[2014] Historia - PEEP

  • Am SA d. 06.06.2015 geschah in meiner Spielerunde ein kleines Wunder: Ein englischsprachiges Spiel erklomm voller Zuversicht unseren Spieletisch und konnte uns bis nach Mitternacht unterhalten. Die Rede ist von Historia, einem Spiel von Marco Pranzo.


    Bei diesem strategischen Spiel durch einige zeitliche Epochen bis hin zur Gegenwart verkörpert jeder der bis zu 6 Spieler ein Volk dieser Erde. Dabei erhältt jeder ein identisches Kartenset auf die Hand und bekommt dazu noch 5 historische Charaktere die einzig und allein die Unterschiede der einzelnen Völker begründen, da jeder Charakter über im Spiel einmalige Eigenschaften verfügt. Von diesen Charakteren darf man zunächst nur einen zufällig ermittelten seinem Kartenset hinzufügen. Die anderen können, mit Ausnahme von einer Charakterkarte, im späteren Spielverlauf hinzukommen, je nach Entwicklung des eigenen Volkes.


    Der Spielplan wird durch einen ziemlich bunten Bereich dominiert, der unsere Entwicklung darstellt, wobei es nur 2 Entwicklungsrichtungen gibt: Militär (von unten nach oben) und Wissen (von links nach rechts). Interessant an diesem Entwicklungsbereich ist, dass man bei einer einseitigen Entwicklung schnell an eine Grenze stößt und nicht weiter kommt. Dadurch muß man zwangsläufig beide Bereiche entwickelt. Jeder Entwicklungsschritt bringt Vorteile mit sich, mal klein, mal etwas größer. Ein Positionsstein pro Spieler zeigt, wo jeder steht.
    Der untere Bereich des Spielplans zeigt eine relativ kleine aber zweckmäßige Weltkarte mit verschiedenen farbigen Gebieten die 1-4 Siegpunkte wert sind, wenn man diese allein kontrolliert. Zu Spielbeginn wählt jeder in umgekehrter Spielreihenfolge ein Startgebiet aus. Die Gebiete und die militärische Entwicklung geben dem Spiel Raum für einen konfrontativen Faktor. Interessant ist, das die Weltkarte in 2 Bereiche eingeteilt ist: Nord- und Südamerika und der Rest der Welt, wobei Nord- und Südamerika gerade mal in 4 Gebiete aufgeteilt ist. Diese Unterscheidung ist für den konfrontativen Teil und die eigene Spielweise nicht ganz unerheblich, da es Vorteile hat schon gleich am Anfang zu einem Mitspieler benachbart zu sein. Das solche Nachbarschaften nicht immer friedlich verlaufen müssen versteht sich von selbst. Wohl dem, der militärisch weiter entwickelt ist.


    Der Spielplan nimmt Rücksicht auf alle Liebhaber von Siegpunktleisten und wartet verheißungsvoll mit 135 Siegpunkten auf (nein es gibt keine 136+ Siegpunktkarte, die man bei Bedarf umdrehen kann). Das ist ganz schön ordentlich!


    Neben dem Spielplan wird noch eine Reihe mit Wundern ausgelegt, die jeder im Verlauf des Spiels erwerben kann. Für reichlich Nachschub ist durch 3 Kartenstapeln gesorgt, die analog für 3 (logische) Zeitabschnitte stehen. 2 Karten aus unserem Set legen wir zunächst beiseite, da diese erst entwickelt werden müssen. Darüber hinaus haben wir noch einen Nachschub mit Aktionssteinen, die immer knapp bemessen sind. Wir starten mit 2 (oder 3?) Aktionssteinen und haben nur einen weiteren im "Verbrauchspool" der sich ebenfalls auf dem Spielplan befindet.


    Zum Spielablauf:
    Je nachdem wie weit man sein Wissen entwickelt hat spielt man 1-3 Handkarten aus. Zunächst wählt jeder entsprechend viele Karten aus und legt diese vor sich ab, bevor diese aufgedeckt und in Zugreihenfolge aktiviert werden. Die Möglichkeiten sind zahlreich und hat man diese einmal erklärt bekommen, hat man die Symbolsprache am unteren Kartenrand verstanden. Überhaupt räumt die deutliche Symbolsprache sämtliche Sprachbarrieren vorbildlich aus dem Weg! Mit Hilfe der Karten kann ich mein Wissen entwckeln, meine Militärstärke ausbauen, auf der Weltkarte benachbarte Mitspieler plündern, sofern ich militärisch stärker bin (ein Geschädigter erlangt hierbei übrigens keinen Nachteil!), Krieg führen und andere aus ihren Gebieten verdrängen, Wissen mit weiter entwickelten Spielern austauschen und meine Positon um 1 verbessern (was dem anderen immerhin 1-2 Siegpunkte einbringt), mein Volk ausbeuten und dadurch 2-4 Aktionssteine aus dem Pool zurück holen, 1-2 Wunder bauen, mich in benachbarten Gebieten auf der Weltkarte ausbreiten, eine Revolution auslösen oder eine meiner knapp bemessenen Charakterkarten ausspielen und dadurch einen einmaligen Vorteil erhalten.


