Terraforming Mars

  • Terraforming Mars ist eigentlich ein Musterbeispiel für ein strategisches Spiel, an welchem Liebhaber rein taktischer Spiele kaum Freude empfinden. Mit Anfängerkonzernen und Draften kann man es in Richtung "Taktik" trimmen, aber mit den Expertenregeln dominieren die strategischen Elemente. In Zeiten alternativer Fakten kann man natürlich einfach mal das Gegenteil behaupten, dann wird es zum taktischen Spiel mit hohem Glücksanteil.


    Ich habe jetzt 3 Partien hinter mir und es wurde mit jedem mal strategischer. Da gibt es noch viel zu erforschen, das schreit nach weiteren Partien. Wer mehr so ohne Plan spielt oder mit jedem Zug einen anderen entwirft, bei dem wird sich der Spielreiz aber eher in Grenzen halten.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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  • Terraforming Mars ist eigentlich ein Musterbeispiel für ein strategisches Spiel, an welchem Liebhaber rein taktischer Spiele kaum Freude empfinden. [...]

    Für "Liebhaber rein taktischer Spiele" ist sowas aus der Gewichtsklasse von Terraforming Mars doch eh nichts. Ernst gemeinte Frage: Gibt es eigentlich rein taktische Spiele von über einer Stunde Spieldauer, die etwas taugen? Mein Verständnis ist, dass alles von 2+ Stunden Spielzeit (so wie Terraforming Mars) zwingend strategische Elemente braucht, um interessant zu sein. Ohne Möglichkeit zur längerfristigen Planung ist sowas doch sonst ganz schnell deutlich zu lang für das Gebotene.

  • Mich würden tatsächlich mal ausführliche Definitionsversuche inkl. Beispielen für Taktik und Strategie im Eurogamesegment interessieren - kann mir kaum vorstellen, dass wir hier alle Terraforming Mars so unterschiedlich spielen, aber die Bezeichnung als "Musterbeispiel für strategisches Spiel" scheint mir geradezu lächerlich und kann ich mir nur damit erklären, dass unter den Begriffen unterschiedliche Sachen verstanden werden (ohne dass ich damit sagen will, dass meine Auffassung korrekt ist - daher die Frage nach Erklärungen, jetzt wird's dogmatisch im Spieleforum :D).


    Interessant finde ich, dass immer wieder die Konzerne als Kriterium für Strategie herangezogen werden. Ich habe schon mehrere Partien gespielt, da kam nicht eine Karte, die irgendwie für die Fähigkeit meines Konzerns gepasst hätte. Da hatte ich dann am Ende der Partie nicht das Gefühl, strategisch gespielt zu haben. Vielmehr musste ich darauf reagieren, dass die vom Konzern theoretisch vorgebene Strategie sich einfach in Luft aufgelöst hat. Und je mehr Spieler teilnehmen und desto kürzer damit das Spiel wird, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich die Konzernfähigkeiten gar nicht ausnutzen kann, sondern dass ich mit meinen Karten das Beste anstellen muss (Karten vom Spielstart mal ausgenommen).


    Ich bleibe dabei, wenn das ein Strategiespiel auszeichnet, dann gibt es im gehobenen Eurosegment im Grunde gar keine taktischen Spiele.

  • Strategie steht für mich für den übergeordneten Plan, Taktik sind einzelne Maßnahmen (Spielzüge), die der Umsetzung der Strategie dienen. Demnach ist es für mich ein Nebeneinander der Begriffe und kein entweder oder. Einen übergeordneten Plan hat ja man in so ziemlich jedem Eurogame. Sicher gibt es Spiele, in denen man diesen übergeordneten Plan nicht immer durchziehen kann und man vielleicht häufiger die Strategie ändern / anpassen muss. Da ich Terraforming Mars noch nicht gespielt habe, kann ich es nicht einschätzen, wie es hier ist. Aber ziemlich sicher bin ich mir, dass uns die Begriffsspaltereien und Angriffe mehr ermüden als das sie uns nutzen ;)

  • Gibt es eigentlich rein taktische Spiele von über einer Stunde Spieldauer, die etwas taugen?

    Taktik und Strategie sind im Militärbereich gängige Begriffe.
    So dürfte es niemanden verwundern, daß es beispielsweise im Cosim- und Wargames-Bereich hunderte wenn nicht tausende guter/hervorragender taktischer (und auch strategischer) Spiele gibt, von denen viele auch 10+ Stunden dauern dürfen und dabei keineswegs langweilig werden müssen.


