• Eher zufällig bin ich neulich auf das Spiel Capital vom polnischen Verlag Granna aufmerksam geworden und habe es mir bestellt. (Wie ich zwischenzeitlich gesehen habe, hatte @LookAtTheBacon es kürzlich auch als mal Geheimtipp erwähnt.) Ich konnte es jetzt in allen möglichen Besetzungen, also zu zweit, zu dritt und zu viert je einmal spielen.


    Inhaltlich geht es um den Aufbau der polnischen Hauptstadt Warschau. Jeder Spieler ist für einen Bezirk zuständig und versucht dabei (oh Wunder) die meisten Siegpunkte zu generieren. Jeder Spieler erhält zu Beginn ein identisches Startplättchen. Das Spiel geht über insgesamt 6 Epochen, in denen jeder jeweils 4 weitere Plättchen erhält, die Stadtviertel oder Sondergebäude zeigen. Die Auswahl der Plättchen erfolgt im bekannten Drafting-Modus, in ungeraden Runden links rum, in geraden Runden rechts.


    Die Stadtviertel (Plättchen) bestehen entweder gänzlich aus einer Nutzungsart (Wohn-, Geschäfts-, Kultur-, Industriegebiete, Parks) oder sie enthalten - gerade in späteren Epochen - Mischformen. Die Sondergebäude liefern meist Einkommen oder Siegpunkte, oft an bestimmte Voraussetzungen der Auslage geknüpft. Die verschiedenen Sondergebäude sind daher für die einzelnen Spieler unterschiedlich wertvoll. Außerdem sind auf einigen Plättchen Symbole für ein innerstädtisches Transportsystem enthalten.


    Die jeweils ausgewählten Plättchen baut man entweder in seine Auslage ein und bezahlt die Kosten für das Plättchen oder man nimmt sie aus dem Spiel und bekommt dafür eine Entschädigung in Geld. Am Ende jeder Epoche, also nach dem Legen/Verkaufen von 4 Plättchen werden die Bezirke der Spieler nach verschiedenen Kriterien gewertet, z. B. sind Wohngebiete neben Parks gut, Wohngebiete neben Industriegebieten aber schlecht. Je nachdem wie geschickt man gebaut oder welchen Fokus man gelegt hat oder wie viel Glück man beim Draften hatte, erhält man dadurch mehr oder weniger Geld bzw. Siegpunkte.


    Die eigene Auslage ist dabei maximal 3 x 4 Plättchen groß. Ein bestimmtes Sondergebäude kann dies für genau einen Spieler auf 4 x 4 vergrößern. Man kann aber auch bestehende Viertel überbauen, was im Normalfall Kosten spart, da man beim Überbauen nur die Differenz zum bereits Bestehenden bezahlen muss und die Plättchen der späteren Epochen in der Regel besser, aber eben auch teurer sind.


    Zusätzlich ist zu Bedenken, dass am Ende der dritten Epoche (1. Weltkrieg) ein komplettes Viertel aus der Auslage entfernt werden muss, am Ende der vierten Epoche (2. Weltkrieg) sogar zwei. Auch hier kann ein Sondergebäude die Auswirkungen abmildern (aber leider wieder nur für einen Spieler).


    In den ersten fünf Epochen winkt den Spielern zudem ein offen ausliegendes Sondergebäude, das derjenige für lau einbauen darf, der die auf dem Gebäude genannte Voraussetzung am besten erfüllt. Diese Sondergebäudeplättchen sind doppelseitig nutzbar, sodass je nach Auslage jedes Spiel etwas andere Vorgehensweisen belohnt.


    Mein erster Eindruck ist durchaus positiv, obwohl ich im ersten Spiel zu Anfang gleich etwas unglücklich gestartet bin und dies zum Ende hin nicht mehr ausbügeln konnte. Etwas Erfahrung hilft da durchaus, insbesondere wenn man weiß, was für Teile noch kommen (können). Das Drafting bringt einige knifflige Entscheidungen. Baue ich lieber dieses Teil ein oder verkaufe ich das andere, das meinem Nachbarn weiter hilft? Oder verkaufe ich vorsorglich etwas, damit ich liquide bin, wenn ein für mich noch wichtigeres Teil auftaucht. Meistens möchte man mehrere Dinge gleichzeitig erledigen.


