Leider kam ich in den letzten Wochen nicht so viel zum Spielen wie erhofft, aber für einen neuen Oldie-Goldie-Newbie-Surprise-Post reicht es dann doch.
Endlich mal wieder ein Oldie, der den Namen verdient: #TitanTheArena von Reiner Knizia aus dem Jahr 1997. Als Götter ergötzen wir uns am Arenakampf mystischer Wesen, und weil wir auf die Überlebenden wetten, greifen wir immer wieder in die Kampfhandlungen ein, um bestimmte Wesen zu schwächen oder zu stärken, indem wir Karten für sie ausspielen. Dies wiederum erlaubt es uns, die jeweilige Spezialfähigkeit des Wesens zu nutzen, während wir gleichzeitig immer wieder (offen oder geheim) auf einzelne Wesen Wetten platzieren. Wenn für jedes Wesen eine Stärkekarte ausliegt und eine Kreatur als einzige die niedrigste Stärke hat, endet die Kampfrunde und dieses Wesen scheidet aus. Gleichzeitig werden Wetten immer weniger wert, je später im Spiel sie platziert werden, und nach fünf Kampfrunden endet das Spiel und jeder erhält Punke für seine offenen und geheimen Wetten auf Kreaturen, die jetzt noch am Leben sind. Dass diese Mechanik zeitlos gut funktioniert, sieht man daran, dass das Spiel bis heute Dutzende Neuauflagen und Reinkarnationen (u.a. als „Galaxy: The Dark Ages“ und „Equinox“) hatte, wobei es seinerzeit selbst bereits eine Weiterentwicklung des im Jahr zuvor erschienenen Piatnik-Pferderennspiels „Grand National Derby“ war. Ich bin zwar kein Fantasy-Fan, aber hier finde ich das Thema überaus passend und mag den kniffeligen Charakter des Spiels, da es hier weniger auf Kartenglück als auf das richtige Timing und gutes Einschätzen der Mitspieler ankommt – und dabei selbst gutes Bluffen möglich ist. Mag sein, dass es mancher als für heutige Verhältnisse etwas zu trocken empfindet – andererseits ist es in einer guten Stunde gespielt und bietet weitaus mehr Tiefe als viele vergleichbare Kartenspiele. Ich mag es jedenfalls – alleine schon für die hasserfüllten Blicke, wenn man jemandem sein ihm-offenbar-doch-wertvoller-als-vorgegebenes Viech aus dem Spiel ballert.
Auch der Goldie dieser Ausgabe verdient diese Bezeichnung über die Maßen, ist es doch eins der Spiele in meiner Sammlung, in die mit am meisten Zeit und Geld investiert wurden, um das Spielerlebnis zu maximieren: #FortuneAndGlory. Für die einen ist es ein AmeriTrash-Alptraum aus Zufall und langer Spieldauer, für andere das ultimative Fun-Fest und “Indiana Jones game to end all Indiana Jones games“ – und beides ist nicht falsch. Ich spiele FanG (wie es die Fanboys nennen) tatsächlich ausschließlich zu viert, in Zweier-Teams gegeneinander und mit böser Geheimorganisation als Semi-Koop-Gegner, denn auf diese Weise verteilt sich der objektiv überproportionale Glücksanteil gut genug, dass man das Spiel seine gut 3 Stunden lang genießen kann. Und als Event-Spiel, das haarsträubend skurrile Geschichten über waghalsige Risiken und durchgeknallte Situationen erzählt, ist es in der Tat ein Genuss: Wir jagen über den stimmungsvollen Spielplan und „pushen unser luck“, um schneller an die über die Welt verteilten Artefakte zu kommen als unsere Gegenspieler (sowie die bösen Spiel-Gegner, die je nach Erweiterung mal Gangster oder fiese Kultisten sind – aber mal ehrlich: was wäre Indiana Jones ohne böse N*zis, also nimmt man fast immer die). Überall gibt es Möglichkeiten, an Aufträge, Ausrüstung oder Verbündete zu kommen (welche man im Team-Spiel prima untereinander tauschen kann), und natürlich lauern überall Gefahren in Form von Würfelproben, die es zu bestehen gilt… und oft genug ist es dann etwas Banales, das dem Helden (manchmal buchstäblich) das Genick bricht, weil man es unterschätzt hat – zur Schadenfreude der Gegenspieler, versteht sich. Egal, man startet einfach in der nächsten Runde mit dem „Sohn vom Held“ erneut, und das Rennen ist wieder im vollen Gang. Jetzt schnell noch den Kriegszeppelin entern, bevor Adolfs Schergen selbst den Sieg erringen – das Abenteuer ist selten weiter als ein paar Schritte entfernt. Zugegeben: Dauernd hab ich auch keine Lust drauf, aber 1-2 Mal im Jahr ist es ein wahres Fest, und mit ins Deutsche übersetzten Karten und bemalten Miniaturen einer meiner All-time Goldies. Der übrigens in der zweiten Jahreshälfte tatsächlich die seit Ewigkeiten angekündigte Neuauflage erhalten könnte… ein paar deutsche Shops haben sie jedenfalls bereits gelistet.