    Mit nur einer auf Eurogames begrenzten Sicht taugen solche pauschalen Meinungen m.E. nicht sehr viel ... :)


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Natürlich gibt es Definitionen für den Begriff Strategie. So ist eine (vollständige) Strategie im Sinne der klassischen Spieltheorie eine Regel, die in jedmöglicher Spielsituation den optimalen Zug vorgibt. Eine KI bei einer maschinellen Umsetzung eines Spieles benötigt z.B eine vollständige Strategie. Auch sogenannte Bots in Zweipersonenumsetzungen von Mehrpersonenspielen sind Beispiele für eine vollständige Strategie. Solche Strategien kann man natürlich im Grunde für jedes Spiel entwickeln, also hilft diese Definition nicht weiter beim unterscheiden von Spielen in eher taktische und eher strategische Spiele. Hier gibt es zwei unterschiedliche Ansätze:


    Ansatz "Art der Entscheidungen":
    Beim Spielen ist es meist erforderlich, dass wir Entscheidungen treffen. Wirken sich diese Entscheidungen nur auf den aktuellen Zug aus, so nennen wir sie taktisch. Wirken sich unsere Entscheidungen aber erst in späteren Spielphasen aus, so nennen wir sie strategisch. Die meisten Spiele erfordern strategische und taktische Entscheidungen. Je nachdem, welche Art der Entscheidungen im Spiel überwiegt, nennt man ein Spiel taktisch oder strategisch.
    Prominente Vertreter dieser beiden Gattungen sind ja die Autoren Feld und Rosenberg. Bei Spielen von Stefan Feld überwiegen taktische Überlegungen, bei Spielen von Uwe Rosenberg eher strategische. Ich nehme extra diese beiden Beispiele, da die Spiele beider Autoren handwerklich einem sehr hohen Anspruch genügen, von der Güte der Spiele also auf einem Level. Trotzdem haben die meisten Spieler ihren persönlichen Favoriten unter den beiden.


    Ansatz "Maßstab der Simulation":
    Wargames werden nach ihrem Maßstab im Sinne militärischer Größenordnungen festgelegt. Strategische Wargames spielen im Maßstab von Divisionen oder Armeen. Taktische Wargames spielen hingegen auf einer elementaren Ebene von Zügen oder Trupps, mit unter 50 Personen pro Einheit. Dazwischen liegen die Operativen Wargames, da ist man dann eher auf Batallionsebene unterwegs.
    Unabhängig von ihrem Maßstab würde ich aber fast alle Wargames die ich kenne nach dem Ansatz "Art der Entscheidungen" den strategischen Spielen zuordnen, da im Spiel meist die strategischen Entscheidungen diejenigen sind welche letztendlich über Sieg oder Niederlage entscheiden. Wer in ASL (Squad-Ebene) ohne Strategie in das taktische Scharmützel geht wird nicht weit kommen,


    Wenn ich von einem Strategiespiel rede, dann immer nach dem Ansatz der Art der Entscheidungen. Und da haben wir bei Terraforming Mars wie von @Sternenfahrer bereits angeführt alleine die Anfangsentscheidung, welchen Konzern ich auswähle und welche Karten ich erwerbe, die erheblichen Einfluss auf alle weiteren Züge und den Spielausgang haben wird. Natürlich muss ich es ordentlich zuende spielen, aber diese Grundentscheidung zieht sich durch. Habe ich da die falschen Karten zum Konzern gezogen dann werde ich das nicht mehr ändern können. Der Wechsel der Strategie ist nicht vorgesehen, dazu müsste man z.B. den Konzern wechseln können. Und generell kann man sagen dass jeder der seine Strategie ständig wechselt im Grunde keine Strategie hat. Natürlich hat man Plan B und ggf. weitere im Hinterkopf, aber auch das sollte von vornherein Teil der Ausrichtung sein.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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  • In Zeiten alternativer Fakten kann man natürlich einfach mal das Gegenteil behaupten, dann wird es zum taktischen Spiel mit hohem Glücksanteil.

    Witzig, wie hier (und auch vorher schon) die eigene Meinung als Fakt präsentiert wird und alternative Fakten mit Bezug auf alternative Fakten zur Wahrheit gemacht werden :)



    Natürlich hat man Plan B und ggf. weitere im Hinterkopf, aber auch das sollte von vornherein Teil der Ausrichtung sein.

    Dazu kann man auch insbesondere eine Glaskugel empfehlen :D SCNR



    Wir sind hier eindeutig zwei Lager, die definitiv nicht zusammenkommen werden und ja auch nicht zusammenkommen müssen. Sohergesehen - viel Spaß weiterhin, ich bin raus! Ich spiele heute auch nochmal, danach wird entschieden ob das Spiel weg muss (sehr wahrscheinlich leider).

