Ist Churchill für Twilight Struggle Verächter geeignet?

  • Hallo,


    es ist ja immer schwer Spiele 1:1 zu vergleichen, aber ich frage mal nach. Ich überlege seit einiger Zeit herum mir Churchill von GMT zuzulegen.


    Zu meinem Spielgeschmack: Ich mag komplexe bis sehr komplexe Euros und auch Wargames sehr gern. Ein bissel Verhandlung ist OK. Spiele in der Art wie Diplomacy hingegen mag ich weniger.


    Was ich im Gegensatz zu anscheinend der beinahe gesamten Spielewelt überhaupt nicht mag / mochte ist Twilight Struggle. Es kam bei niemandem in unserer Gruppe an.


    Zu wenig Spiel für diesen Zeitrahmen und vor allem dieses Kartensystem, bei dem man mit etwas Pech fünf Karten die dem Gegner nutzen indie Hände bekommt, um dann zwar zu bestimmen, wann diese gespielt werden innerhalb der nächsten fünf Runden, man sich aber trotzdem punktemäßig selbst ins Nirvana pustet. Alles nur meine Meinung, klar.


    Aber darum soll es hier nicht gehen. Meine Frage ist eher an diejenigen die Churchill bereits auf dem Tisch hatten. Wenn man Twilight Struggle nicht mag, sollte man hier die Finger von lassen?
    Freue mich auf Eure Antworten - denn mir fehlt tatsächlich die Lust 80€ auszugeben und es nach 1-2 Spielen für 60€ wieder abzustoßen.


    Vielen Dank schon mal


    Christoph


    #Twilight Struggle #Churchull #Gleichgewicht des Schreckens

  • Servus,


    Churchill ist definitiv kein Twilight Struggle für drei Spieler. Die einzige Gemeinsamkeit sind Karten mit Text und einem Zahlenwert in der oberen Ecke, das wars dann auch schon :)
    Bei Churchill bekommt jeder Spieler sein eigenes Kartendeck - du wirst also keine Karten bekommen, die scheinbar nur dem Gegner helfen.
    Es ist ein semikooperatives Spiel, man muss prinzipiell zusammenarbeiten aber zum richtigen Zeitpunkt auch mal den Alleingang wagen. Anders als z.B. bei Archipelago kann aber bei Churchill nicht das Spiel selbst gewinnen - sprich, die Gefahr, dass ein verlierender Mitspieler absichtlich die Partie gegen die Wand fährt ist nicht gegeben.
    Zu den Verhandlungen: man kann, muss aber nicht ewig lange diskutieren, oft ist eine Diskussion um ein bestimmtes Thema nicht notwendig. Trotzdem würde ich mal behaupten, dass ein gemeinsames Absprechen und Diskutieren für ein spannendes und unterhaltsames Spiel sehr förderlich ist :)
    Es wird oft gewürfelt - die meisten Würfe kann man modifizieren und so den Zufall vermindern bzw. ganz reduzieren, ein bisserl Glück bleibt aber trotzdem dabei.
    Es ist ein Dreierspiel. Man kann zwar fehlende Spieler durch Bots ersetzen, mich interessiert das aber eher weniger.
    Churchill ist meiner Meinung nach kein Wargame - wie das Andere sehen darf natürlich gerne diskutiert werden ;)
    Das Spiel dauert relativ lange. Man hat zwar die Möglichkeit ein kürzeres Szenario zu spielen (5 von 10 Runden), mich persönlich reizt das allerdings nicht - für die gesamte Kampagne (max. 10 Runden) muss man laut Regel 4-5 Stunden einrechnen; wir habens in 6 Stunden geschafft, die angegebene Zeit ist nach ein paar Partien aber meiner Meinung nach schaffbar.


    Ich würde sagen, Churchill ist was für Dich wenn Du:
    - historisch Interessiert bist
    - eine feste Dreierrunde hast wo sich deine Mitspieler auf das Spiel einlassen können
    - Diskussionen und Verhandlungen nicht abgeneigt bist
    - nichts gegen Würfel hast
    - lange Spiele magst
    - Lust und Zeit hast, Dir ein Spiel zu erarbeiten
    - mal was Neues ausprobieren magst


    Für einen Blindkauf sind 80,-€ viel Geld. Daher würde ich ein Probespiel empfehlen. Wenn Du in der Nähe von Wiener Neustadt bist, können wir uns gerne was ausmachen :)
    Wenn Du konkrete Fragen hast - nur her damit!
    Ich hoffe, ein bisserl geholfen zu haben.