Als Newbie kam am Wochenende #SSO (für „Space Ship Omega“) auf den Tisch. Dabei handelt es sich um ein (meist) kooperatives kartengetriebenes SciFi-Survival-Horrorspiel für am besten 1-3 Spieler, das sich vom Spielgefühl her vielleicht am ehesten mit #MaximumApocalypse vergleichen lässt, denn auch hier kann man mit einer Auswahl an vorhandenen Charakteren verschiedene Szenarien durchspielen: Während man es im Grundspiel mit einer mörderischen Schiffs-KI zu tun hat, bringen die Erweiterungen verschiedene Aliens, Anomalien und andere Gefahren ins Spiel. Mechanisch geht es einen anderen Weg: Das Raumschiff hat verschiedene Module, in die man seine Leute via Karten-Programmierung schicken kann, um dort entweder die Modul-Aktion oder die Spezialfähigkeit seines Crewmitglieds auszuführen. Danach wird Sauerstoff verbraucht (entweder aus dem Schiff oder seinem persönlichen Vorrat), bevor eine Ereigniskarte für neue Herausforderungen sorgt. Durch Missionen, die je nach Erfolg oder Scheitern zusätzlich Ressourcen erhöhen oder verringern, kann man den weiteren Verlauf beeinflussen, doch sollte man sich emotional nicht zu fest an seine je nach Spielerzahl 2-3 Charaktere (+1 in Reserve) binden, denn im Weltall ist der Tod nie weit. Sofern einem nicht der Sauerstoff ausgeht oder die persönliche Moral auf 0 sinkt (was dann passiert, muss ich wohl nicht extra erwähnen), bevor man mit dem Ereigniskartenstapel durch ist, hat man das Szenario gewonnen; optional gibt es Punkte für jeden Spieler, was das Spiel gegen Ende unter Umständen etwas weniger kooperativ macht – im Weltall hört Dich halt keiner „Verräter!“ schreien… Und wie ist das Ganze so? Überraschend gut – mit einer Einschränkung: Wer auch immer diese Anleitung geschrieben hat, gehört mit der nächsten Sonde ins All geschossen (die ist auch der Grund für die vergleichsweise schlechte BGG-Bewertung). Ohne Probe-Partie beim Regellernen geht hier nichts, zumal die Mechanik zwar eigentlich simpel, aber erstmal nicht sehr intuitiv ist. Gott sei Dank gibt es brauchbare Spielhilfe-Karten, und wenn man den Bogen erstmal raushat, fängt man an zu staunen, wie viel taktische Spieltiefe in diesem Problemlöse-Puzzler steckt. Freunden des Solo- und Koop-Genres empfehle ich hier gerne eine Probepartie, und ich freue mich bereits auf das nächste Abenteuer.
…und dann wäre da noch der Surprise, der diesmal auf den Namen #BergeDesWahnsinns hört. Die Prämisse: Vor dem Hintergrund der gleichnamigen Lovecraft-Erzählung kooperativ Karten ausspielen, um so eine Reihe von Aufgaben zu bestehen. Das Problem: Sowohl Versagen als auch Bestehen dieser Aufgaben führt zunehmend dazu, dass Spieler Wahnsinnskarten ziehen müssen, die sie zunehmend im Spiel behindern: Es beginnt mit harmlosen Ticks, die sie in ihr Verhalten einbauen müssen und eskaliert so weit, dass unbedarfte Zuschauer sich vermutlich ernsthaft Sorgen machen würden – würden sich nicht alle Beteiligten selbst darüber kaputtlachen (wobei… vielleicht auch genau *deswegen*). Überraschung 1: Anders als bei vielen Partyspielen versuchen hier alle Beteiligten (so) ernsthaft (wie möglich), tatsächlich weiterhin die immer kniffliger werdenden Aufgaben zu erfüllen. Überraschung 2: Nachdem wir gleich zu Beginn eine Reihe von Rückschlägen einstecken mussten, weil wir erstmal begreifen mussten, wie wir uns sinnvoll koordinieren können, hatte ich die Partie eigentlich bereits als krachende Niederlage abgeschrieben; umso überraschter war ich, dass wir tatsächlich noch einen waghalsig irren (!) knappen Sieg davontragen konnten, was ich dem Spiel hoch anrechne. Fazit: Auch Berge des Wahnsinns fällt in die Kategorie „Nur in geringen Dosen genießbar“ – am besten zu Anlässen wie Halloween, Silvester oder ähnlich lockere Runden – aber dann hat es das Potential, grandios zu zünden. Wahnsinn!