  • Taktik / Strategie

    Ansatz "Art der Entscheidungen":
    Beim Spielen ist es meist erforderlich, dass wir Entscheidungen treffen. Wirken sich diese Entscheidungen nur auf den aktuellen Zug aus, so nennen wir sie taktisch. Wirken sich unsere Entscheidungen aber erst in späteren Spielphasen aus, so nennen wir sie strategisch. Die meisten Spiele erfordern strategische und taktische Entscheidungen. Je nachdem, welche Art der Entscheidungen im Spiel überwiegt, nennt man ein Spiel taktisch oder strategisch.

    Diese Definition gefällt mir gut, und sie kann m.E. sowohl auf CoSims/Wargames als auch auf Eurogames angewendet werden.

    Ansatz "Maßstab der Simulation":
    Wargames werden nach ihrem Maßstab im Sinne militärischer Größenordnungen festgelegt. Strategischen Wargames spielen im Maßstab von Divisionen oder Armeen. Taktische Wargames spielen hingegen auf einer elementaren Ebene von Zügen oder Trupps, mit unter 50 Personen pro Einheit). Dazwischen liegen die Operativen Wargames, da ist man dann eher auf Batallionsebene unterwegs.

    Das habe ich bisher noch nie gehört, wo hast Du das her?
    Es entspricht auch nicht meiner (bisherigen) Meinung. Die hält es eher mit Clausewitz.


    Nach Carl von Clausewitz ist die Strategie die ‘Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zwecke des Krieges’. Damit unterscheidet sie sich von der Taktik, welche v. Clausewitz als ‘die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht’ bezeichnet.


    Daher sind für mich all die großen Schlachten (Gettysburg ...) ebenso wie die unzähligen kleinen Gefechte (The Battles of Eutaw Springs and Guilford Courthouse ...) erst mal Taktik-Spiele, aber mit einem mehr oder weniger großen Strategie-Anteil.

    Unabhängig von ihrem Maßstab würde ich aber fast alle Wargames die ich kenne nach dem Ansatz "Art der Entscheidungen" den strategischen Spielen zuordnen, da im Spiel meist die strategischen Entscheidungen diejenigen sind welche letztendlich über Sieg oder Niederlage entscheiden. Wer in ASL (Squad-Ebene) ohne Strategie in das taktische Scharmützel geht wird nicht weit kommen,

    Deine Zuordnung würde bedeuten, daß alle (War)Games, bei denen man einen Plan braucht, Strategiespiele sind.
    Dieser Meinung bin ich nicht.


    ASL Scenarios halte ich im Grunde erst mal für reine Taktik-Spiele - bei ASL Campaigns kann man sicherlich/zumindest darüber diskutieren, wie hoch der Strategie-Anteil ist.
    Beide brauchen aber eine Art Plan / Pläne, die während der Partie natürlich auch geändert werden dürfen.
    Von daher würde ich Deinen letzten Satz nur mit einer kleinen Änderung (dann aber voll) akzeptieren: "Wer in ASL (Squad-Ebene) ohne Strategie planlos in das taktische Scharmützel geht wird nicht weit kommen".


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

    Einmal editiert, zuletzt von Warbear ()

  • ASL Scenarios halte ich im Grunde erst mal für reine Taktik-Spiele - bei ASL Campaigns kann man sicherlich/zumindest darüber diskutieren, wie hoch der Strategie-Anteil ist.
    Beide brauchen aber eine Art Plan / Pläne, die während der Partie natürlich auch geändert werden dürfen.

    Aus Sicht der eigentlichen Auseinandersetzung ist es Taktik. Die Einnahme eines Gehöfts ist im Kontext eines Weltkrieges nur ein taktisches Detail. Im Kontext eines Weltkrieges sind strategische Entscheidungen die Verlegung ganzer Armeen, der Aufbau neuer Waffenproduktionen, die Entwicklung neuer Waffensysteme und dergleichen.


    Im Kontext eines ASL-Szenarios sieht das natürlich schon anders aus. Da ist allein die Anfangsaufstellung (wenn einem das Szenario eine Wahl lässt) eine strategische Entscheidung im Sinne des Ausganges meines Szenarios. Und auch die ersten Szüge legen die Strategie fest. Die taktischen Entscheidungen sind dann die Nachjustierungen die ich aufgrund schlecht planbarer Ereignisse wie "Entscheidungen des Gegenspielers" oder auch "Würfelergebnisse" tätigen muss. Meine (allerdings sehr bescheidenen) Erfahrungen in ASL (SP) sind aber, dass ein schlechter Plan auch durch noch so optimale Nachjustierungen keine Chance gegen einen guten Plan hat. Also ein Strategiespiel per Excellence, in meinen Augen auch weitaus strategischer als Terraforming Mars.


