City of Remnants

  • Moin,


    welche Meinung habt Ihr zu City of Remnants von Plaid Hat Games?


    Gehört mit 55 Euro eher zu den hochpreisigen Importspielen. Wobei ob 35 oder 40 oder 55 Euro meiner Meinung nach eher zweitrangig ist, wenn ein Spiel über eine Kennenlernpartie trägt und danach längerfristig auf den Tisch kommt und Spielspass verbreitet.


    Aus den Video-Rezensionen und Beschreibungen bei BGG & Co werde ich nicht so recht schlau und kann das Spiel nicht wirklich einordnen: Es bietet viele verschiedenste Spielmechanismen, vereint in einem düsteren Setting eines konfrontativen Spielgeschehens. Anscheinend kann das Spiel von Partie zu Partie besser werden, wenn man erstmal nach einer Kennenlernpartie die diversen Möglichkeiten erfasst hat. Ebenso kann man es auch als zu glückslastig und unberechenbar ablehnen, wenn einem die Ami-Trash-Elemente zu sehr in den Vordergrund rücken oder man damit nicht klar kommen kann.


    Ist die Materialqualität zufriedenstellend? Einzelstimmen auf BGG schreiben was von Flüchtigkeitsfehlern auf einigen Karten. Andere schreiben hingegen, dass für fehlerhafte Karten direkt Ersatz dem Spiel beiliegt.


    Für welche Spielergruppe könnt Ihr das Spiel empfehlen? Oder taugt der Versuch, möglichst viele tolle Spielmechanismen in ein Spiel zu packen, dann doch nicht? Archipelago ist da für mich so ein Spiel, was ich mehr mögen will, als es eigentlich ist und am Ende leider doch mehr Frustpotential bieten kann als Spielspass - je nach Spielrunde und Erwartungshaltung.


    Cu / Ralf

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Mich würde auch die Meinung eines echten "Kenners" interessieren.


    Die Informationen und Videos auf BGG erklären das Spiel zwar gut, aber ich kann mir nicht so recht vorstellen, wie das Ganze funktioniert. Außerdem mag ich Area Control Games nicht so sehr. Ich bin also was dieses Spiel angeht sehr unentschieden.

  • Habs mir jetzt mal (neben anderen Zeugs) kurzentschlossen bei BNW in Köln bestellt.


    Laut BGG gibt es bis auf 2 Geld-Counter, die auf der Rückseite einen gespiegelten Wert haben, aber ausreichend richtig vorhanden sind, keine weiteren Mängel. Zudem sind alle bisher gelesenen Sessionreports eindeutig positiv in Sachen Wiederspielwert für 2 bis 4 Spieler. Wirklich negativ wurde es nur von Erstspielern gewertet, die mit einigen Mechanismen (zu konfrontativ, teils als zu glückslastig empfunden) nicht klar kamen. Meinungen von Mehrfachspielern relativieren die aber. Scheint wohl ein Spiel zu sein, was zwingend eine Kennenlernpartie braucht und in dieser Kennenlernpartie dann auch mal frustig werden kann, weil man die möglichen Fallstricke noch nicht erkennt. Zumindest kein weichgespühltes Spiel, sondern eines, das unüberlegte Spielweise (in der ersten Partie aus Unkenntnis) auch entsprechend bestraft.

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  • Klingt gut für mich. Ich würde mich über ein paar Worte von dir zu dem Spiel freuen (am Besten vor Essen ;)

  • Zitat

    Original von ravn
    Laut BGG gibt es bis auf 2 Geld-Counter, die auf der Rückseite einen gespiegelten Wert haben, aber ausreichend richtig vorhanden sind, keine weiteren Mängel.


    Stimmt. Die Qualität ist gut, allerdings hätte das Spielbrett noch bisschen besser designed werden können. Es ist sehr dunkel und die Häuser-Grafiken sind auch nicht besonders schön.
    Die Spielkarten sind auch qualitativ gut, mit stimmigen Zeichnungen und sehr viel Flavortext.


    Wir haben bisher eine 4er und eine 2er Partie geschafft, momentan ist hier Legendary der Favorit.


