestimmt noch. 😣

  • Alex SpieLama Danke für die ausführliche Zusammenfassung!

    Ich gehe davon aus, dass nicht jeder Beteoffene auch eine Diagnose hat, einige Spieler also vermutlich gar nicht wissen, weshalb sie bestimmte Titel nicht mögen oder nicht so gut spielen können.

    Nee, ganz bestimmt nicht. Das war beim Erstellen des Threads auch ein kleiner Hintergedanke von mir, hier etwas Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und die Allgemeinheit darüber zu informieren und ggf. sogar zu sensibilisieren.


    Spielpunkt.net immer gerne - hätte nur vorher gerne Infos wo der Artikel erscheinen soll und in welche Richtung er gehen soll :)

    Dem schließe ich mich an!

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  • Weil Menschen verdammt gut im kompensieren sind. D.h. es wird gezählt statt zu rechnen, auswendig gelernt statt zu verstehen.

    Oh das kommt mir aus meiner Schulzeit bekannt vor. Mathe LK und das mit den Ableitungen hatte ich nicht verstanden, also auswendig gelernt. Ganz schlimm war auch Geometrie, das hatte ich in der Schulzeit auch nie wirklich erfasst.


    Im Studium dann wieder ganz viele Ableitungen und dazu Integralrechnungen etc. aber diesmal hatte ich es verstanden und keine Probleme mehr gehabt. Von einer 4- bin ich auf eine 1 gekommen und das nur, weil es anders und für mich viel besser erklärt worden ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Rei ()

  • Aus meiner Sicht (in der Förderschule tätig, auch beratend in der Regelschule):

    Schwierigkeiten im Blick haben und Individuelle Förderung beginnt für mich sofort in Klasse 1 - kleine Mengen z.B. zu strukturieren, auf einen Blick zu erkennen, innere Vorstellungen aufzubauen ist elementar für alles was kommt. Leider kommen solche Dinge im Regelschulbereich anscheinend oft in der Ausbildung wenig bis gar nicht vor. In der zweiten Klasse sehen manche Kids dann schon gar kein Land mehr, die Zeit bräuchten, um Gelerntes zu verfestigen und spätestens bei Minusaufgaben oder Einmaleins scheiterts dann. Interessant finde ich, wie lange sich manche dann durchwurschteln: Ich betreue gerade einen Sechstklässler und wir trainieren Rechnen bis 20. Er nimmt es dankbar an.

    Diagnosen helfen aus meiner Sicht nur bedingt, da dann schnell daraus wird: "Prima, dann setzen wir einfach die Note aus und alles ist gut" (im Extrem, aber leider kommt es vor). Ich weiß nicht, wie viele Jugendliche in den letzten Jahren erlebt habe, die mit gleichzeitiger Diagnose Legasthenie / Dyskalkulie / ADS noch in Klasse 7 in den Förderschulbereich gewechselt sind - und dann wird das oft schwer, weil sich immenser Schul-Frust noch oben drauf setzt.

    Ich tue mir übrigens daher auch sehr schwer mit defizitorientierten Diagnosen bzw. Behinderungsbegriff, der am Individuum klebt, wenn ich doch auch manchmal das ganze System sehe, an dem das Scheitern erfolgt.

  • Wünschenswert wären verschiedene Lernmethoden an der Schule und je nachdem welche Kinder mit welcher Methode am besten zurecht kommt entsprechend zusammen zu tun für die Unterrichtseinheit.

  • Ein Recht auf individuelle Förderung ist im Schulgesetz bereits verankert - aber wie es um die Bildungschancen für alle in Deutschland bestellt ist, hat Corona ja einfach nur noch deutlicher gemacht....