    Spiele ich in ASL eine Kampagne, also mehrere Szenarios hintereinander bei denen das Ergebnis einers Szenarios Auswirkungen auf die Anfangsstellung des Folge-Szenarios hat, dann treffe ich in den frühen Szenarien die strategischen Entscheidungen, da ich hier ja über das Ende des Szenarios hinausdenken muss. In diesem Kontext sind nur noch die Entscheidungen strategisch, die Auswirkungen auf Folgeszenarien haben.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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  • Terraforming Mars ist eigentlich ein Musterbeispiel für ein strategisches Spiel, an welchem Liebhaber rein taktischer Spiele kaum Freude empfinden. Mit Anfängerkonzernen und Draften kann man es in Richtung "Taktik" trimmen, aber mit den Expertenregeln dominieren die strategischen Elemente. In Zeiten alternativer Fakten kann man natürlich einfach mal das Gegenteil behaupten, dann wird es zum taktischen Spiel mit hohem Glücksanteil.


    Ich habe jetzt 3 Partien hinter mir und es wurde mit jedem mal strategischer. Da gibt es noch viel zu erforschen, das schreit nach weiteren Partien. Wer mehr so ohne Plan spielt oder mit jedem Zug einen anderen entwirft, bei dem wird sich der Spielreiz aber eher in Grenzen halten.

    Bevor du hier was von alternativen Fakten schreibst und damit schön eine Verbindung zwischen Leuten die tm als eher taktisch erachten und der unsäglichen aktuellen US Regierung herstellst, könntest du vielleicht eher mal ein paar mehr Argumente bringen, weshalb du tm so strategisch findest. In meinem Post habe ich ja ein paar Sachen angesprochen, die du vielleicht anders siehst.


    Auch Feld spiele als Taktik Kracher hinzustellen kann ich nicht teilen. Beispiel trajan: Da hat man doch das Element, dass man viel mehr Punkte erhält wenn man eine Sache immer weiter vorantreibt als immer zu switchen.


    Wie oben gesagt, Musterbeispiel für sehr strategisches Spiel ist in meinen Augen Russian Railroads. So strategisch sehe ich tm nicht.

  • Wie oben gesagt, Musterbeispiel für sehr strategisches Spiel ist in meinen Augen Russian Railroads.

    Sehe ich auch so. Russian Railroads ist rein strategisch. Deshalb mag ich's auch nicht besonders.


    So strategisch sehe ich tm nicht.

    Ich sehe TFM als ebenso strategisch an wie Russian Railroads. Allerdings mit dem Unterschied, dass es zusätzlich noch eine starke taktische Komponente hat, die RR völlig fehlt.


    Persönliche Meinung (bezogen auf Euro-Spiele): Strategie und Taktik sind zwei orthogonale Kategorien. Ich halte nichts davon zu sagen, ein Spiel wäre entweder das eine oder das andere (so wie von @Herbert oben impliziert). Ein Spiel kann beides sein, es kann Ziele und Zwischenziele auf ganz unterschiedlichem Zeithorizont geben, und gerade dafür ist meiner Meinung nach TFM ein wunderbares Beispiel. Auch viele Feld-Spiele, etwa Bora Bora, würde ich in diese Schublade stecken. Viele meiner Lieblingsspiele sind genau solche, die in beiden Bereichen anspruchsvoll sind, denn das gibt oft interessante Abwägungen, ob eine sich kurzfristig ergebende Chance es wert ist, das übergeordnete längerfristige Ziel mal zurückzustellen -- genau wie etwa bei Terraforming Mars.
    (Uff, Wende zu on-topic noch geschafft.... ;) )

  • Taktik / Strategie

    Aus Sicht der eigentlichen Auseinandersetzung ist es Taktik. Die Einnahme eines Gehöfts ist im Kontext eines Weltkrieges nur ein taktisches Detail. Im Kontext eines Weltkrieges sind strategische Entscheidungen die Verlegung ganzer Armeen, der Aufbau neuer Waffenproduktionen, die Entwicklung neuer Waffensysteme und dergleichen.


