Wow, du bist wahrlich ein guter Spielleiter!
Wenn man bereit ist, sich seine Fehler einzugestehen und daraus zu lernen, kann man so eine Situation nicht besser handhaben. Respekt, ich ziehe meinen Hut vor Dir!
Ich bin auch ein alter Cthulhu-Veteran und habe vor einiger Zeit Fhtagn! ausprobiert. Es hat mir sehr gefallen und ich habe mir das Grundregelwerk zugelegt. Ich war eine der "Witwen", wenn Dir das was sagt.
Danke für das Kompliment.
Selbst kann und will ich nicht einschätzen, ob ich ein guter SL bin oder nicht. Ich gebe mir Mühe, ein solcher zu sein, und ärgere mich immer, wenn etwas schiefgeht. Und ich betreibe viel Aufwand, um das Erleben meiner Spieler so angenehm und auch denkwürdig zu gestalten, wie möglich. Das ist natürlich nicht immer von Erfolg gekrönt.
Ich bin allerdings auch sehr froh, nach vielen Jahren Durststrecke wieder eine Gruppe zu haben, für die ich wirklich gerne leite (weiter oben hatte ich ja schon geschrieben, dass ich da sehr sehr wählerisch bin), und für die ich endlich wieder eine Kampagne leiten kann. Zwar liegen mir One-Shots auch sehr am Herzen, da ich da in punkto Horror alle Register ziehen kann, und die Konsequenzen am Ende des Abenteuers nicht relevant sind (sprich: wie viele Charaktere wahnsinnig werden oder sterben, ist egal), aber Kampagnen bieten halt nochmal ein ganz anderes Erlebnis und viele andere Möglichkeiten. Um so mehr ärgert es mich, wenn dann direkt am Anfang gleich Charaktere einfach draufgehen oder ausscheiden, denn gerade bei Kampagnen versuche ich IMMER, die Lethalität runterzuschrauben, damit die Spieler auch langfristig Spaß an ihren Charakteren haben können...
Für diese Kampagne ("Straight outta Kamborn" - dazu gerne mehr, falls Interesse besteht) hab ich mich richtig ins Zeug gelegt, wahrscheinlich auch, um die letzten Jahre zu kompensieren:
- ein Fragebogen vorab an alle Spieler, um zu erörtern, was sie erwarten bzw. sich erhoffen, was für sie zu gutem Spielerleben führt, und welche Dinge für sie Tabus sind (wegen persönlicher Phobien etc.) - um einen sicheren Ort zu schaffen und eben gut vorbereiten zu können; ganz besonders, da ich zwei Mitspieler habe, die ich noch nicht am Spieltisch hatte
- Vorsorge dafür, dass dies auch am Tisch so bleibt, durch X-Card etc.
- Session 0 - leider nicht optimal, aber via Discord, zumindest in gemeinsamer Absprache
- Nachbesprechung der ersten Sitzung (i.e. des ersten Abenteuers), nachdem ich erläuterte, was mir schiefgegangen ist und welche Fehler ich gemacht habe - um gemeinsam Lösungen zu finden, Frust abzubauen und zukünftigem Frust vorzubeugen
- massive Vorbereitung der Location, da die Kampagne (und nahezu alle Abenteuer) an einem einzigen Ort spielt:
- alle NSCs aus allen Abenteuern in der Stadt herausgearbeitet
- Abenteuerverknüpfungen erstellt, wo keine vorhanden sind
- NSCs z.T. schon frühzeitig eingeführt, und weitere, die früher als notwendig eingeführt werden, um eine lebendige Kulisse zu schaffen
- Landkarte erstellt bzw. angepasst auf die Locations der Kampagne
- relevante Hintergrundinfos zur Stadt erstellt und ausgegeben
- Props, Extras und Specials organisiert bzw. in Planung (i.e. noch nicht da, aber bereits in die Wege geleitet):
- Mit Hilfe von Freunden und Bekannten werden Handouts zu "Hearouts" (sprich: sie werden eingesprochen) - wer da mithelfen möchte, ich kann immer Leute gebrauchen, die gerne noch was einsprechen möchten!
