Gereifte Spieler - wer reif ist fault schneller?

  • Hallo zusammen,


    ich möchte mal den Versuch wagen, die Spielerlandschaft zu skizzieren und ausgehend davon die Frage zu stellen, wie seht / macht ihr das so mit den lieben Mitspielern?


    Wenn ich mir überlege, wie so die übliche Spieler aussehen, dann hatte ich zuerst an eine Pyramide gedacht, ganz ganz viele Leute die garnicht spielen (Kinderkram!). Darüber dann die Leute, die in der Familie häufiger mal spielen, dies sind dann häufig die Klassiker. Rommé, Carnasta, Kinderspiele mit den Kleinen oder vielleicht auch mal ein Siedler, wenn sie es geschenkt bekommen haben.
    Darüber dann die Riege aus der sich wohl viele "Spieler" rekrutieren, die Spielebegeisterten. Spielen grundsätzlich (so gut wie) alles und beschäftigen sich intensiv mit dem Thema.
    Aus diesem kristallisieren sich unter Umständen einige Leute, die nur noch einen Teilbereich der Spiele spielen (das ist so der Bereich, in dem ich mich einstufe) bis hin zum Extrem, dass man fast ausschließlich nur noch ein spezielles Spiel spielt.
    Ursprünglich dachte ich, dass das wohl die seltensten Spieler sind - aber wenn ich so überlege wieviele Schach, Go oder Skatspieler es gibt, die fast ausschließlich dieses Spiel spielen, dann ist das wohl eine verhältnismäßig große Gemeinschaft. Abseits der klassischen Spiele dürfte es dann aber doch sehr eng werden.


    (Die - entartete - Pyramide soll keine Wertung darstellen. Der eine Typ ist nicht besser wie der andere, sondern verbringt nur seine Freizeit mit Spielen anders. Es geht mir lediglich darum die Häufigkeit zu suggerieren - ohne Maßstab)

    Code
    _______
          \  I  /         Spieler die fast ausschließlich ein spezielles Spiel spielen
          / II  \         Brettspieler mit speziellem Geschmack / Profil
         / III   \        Spielebegeisterte
     ___/   IV    \___    Familien- und klassische Kartenspiele
    /        V        \   Nichtspieler
    -------------------


    Ich selbst würde mich in die Kategorie II einordnen - "spezieller Geschmack". Ich kenne viele Spiele, habe viele Spiele gespielt und weiß in etwa, welche Dinge es sind, die ein Spiel für mich interessant macht. Mein Studium vor "kurzem" beendet, nun im Beruf habe ich allerdings festgestellt, dass ich nun weniger Zeit habe, um zu spielen.
    Meine Schlussfolgerung: Es gibt einen Haufen von Spiele, die mich vom Grundsatz her schon nicht interessieren (bspw. Quizspiele, Familienspiele, Spiele für Nichtspieler, Deduktionsspiele, "chaotische Spiele") und wo mir im eigentlichen Sinne die Zeit zu schade ist, diese Spiele auch nur kennenzulernen.
    Wer in einer Spielerunde ist, wo häufiger neue Spiele auf den Tisch kommen kann bestimmt nachvollziehen, dass man seine Zeit auch schon damit füllen kann nur neue Spiele auszuprobieren - ohne selbst die, die einem super gefallen häufiger zu spielen.
    Anstatt dass ich nun ständig neue Spiele ausprobiere, bin ich zu dem Schluss gekommen, lieber verstärkt in "meinem Spielegeschmack" nach Spielen zu suchen und diese häufiger auf den Tisch zu bringen - Spiele abseits meines Geschmacks gebe ich nur eine Chance, wenn das Spiel entsprechend vielversprechend ist (Gute Kritiken, Empfehlungen von Freunden, Interessante Mechanismen, ...).


    Das Problem was unmittelbar daraus resultiert ist natürlich, dass wenn sich mehrere so verhalten, dass es dann unheimlich schwer wird überhaupt noch Spiele zu finden, die auf den Tisch kommen können.
    Es bleiben im wesentlichen 2 (Grund-)Möglichkeiten:
    1) Spielegruppe so auswählen, dass sie dem eigenen Geschmack gut trifft
    2) Häufiger auch Spiele mitspielen, die einem nicht gefallen


    zu 1) Diese Leute sind freilich, je spezieller der Spielegeschmack ist immer schwieriger zu finden...
    zu 2) Man investiert (Frei-)Zeit in Dinge, die man eigentlich nicht gern macht und schlimmer, selbst wenn dann das Spiel auf den Tisch kommt, welches man eigentlich gerne spielt ist es fraglich, ob es in einer Runde Spaß macht, die selbst keinen Spaß am Spiel hat...