    Im Kontext eines ASL-Szenarios sieht das natürlich schon anders aus. Da ist allein die Anfangsaufstellung (wenn einem das Szenario eine Wahl lässt) eine strategische Entscheidung im Sinne des Ausganges meines Szenarios. Und auch die ersten Szüge legen die Strategie fest. Die taktischen Entscheidungen sind dann die Nachjustierungen die ich aufgrund schlecht planbarer Ereignisse wie "Entscheidungen des Gegenspielers" oder auch "Würfelergebnisse" tätigen muss.

    Im Prinzip kann man jeden noch so kleinen Vorgang in eine übergeordnete Komponente und in noch kleinere untergeordnete Komponenten zerlegen.
    Nach Deiner Argumentation gäbe es daher praktisch immer nur Strategie, aber fast niemals Taktik.


    Schon der morgentliche Gang zum Bäcker wäre so eine strategische Entscheidung: wie ist das Wetter, was ziehe ich an, gehe ich durch den Park oder entlang der Hauptstraße, wieviel Zeit habe ich, nehme ich eine Tasche mit und welche, wieviele Brötchen brauche ich, lasse ich die alte Oma vor, etc. etc.?
    Alle diese untergeordneten Komponenten könnte man wieder in weiter untergeordnete Komponenten zerlegen: was ziehe ich an, brauche ich eine Jacke, ist sie sauber genug für den Gang zum Bäcker, hat sie eine Tasche für den Geldbeutel, etc. etc.? und wären damit selbst wieder strategische Entscheidungen.


    Das alles ergibt für mich keinerlei Sinn.


    Bezogen auf ASL:
    Ich halte die Angangsaufstellung in einem Scenario für pure Taktik (auch beim Fußball spricht man hier immer von Taktik, niemals von Strategie), genau so wie auch die einzelnen Züge.
    Ansonsten wären ja Entscheidungen wie: feuere ich nur mit der Support-Weapon, oder nehme ich stattdessen die Inherent Fire Power, oder nehme ich beides zusammen, was sind die Vorteile/Nachteile? schon wieder Strategie.
    Aber wie schon gesagt: einen geringen Strategie-Anteil möchte ich durchaus nicht abstreiten ... :)


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Die beiden Begriffe gehen meiner Meinung nach im Brettspiel Hand in Hand und sind in keiner Weise so scharf zu trennen, dass es irgendeine Berechtigung gäbe, der Gegenseite Blödheit oder sonstwas zu unterstellen, wenn sie andere Maßstäbe heranzieht.


    Meine Definition wäre eine Trennung in Aktiv und Passiv.
    Strategie: Ich plane.
    Ich nehme mir etwas vor. Ich formuliere ein Ziel und überlege, ob und wie ich es erreichen kann.
    Taktik: Ich reagiere.
    Ich nutze Chancen, ich mache das Beste aus meinen aktuellen Möglichkeiten. Ich arbeite auf mein strategisches Ziel hin.


    Einen Meilenstein zu bestimmen und mir zu sagen, "das wird meiner", das ist eine strategische Entscheidung.
    Wie ich dann die entsprechenden Schritte dorthin umsetze, das ist taktisch.
    Eine Karte aus einer Auswahl zu grabschen (egal, ob gedraftet oder nicht), ist eine taktische Entscheidung, auch wenn sie (natürlich) dem strategischen Ziel dient. Weil ich auf eine Situation (eingeschränkte Auswahl) reagieren muss.

    Eine Karte auszuspielen, die erst in der nächsten Runde Rohstoffe produziert, ist für mich noch lange keine strategische Entscheidung, nur weil sie erst in der Zukunft wirkt.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Eine Summe von taktischen Entscheidungen dient dem Erreichen eines strategischen Ziels.

    ...aber kannst du die Ebene beliebig wählen?


    Oberste Ebene: Ist mein strategisches Ziel "Ich will gewinnen", dann ist der komplette Spielinhalt Taktik, unabhängig vom gespielten Spiel?
    Unterste Ebene: Ist mein strategisches Ziel "Ich möchte in diesem Spielzug so gewinnbringend wie möglich agieren", dann ist das komplette Spiel strategisch. ;)

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Genau. Deswegen fliesst es ja auch ineinander. Ein Spiel ist mMn x% Strategie und y% Taktik.


    Wobei x+y=100 aber x und y jeweils < 100

    "We are the unknowns. Lower your shields and surrender your ships. We will add your biological and technological distinctiveness to our own. Your culture will adapt to service us. Resistance is futile."


