[Spiel-Jahrgang 2014] First to Fight

  • Wieder einmal berichte ich von einem eher ungewöhnlichem Spiel - First to Fight (FtF) von Fabryka Gier Historycznych. Unsere polnischen Nachbarn bringen mit ihrer Herangehensweise einen, meiner Meinung nach, frischen Wind in unser Hobby. Auch hier dreht es sich um das Thema 2. Weltkrieg, ebenfalls mit einem anderen Mechanismus als gewohnt (CoSim). Ähnlich wie Race to the Rhine würde ich FtF in die anscheinend neue Kategorie der Euro-Wargames einordnen.
    Bevor ich die Mechanismen näher beleuchte, kurz die Story zum Spiel: September ´39 überfällt Deutschlan Polen, recht schnell wird den Polen klar, das in der Heimat nichts mehr zu retten ist. Daraufhin ziehen sich viele Militärangehörige ins Ausland zurück, um von dort gegen Deutschland zu agieren. Diese Militärs werden nun im Spiel durch insg. 54 Karten repräsentiert, auf denen ihr Konterfei und jeweiliger Rang und Namen dargestellt ist. Den Angaben zufolge soll alles historisch korrekt sein, genauso wie die passenden Gesichter zu den Namen - Respekt für diesen Aufwand!


    Kommen wir nun zum eigentlichen Spiel: Spielbar von 2 bis 4 Spieler in realistischen 90 - 120 min., ordentliche Materialqualität, die Karten - Missions und insbesondere die Soldatenkarten - sind optisch sehr ansprechend. Kuriosum zum Spielplan, der wird eigentlich gar nicht gebraucht. Es stehen lediglich einige Infos sowie Nachbarschaftsverhältnisse von 5 Regionen drauf, die man auch anders hätte darstellen können. Ebenfalls ungewöhnlich: Es gibt keine eigenen Spielsteine o.ä., Eroberungen auf dem Plan finden ebenfalls nicht statt. Regeln sind in polnisch/englisch gut beschrieben.
    Gespielt wird auf Siegpunkte, die über erfolgreiche Missionen sowie andere Möglichkeiten erworben werden.


    Was kontrolliert man denn nun? Nichts! Im Kern geht es bei diesem Spiel um den Leitsatz: Habe zur richtigen Zeit die richtigen Soldaten am richtigen Ort.
    Der eigentliche Mechanismus ist bestens bekannt (Puerto Rico, RftG, ...): Wähle eine Rolle (hier Orders genannt) und führe sie aus. Der Treiber sind die 54 Soldatenkarten, die in einer der 5 Regionen (Nord-, Westeuropa, Italien, Polen, Warschau) ins Spiel kommen. Nochmal zur Erinnerung - kein Spieler kontrolliert diese, sie sind quasi "allgemein verfügbar". Jeder Soldat verfügt über 3 Attribute: Seine "Missionspower", den "Undergroundwert" sowie seine zugehörige Waffengattung (Marine, Infanterie, Luftwaffe, Artillerie, Fallschirmjäger, Untergrund). Drei der sechs Orders beziehen sich direkt auf die Soldaten - neue ins Spiel bringen, versetzen von Region A nach B, einen der beiden Werte Mission oder Underground verbessern. Die drei anderen Orders sind Sabotage, Focusmarker legen und Rundenende. Zusätzlich kann jeder neu ins Spiel gebrachte Soldat seine Spezialfähigkeit nutzen (Siegpunkt, Wert trainieren, bewegen...).


    Bei Rundenende wird über eine Eventkarte ermittelt, um wieviel Monate der Zeitmarker nach vorne geht. 4 + 5 sind die Regel, 3 oder 6 bilden die Ausnahmen. Der gesamte Zeitverlauf des WW" von Sept. ´39 bis Mai ´45 wird in Monatsschritten abgearbeitet. Spielende ist entweder das erreichen vom Mai ´45 oder ein Spieler hat keine unerfüllten Missionen mehr. Missionen werden nun wie folgt gewertet:
    Jede Mission hat Angaben zur Region, einen Missionswert, Siegpunkte, Waffengattung sowie historisch korrektem "Fluff". Die jeweiligen Ereignisse, z.B. Pearl Harbour, Monte Cassino, etc., haben auch zur genannten Zeit stattgefunden. Zur Wertung wird nun in der genannten Region auf der Missionskarte nachgeschaut, wieviele Soldaten dort welche Werte beisteuern. Hier kommt der volle Missionswert eines Soldaten nur zum tragen, wenn er auch der gefordeten Waffengattung angehört. Andernfalls zählt er nur 1 Punkt, verwundete steuern ebefalls nur 1 Punkt bei - auch bei geforderter Waffengattung.
    Zusätzlich zum Missionswert der Karte kommt noch der Dominanzwert der Region dazu. Dieser Wert soll den deutschen Einfluss simulieren und kann mit der Order Sabotage nach unten gedrückt werden. Hat man den geforderten Wert min. erreicht, gibt es die Siegpunkte (7-10), andernfalls zählt jede nicht erfüllte zum Spielende -5 Punkte.
    Die Order Sabotage erlaubt es einem auch, eine Regionsspezifische Spezialaktion durchzuführen (Missionskarte tauschen, Soldaten verschieben oder ins Spiel bringen...).
    Zum Abschluss wird in jeder Region, wo eine Mission vom zeitlichen Verlauf gewertet wurde, noch der "Wundenwürfel" mit Werten von 1-3 gewürfelt. Schwache Soldaten (Undergroundwert) bekommen nun eine Wunde, solche mit trainierten Werten können 2 davon ab, alle anderen scheiden bei einer aus. Vorher können Wunden aus der Vergangenheit aber noch geheilt werden.


