Passend zum Kälteeinbruch der letzten Tage, kann ich auch von zwei Partien #Frostpunk berichten. Eine davon solo, die andere zu zweit mit manu2207.
Der erstmalige Aufbau des Spiels ist eine langwierige Angelegenheit. Gemeinsam mit dem Auspöppeln saß ich bestimmt an die zwei oder zweieinhalb Stunden am Tisch - und ich zähle kein Material nach. In der Folgepartie brauchte ich knapp 35 Minuten für den Aufbau aus der Box. Es ist natürlich schneller, wenn ich nach dem Szenario einfach umbaue oder zurücksetze, aber aus der verstauten Box und ohne ein richtiges Insert werde ich die Aufbauzeit nicht viel weiter drücken können als auf 30 Minuten. Das hat auch den Hintergrund, dass Frostpunk enorm viel Platz auf dem Tisch einnimmt und dadurch nicht nur aufgebaut, sondern auch arrangiert werden muss.
Die Regeln des Spiels sind sehr umfangreich, aber auch gut und verständlich geschrieben. Das Spiel und der Spielablauf waren mir durch die Tabletop Simulator Variante vertraut, werden durch das Lesen aber eingängig vermittelt. Jedoch sollte man sich Zeit einplanen, denn rein textlich ist da viel zulesen, auch wenn der Ablauf selbst nicht komplex ist.
manu2207 hatte die Regeln nicht gelesen, sich aber ein oder zwei Videos zum groben Ablauf angeschaut. Das Spiel habe ich trotzdem so erklärt wie ich es einem Neuling ohne Vorahnung erklärt hätte und habe dafür 20 Minuten gebraucht.
Nun zum Spiel selbst:
Ich wusste seit dem erstmaligen Anspielen mit Ben2 und koala-goalie während der Kickstarter Kampagne, dass mir das Spiel gefallen würde. Grund dafür war, dass es die digitale Vorlage so hervorragend abbildete. Diese Vorlage hatte ich nie wirklich intensiv gespielt, aber immer dafür gemocht, wie sie das Szenario und die Schwere der einzelnen Entscheidungen einzufangen vermag. Das Brettspiel steht dem digitalen Vorgänger da im Nichts nach und schafft es die Vorlage ohne großen Mehraufwand ins Analoge abzubilden.
Der Grundlegende Spielablauf ist wirklich simpel:
Zunächst bewegt sich der Rundenanzeiger ein Feld weiter und löst eventuell Events aus, die auf den Rundenfeldern liegen oder schließt Forschungen ab, die sich ebenfalls auf dieser Leiste befinden. Im Anschluss gibt es ein morgendliches Event, welches uns oft vor die Wahl zwischen zwei oder mehr Alternativen stellt. Die Auswirkungen zeigen sich meist erst später im Runden- oder Spielverlauf, erfordern aber einige Überlegung, da man in Frostpunk vom Spielgefühl nicht einfach nur Marker auf Leisten hoch oder runter schubst, sondern Entscheidungen für die Bewohner der eigenen Siedlung und damit auch über deren Existenz fällt.
Das ist nicht einfach so dahingesagt, denn Frostpunk fühlt sich tatsächlich derart thematisch an, dass man wirklich überlegt, ob man die Kinder zur Arbeit zwingen sollte, obwohl man sie eigentlich vor den Härten der Welt schützen möchte. Es ist ein ständiges Abwägen bei den Entscheidungen, da der Verlust oder die Unzufriedenheit nicht nur spielerisch Auswirkungen haben, sondern einem selbst bei den Entscheidungen auch emotional einiges abverlangen.
Im Anschluss an das morgendliche Ereignis muss sich um den Generator gekümmert werden. Wird dieser zu wenig befeuert, dann werden die Bürger:innen krank. Ist man jedoch zu großzügig mit der Kohle, dann kann dieser Generator überhitzen und Schaden nehmen oder final sogar explodieren, was dann das Spielende bedeutet. Auch hier ist es also ein ständiges Abwägen und in der Aktionsphase gilt es den Generator vor der Überlastung zu schützen, damit man ihn später ohne Risiko wieder befeuern kann.
Das Wetter kündigt sich danach an. Die Jäger finden Nahrung, der Sturm kommt der Siedlung näher, unsere ausgesandten Expeditionen machen Fortschritte und durch die steigende Kälte kostet uns das Heizen immer mehr Kohle. Es ist ein Teufelskreis, da in dieser vereisten Welt Wärme mit das Wichtigste ist und es uns immer schwerer fällt diese Wärme in den Unterkünften zu erhalten. Die Kohle wird knapp und insgeheim wappnet man sich für den nahenden Sturm, welcher oftmals großen Schaden anrichtet und die Ausgangssituation nochmals erschwert.
Haben wir zuvor nicht genug geheizt und hat sich das Wetter nun nochmals verschlechtert, dann werden unsere Bewohner:innen krank oder sterben sogar. Ersteres können wir versuchen durch Krankenstationen aufzufangen, der Tod ist jedoch allgegenwärtig und wirkt sich extrem schlecht auf die Moral der kompletten Siedlung aus. Diese Moral müssen wir jedoch hochhalten, da sie sowohl für Events, als auch das Überleben an sich unabdingbar ist. Fällt die Moral auf Null oder steigt die Unzufriedenheit zu hoch, dann überlebt unsere Siedlung dies nicht.