    Meine Spiele: Klick mich

  • Wir sind hier eindeutig zwei Lager, die definitiv nicht zusammenkommen werden und ja auch nicht zusammenkommen müssen. Sohergesehen - viel Spaß weiterhin, ich bin raus! Ich spiele heute auch nochmal, danach wird entschieden ob das Spiel weg muss (sehr wahrscheinlich leider).

    Nicht den Kopf in den Sand stecken, ich würde gerne mit dir spielen. Egal, ob ich es taktisch oder strategisch angehe. :)


    Und ja, es ist schade, dass Korinthenkackerei als positive Eigenschaft hochgelobt wird... Die Zeit, in der ich (damals beim Rollenspiel) etwas dermaßen eng gesehen habe war, als ich sozial vollkommen inkompetent durchs Internet gestiefelt bin...

  • Bzgl. Russian Railroads:


    Hier ist ziemlich klar, dass man sich einen übergeordneten Plan zurechtlegen muss, um erfolgreich zu spielen. Also zum Beispiel, auf welche Eisenbahnlinie man vorwiegend setzen will.


    Aber: Jedes einzelne Workerplacement ist doch eine taktische Entscheidung nach dem Motto "kann ich es mir leisten, dieses Feld erst einmal nicht zu besetzen, weil es für die anderen wahrscheinlich nicht so attraktiv ist oder kann ich auch gar, gar, gar keinen Fall darauf verzichten?".

  • kannst du die Ebene beliebig wählen[?]

    Theoretisch natürlich schon, und daran hat sich m.E. die Diskussion hier entzündet.
    Eigentlich auch, wie ich finde, ganz interessant zu diskutieren, solange man nicht alle vom eigenen Standpunkt abweichende Meinungen pauschal abwertet.


    Ich behaupte z.B., dass bestimmte Startbedingungen (Handkarten/Konzern) bestimmte Meilensteine erleichtern bzw. erschweren, allerdings eben im 4/5-Personen-Spiel. Dazu kommt, dass man in den von mir erlebten Partien ohne 1-2 Meilensteine nicht um den Sieg mitspielt.
    Daher der Umkehrschluß, spielt man nicht auf einen Meilenstein hin (ob man das nun taktisch nennt oder nicht, ist dabei egal), spielt man suboptimal.


    Gibt es dazu Meinungen?

    UpLive [bgg for trade] - einfach anschreiben, wenn Dich davon was interessiert!

  • Mit der Definition kann ich eigentlich gut leben. Wobei dann jedes Spiel für mich Größtenteils aus Taktik besteht. Beu manchen Spielen kann man dann gut eine Strategie formulieren, an denen sich die Taktik (also die Umsetzung) orientieren kann, und andere Spiele bei denen man eher erstmal losspielt und schaut was gerade am besten ist (was aber nicht nur auf den aktuellen Zug beschränkt ist). Erstere Spiele nenn man dann halt "strategisch", letztere "taktisch", obwohl in beiden viel "Taktik" steckt.


    Für mich ist einfach ein wichtiger Punkt, wie viel Zeit und Hirnschmalz auf taktische oder strategische Entscheidung verbraucht. Und da übertreffen taktische Überlegungen strategische oft um längen. Eine Strategie "Titanproduktion hochtreiben und Company Bonus ausnutzen" ist schnell formuliert, aber die taktísche Umsetzung ist dann das, mit dem ich viel Zeit verbringe. Wenn man aber mal an einem Punkt kommt, wo man überlegt ob und wie man eine Strategie anpasst, dann kann man schonmal länger grübelnd dasitzen. Bei TM wird mein Hirn zumindest eher von den taktischen Überlegungen beansprucht.

  • Daher der Umkehrschluß, spielt man nicht auf einen Meilenstein hin (ob man das nun taktisch nennt oder nicht, ist dabei egal), spielt man suboptimal.


    Gibt es dazu Meinungen?

    Ja, gibt es ;) . Meine bisherigen Partien (ca. 12) haben alle gezeigt, das man überall vertreten sein muss. Ohne Meilensteine und/oder Auszeichnungen wird nicht gewonnen. Ebenso braucht man eine gewisse Präsenz an Geländeteilen auf dem Mars. Das ganze natürlich garniert mit diversen Karten, die idealerweise ebenfalls der Punktevermehrung dienen. Ein guter Mix ist mMn der Schlüssel zum Erfolg.
    Für mich ist TeMa ein rein taktisches Spiel, welche Langzeitstrategie kann ich denn verfolgen? Eigentlich keine, meine Entscheidungen hängen immer von den Karten ab. Ich kann punktuell agieren oder reagieren, ein langfristiger roter Faden von vorn bis hinten kann aufgrund des "Nichtwissens" bzgl. der noch nicht bekannten Möglichkeiten gar nicht entwickelt werden. Die Konzerne bieten jedem einen eigenen kleinen Vorteil, das ist aber keine festgemauerte Einbahnstrasse. Na klar versuche ich als Helion in Energie und Wärme zu investieren, deswegen lehne ich doch aber keine Pflanzenproduktion ab (mal plakativ formuliert).
    Ein bisher noch nicht genannter Punkt ist die Zugreihenfolge, auch hierüber ergeben sich bestimmte Möglichkeiten der taktischen Art, meistens beim bauen von Geländeteilen.