    Zu Beginn erhält man 4 Missionen aus der ersten hälfte, bei Erfüllung kann man sich 1 aus 2 der zweiten Kriegshälfte aussuchen. Besser ist es, in 7Wonders Manier diese reihum zu draften, statt zufällig zu ziehen. Wenn man hier das Pech hat, recht frühe Missionen zu bekommen, kann das leicht in die Hose gehen. Es mangelt dann meist schlicht an Soldaten, zudem hat man einen homogeneren zeitlichen Spielverlauf.


    Uns hat es mit einer Ausnahme sehr gut gefallen. Ein noch nicht bekanntes Thema mit bekannten Mechanismen sauber umgesetzt. Ein weiteres Spiel von den Jungs habe ich noch auf Halde - Outcast Heroes. Wieder ein (für uns) völlig unbekanntes Thema um den Versuch zum Ende des Krieges, ein kommunistisches Regime in Polen aufzubauen und wie die Polen das verhindern wollen... Der Verlag hat sich zum Ziel gesetzt, polnische Geschichte spielerisch aufzubereiten.
    Da kann ich nur sagen - weiter so! Bin mal gespannt, was Essen 2015 von denen kommt. :thumbsup:

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  • @Torlok
    Der Post hat ja schon fast Musketier-Qualität.


    Hast Du nicht Lust der GHS beizutreten? http://www.ghs-kosim.de


    Ähnlich wie Race to the Rhine würde ich FtF in die anscheinend neue Kategorie der Euro-Wargames einordnen.


    Mit #Friedrich und #Maria ?

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

  • @Herbert
    Danke! Aber nein, die Zeit der CoSims (vorrangig ASL) ist bei mir schon länger vorbei. Meine Interessenlage hat sich doch verschoben und der zeitliche Aufwand für so etwas ist nicht zu unterschätzen...
    Friedrich und Maria würde ich nicht in dieses Genre einordnen, bei den beiden wird der militärische Aspekt zwar durch ein anderes Prinzip (Karten) abgehandelt, aber es sind eben doch Einheiten die sich auf dem Schlachtfeld begegnen.
    Genau das passiert eben bei den von mir in letzter Zeit gespielten und vorgestellten Spielen nicht. Wo der Begriff herkommt, kann ich nicht genau sagen, meine aber, das irgendwo bei BGG gelesen zu haben.
    Meiner Meinung nach trifft er recht gut zu. Ich finde diese Verquickung von ungewöhnlichen Themen mit bekannten Mechaniken sehr reizvoll. Böse Zungen könnten z.B. bei FtF auch behaupten, das es ein verkapptes Workerplacement sei. Ob nun Meeples oder Soldatenkarten gesetzt werden, ist schlicht egal. Das kann aber nicht sein - weil - ich mag keine Workerplacements :D

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  • @Herbert
    ...Wo der Begriff herkommt, kann ich nicht genau sagen, meine aber, das irgendwo bei BGG gelesen zu haben...


    Yep, das Spiel ist gut - müsse wir noch einmal spielen, denn da gibt es noch mehr taktische Feinheiten zu entdecken. Vielleicht bist Du in dem Review zu FtF bei BGG auf den Begriff Euro-Wargame gestoßen - dort wird er zumindest im vorangestellten Extract verwendet.

    Viel Spass beim Spielen!


    Andreas

  • @[Tom]
    Ja, das stimmt schon. Alber wirklich nur auf einem sehr abstrahiertem Level. Ein "nimm eine oder zwei Munitionskisten weg" ist jetzt nicht wirklich ein, im üblichen Sinne von Wargames, Kampf. Man könnte sie auch einfach als Bewegungshindernis bezeichnen...


    @uferan
    Nein, die Bezeichnung hatte ich schon länger im Kopf. Wahrscheinlich bei Race to the Rhine oder Quartermaster General...
    Wie wäre es mit einer erneuten Partie nächste Woche?

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