    Die 4er Partie fand ich sehr gut, würde ich sofort wieder spielen. Es gibt 4 Fraktionen mit eigenen Starterdeck. Die Fraktionen spielen sich auch völlig anders, wobei am Anfang die "Haudrauf"-Fraktion am leichtesten Spielen lässt, für die anderen braucht man etwas Spielerfahrung.
    Der einzige Kritikpunkt waren die Aliens, die am Ende einer Runde auftauchen, und zufällig irgendwo angreifen (auch mit zufälliger Stärke). Wenn man hier nicht gut vorbereitet ist, dh. entweder genügend Karten auf der Hand oder Geld, wird man vernichtet. Da muss man sich erstmal dran gewöhnen.


    Das Kampfsystem ist auch sehr hart:
    Bei den Kämpfen gewinnt bei gleicher Stärke derjenige, der besser würfelt (das ist ok). Die Verliererseite verliert dann eine Einheit und eine Karte (das ist schmerzhaft). Gekämpft wird bis eine Seite ausradiert ist, es gibt (fast) keine Möglichkeit zum Rückzug (man kann dafür eine Karte kaufen)


    Die 2er Partie fand ich nicht so gut. Wir haben Kampffraktion gegen Baufraktion gespielt. Die Kampffraktion darf nach einem Sieg ein paar Karten wieder auf die Hand nehmen, und kann dadurch sehr gut
    durchmaschieren. Vielleicht muss man bei zwei Personen auch andere Fraktionen nehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von msachau ()

  • Heute ist meine Version angekommen. Kann den Eindruck von msachau bestätigen: Das Spiel ist ingesamt recht düster gehalten, was zwar stimmungsvoll sein kann, aber wohl eine gute Beleuchtung braucht, um übersichtlich zu bleiben. Da die Karten bis zum Rand bedruckt sind und eher Ami-Spielkarten-Qualität haben und zudem durch den Deckbau-Aspekt unterschiedlich oft gemischt werden, habe ich die mal in Kartenhüllen gepackt. Für irgendwas müssen meine Reste an alten UltraPro-Hüllen im alten Magic-Format ja nützlich sein.


    Insgesamt ist das Material aber auf einem guten-normalen Eurogames-Niveau. Dass ich ein Montags-Exemplar mit einem teils weiss gesprengelten Sanzbogen erhalten habe, ist dann wohl persönliches Pech. Ersatz vom Verlag ist per 1st Class International schon unterwegs aus den USA, aber zum Glück ist das Spiel trotzdem noch spielbar.


    Mehr wenn ich die erste Partie gespielt habe.


    Cu / Ralf


    PS: Anscheinend ziehe ich Montagsprodukte an, weil mein neues "The Duke" ist bei 7 der Holzspielsteinen auch beschädigt - teils verschmiert bedruckt, teils abgeplatzt, teils mit tiefen Macken. Aber auch da ist Ersatz unterwegs vom Verlag.

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    Einmal editiert, zuletzt von ravn ()

  • Zitat

    Original von ravn
    Insgesamt ist das Material aber auf einem guten-normalen Eurogames-Niveau. Dass ich ein Montags-Exemplar mit einem teils weiss gesprengelten Sanzbogen erhalten habe, ist dann wohl persönliches Pech.
    [...]
    PS: Anscheinend ziehe ich Montagsprodukte an, weil mein neues "The Duke" ist bei 7 der Holzspielsteinen auch beschädigt - teils verschmiert bedruckt, teils abgeplatzt, teils mit tiefen Macken. Aber auch da ist Ersatz unterwegs vom Verlag.


    Entschuldige, aber du hast doch immer dieses Glück!
    Mittlerweile wirfst du mit 3W6 auch schonmal mehr als 4 in der Summe, dafür aber dann nur noch Montagsexemplare - was hast du in deinem vorherigen Leben so angestellt, hm? ;)

  • Am Freitagabend dann die erste Partie - in entspannter 3er-Runde. Das Regelwerk ist für den geübten Eurogamer recht eingängig, weil in vielen Details bekannt. Aber das Ganze ist dann doch grösser und erfrischend neuer als die Summe der bekannten Teile. Dank der FAQ werden auch etliche Detailfragen eindeutig beantwortet, die die Anleitung selbst eher offen lässt. Es reicht aber vor der ersten Partie einen Blick darein zu werfen. Nachschlagen mussten wir während der Partie da nix - was für das Spiel an sich spricht. Einmal im Spiel angekommen, läuft es angenehm flüssig und man kann sich auf sein Spiel konzentrieren und eben nicht auf das Handling der Mechanismen.