  • Sehr gute Ausführungen zu dem Thema! Um den Bogen zu Brettspielen zurückzuholen: habe zwar keine Rechenschwäche aber Skat und mathelastige Spiele meide ich doch eher...finde ich jetzt auch nicht so spannend. Dennoch hat mir das nachrechnen von Sieg-Punkten bei der Kopfrechengeschwindigkeit sehr geholfen. Zumal bei Chips zählen o.a. das Zehnerhäufchen-bauen sehr hilft. Ich denke da ist neben dem mathematischen Verständnis auch viel Training dabei...das Gehirn ist eben wie ein "Muskel". ...Also spielen worauf man Lust hat, was Spass macht und viel Übung...fördert zudem die Spielmenge ;)

  • Nachtrag: Wo ich jedoch versage ist das erkennen von mathematischen "Gesetzmässigkeiten" in Brettspielen zu erfassen...Insbesondere bei Rosenberg-Spiele. Die Abhängigkeiten der Aktionen und die Funktion dahingehend den Spielausgang zu erkennen. Uwe Rosenberg auch gern dem Spiel aus der mathematischen Grundlage heraus aufbaut.

    Ich denke alle Euro-Spiele unterliegen einer Funktion mit sehr vielen Variablen...toll wenn Leute dies erfassen und dem entsprechend optimieren können. Ich bin da eher der 1-2 Schritte voraus Spieler...mehr geht nicht.

    Aber denke hier driftet ich vom Thema ab.... bitte um Nachsicht.


    Jeden falls spielte ich sehr früh mit meinen Jungs und das schulte deren Zahlen und mengenverständniss...

  • Übrigends: Ist es nicht verboten Finger zu benutzen... schaut Euch mal welche "komplexen" Rechenaufgaben im asiatischen Raum bewältigt werden mit nur 10 Finger...schaut mal im Netz und es macht dann auch Spass die Finger einzubeziehen und flott zu "rechnen".

  • Übrigends: Ist es nicht verboten Finger zu benutzen... schaut Euch mal welche "komplexen" Rechenaufgaben im asiatischen Raum bewältigt werden mit nur 10 Finger...schaut mal im Netz und es macht dann auch Spass die Finger einzubeziehen und flott zu "rechnen".

    Es sagt auch niemand das schlaues nutzen von Hilfsmitteln verboten ist. Kinder in der Grundschule können mit den fingern aber selten weiter als 10 zählen und tun dies, wenn sie damit kompensieren, sehr langsam. Ich beherrsche das "bitsystem" zum zahlen mit den fingern. Ziel ist und bleibt es aber, dass man das gar nicht benötigt, weil der Kopf die Leistung vollbringt, besonders im Zahlen Raum 10, 20 und 100

  • Dyskalkulie fällt eigentlich eher unter die Störungen. Simple gesagt "tanzen" die Zahlen vor dem Inneren Auge der Betroffenen und es fällt ihnen schwer die für viele anderen recht einfache Rechenarten durchzuführen. Im Kern aber sind sie nicht weniger zu mathematischen Fähigkeiten fähig als "Normale". Sie verstehen Zahlen nur auf eine andere Weise. Blöderweise ist unser Schulsystem nicht darauf ausgerichtet und lässt die Betroffenen im Regen stehen und auch die entsprechenden Therapie-/Lernmöglichkeiten sind noch nicht sonderlich weit verbreitet. Sprich: Sie können im Bereich Mathe enorme Fähigkeiten entwickeln wie jeder andere auch, aber sie müssen erst lernen wie ihr Gehirn dies verarbeitet. Wie bei vielen Störungen ist auch Dyskalkuie recht individuell ausgeprägt.

    Das Menschen Dinge anders erfassen oder weitaus mehr oder extremer als der Durchschnitt ist nicht so selten. Farbenblindheit, Tetrachromaten, Bipolare, etc. machen einen doch recht beachtlichen Teil der Bevölkerung aus und sind, wenn sie mit ihrer Störung zurechtkommen lernen zu teils enormen Leistungen fähig. Störung ist hier übrigens nicht als "gestört" im Sinne von bescheuert zu verstehen, sondern, dass bei ihnen Abläufe im Gehirn anders als beim allgemeinen Durchschnitt ablaufen und sie dadurch in dieser Gesellschaft dadurch Nachteile erfahren. In anderen Kulturen wurden Menschen mit Störungen teils sogar eher als ein erstrebenswertes Ideal angesehen und die "Normalen" als "mangelbehaftet".