    Ich steh also in letzter Zeit immer häufiger im Konflikt, entweder meine Zeit damit zuzubringen (für mich) unbedeutende Siegpunkte in Spielen zu ergattern, die mich absolut nicht interessieren oder die Spielehoffnungen meiner Mitspieler zu torpedieren, weil ich mich weigere spezielle Spiele mitzuspielen - was ich andererseits auch wieder unsozial finde - bin ich also eine unsoziale, faule Tomate?
    Spiele ich mit, macht mir das keinen Spaß - unter Umständen meinen Mitspielern auch nicht, also besser direkt sein lassen? Da verdirbt mir dann das Hobby "Brettspiel", weil ich dann lieber erst garnicht spiele. Daher meine Überschrift: Hat man erst einmal einen spezielleren (reiferen) Geschmack und nicht die Lust/Zeit auch weit abseits davon etwas zu spielen, ist man dann kurz vorm Verfallsdatum?
    Wie so oft, ist es wahrscheinlich wieder so ein Mittelding - mit den richtigen Mitspielern auch mal Spiele mitspielen, die zwar nicht super findet, aber auch nicht grottenschlecht.


    Mich würde nun aber einfach mal interessieren, wie ihr das so handhabt?
    Spielt ihr prinzipiell alles mit? Kommen bei euch eh ständig Neuheiten auf den Tisch? Sortiert ihr bei den Spielen nicht so sehr aus, wie ich es anscheinend tue?
    (Ein Deduktionsspiel spiele ich bspw. nur mit, wenn man mir erklärt, wo der gravierende Unterschied zu bspw. Cluedo ist und was genau der Reiz am Spiel ist)
    Habt ihr überhaupt einen speziellen Spielegeschmackt - welchen? - oder spielt ihr alles mit?

  • Spielen sollte Spass machen - Dir und Deinen Mitspielern. Wenn das bei der Auswahl an Spielen, die bei Dir so auf dem Spieletisch kommen, nicht mehr gewährleistet ist, dann wird es schwierig. Im Zweifelsfall vorab eine Spieleauswahl treffen und dann gezielt danach Mitspieler einladen - oder vorab abstimmen, was man gemeinsam spielen will. Weil es gibt (für mich) kaum was nervigeres, als lustlos oder maulende mitspielende Mitspieler, die durch ihre verweigernde Art das Spielgefühl für die ganze Runde kaputt machen.


    Wer nichts neues ausprobiert, ohne vorher eine Spielspass-Garantie zu haben, der kann schnell ganz viele doch eigentlich tolle Spielmomente verpassen. Und wenn es dann doch nicht ganz so viel Spass macht, sollte man wenigstens als Spieler den Respekt vor den Mitspielern haben und die Partie ordentlich über die Bühne zu bringen. Weil ohne Mitspieler funktioniert Brettspielen nicht und dann wird es auch arg schwer, mal seine Lieblingsspiele zu spielen, wenn man nicht offen und kompromisbereit ist.


    Ich für mich versuche vorab abzuchecken, ob ein Spiel in eine Spielrunden passt und wenn nicht, dann schlage ich es im Zweifelsfall nicht vor bzw. spiele es in einer anderen Spielrunde. Da sind einige Runden eben offener und experimentierfreudiger als andere. Spiele sollten eben zur Spielrunde passen, damit es allen (!) Spass macht.


    Cu/Ralf

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Ich würde mich auf jeden Fall ohne zu zögern auch der Kategorie II zuordnen, mit Monopoly & co. muß man mir gar nicht erst kommen, da lasse ich mir lieber von meiner Freundin die Pickel ausdrücken ( und das ist nicht immer angenehm ).
    Da ich vor über 25 Jahren aber meine ersten Mitspieler über einen Aushang in meinem FLGS gefunden habe, mit Angabe meiner Spiele um die Fronten gleich zu klären, gab es nie Probleme mit den Mitspielern.
    Auch heute werden die neuen Rekruten ( Hallo Christian ) erstmal zu einem Spielchen eingeladen und auf ihre Tauglichkeit für unsere Gruppe hin überprüft. Schließlich muß ja auch die zwischenmenschliche Chemie stimmen.


    Ich habe auch kein Problem damit, wenn dann eines der neu eingefangenen Opfer unsere Gruppe nicht als Spielepartner akzeptieren kann, niemand kann mit jedem.


