Glaubt niemanden! Besonders wenn Euch Lautsprecherdurchsagen lautstark erzählen wollen, dass das Parkhaus P6 voll und besetzt und man doch bitte andere Parkhäuser ansteuern sollte. Denn das war nur die halbe, weil zu stark verkürzte Wahrheit. Das Parkhaus P6 mit den Parkdecks a+b+c war grösstenteils leer, etliche Parkreihen auf Ebene b mit Flatterband bis in den späten Abend abgesperrt und für die vorab ausgestellten Parktickets war das restliche Parkhaus weiterhin frei. Die Folge waren überforderte und verunsicherte Parkplatz-Sucher, Rückstau bis zur Autobahnabfahrt und genervte Besucher wegen dieses von der Messe verursachten Chaos. Ich selbst hatte noch Glück, war recht zeitig vor Ort und deshalb nur rund 10 Minuten verspätet, während später Ankommende mehrere Stunden im Stau standen. Kein toller Start in den ersten Besucher-Messetag.
Heute konzentriere ich mich als Kontrastprogramm zur gestrigen Neuheitenshow auf drei ausgewählte Neuheiten, die ich Euch ans Spielerherz legen möchte, sofern Ihr Euch zur Zielgruppe zählt. Denn Meinungen gehen arg auseinander und nur weil ich ein Spiel "nur gut" finde, ist es noch lange nicht für alle empfehlenswert. Zudem gibt es eine kleine Rückschau auf das unknowns.de Live-Treffen mit hochauflösenden Gruppenbild zum Download.
[eAlbum=6,'slideshow','left'][/eAlbum]Inis von Matagot : Sollte nur ein kleiner Stückzahl vor Ort sein, aber zumindest am Donnerstagmorgen stapelten sich die Spielekartons recht hoch. Wer also zeitig Halle 3 angesteuert hat, sollte durchaus noch fündig geworden sein. Oder ist jemand leer ausgegangen? Wer schon Cyclades, von dem bis heute niemand so recht weiss, ob es nicht doch mit K geschrieben wird, toll fand und mit Kemet sein Lieblingsspiel fand, der wird auch Inis lieben. Aber eigentlich nicht brauchen, denn Inis erfindet leider kein einziges Rad neu.
Wieder geht es arg konfrontativ zur Sache, wieder geht es um Gebiete und wieder geht es um Mehrheiten. Das alles wird in Inis über Aktionskarten gesteuert, die jede Runde gedrafted werden. Dazu kommen diverse Zusatzkarten für Gebietsmehrheiten und eine dritte Kartensorte, die man über einzelne Aktionskarten bekommen kann. Danach geht es um Mehrheiten, die per Plastikarmeen erzeugt, gehalten, aufgestockt, verteidigt und bekämpft werden. Alles recht einfach und gradlinig gehalten, was zu einem durchaus flotten Spielfluss führt.
Klingt im Kern gut, nur Inis hat das typische Problem von konfrontativen Mehrspieler-Mehrheiten-Spielen. Wenn jemand dem Sieg nahe ist, wird vereint auf diesen eingekloppt, bis ein anderer Spieler dem Spielsieg nahe ist. Aufmerksame Runden sprengen in diesem Hin-und-Her die Spielzeit und aus Spannung kann Langeweilige und Willkürlichkeit werden. Erfahrene Spieler bereiten hingegen ihren Siegeszug vor und lassen den Mitspielern wenig Chancen, etwas dagegen zu unternehmen. In meiner Partie in Vierer-Erstspielerrunde waren wir nicht erfahren genug und so kippte ab einem bestimmten Punkt der Spannungsbogen doch arg und wir haben die Spielpartie dann für beendet erklärt - ohne Sieger, aber mit ausreichend Eindrücken, wie sich Inis so spielt.
Wer Konfrontation nicht mag, wird eh einen Bogen um Inis machen. Wer Cyclades und Kemet mag, sollte einen Blick riskieren, sofern er mehr vom Gleichen vertragen kann. Inis setzt auf ein bewährtes Konzept, macht sicher nichts falsch, aber wagt auch zu wenig, um ausreichend neu zu wirken. Ich persönlich bleibe bei Cyclades, das reicht mir, spiele aber gerne Inis mit, wenn es jemand auf den Tisch bringen will.