    Bitte senden Sie mir Ihre E-Mail doppelt, ich brauche eine fürs Archiv :/

  • Mit der Definition kann ich eigentlich gut leben. Wobei dann jedes Spiel für mich Größtenteils aus Taktik besteht.

    Eben. Das ist das Problem, das ich mit Peters Definition ("Taktik = ich reagiere") hätte. Dann ist nämlich alles Taktik, sobald Karten gezogen, Plättchen aufgedeckt oder Würfel gewürfelt werden, denn das erfordert ja irgendeine passende Reaktion. Strategie bliebe dann nur noch für komplett glücksfreie Sachen wie Schach übrig und das wäre mir deutlich zu eng gesehen. Und selbst bei Schach & Co könnte ich in die "ich reagiere" Situation kommen, sobald der Mitspieler etwas für mich völlig unerwartetes macht.


    Ein "Ich nutze Chancen, ich mache das Beste aus meinen aktuellen Möglichkeiten." (Zitat Peter) ist für mich jedenfalls nicht ausschließlich im Taktik-Bereich zuhause. Das gilt eigentlich ganz allgemein, wenn man Spiele gewinnen will. Egal ob die aktuellen Möglichkeiten eher durch Zufälle oder Mitspieleraktionen gesetzt werden. Ich finde es sinnvoller, taktische und strategische Elemente danach zu unterscheiden, in welchem Zeithorizont sie sich auswirken. Taktische Entscheidungen für kurzfristige Ziele, strategische Entscheidungen für längerfristige Ziele. (Deshalb kann ein (Euro-)Spiel nach meinem Verständnis auch beides zusammen enthalten.)


    Reagieren, z.B. auf Würfel- oder Kartenglück, ist oft eher im taktischen Bereich anzusiedeln, aber nicht automatisch immer. Erstens weil die eigenen Entscheidungen sehr wohl langfristige Auswirkungen haben können (gerade wenn nicht so etwas triviales wie "hoch würfeln ist immer gut" gilt) und zweitens weil auch das gerade erlebte Zufallsereignis von vergangen Entscheidungen abhängig gewesen sein kann, d.h. so komplett unplanbarer Zufall war's dann oft doch nicht. Nehmen wir z.B. ein Deck Building Spiel wie Dominion. In dem ganzen Spiel mache ich nichts anderes als Runde für Runde irgendwas möglichst sinnvolles mit der aktuellen Kartenhand, dann alles abräumen, fünf neue Karten ziehen, nächste Runde. Eigentlich klar taktisch geprägt. Dennoch hat Dominion definitiv auch eine starke strategische Komponente, denn ich bestimme ja schließlich selbst, welche Karten ich in mein Deck kaufe, und das wirkt sich dann im Laufe des Spiels so stark aus, dass der bessere Stratege am Ende meist gewinnt.
    (Wobei ich bei Dominion nicht widersprechen würde, wenn jemand sagt, dass der strategische Anteil überwiegend vor dem eigentlichen Spiel, d.h. zwischen Aufbau und erstem Zug, liegt.)

  • Ich kann mir gar kein rein taktisches Spiel vorstellen. Selbst, wenn jede Runde ein Weltweit zufällig ausgewählter Spieler mit der aktuellen Situation konfrontiert wird (Handkarten, Situation auf dem Mars) wird dieser - wenn er gut ist - stets versuchen die Zugmöglichkeit auszuwählen, die langfristig den größten Erfolg verspricht.


    Es gibt ja die eine oder andere Karte, die stumpf Siegpunkte erbringt - rein taktisch wäre das IMMER die in diesem Moment "beste" Karte. Eine Karte dagegen, die Pflanzen bringt, mag aber dem strategischen Ziel des entsprechenden Meilensteins dienlich sein und so sogar mehr Siegpunkte bringen. Solche Abwägungen sind m.E. häufig bei TM.