    Im allgemeinen wird bei uns vorher abgesprochen was auf den Tisch kommt und so muß ich damit leben das auch das ein oder andere Spiel, welches ich gern spielen würde, niemals das künstliche Licht über dem Spieletisch erblickt.


    Meine Freundin hat die Angewohnheit mir des öfteren mal von Unterwegs "Familienspiele" mitzubringen, aber Sie ist dann auch nicht sauer wenn die in einem MT den Besitzer wechseln.


    Früher hatte ich auch jede Menge "Kinderspiele" angeschafft ( nachdem ich auch die dazugehörigen Kinder angeschafft hatte ), aber da die Kinder nun groß sind und mit Brettspielen so gar nichts am Hut haben, die Spiele aber nicht in einem tauschbaren Zustand sind, kann ich sie nur noch für Prototypen ausschlachten.

  • Ich sehe das weitgehend ähnlich.

    Ich falle wahrscheinlich auch unter II, auch wenn mein Geschmack anders speziell ist als Deiner.


    Allerdings spiele ich - außer bei einigen Cons - nie in offenen Spielergruppen, sondern immer privat. Ich habe mehrere Spielgruppen/Spielpartner, die ihre speziellen Interessen haben, also auch Gruppe I/II Spieler sind. Alle Spieler kennen einander näher oder lernen sich näher kennen. Aber wir schotten uns nicht ab, jeder Neuzugang mit passenden Interessen und angenehmer Art ist willkommen, zugebenenermaßen gibt's aber kaum Fluktuation.


    Ich spiele fast immer verabredete Partien, und das sind dann natürlich immer Spiele, die alle gerne spielen oder kennenlernen wollen.
    Ich spiele lieber 1 Spiel 50x (natürlich nicht hintereinander), als 50 Spiele je 1x.
    Wenn wir eine neues Spiel ausprobieren, wird es fast immer mehrere/viele Partien davon geben, außer es ist totaler Schrott - was aber kaum passiert, da wir in der Vorauswahl sehr sorgfältig sind.
    Ich lasse mich von Hypes kaum beeinflussen, und wenn doch mal, dann geht es meistens schief - deshalb ist das immer weniger geworden.
    Ich bin kein Neuheiten-Junkie und möchten auch mit keinen spielen.


    Dadurch habe/hatte ich eigentlich keines der angesprochenen Probleme/Konflikte, gottseidank.
    Das einzige mögliche Problem sehe ich darin, daß ich vielleicht irgendwann mal zu anspruchsvoll werden könnte und mir deshalb mal die Mitspieler ausgehen werden.
    Da muss ich halt ein wenig aufpassen ...


    .


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Diese Grundatzfrage ist IMO sehr abhängig vom Umfeld eines Spielers...


    Als Familienvater (pubertiernde Tochter) lässt sich die Einstufung gar nicht so leicht vornehmen, da viele (Vielspieler-)Spiele, die ich persönlich bevorzuge, kaum oder so gut wie nie auf den Tisch kommen (können).


    So habe ich/wir gelernt, den Spielgeschmack auszuweiten, so dass ich inzwischen auch bei einfacheren Familienspielen die Mechanismen "auslote" und mich einfach nett unterhalten kann...


    Taktisch clever versuche ich natürlich in unseren Spielrunden (befreundete Familiei , bzw. Verwandte) immer wieder etwas Neues und thematisch Passendes hervorzkramen und die Gunst der Stunde zu nutzen.


    Dabei lernt man aber sehr schnell (wie ravn schon erwähnt hat), dass die Spielrunde und auch die Stimmung passen muss - da funktioniert dann eben das "Ich spiele lieber 1 Spiel 50x [...], als 50 Spiele je 1x." (Zitat Warbear) absolut gar nicht, denn bei aller Liebe zum Spiel: das hat bei uns nur ein Spiel geschafft: Bohnanza und evtl. noch "Ohne Furcht und Adel". Es stehen eben meist kommunikative Spiele auf dem Wunschzettel. Ansonsten herrscht bei uns großer Variantenreichtum vor und Kompromissbereitschaft wird/muss großgeschrieben (werden)...


    Ach ja .. zur Zuordnung:
    Unsere Spielerunden setzen sich doch wahrhaftig aus ALLEN aufgeführten Kategorien zusammen. Ich persönlich würde mich im Bereich II bis IV ansiedeln, smit starker Tendenz zur II - in meinem Fall Euro/Germangames mit ohne/kaum Glückselementen, vielzähligen taktischen Möglichkeiten und komplex verzahnten Mechanismen in ansprechendem Rahmenthema! ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Tom13 ()