    Problematisch wird das Spiel dadurch, dass man seine Karten nicht ganz so einfach wieder auf die Hand zurück bekommt und die Aktionssteine knapp bemessen sind. Bei diesen beiden misslichen Situationen können u. a. die Wunder helfen.


    Das Spiel verläuft über 12 Runden, wobei jede Runde durch 1 (oder mehrere) ausgespielte Revolution(en) beendet wird, was manchmal ziemlich schnell gehen kann. Nach 4 Runden endet eine Epoche und dann kommen Wunder einer neuen Epoche ins Spiel. Außerdem bekommt jeder zu Beginn einer Epoche einen Charakter mit je einer kleinen und großen Zielvorgabe. Auf irgend etwas muß man schließelich hinarbeiten und so wird am Ende einer Epoche geprüft, welche Ziele man selbst erreicht hat, was dann mit Siegpunkten honoriert wird. Die Charakterkarte mit den Zielvorgaben muß jeder offen vor sich liegen haben, so dass man den anderen hier durchaus in die Suppe spucken kann.
    Durch eine Revolution werden auch noch verschiedene Ereignisse ausgeführt, die für alle Spieler gelten. Dadurch bekommt jeder seine 2 ältesten Karten zurück auf die Hand. Das erkennt man daran, das man seine Karten leicht verschoben übereinander stapelt bzw. in einer Reihe fächert.


    In unserer 4er Erstpartie wurden wir alten Haudegen und Strategen übrigens kräftig von unseren Damen abgezogen! Währen wir Kerle uns primär auf Wissen versteiften, waren die Damen in militärischer Hinsicht kaum aufzuhalten und später auch nicht mehr einzuholen. Dadurch schlugen sie in den Länderwertungen ordentlich zu Buche, während wir schlauen Kerle mit vielen Wundern hantierten. Am Ende lagen wir doch gar nicht so weit auseinander (3x zwischen 100 - 110 und 1x über 90 Punkte), doch waren wir uns einig, dass wir in der nächsten Partie die Militärstärke nicht so schleifen lassen sollten. Ich bin gespannt, ob sich dieser erste Eindruck bestätigt. Gefallen hat uns Historia sehr gut (und das nach einem ziemlich stressigen Tag). Gelungen finde ich die verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten, die die eigenen Handkarten mitunter verbessern. Ab bestimmten Entwicklungszielen kann man z. B. gegen Abgabe von 3 Aktionssteinen gleich 2 Punkte Militär oder Wissen entwickeln und mit der Entwicklung von Navigation entfällt die Nachbarschaftsregel bei der Ausbreitung auf der Weltkarte. Für die Ausbreitung muß ich übrigens Aktionssteine hergeben und die sind immer knapp bemessen. Welch ein Dilemma!

    Ein Bild sagt mehr als 298 Wörter... :floet:

  • Insgesamt hat man 4 Aktionnsteine zu Beginn: Einer auf der Weltkarte, einer im Reservepool und 2 zur freien Verfügung. Der Eindruck mit zu starkem Militär legt sich, die "Wissenschaftler" punkten später mit Tourismus/Wunder und der Staatsform für 7 Punkte. Zur Beschränkung der Punkte auf der Weltkarte reicht 1 Stein, damit die Punkte für den anderen nicht greifen. Den kann man einfach über Ausbreitung benachbart einsetzen.

    Bitte senden Sie mir Ihre E-Mail doppelt, ich brauche eine fürs Archiv :/


  • In unserer 4er Erstpartie wurden wir alten Haudegen und Strategen übrigens kräftig von unseren Damen abgezogen! Währen wir Kerle uns primär auf Wissen versteiften, waren die Damen in militärischer Hinsicht kaum aufzuhalten und später auch nicht mehr einzuholen. !

    ... 2 Dinge sollte man Frauen nicht in die Hand geben:


    a) Waffen
    b) die eigene Kreditkarte


    :)


    Atti

  • Fand's nach der 1. Partie auch echt klasse. Noch auf der Messe gekauft, danach noch 5 x gespielt, mit zunehmender Ernüchterung, dann verkauft.
    Fazit: Militär-Fokus hat jedes Mal gewonnen, ohne Militär keine Chancen auf den Sieg.
    Schade

    ferion

  • Muss ich leider so bestätigen. Entweder gewinnt der militärisch Führende, mit dem sich keiner anlegen will. Oder eben derjenige, der militärisch in Ruhe gelassen wird und per Wunderkarten aus dem Windschatten am Ende vorbeizieht. Der Ablauf blieb dabei recht gleichförmig. Gebe dem Spiel noch ein paar Chancen, aber die Anfangseuphorie ist verflogen. Eventuell wird es mit Bots besser? Wobei ich es bisher immer mindestens zu viert gespielt hatte ohne Bots.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Interessant: Auf BGG gibt es diese Diskussion auch: Militär ist zu stark. Originellerweise gibt es eben auch die Diskussion, dass der Pazifisten-Weg zu stark ist ;)
    Pacifist is king; civbots harm the militarist | Historia | BoardGameGeek


    Ich kann weder das eine noch das andere bestätigen. Habe das Spiel noch zu wenig gespielt. Gefällt mir aber ausgesprochen gut bist jetzt. Für mich ein Keeper und ich freue mich schon auf die in Kürze erscheinenden neuen Mini-Erweiterungen.