Aus diesem Grund versuchen wir in der Aktionsphase verzweifelt das Beste aus dieser Situation zu machen. Der Mangel an Aktionen oder Ressourcen ist dabei omnipräsent. Es gilt Unterkünfte bereitzustellen, Nahrung zu finden oder produzieren, Kohle zum Beheizen abzubauen oder schlicht die kranken Bürger zu behandeln. Für alles reicht es nie. Genau dies ist der Punkt, an dem mit den Mitspielenden rege diskutiert wird, genau wie bei den Events. Was ist zu tun? Wer kann frieren oder soll hungern und wie überleben wir den nahenden Sturm?
All diese Fragen sind wichtig, denn nach den Aktionen kommt die Dämmerungsphase und damit holen uns die Entscheidungen des Morgens, die von uns verabschiedeten Gesetze oder andere Dispute in der Gemeinschaft ein. Je nach getroffen Entscheidungen kann dies sogar ab und an positiv sein, die meisten Vorkommnisse sind ob der bedrohlichen Situation jedoch negativer Natur. Dies verdeutlicht die Schwere jeder einzelnen unserer Entscheidungen im Laufe des Spiels.
Schlussendlich neigt sich der Tag in unserer Siedlung dann dem Ende. Die Bewohner:innen wollen ernährt werden und einen Schlafplatz geboten bekommen. Können wir das nicht bieten, dann hungern oder frieren sie, was dazu führt, dass sie krank werden, sich weigern zu arbeiten oder gar sterben.
Frostpunk bietet viele Leisten, jedoch haben sich Leisten in einem Spiel für mich selten derart thematisch angefühlt. Meine Entscheidungen haben einen größeren Einfluss als ein um zwei Stein höheres Einkommen in der nächsten Runde. In Frostpunk geht es um das Überleben meiner Gemeinschaft. Diese Tiefe jeder Entscheidung - und sei es nur das Einsetzen eines Arbeiters - fängt Frostpunk grandios ein. Auf Grund dieser Tiefe finden viele Überlegungen statt. Es gilt abzuwägen was man wie oder wann machen sollte und an welcher Stelle man in dieser Runde am ehesten verzichten kann. Das sind Entscheidungen, die nicht immer leicht fallen und sowohl thematisch als auch spielmechanisch eine Relevanz besitzen.
Für mich ist Frostpunk dabei jedoch ein Spiel für ein bis zwei Personen. JanW hat es zuletzt zu viert gespielt und fand es klasse, ich für meinen Teil sehe den Mehrwert darin jedoch nicht. Die enthaltenen Variante über die Rollenkarten ist zwar gut, aber mit mehr Spielern kann sich schnell ein Alpha Spieler in der Aktionsphase selbst hervortun oder man diskutiert um des Diskutierens Willen. Meine beiden Runden haben knapp vier Stunden gebraucht und auch im zweiten Spiel hatten wir beide genug Möglichkeiten miteinander die Entscheidungen abzuwägen. Bei zwei weiteren Mitspielenden am Tisch wären die Vorschläge jedoch nicht so viel anders gewesen, sodass der Einfluss des einzelnen auf die Partie gefühlt sogar geringer gewesen wäre. Um die Erfahrung mit mehreren Mitspielenden zu teilen ist es natürlich schön, bietet mir jedoch wahrscheinlich dafür zu wenig.
Die Solo Partie konnte ich in der zwölften Runde knapp gewinnen. Eine inaktive Hoffnung war noch übrig, obwohl es bis kurz vor Ende richtig gut lief. Meine Bürger hatten allesamt ein Dach über den Kopf, es gab genug Essen um den Hunger zu stillen und Krankheiten oder Kälte waren kein Problem. Der finale Sturm war ein herber Schlag für meine kleine Gemeinschaft, jedoch gerade noch verkraftbar.
Gemeinsam mit manu2207 schaffte ich es bis zum Ende von Runde elf im Szenario eins. Unser Problem in diesem Spiel waren die vielen kranken Bürger. Den Krankheiten konnten wir am Ende nicht mehr Herr werden, sondern deren Auswirkungen nur noch veverschleppen. Uns fehlte hier einfach die passende Technologie, die ich in der ersten Partie noch entwicklen konnte. Vielleicht hätten wir auch eher Baracken bauen sollen statt der Häuser zu Beginn. Oder vielleicht...
Frostpunk ist ein Spiel, dass selbst bei gleichem Szenarioaufbau deutlich anders verlaufen kann. Es gibt eine Vielzahl an Faktoren, welche Varianz ins Spiel bringen und Einfluss auf die eigene Spielweise zu nehmen vermögen. Gerade deshalb kommt auch der Reiz zu Stande es immer wieder zu probieren und die Gemeinschaft doch irgendwie durch die Eiszeit zu bringen. Das wird nur in den seltensten Fällen gelingen, doch auch die Niederlagen erzählen fesselnde Geschichten, sodass sich das Verlieren nicht negativ anfühlt.