    Schnell zeigte sich, dass man vieles machen kann mit seinen Aktionen, aber nur wenig davon in der jeweiligen Situation wirklich optimal ist. Was aber optimal ist, wird man kaum in einer Erstpartie erfassen können. So war das Spielgeschenen auch eher ein teils wildes Ausprobieren der vielen Möglichkeiten. Dabei wird das Spiel gut von seiner düsteren SciFi-Atmosphäre getragen und wirkt in sich stimmig.


    Die angegebenen 90 Spielminuten haben wir verdoppelt und drei Stunden daraus gemacht. Allerdings kannte wirklich niemand von uns vorab das Spiel und ich nur die Regeln. Also war die Überlänge auch dem Herantasten an die sinnvolle Kombination der Aktionsarten geschuldet. Zudem sollte man stets den Überblick über die Gebäudefunktionen, anzuwerbenden Gang-Mitglieder und Schwarzmarkt-Utensilien behalten, was durch die teils düstere Farbgebung nicht immer ganz einfach war von der anderen Tischseite. Gebäude-Übersichten (ggf als Karten) für jeden Spieler (und nicht nur zentral einmal vorhanden) würden da schon helfen, alles im Blick zu behalten und auch wann einem welche eigenen Gebäude helfen können. Mit der Spielpraxis legt sich das sicher, erschwert aber anfangs den Zugang und verlängert auch (unnötig) die Spieldauer.


    Trotzdem war das Spiel keine Minute langweilig oder langatmig. Downtime gab es bei uns auch keine, weil man in den Zügen der Mitspieler daran interssiert sein musste, was die denn so trieben, um ggf darauf zu reagieren oder seine ursprünglichen Pläne durchziehen zu können. Dadurch, dass sich das Spielgeschehen auf dem Plan zusammenballt und schnell Grenzen zu Mitspielern entstehen, die umkämpft sein können, ist der ganze Ablauf interaktiv, teils immer mit der Drohnung, konfrontativ zu werden und einem zum Handeln zu zwingen.


    Die drei in unserer Dreierpartie vorhandenen Gangs spielten sich vom Ansatz und ihren Fähigkeiten zudem arg verschieden. Ob man damit in eine vorgegebene Rollen hineingedrängt wird, die man ausfüllen soll, wird sich noch zeigen müssen. Durch den Deckbau-Aspekt, in dem man weitere Gang-Mitglieder rekrutieren kann und dann auch direkt mit deren Kampf- und Sonderaktionen auf die Hand bekommt, scheint aber ausreichend Freiraum gegeben zu sein. Zudem bringt der Schwarzmarkt mit seinen diversen nützlichen Gegenständen sowie die variable Auswahl der verfügbaren Gebäude (nur 9 von 18 sind jede Partie im Spiel und welche davon ist Zufall) einen zusätzliche Vielfalt ins Spiel, so dass wohl kaum eine Partie der Nächsten zu sehr gleichen wird.


    Am Ende langen wir im Bereich von gut 10 Ruhmespunkten auseinander, trotz extrem unterschiedlicher Spielweise, die allerding weit entfernt von dem Optimum des Möglichen gewesen ist. Eben eine Kennenlernpartie, die insgesamt und auch mir Lust auf kommende Revanchen gemacht hat.


    Einzig mit den Zufallsfaktoren muss man klarkommen können. Die tauchen in Form von Kampfwürfel auf, die je nach Spielweise wenig bis viel zum Ausgang eines Kampfes beitragen können. Die tauchen in Form von den ausserirdischen Invasoren auf, die als Polizeigewalt per eingeschränktem Zufall auf dem Stadtraster nach dem Rechten sehen und einem übel mitspielen können, wenn man deren Auftauchen nicht einberechnet. Zudem gibt es einige Karten und Gebäude, die einem den Ausgang einer Aktion auswürfeln lassen.


