Fussnote zum"Historischen": Das sogenannte "Große Heer" eroberte Mittelengland (Danelag = da wo das Gesetz der Dänen galt) von 865-878. 878 gab es lediglich eine Schlacht bei Edington und die 'Invasion' (ein eher unerwartet erfolgreicher, großangelegter Plünderzug, der im Laufe der Zeit zu gigantischen Tributzahlungen in Silber führte), vornehmlich durch dänische Wikinger, war bereits vollzogen. Diese griffen vielmehr 879 massiv das Frankenreich an.
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Auch das so beliebte Datum des Überfalls auf Lindisfarne 793 als "Beginn der Wikingerzeit" ist ein eher wirkungsgeschichtlich zu sehendes Datum. Die Isle of Man (zwischen Wales und Irland) z.B. war im 8 Jh. bereits ein fester Außenposten der Wikinger bzw. Skandinavier. Überfälle, Handel und Besiedlungen gab es also bereits lange davor und sie waren in der damaligen Zeit nichts so besonderes (lediglich für den nicht unbefangenen Mönch, der aus zeitlicher und räumlicher Ferne über den Klosterüberfall sehr ausschmückend schrieb).
Je nach Sichtweise von Historikern begann die 'Wikingerzeit' im 6.-8 Jh. Ich würde die Besiedlung der hunderte Kilometer nördlich gelegenen Lofoten etwa um 600 als Beginn ansetzen. Zu dem Zeitpunkt war nur Südnorwegen besiedelt und es lebten dort nur das nomadische Volk der Samen, mit denen zunehmend gehandelt wurde.
Das Ende der 'Wikingerzeit' ist allerdings klar umrissen mit der vernichtenden Niederlage 1066 gegen das 14 Tage später den Normannen unterlegene englische Heer und der erneuten Plünderung/Zerstörung des seit 1050 nur teilweise wieder aufgebauten Haithabu (3 km entfernt wurde das besser verteidigbare Schleswig neu gebaut).
Ein Wikinger ist genau genommen eine Person, die auf "Viking" geht, eine Fahrt zu einer entfernt gelegenen Bucht (vik), "for to trade or for to raid". Insofern waren geschätzt vielleicht 5% der (Süd-) Norweger, (Süd-)Schweden und Dänen Wikinger (und auch in Skandinavien nicht unbedingt beliebt). Will man die gesamte Population bezeichnen, bietet sich hier eher 'Skandinavier' an. Es sollte erwähnt sein, dass die Wikinger sowas wie die Vorläufer der Hanse waren. Ihr Handels- (und Plünder-) Raum reichte vom kanadischen Baffin-Island bis zum russischen Bjarmaland (Gegend um Archangelsk) im Norden, Im Osten war es die Wolga (Handelsposten bei Bulgar, der ein Ende der SeidenstraßeN war) und im Süden Kaspisches Meer, Schwarzes Meer und Mittelmeer.
Der im Spiel postulierte Gegensatz "Wikinger-Engländer" erscheint mir persönlich auch etwas zu konstruiert, bedenkt man, dass nach dem Rückzug der Römer diverse Stämme aus den Festland-Küstenraum der Nordsee dort in den nächsten Jahrhunderten anlandeten (man denke nur an den Brettspielklassiker Britannia - und seine vielen Ausnahmeregeln, die umfangreicher als die Grundregeln sind) und es im Machtvakuum Jahrhunderte währende Kämpfe um die Vorherrschaft gab, die erst mit der Eroberung durch die Normannen zu so etwas wie "England" als bewußte nationale Kategorie führten und das auch nur in Abgrenzung zu den verhaßten Normannen. Es gab auch zu keiner Zeit so etwas wie eine universelle
„Wikingerkultur“, ähnlich verhält es sich mit Mitteleuropa. Einziges Bindeglied war die noch sehr ähnliche Sprache z..B. Haus = house = hus (schwedisch, dänisch, norwegisch, isländisch) = huis (niederländisch) . Nordeuropa war ein buntes Gemisch an 'Stämmen', die sich äußerer Feinde zu erwehren suchten, egal aus welcher Himmelsrichtung sie kamen oder ob da ein Meer dazwischen lag. Sowas wie Königreiche mit Steuern bzw. Abgaben entstanden in diesem Zeitraum erst und waren einer die Gründe, warum viele Skandinavier auswanderten und auf Inseln wie Isle of Man, den Hebriden, Shetlands, Orkneys, Färöer, Island und Grönland ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu wahren suchten.
Wer sich für mehr Infos interessiert, im zwanzigseitigen Almanach zu #EinFestFürOdin hab ich einiges nach neuerem Wissenstand zusammengefasst : ODIN_almanach_DE.pdf