  • Die beiden Betrachtungen schliessen sich nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig bei genauerer Betrachtung:


    Militär gewinnt mit hoher Wahrscheinlichkeit im Spiel ohne Civbots. Warum? Einen militärisch stärkeren Spieler anzugreifen ist nicht möglich. Man kann höchstens dessen Land besetzen, um zu meinen, dass man ihm damit Siegpunkte klaut. Mit perfektem Timing direkt vor einer Wertung, wenn der Militär-Spieler schon seine Angriffskarte gespielt hat, kann das sogar klappen. Allerdings hat man selbst damit eine Aktion verschenkt, selbst keine Punkte gewonnen und nur dem Militär-Spieler Punkte geklaut. Wer sich so opfert, nimmt sich selbst Chancen auf den Sieg und begünstigt die Mitspieler, die in selber Runde lieber selbst Punkte auf anderen Wegen für sich sammeln anstatt Mitspieler auszubremsen. Klappt das Timing hingegen nicht, dann hat man es dem Militär-Spieler nur einfacher gemacht, weil der jetzt ein Angriffsziel hat und so direkt Siegpunkte bekommt.


    Zudem ist Militär recht einfach, zumeist einfacher zu spielen als über Technologie und passende Wunder. Weil da muss man etliches beachten und die Mitspieler können einem benötigte Wunder vor der Nase wegschnappen. Militär ist da gradliniger, besonders wenn man ein Volk spielt mit passenden Karten für Militär.


    Mit Civbots hat es Militär schwieriger, wie die BGG-Diskussion gut aufzeigt. Liegt einfach daran, dass die Civbots bevorzugt das punktereichste Land angreifen, sofern möglich und damit in direkter Konkurrenz zum Militär-Spieler stehen, der ebenso diese Länder braucht, um seine Siegpunkte zu sammeln. So haben es Technologie-Spieler einfacher, weil die Militär-Spieler durch die Civbots in Schach gehalten werden. Gibt dazu auch eine gute Analyse in der aktuellen spielbox Heftausgabe mit dem Marco Polo Titelbild.


    So interessant ich Historia vom Ansatz finde, so unausgegoren wirkt es in Details auf mich. Sei es bei dem Wettkampf Militär vs Technologie um den Spielsieg oder bei den doch arg unausgeglichenen Völkerkarten. Zudem scheint es reicht einfach, die zwei Strategien zu finden, die zu einem möglichst optimalen Ergebnis führen. Wenn man die Mitspieler dann noch ausreichend gut einschätzen kann, um Revolutionen vorauszuahnen und sich nicht durch zu frühe Punkteführung zum bevorzugten Angriffsziel macht, dann wird das Spielgeschehen schon fast banal und wenig spannend. Mir fehlte nach drei-vier Partien da die Varianz. Eventuell sollte ich mal die Zufallsereignisse mitspielen lassen, mal sehen?

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Einen militärisch stärkeren Spieler anzugreifen ist nicht möglich. Man kann höchstens dessen Land besetzen, um zu meinen, dass man ihm damit Siegpunkte klaut. Mit perfektem Timing direkt vor einer Wertung, wenn der Militär-Spieler schon seine Angriffskarte gespielt hat, kann das sogar klappen. Allerdings hat man selbst damit eine Aktion verschenkt, selbst keine Punkte gewonnen und nur dem Militär-Spieler Punkte geklaut. Wer sich so opfert, nimmt sich selbst Chancen auf den Sieg und begünstigt die Mitspieler, die in selber Runde lieber selbst Punkte auf anderen Wegen für sich sammeln anstatt Mitspieler auszubremsen.

    Genau das war für mich als Technologiespieler der Grund warum ich keine Aktionen für eine Sysiphusarbeit opfern wollte. Klar kann man Aktionssteine in starke Länder setzen (3-4 Punkte) und darauf hoffen, dass dadurch weniger Punkte für den Militärspieler abfallen. Gleichzeitig muß man damit rechnen recht bald wieder verdrängt zu werden und dem Sieger Punkte zu schenken. Da gibt es auch in meinen Augen sinnvollere Aktionen.


    Hier wäre es wünschenswert, wenn sich wenigstens die beiden militärisch führenden Spieler (4er-Spiel) stärker bekämpfen würden. Das ist bei uns jedoch nicht passiert, da sich beide mit einem Teil des Kuchens zufrieden gaben und in den Wertungen 10-12 Punkte kassierten. Irgendwie müßte man an dieser Stelle ansetzen und den Konflikt ein wenig ankurbeln :shoot:

    Ein Bild sagt mehr als 298 Wörter... :floet:

    Einmal editiert, zuletzt von velvre ()