    Insgesamt kann man den Zufall aber gut in sein Spiel mit einkalkulieren und wer davon überrascht wird, hat entweder noch nicht ausreichend Spielpraxis gesammelt (und lernt es dann auf die harte Tour, so wie ich in der letzten Runde, als ich blankgespielt drei Gebäude-Kontrollen verlor, was aber eigene Schuld war) oder hat einfach zu blauäugig gespielt. Dabei ist der Zufall allerdings, das lässt sich nicht wegdiskutieren, eben der Einschlag Ami-Trash zu den ansonsten eher Euro-Games typischen Spielmechanismen. Mir gefällt es, weil es schlicht auch stets thematisch passt.


    Wirkliche Kritikpunkte habe ich hingegen wenige: Die Ruhmesmarker haben eine blöde Stückelung mit zu wenigen 1ern, so dass man zu oft im Spiel wechseln muss, damit die Mitspieler passend Ruhm bekommen können. Die Kartentexte sind teils klein, aber eben wichtig und man muss drei Auslagen mit insgesamt 4+4+9 Karten davon im Blick haben, um effektiv spielen zu können und nicht nur irgendwas zu machen, weil man den Überblick verloren hat. Es fehlen Markierungssteine, welche Errungenschaften man zum Ausbau seines Einflusses schon genutzt hat und welche nicht - aktuell muss man sich das schlicht merken. In der FAQ stehen einige wichtige Details, ohne die man das Spiel sicher falsch spielen würde. Ein Kartentext auf einem dreifach auftauchenden Schwarzmarkt-Artikel wurden inzwischen geändert, um eine unerwünschte Endlosschleife zu verhinden - Ersatzkarten gibt es dazu aber noch nicht.


    Das alles wirft das Spiel aber nicht um und kann (wenn überhaupt nötig) auch selbst nachgebessert und optimiert werden durch erweiterte Gebäude-Übersichten, alternative Ruhmesmarker, eine gute Beleuchtung am Spieltisch und Karten in Hüllen, damit man von den drei Karten den Text ändern kann per Einleger.


    Mein Fazit: Wer sich mit dem Thema (Gewalt & Drogen in einer trostlos und zerstörten SciFi-Welt) anfreunden mag und sich auch an den Zufalls-Elementen nicht zu sehr stösst, bekommt mit City of Remnants ein erst unscheinbares, dann aber umso spannender werdenden Spiel, das fernab einer Erstpartie entdeckt werden will. Daumen hoch für diesen gelungenen Mix aus Euro-Game und Ami-Trash mit viel Interaktion, wenig Downtime und Konfrontation je nach Spielrunde.


    Cu / Ralf

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    Einmal editiert, zuletzt von ravn ()

  • SUPER - danke für die ausführlich und tolle Beschreibung. Jetzt habe ich noch ein Spiel auf meiner Kaufliste....

  • Wie hast Du in Deiner Spielrunde die vielen Informationen erlebt, die auf der doppelten Kartenauslage der Personen und Schwarzmarkt-Gegenstände sowie die unterschiedlichen Gebäudetypen aufgedruckt sind? Bin noch auf der Suche nach einer optimaleren Möglichkeit, die Übersicht zu behalten. Aktuell verwende ich für jede Tischseite eine Gebäudeübersicht, bei der nur die x Gebäude sichtbar sind, die aktuell im Spiel sind, während die anderen Gebäude-Infos per Post-It-Zettelchen abgeklebt sind. Zudem sind wir in unseren Spielrunden (bisher 3x gespielt) die neuen Kartentexte bei dem Aufdecken der Charakter- und Gegenstände-Auslage in ihrer Funktion durchgegangen. Dadurch erhöht sich zwar die Spielzeit, aber ich meine, man kann gezielter spielen.

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  • Bezüglich Schwarzmarkt- und Gangkarten haben wir diese bei Neuauslage jede Runde laut vorgelesen. Da ja meistens nur 1-2 Einheiten oder Schwarzmarktgegenstände für die eigene Gang interessant sind, ging das mit dem merken recht gut. Die Gebäude wurden anfangs vorgelesen und immer mal wieder bei Gelegenheit studiert.
    Ich sehe das weniger als ein Problem. Es gibt genug Spiele, wo man Kartenauslagen hat und sich entweder etwas merken muss oder immer mal wieder nachschauen. Eine Übersicht ist da sicherlich eine schöne Idee, war für unsere Gruppen aber nicht zwangsläufig notwendig.