[eAlbum=7,'slideshow','left'][/eAlbum]Ice Cool von Amigo : Wir schnippsen Pinguine durch eine Pappschachtelwelt, die durch Tore miteinander verbunden sind. Einer jagt die Anderen, während die Anderen versuchen, möglichst schnell alle Tore mit Fischmarkern zu durchqueren. So wird abwechselnd geschnippt, dabei um die stabil zusammengesetzte Spielfläche gelaufen und sich gewundert, gefreut und amüsiert, welche Kunstschnippser so alle möglich sind.
Am besten an einem ausreichend hohen Stehtisch gespielt und ebenso ausreichend Platz drumherum. Somit ist Bewegung und Geschicklichkeit angesagt. Kurz gesagt: Action! Entspanntes Spiel ist anders und will Ice Cool auch gar nicht sein. Rein spielerisch wird allerdings recht wenig geboten. Wir schnippsen eben. Sammeln Belohnungsfischkarten mit Punktewerten ein und rechnen am Ende ab. Das war es dann schon. Wer Carabande mag, aber weniger Platz hat und ein kürzeres und komprimierteres Spielerlebnis sucht, der wird hier fündig. Beim Widerspielwert habe ich allerdings so meine Zweifel, wie lange die Schnippser begeistern können. Irgendwann ist ein Könner schlicht besser, erfolgreicher und lässt Neulingen wenig Chancen. Wer keine Fingerfertigkeit hat, wird eher verzweifeln oder sich mit seinen Mitspieler über die eigene Ungeschicklichkeit amüsieren können.
Ein netter Zeitvertreib und genau das will Ice Cool wohl auch sein. Wenn Ihr nicht wesentlich mehr erwartet und die erforderlichen Rahmenbedingungen habt und die passenden Mitspieler, die sich an solcher Spielerei erfreuen können, solltet Ihr zugreifen. Mein Kopf sagt hingegen Nein, weil ich mit Flick'em Up ein nicht ganz vergleichbares, aber viel zu wenig bespieltes Schnippspiel im Schrank stehen habe. Mein Bauch sagt Ja, weil die Pinguine einfach so scheinbar unberechenbar purzeln und ich diese einfach zu erklärende und schnell zu spielende Herausforderung mag. Am Ende der Messe wird mein Spielerbauch wohl gewinnen. Mag jemand dagegen wetten?
[eAlbum=8,'slideshow','left'][/eAlbum]Dreams von Zoch : Ein Mix aus Mysterium und Dixit und ein wenig Spyfall könnte man meinen und liegt doch irgendwie völlig daneben. Dreams steht durchaus für sich alleine und hat meinen Anspieltest mit "gut" bestanden. Wenn man in einer zufällig zusammengewürfelten Fünferrunde von Fremden gemeinsamen Spielspass haben kann, sich bestens unterhalten fühlt und miteinander staut und lacht, dann ist doch alles erreicht. Was will man mehr? Und doch schlich sich bei mir das Gefühl ein, dass dem Spiel irgendetwas Ungreifbares fehlen könnte, um dauerhaft auf den Tisch zu kommen. Aus Mysterium, so gut das Spiel auch sein mag, war bei uns nach einem halben Jahr die Luft raus. Folgepartien waren eher Wiederholungen. Ebenso bei Dixit. Ein tolles Spiel, aber so wirklich wollte es schon lange Niemand mehr spielen. Andere Spieler waren kommunikativer, lustiger und forderten nicht diesen schmalen Grad zwischen Kreativität und Überforderung oder Banalität. Ereilt Dreams ein vergleichbares Schicksal?
Wir sind Götter. Allerdings nicht alle von uns. Einer tut nur so und hat überhaupt keine Ahnung. Das ist wörtlich zu nehmen, weil der weiss in der aktuellen Runde als Einziger schlicht nicht, welches der vier ausliegenden Bilder im Dixit-Design nachzubilden sind. Wir anderen Götter legen reihum eines unserer drei Kristallsplitter auf die Samtmatte, erzeugen so zusammen eine Art Sternenbild des vorab gemein ausgewählten Bildes. Der Täuscher beteiligt sich an dieser Steinchen-Malerei und versucht, dabei nicht aufzufallen. Am Ende wird getippt, wer der Ahnungslose ist und der Ahnungslose tippt stattdessen, welches der vier Bilder da eben gemeinsam nachgebildet wurde.