    Ein Spieler der stets das naheliegende tut und sich Runde für Runde neu entscheidet, was er eigentlich machen will - also rein taktisch spielt - wird bei TM nur selten einen Meilenstein erringen...

    UpLive [bgg for trade] - einfach anschreiben, wenn Dich davon was interessiert!

  • Ich halte nichts davon zu sagen, ein Spiel wäre entweder das eine oder das andere (so wie von @Herbert oben impliziert).

    Einspruch! Der Satz

    Je nachdem, welche Art der Entscheidungen im Spiel überwiegt, nennt man ein Spiel taktisch oder strategisch.

    besagt ja dass beide Arten von Entscheidungen sehr wohl vorkommen. Die Frage ist nur welche die wichtigeren sind. Und darüber kann man sich ja offensichtlich trefflich streiten.

    Gruß aus dem Münsterland
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  • Im Prinzip kann man jeden noch so kleinen Vorgang in eine übergeordnete Komponente und in noch kleinere untergeordnete Komponenten zerlegen.

    Richtig.

    Nach Deiner Argumentation gäbe es daher praktisch immer nur Strategie, aber fast niemals Taktik.

    Entscheidend ist welches Ziel ich verfolge.


    Schon der morgentliche Gang zum Bäcker wäre so eine strategische Entscheidung:

    Wäre es Dein einziges Ziel zu Brötchen zu kommen dann wäre das in der reinen Theorie strategisch. Da Du aber wahrscheinlich übergeordnete Ziele hast ist es die schlichte operative Umsetzung eines Teiles des Tagesplans.


    auch beim Fußball spricht man hier immer von Taktik, niemals von Strategie

    Das Ziel ist ja auch nicht ein Spiel zu gewinnen sondern die Meisterschaft zu holen. Dazu bedarf es strategischer Entscheidungen wie Spielerverpflichtungen, Stadionausbau, Sponsorenverträge und dazu dann noch in jedem Spiel die richtige Taktik.

    Gruß aus dem Münsterland
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  • [off-topic]

    Das Ziel ist ja auch nicht ein Spiel zu gewinnen sondern die Meisterschaft zu holen.

    ...für 2-3 Mannschaften in der Fußball-Bundesliga, ja. Für alle anderen ist das Ziel Meisterschaft so realistisch, wie im Trabbi ein Formel I Rennen zu gewinnen. Bei Faktor 10 und mehr im Gehaltsetat im Vergleich zum Branchenprimus heißt das realisitische strategische Ziel für die Hälfte der Liga doch mittlerweile nur noch, möglichst niemals im Abstiegsgefahr zu geraten...


    [/off-topic]

  • Meine Definition wäre eine Trennung in Aktiv und Passiv.
    Strategie: Ich plane.
    Ich nehme mir etwas vor. Ich formuliere ein Ziel und überlege, ob und wie ich es erreichen kann.
    Taktik: Ich reagiere.
    Ich nutze Chancen, ich mache das Beste aus meinen aktuellen Möglichkeiten. Ich arbeite auf mein strategisches Ziel hin.

    Die Definition sehe ich als äquivalent zu meiner an. Möglicherweise zeigt sie aber auch, warum es hier zwei Meinungen gibt.


    Die Frage ist doch: wann mache ich den Plan?


    Muss ich ihn machen bevor das Spiel beginnt? Dann wäre Terraforming Mars taktischer Natur denn bereits die Auswahl der Karten wäre natürlich eine Reaktion auf eben die Karten.


    Oder mache ich ihn eben nachdem ich meine Starthand sehe? Für mich beginnt das Spiel nach dem Verteilen der Starthand. Das initiale Kartengeben gehört zum Aufbau, ist Setup. Dann kenne ich meine Ausgangslage für dieses Spiel und ich schmiede meinen Plan für dieses eine Spiel.


    Möglicherweise wird das Spiel daher von eingen eher taktisch wahrgenommen.

    Gruß aus dem Münsterland
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  • [off-topic]

    ...für 2-3 Mannschaften in der Fußball-Bundesliga, ja.

    Möglicherweise haben ja diese 2-3 vor Jahren einfach nur die bessere Strategie gewählt...

    Gruß aus dem Münsterland
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  • Sich von Red Bull kaufen zu lassen würde ich nicht als Strategie bezeichnen.

    Ich finde, das ist ein Musterbeispiel für den Start einer perfekten Strategie.
    Und all die primitiven Neider bestätigen das Woche für Woche ... :)


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • fyi
    Auslagerung irgendwann nächste Woche. Bin gerade mitten im Umzug und mobile Moderation ist mir zu nervig...