    Auch das Rennen um die offen ausliegenden Sondergebäude bringt einen interessanten Aspekt hinein. Spiele ich auf das erste Ziel oder konzentriere ich mich lieber gleich auf das zweite? Wenn ich das Ziel erreichen will, muss ich dieses Teil nehmen, langfristig erscheint ein anderes aber lukrativer. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass Capital durch das Drafting durchaus einen nennenswerten Glücksanteil hat. Das möglichst gewinnbringende Legen der Stadtplättchen ist aber auf jeden Fall interessant und man kann durchaus auch etwas Spekulieren auf die Teile, die da vielleicht noch kommen mögen.


    Für ein endgültiges Urteil ist es mir noch zu früh. Ich weiß auch noch nicht, inwieweit das Spielkonzept länger trägt oder ob sich noch "todsichere" Strategien herausbilden. Im Moment finde ich Capital unterhaltsam und das bei einer angenehmen Spieldauer von 45 - 60 min.


    #Capital

  • Ich hatte das Spiel auch euf meiner erweiterten Essen-Liste und witzigerweise gerade eben das Video von Rahdo gesehen (der das Spiel übrigens in seine Top10 für 2016 aufnimmt). Mein Spiel ist es wahrscheinlich nicht. Es ist irgendwie doch ein typisches (Tile-)Drafting-Spiel. Für meinen Geschmack kranken die Spiele immer daran, dass sich die Interaktion nicht gut anfühlt. Die Auslage des (der) Gegner(s) ist nur bedingt entscheidend für meinen Zug, eigentlich spiele ich fast nur für mich und optimiere vor mich hin. Gut, es gibt ein "Wettrennen" um bestimmte Ziele, aber das ist mir irgendwie zu wenig.
    Zu zweit sind die Möglichkeiten noch okay - ich kann mit den Plättchen besser planen, da ich alle bis auf eines wiederbekomme, aber in größeren Runden fühle ich mich dann irgendwie gespielt, da es unplanbar wird, was ich (wenn überhaupt) jemans zurückbekomme. Die restlichen "Hände", die an mir vorbei gehen, können dann glücklich passen oder auch nicht.


    Ich MUSS ja sehr viele Spiele kaufen, aber hier kann ich mich gut beherrschen. Einmal spielen würde ich es aber sicherlich trotzdem...

  • Seltsam, bei Terraforming Mars wird Drafting als Methode angesehen, den Glücksanteil zu reduzieren...
    Im übrigen kam ich nach der Probepartie in Essen zu einer ähnlichen Schlussfolgerung wie Du - hab es damals aber nicht mitgenommen.

    Und warum hast Du es nicht mitgenommen?


    Ich versuche meine Käufe dadurch einzugrenzen, dass ich mich vor dem Kauf frage, was mir das Spiel "NEUES" bringt. Spontan würde ich es mit meinen Spielen City Tycoon und 7 Wonders sowoe meinen ehem. Spielen Among The Stars und Fields Of Green vergleichen - und dabei keinen Mehrwert liefern. Ich habe die Spiele aber auch nur jeweils einmal gespielt und vielleicht habe ich auch einen falschen und veralteten Eindruck

  • @Parathion O.k., das ist jetzt etwas anders rübergekommen, als von mir beabsichtigt. Ich wollte damit ausdrücken, was @sneuhauss oben auch schon geschrieben hat. Man hat keinen oder nur wenig Einfluss auf die Teile, die man auf die Hand bekommt. Im Zweierspiel ist das noch o.k., bei vier Spielern habe ich aber gar keinen Einfluss mehr, was aber nicht heißt, dass die Entscheidungen, die zu treffen sind, nicht auch noch interessant wären.