    Funfact: Viele gute Übersetzer haben eine leichte Form der Dsykalkulie. Zahlenreihenfolgen sind nicht so ihr Ding und sie vertauschen auch gern die Position zweier Zahlen (Was natürlich noch dadurch verschlimmert wird, dass Sprachen die Zahlen teils in unterschiedlicher Reihenfolge nennen).

    Rei
    Ich würde nicht sagen, dass widow da den Thread kapert. Viele der Störungen sind auch komorbid (kommen in verschiedenen Kombinationen zusammen vor) und sind teils nicht wirklich trennbar. Sie alle aber beruhen auf einer veränderten Körperchemie und/oder Aufbau des Gehirns und man geht inzwischen sogar dazu über sie nicht mehr als einzelne Störungen anzusehen, sondern als Spektren, die sich auch überschneiden können.

    @widow
    Tatsächlich ist es wichtig es als Störung und nicht als Krankheit zu bezeichnen, da viele Menschen immer noch das Bild von der heilbaren Krankheit vor Augen haben und eine Störung also auch heilbar sein muss. Ist sie aber nicht, in der Regel hat man die meisten Störungen ein Leben lang. Man kann mit Störungen teils sehr gut leben, wenn das Umfeld mit der Stigmatisierung aufhört, man es für sich akzeptiert und man lernen kann wie man damit umgeht.

    RonSilver
    Eigentlich ist man sich international schon recht sicher Dsykalkulie als Störung einzuordnen. Leider sind wir hier in Deutschland ziemlich weit hinterher auf einigen dieser Gebieten, was auch schwerer macht überhaupt Therapien zu bekommen (Insgesamt ist z.B. die deutsche Psychatrie immer noch ziemlich damit beschäftigt ihr Erbe aus dem Dritten Reich zu verdauen und bis in die 70er konnte man die Zustände eigentlich nur als katastrophal bezeichnen).

    Spielpunkt.net
    Viele Störungen werden erst so zwischen 30 und 45 erkannt. In den letzten Jahren wurde das schon deutlich besser, aber der Zustand ist weit davon entfernt auch nur annährend als gut bezeichnet werden zu können. Dann kommt noch die Stigmatisierung hinzu, nachdem es erkannt wurde. Viele denken bei Störung an "unproduktiv", dabei ist es oft umgekehrt, halbwegs stabilisierte Menschen mit Störungen leisten in bestimmten Bereichen Dinge, die weit über den Durchschnitt hinausgehen. Würden wir alle Menschen mit Störungen aus dem Stammbaum der Menschheit entfernen, wäre fraglich, ob wir jemals von den Bäumen runtergekommen wären. Die Aktion T4 der Nazis hat Deutschland einer unglaublichen Menge an Menschen beraubt, die auf ihre Weise extrem genial waren.

    Was Diagnosen angeht... leider kommt man auch nicht darum rum, sich zur eigenen Störung massiv einzulesen. Die Chance an einen guten Arzt oder Therapeuten zu Kommen sind aktuell um die 50:50. Man kann an einen kommen, der sich wirklich damit beschäftigt hat, aber auch an einen der glaubt er kenne sich damit aus. Das fängt dann bei falscher Diagnose an (Borderline statt Bipolar z.B.), geht über daraus folgende falsche Medikamentierung/Therapie weiter und kann schließlich damit enden, dass der Betroffene durch die Behandlung ein weitaus schlechteres Leben führt als wäre er nie behandelt worden.

    L'Art Noir
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