    LG

  • Volle Zustimmung. Beide Spiele haben wenig bis nichts gemeinsam. Höchstens noch, dass man Kartenwerte ausspielt, um den Vorteil auf seine Seite zu ziehen.


    Es ist ein komplexer Mix aus Eurogame mit Wargame-Elementen. Recht einfache, aber viele Regeln und schwierig abzuschätzen, wie man erfolgreich spielt. Man hat eben viele Freiheiten und kann in diesem großen Rahmen viel an die Wand fahren. Erste Partie ist rein zum Kennenlernen und braucht dehalb eine Runde, die sich da reinknien mag.


    Cu / Ralf

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • In einer Sache haben beide Vor-Poster Recht: Churchill und TS haben nichts gemeinsam.


    Aber ravn kann ich überhaupt nicht zustimmen: das Wort "komplex" ist bei Churchill sicher nicht zutreffend. Und Wargameelemente sehe ich auch nicht.
    Die Debatten sind höchst simpel angelegt, werden evtl. durch Verhandlungen beeinflusst (wer es mag). Der anschließende Part auf der Karte läuft recht automatisch ab aber wird natürlich durch die Ergebnisse der Debatte beeinflusst.


    Das Thema ist OK, aber die Spieldauer steht IMO in keinem Verhältnis zur Spieltiefe. Ich würde es nur Spielern empfehlen, die Spaß an Verhandlungen haben. Allerdings kosten diese dann wieder noch mehr Zeit ...


    Ich halte Churchill nicht für ein schlechtes Spiel, nur eben für ein recht einfaches Spiel. Im Vergleich dazu ist Dominant Species ein echtes Schwergewicht ;) und dauert bei weitem nicht so lange.


    Cheers.

    --
    "Out. For. A. Walk. ... Bitch." (Spike/Buffy-TVS)
    --

  • Hi,


    Churchill hat mich an die Siege of States Serie erinnert. Nur das man hier nicht die angegriffe Nation spielt, sondern die Angreifer.


    Atti

  • Aber ravn kann ich überhaupt nicht zustimmen: das Wort "komplex" ist bei Churchill sicher nicht zutreffend. Und Wargameelemente sehe ich auch nicht.Die Debatten sind höchst simpel angelegt, werden evtl. durch Verhandlungen beeinflusst (wer es mag). Der anschließende Part auf der Karte läuft recht automatisch ab aber wird natürlich durch die Ergebnisse der Debatte beeinflusst.

    Die Komplexität sehe ich darin, dass es doch viele historisch und thematisch bedingte Detailregeln und Abhängigkeiten gibt, die man für ein erfolgreiches Spiel verinnerlicht haben sollte. Immer aus Sicht eines Eurogamers (und nicht ASL-Spielers!), da sich das Spiel vieler Eurogame-Elemente bedient und die mit (einigen wenigen) aus Wargames bekannten Elementen mischt, ohne ein Wargame zu sein. Die grundsätzliche Struktur ist einfach, die Komplexität ergibt sich meiner Meinung dann darin, aus den zur Verfügung stehenden Aktionsmöglichkeiten etwas wirklich sinnvolles zu machen. Da nimmt einen Churchill nicht an die Hand und führt einen auch nicht durchs Spiel wie so manches Eurogame. In Churchill muss man sich alles selbst erspielen und da erinnert es mich an die COIN-Serie von GMT. Cuba Libra ist auf einer vergleichbaren Grenzlinie zwischen Eurogame und carddriven CoSim-Light.


    Churchill ist eben von GMT und nicht von Alea und das merkt man dann auch - besonders im Spiel mit eher Eurogamern.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • HI,


    Die SoS Servie von VPG ist eine Reihe von Solo Spielen wo man sich div. Angreifer erwehren muss.


    Heisst übrigens "State of Siege" ... und nicht umgekehrt (mein Fehler).


    Gibt div. Titel:


    z.B.:


    - Dawn of the Zeds
    - Ottoman Sunset
    - Levée en Masse
    - Legion of Darkness


    Atti

  • Besten Dank für Eure Einschätzungen, ich denke ich sollte es einmal näher in Betracht ziehen.


    @Seppules Die Wiener Neustadt ist leider von Bremen aus nicht mal eben schnell zu erreichen, aber vielen Dank für Dein Angebot.


    Vielleicht bekomme ich eines in Essen zu sehen.


    Viele Grüße


    Christoph