- massive Bilderkartei für NSCs
- ausgestopfter Vogel und Meerjungfrauen-Statue sind vorhanden (für Kampagne in der Kampagne und Verknüpfung mit Weltgeheimnis)
- speziell für das erste Abenteuer: großen Stein organisiert, in Form gebracht und Symbole hineingefräst (der Monolith) sowie überall Aufkleber von Augen angebracht (Thema des Abenteuers)
- Schachbrett und Schachfiguren "bearbeitet", um kontinuierlich die Entwicklung der Kampagne als "Diorama" darstellen zu können
- Dinge, die noch in Planung sind:
- Musikgestaltung (das hab ich nicht mehr geschafft vor dem ersten Termin, und dann gab es auch noch technische Probleme)
- weitere, abenteuerspezifische Props (Umarbeiten eines Messers zum Ritualgegenstand fürs nächste, Herstellen einer "heiligen Reliquie" mit Hühnerknochen, Schnitzwerkzeug, Golddraht, Bändern und Glaskästchen für das danach)
- mehr "Hearouts"
Und dann halt das Abenteuer nicht umfangreich genug vorbereitet. Das Wesentliche. Grrrr.
Okay, I admit, die Liste ist so ein bisschen "die Spieler sehen es (noch) nicht, und ich kanns ihnen nicht sagen, ohne zu spoilern, dann schreib ichs hier mal rein" ...
Den Club der Witwen kenn ich - ich hab seine Entstehung miterlebt bzw. auch Feedback gegeben etc. Ähnliches gilt auch für die Fortsetzungen davon (wobei ich nicht weiß, ob es die zu erwerben gibt). Nadia kenne ich schon sehr lange, wie auch viele andere der Mover and Shaker des Mythos-RPGs hierzulande (durch CthulhuCon, AnRUFung und Deutsche Lovecraft-Gesellschaft). Gespielt oder geleitet hab ich es noch nicht, aber es hat natürlich seinen Platz im Regal. Empfehlen kann ich aber auf jeden Fall noch "Ultima Ratio", ein phantastisches Kammerspiel vom Carsten, und ganz besonders das vielleicht beste Mythos-Abenteuer überhaupt, "Riders on the Storm" vom unglaublichen Moritz, mit dem ich vor langer Zeit mal ein Abenteuer zusammen geleitet habe.
Dumon – vielen Dank. Mir geht's beim Regelwerk ähnlich, ich werde demnächst eine Cthulhu-Kampagne mit SR5-Regeln plus ein paar Hausregeln aus BitD anfangen, weil ich die SR-Regeln gut kenne. Mir ging es mehr um allgemeine Tipps.
Gerade Deinen Punkt 3 unterschreibe ich – wie viel cooler sind Höhepunkte, wenn man sie aufmerksam und ausgeruht spielt?
Bei SR bin ich nicht firm genug. Mich würde das Würfeln der vielen Würfel zwar stören, aber ich bin nicht du, und jeder so, wie er mag. Da gibt es kein richtig oder falsch. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das System bei SR nicht vielleicht zu sehr auf Action ausgelegt ist - etwas, das bei vielen (nicht allen - es gibt coole Ausnahmen) Cthulhu-Abenteuern eher nicht im Vordergrund steht.
Schärfe deinen Spielern aber IN JEDEM FALL ein, dass Cthulhu an sich kein Helden-Rollenspiel ist. Die Charaktere sind normale Personen, Waffen machen wirklich horrenden Schaden (insbesondere Schusswaffen), und gegen die meisten Monster hilft nur weglaufen oder Schaden vermeiden. Zudem gibt es meist nur Pyrrhussiege, keine wirklichen Triumphe...
Falls du weitere Tipps möchtest, können wir uns natürlich gerne mal unterhalten (via Discord z.B.). Da ist es aber vielleicht besser, du fragst, und ich stehe mit Rat und Tat zur Seite...
Ja, was Punkt 3 angeht - wenn es wirlich nur noch der Showdown ist, dann ist das halt so ne Sache. "So, alles gepackt, jetzt haun wir Endboss Aplha auf de Mütze - Blende - Endkampf - Schluss. Neues Abenteuer." Wenn eine Sitzung so anfängt, ist das halt nicht so wirklich das Gelbe vom Ei. Cliffhanger sind klasse, und ich arbeite sehr gerne mit ihnen. Aber das ist dann schon irgendwie antiklimaktisch. Dennoch - wenn es so ist, dann ist das in Zukunft eben so. Denn es bringt nix, wenn wir uns alle nur noch quälen, um das "über die Bühne" zu bringen - das ist bei einem Endkampf ja auch nicht Sinn der Sache...
Ich habe jedenfalls da meine Lektion gelernt - wir sind nicht mehr so jung wie früher, und die Uhrzeit macht mehr zu schaffen, auch am Wochenende. Also: in Absprache fixen Endpunkt (okay, mehr oder weniger) angepeilt, und dann passiert das auch nicht mehr.