Klingt einfach, aber durch die Begrenzung auf nur drei Steinchen pro Spieler, wenigstens ist einer davon schwarz und einer grösser, ist es selbst mit Wissen um das richtige Bild gar nicht so einfach, es nachzubilden. Zumal jeder eine andere Vorstellung von Proportionen und hervorzuhebenden Bildelementen hat. Das ergibt so mache Überraschung, Erstaunen und durchaus Lacher, wenn das clever designte Tipp-Drehgerät aufgedeckt wird und klar wird, was Sache ist. Eigentlich ist damit alles gesagt und am Ende steht dann doch ein Kauftipp, weil ich die Bedenken aufgrund des Widerspielwertes einfach beiseite schiebe.
[eAlbum=9,'slideshow','left'][/eAlbum]unknowns.de Live-Treffen : Am Donnerstag um 15:00 Uhr war es soweit. Das unknowns.de Treffen auf der SPIEL 2016 stand an. Zwar hatten sich einige vorab per Forenabstimmung angekündigt, wer im selbsterzeugten Messestress dann daber wirklich dort aufschlagen würde, war schlicht offen. Wir waren dann mindestens 20 Teilnehmer, denn ich konnte alle 20 unknowns-Buttons an die Community bringen - mein kleines Mitbringgeschenk, auch im Namen von Sankt Peter, der in Person vor Ort vermisst und nicht nur einmal nachgefragt wurde.
Aus einem Herantasten an die echten Personen hinter den Nicknames entwickelten sich entspannte Plaudereien und ein Fachgesimpel über die Messe, die Brettspielneuheiten und unser Forum. Ein Forum, das von seiner Community lebt - durch solche Live-Treffen sicher gefestigter denn je. Schön war's. Den Bildbeweis gibt es als Gruppenfoto - einmal zum Download in unkomprimierter Originalversion und dreimal in fürs Web optimierter Grösse in der Bildergalerie. Wenn jeder seinen Namen nachträgt und wir diese Einzelbilder zusammenfügen, geben wir unseren Nicknames auch dauerhaft ein Gesicht - wer mag. Die Idee greife ich gerne auf, ebenso wie seinen Nickname mit Edding auf dem Forenbutton zu verewigen.
An den kommenden Messetagen geht es weiter mit den unknowns.de Forentreffs auf der SPIEL 2016 - am Spielbox Stand am Übergang von Halle 3 zur Halle 2, jeweils 15:00h. Wenn ich Zeit finde und es sich ergibt, schaue ich nochmals vorbei, möchte an dieser Stelle aber nichts versprechen. Aber gut zu wissen, dass es einen täglichen Treffpunkt gibt - für alle, die sich fernab des Forums persönlich austauschen wollen.
Persönliches Tagesfazit : Der Messe-Donnerstag war besonders um die Mittagsstunden arg voll. Eventuell lag es auch daran, dass ich mich heute nur in den Mainstream-Hallen 1 und 3 aufgehalten habe. Hatte sich so ergeben. Viel Mittelmass gespielt, wenig herausragende Neuheiten. Zwar nicht im Bild, aber besonders und abschliessend möchte ich noch das kooperative Kartenspiel Les Poilus (komplett deutschsprachig) mit Thema Erster Weltkrieg hervorheben. Kein einfaches Thema, ich musste schon arg schlucken am Spieltisch. Auch wenn man sich die ganze arg traurige Hintergrundgeschichte vor Augen führt, die mit dem feigen Attentat auf die Redaktion von Charly Hebdo weit in die heutige Zeit hineinreicht. Anspielen, kaufen und damit ein kleines Zeichen setzen, in dem man Unterstützung gegen diese sinnlose Gewalt zeigt.
Euer Ralf "ravn" Rechmann