Guns of August (Worthington Games)

  • Ich hatte gestern die Gelegenheit Guns of August von Worthington Games (John Gorkowski und Grant Wylie) anzuspielen, welches seit Monaten im Spieleregal ein unbeachtetes Dasein fristen musste.


    Hier mein erster Eindruck.
    Das Spiel bildet die ersten Monate des Ersten Weltkrieges ab - von den Grenzschlachten über die Marneschlacht bis zur Schlacht bei Ypres - und ist ein klassisches zwei Personen Hex-and-Counter auf Korps-Ebene.


    Das Öffnen der Schachtel bietet einen ernüchternden Eindruck: drei Bögen mit Countern, Regelheftchen und Spielhilfsblätter kauern sich neben einem zweiteiligen, sehr schlichten Spielplan aus Pappe.
    Die Counter sind mit Bilder der Einheiten versehen und hübsch gestaltet, lassen sich aber nur mit einiger Überredungskunst und einem Bastelmesser von ihrer Halterung befreien. Die Stanzungen sind zwar exakt, aber leider nicht immer durchgehend. Eigenhändige Nachbearbeitung nötig. Das farbige Regelheft besteht aus sechs Seiten und zwei mit Szenarien. Es ist auf Englisch und sehr übersichtlich (bei den wenigen Seiten auch nicht anders zu erwarten). Die Regeln lesen sich flüssig und lassen paralleles Probieren auf dem Spielplan zu, ohne dass man ständig blättern müsste. Die Zug- und Kampfbeispiele hätte man möglicherweise etwas ausführlicher darstellen können, um Sonderfälle - von denen es aber auch nicht sehr viele gibt - und bestimmte Situationen noch etwas hervorzuheben. Sagte ich schon, dass der Spielplan schlicht ist? Es gibt drei Terrainstufen, sowie „Aufbauten“ wie Eisenbahnen, Städte und Festungen. Fertig.


    Das Ziel des Spiels - und wir sind nicht überrascht - ist es, für den Deutschen Paris oder in den Szenarien Zielstädte einzunehmen. Für den Franzosen heißt es, das zu verhindern und Saarbrücken bzw. gleiche Zielstädte zu erobern. Unterstützung erhält der Franzos‘ durch Engländer und Belgier. Soweit historisch korrekt. Viel Mühe hat man sich bei den Einheiten gegeben, konnte ich Beschriftungen im NATO-Code auf Countern noch nie etwas abgewinnen - es sei denn man spielte die NATO…., so hat man neben dem Piktogramm der Einheit (Infanterie, Kavallerie, Hauptquartier, Festung) alle wichtigen und unwichtigen Informationen im Blick; wichtig: Einheitentyp, Mannstärke, Artilleriepunkte, Nahkampfpunkte, Armeezugehörigkeit. Unwichtig, aber nett: historischer Name in Form der Regimentsnummer.


    Der Ablauf passt zum Spielplan: direkt und ohne Schnörkel. Per chit pull (also Zettel ziehen) werden Armeen aktiviert. Beide Spieler haben hier mit Einschränkungen zu kämpfen, so dass dem historischen Ablauf Genüge getan wird. Nur versorgte, aktivierte Armeen dürfen sich bewegen und sind sie dem Gegner nah genug gekommen, auch angreifen. Die Angriffssequenz läuft wie folgt ab: Verhältnis Angreifer-Verteidiger berechnen (nichts für Mathe-Muffel oder Leute ohne Taschenrechner), mit der Artillerie draufhämmern und gucken, ob sich noch was rührt, dann wieder Verhältnis berechnen und angetreten zum Sturmangriff. Schnell im Kopf addiert: man muss zwei Mal würfeln. Anders als bei anderen Spielen gibt es keinen Einfluss des Verteidigers, außer Stärkepunkte addieren. Dafür entfällt auch das Würfeln bis zur Sehnenscheibenentzündung. Die Sequenz ist geht zügig und erscheint in sich logisch. Sind Einheiten schwer getroffen und nicht nur erschöpft (1/2 Kampfwert), ziehen sie sich zurück und werden auf die schwächere Seite gedreht oder aus dem Spiel genommen. Das passiert auch schon mal ganz schnell dem Angreifer selbst. Nach den ersten Zügen, fragt man sich wo man die Reserven herbekommt, die dann Paris einnehmen oder verteidigen sollen. Aber so ging es ja auch schon den großen und kleinen Heerführern der Geschichte oder in diesem Fall Moltke und Joffre.


    Fazit: Nein, es ist kein Spielplan-Counter-Monster wie Twilight in the East oder Regelalbtraum wie Grand Illusion, es ist auch nicht so fein abgestimmt wie Paths of Glory. Und es hat, zum Glück, nur ansatzweise etwas mit dem gleichnamigen großen Bruder von Avalon Hill aus den 80er Jahren zu tun. Insgesamt ist es ein Leichtgewicht. Wenn man mal kein ganzes Wochenende Zeit hat sich mit einem Spiel zu beschäftigen, wenn man ein Zwei-Personen-Spiel auspacken möchte, wenn man Lust auf das Thema und freie Entfaltung im Rahmen eines historischen Kontextes hat. Es wird nicht in die Alltime Top 10 meiner Sammlung aufsteigen. Dennoch freue ich mich auf das nächste Spiel und denke auf jeden Fall darüber nach mir die bereits angekündigte Fortsetzung Guns of Galicia anzuschaffen. Möglicherweise wird ja noch weitere Szenarien geben.


    Liebe Grüße
    Gerrit

    Mit Gewaltlosigkeit hat noch nie jemand etwas erreicht. (Montgomery Burns)

    Ich habe zwar keine Lösung, aber ich bewundere das Problem. Präsident der EZB. (Das Känguru)


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